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Das Unternehmen Hornung auch als Operation Hornung bezeichnet war eine Aktion die gegen sowjetische Partisanen sowie die Zivilbevolkerung im deutsch besetzten Weissrussland im Februar 1943 durchgefuhrt wurde Sie fand im Rahmen des deutschen Vernichtungskriegs gegen die Sowjetunion statt und richtete sich gegen den Bereich Hancewicze Morocz Lenin Luniniec ein dunn besiedeltes Gebiet von etwa 4000 Quadratkilometern sudwestlich von Sluzk an der Sudgrenze des Generalbezirks Weissruthenien Das Unternehmen schloss sich an drei Aktionen darunter Erntefest I und Erntefest II an die im Januar weiter nordostlich in der Gegend von Sluzk Osipowicze stattgefunden und dort bereits uber 4000 Todesopfer gefordert hatten Die anschliessende Vernichtungsaktion im Februar brachte uber 12 000 Menschen darunter 3300 Juden den Tod Der SS und Polizeifuhrer fur den Generalbezirk Weissruthenien Curt von Gottberg leitete die Aktion Sie gilt zusammen mit dem drei Monate spater durchgefuhrten Unternehmen Cottbus als Hohepunkt einer Serie von 55 grossen Partisanenbekampfungsaktionen im deutsch besetzten Weissrussland Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund und Zielsetzung 2 Durchfuhrung der Operation 3 Vernichtung und Bilanz 4 Literatur 5 AnmerkungenHintergrund und Zielsetzung BearbeitenDie Operationen gegen Partisanen in den deutsch besetzten Zivilverwaltungsgebieten lagen ab August 1942 in der Zustandigkeit des zum Bevollmachtigten des Reichsfuhrers SS fur die Bandenbekampfung 1943 dann Chef der Bandenkampfverbande ernannten Hoheren SS und Polizeifuhrers SS Russland Mitte Erich von dem Bach Zelewski Diese erfolgten im Einvernehmen mit dem Befehlshaber des Ruckwartigen Heeresgebietes der Heeresgruppe Mitte Max von Schenckendorff 1 Das Unternehmen Hornung gehorte zu einer Reihe von 55 Grossunternehmen gegen Partisanen und Zivilisten der Jahre 1942 bis 1944 die mindestens 150 000 Menschen das Leben gekostet haben 2 Dabei wurden Anfang 1943 verscharfte Mittel angewandt um die Kontrolle uber die besetzten Gebiete zu behalten Man schreckte nicht davor zuruck so der Historiker Martin Cuppers ganze Gebiete zu entvolkern und grosse Teile der Zivilbevolkerung festzunehmen die dann zur Zwangsarbeit abgefuhrt oder ermordet wurden 3 nbsp Curt von Gottberg li und von dem Bach bei Abnahme einer Parade der Ordnungspolizei auf dem Lenin Platz in Minsk ca 1943 Aufnahme aus dem BundesarchivIm Generalbezirk Weissruthenien leitete der SS und Polizeifuhrer Minsk Curt von Gottberg mit seiner Kampfgruppe von Gottberg die entsprechenden Operationen Dabei wurden ganze Regionen zum Bandengebiet erklart die Bewohner verschleppt oder ermordet Ziel der von Gottberg durchgefuhrten Operation Hornung war es ein weiteres Vordringen von Partisanen aus der Region Polesje die von Osten in den Generalbezirk Weissruthenien und das Reichskommissariat Ukraine und Storungen an der Bahnstrecke Brest Gomel entlang des Flusses Prypjat zu verhindern Nach den Aufklarungsberichten des Kommandeurs der Sicherheitspolizei und des SD KdS Minsk wurde eine Zivilbevolkerung von 10 000 Menschen und eine Anzahl von Banditen zwischen drei und vier Tausend Mann erwartet Angeblich existierte eine echte Sowjetrepublik mit Kommandozentralen Rekrutierungszentren und der militarischen Ausbildung junger Manner ausserdem neue Sportarenen Kirchen und Schulen Die Bevolkerung des Gebietes wurde von Anfang an mit Kollektivhaftung belegt und ihre Vernichtung geplant Bei der derzeitigen Witterung muss damit gerechnet werden dass in allen Ortschaften des bezeichneten Gebietes Banditen Unterschlupf gefunden haben lautete die durftige Begrundung des Sonderbataillons Dirlewanger das Bach Zelewski von Gottberg fur die Operation zur Verfugung gestellt hatte Zwei als Beobachter entsandte Mitglieder einer Propagandakompanie brachten es deutlicher auf den Punkt Um zu verhindern dass sich die Banditen in diesem Gebiet wieder festsetzen war der Befehl ergangen dieses Gebiet zum Niemandsland zu machen 4 Durchfuhrung der Operation BearbeitenDie Historikern Ruth Bettina Birn betont dass diese Operation durch die generelle Einbindung der sog Partisanenbekampfung in den Vernichtungs und Ausbeutungskrieg gegen die Sowjetunion gepragt war Die Bevolkerung sollte rassisch gesiebt werden die als minderwertig angesehenen Teile ausgerottet die ubrigen als billige und unwissende Arbeitskrafte ausgepresst werden Da die politische und militarische Fuhrung in den Kategorien von Versklavung und millionenfachem Hungertod dachte war die als Anti Partisanenkampf deklarierte Raumung bandenverseuchter Regionen gleichsam selbstverstandlich Den Auftakt der Operation Hornung bildete am 8 Februar die Vernichtung des Ghettos Sluzk durch die Manner des KdS Minsk mit Hilfe verschiedener anderer Polizeieinheiten Der Einsatzbefehl des KdS Minsk zeigt was diese als Umsiedlung deklarierte Aktion unter dem Begriff Umsiedlung tatsachlich verstand Er lautete Auf dem Umsiedlungsgelande befinden sich acht Gruben An jeder Grube arbeitet je eine Gruppe von 10 Fuhrern und Mannern die sich alle zwei Stunden ablosen Nachdem die Erschiessungen vorbei waren liess Gottberg die Holzhauser anzunden so dass die restlichen Juden die sich dort versteckt hatten in brennenden Kleidern aus ihren Verstecken fluchteten und als gut sichtbare Zielscheibe ebenfalls erschossen wurden Insgesamt wurden mehr als 3000 Menschen ermordet 5 Innerhalb der folgenden Woche wurde das Einsatzgebiet der Operation von 15 Bataillonen und zahlreichen kleineren Einheiten in funf Kampfgruppen konzentrisch durchschritten 6 Der Bevolkerung wurde wie schon bei entsprechenden Aktionen vorher versichert man ginge nur gegen tatsachliche Partisanen vor Am 14 15 Februar wurde dann wie von Anfang an vorgesehen die Taktik umgestellt und der Kommandeur des Sonderbataillons Dirlewanger SS Sturmbannfuhrer Franz Magill der den verletzten Dirlewanger vertrat befahl Das Batl durchkammt in nordlicher Richtung nochmals den Gefechtsstreifen Hierbei wird alles vernichtet Das Gebiet wird Niemandsland Die ebenfalls beteiligte Kampfgruppe Binz setzte den Funkspruch ab radikale zerstorung aller gebaude auch entlegenster und kleinster vernichtung aller personen soweit nicht zum viehtreiben benotigt vieh beitreiben zentral sammeln landesprodukte soweit angangig flachs erfassen gebiet soll niemandsland werden Hierfur volle verantwortung der kommnandeur kampfgruppe nord 7 Der Kampfgruppe Binz war das SS Sonderbataillon Dirlewanger unterstellt Geleitet wurde sie vom Kommandeur des Polizeibataillon 307 Major Siegfried Binz 8 Der Historiker Stefan Klemp listet in seiner Darstellung die taglichen Vernichtungsaktionen dieser Kampfgruppe die am 21 Februar eine Tatigkeitsbilanz vorlegte Feindtote 130 Bandenverdachtige und Sonderbehandelte 2 909 Zerstorte Hauser 1 044 Eigene Verluste 2 Verwundete 1 Pferd 9 Doch der Befehl war ursprunglich nicht vom Major der Schutzpolizei Gendarmerie Siegfried Binz erlassen worden sondern von hoherer Ebene Denn in der Endphase der Aktion kam es zunachst zu einer Totalerfassung landwirtschaftlicher Produkte die der Bevolkerung geraubt werden sollten Alle beteiligten Kampfgruppen im Einsatzgebiet haben dieses Verfahren ubernommen nicht nur die Kampfgruppe Binz Erich von dem Bach Zelewski traf nach eigenen Angaben am 15 Februar zur Begutachtung der getroffenen Massnahmen beim Kampfgruppenstab von Gottberg ein und damit rechtzeitig um den Befehl selbst zu erteilen bzw bei der Ausstellung zumindest anwesend sein Bis dahin wurden ausser den Sluzker Juden 2 483 Menschen getotet Dies war auch einer der ersten Einsatze an denen das SS Sonderbataillon Dirlewanger teilnahm seit Bach Zelewski es von Gottberg zur Verfugung gestellt hatte Ihr stellvertretender Kommandeur Franz Magill war SS Chef fur Sonderaufgaben im Stab von Bach Zelewski und eigens zu Gottberg abkommandiert worden Zu den weiteren an der Operation Hornung beteiligten Verbanden gehorte ein Kommando der Einsatzgruppe B unter Mitarbeit des Rodionow Bataillons das wiederum aus dem ruckwartigen Heeresgebiet Mitte stammte und fur seine Brutalitat bekannt war Der damalige Wehrmachtsbefehlshaber in Weissruthenien Bronislaw Pawel erklarte dass die unmittelbare Leitung der Operation von Gottberg ubernommen worden sei die Gesamtleitung jedoch bei Bach Zelewski gelegen habe 10 Vernichtung und Bilanz BearbeitenFur die abschliessende Vernichtungsaktion gibt es mehrere Quellen und Berichte Zwei Propagandisten der Wehrmacht berichteten von dem Versuch dieses Gebiet in Niemandsland zu verwandeln Dieses erfolgte in der Weise dass die Bevolkerung der in diesem Gebiet befindlichen Dorfer und Gehofte restlos bis zum Saugling herunter niedergemacht wurde Samtliche Behausungen wurden abgebrannt Vieh und Lebensmittelbestande wurden erfasst und aus dem Gebiet herausgefuhrt Uberlebende aus dieser Region haben bewegend beschrieben wie sie sich fuhlten als sie sich in einer toten Zone befanden Gana Michalowna Grincewicz erinnerte sich In meiner Angst schien es mir so vor als ware niemand mehr ubrig in der Welt dass alle getotet waren 11 Die Aktion zeichnet sich durch die Vernichtung vieler grosser Dorfer durch die Besatzer aus 1 046 Menschen starben in Lenin 780 in Pusiczi 787 in Adamowo und 426 in Kopacewiczi Insgesamt wurden 12 718 Tote darunter 3 300 Juden aus Sluzk registriert Es wurden lediglich 65 Gefangene gezahlt Tatsachlich deportierten SS und Polizei im Zuge der Kampfe im Regionalkommissariat Weissruthenien im Februar 1943 lediglich 72 Personen in Bandenkampfen als Arbeitskrafte Zwischen November 1942 und Marz 1943 waren bei 11 grosseren Vernichtungsaktionen dieser Art nicht mehr als 3 589 Personen als Arbeitskrafte den sog Sauckelkommissionen zur Verfugung gestellt worden wahrend im gleichen Zeitraum im Rahmen dieser Grossoperationen zur sog Partisanenbekampfung mindestens 33 378 Menschen getotet wurden 12 Die Zivilverwaltung des Generalbezirks Weissruthenien kritisierte zwar undisziplinierte Plunderungen einzelner Einheiten nicht aber die Entvolkerung des Gebiets So hatte der zustandige Kreislandwirt Harten vorher selbst eine entsprechende Grossaktion vorgeschlagen Der Chef der Zivilverwaltung Gebietskommissar Heinrich Carl sah zwar keinen grossen Erfolg des Unternehmens Hornung bei der Partisanenbekampfung lobte aber die Wirkungen auf die bauerliche Bevolkerung Der Gebietskommissar resumierte auf einer Tagung der Zivilverwaltung in Minsk am 9 April 1943 zu den Folgen des Unternehmens Hornung Es sind hierbei allein 8000 Stck Vieh erfasst worden und es ist alles restlos herausgeholt worden manche Dorfer sind vom Erdboden verschwunden Die Bauern lieferten nicht nur das ab was sie sollten sie lieferten noch daruber hinaus ab ja sogar das Saatgetreide haben sie teilweise mit abgeliefert so dass wir ihnen noch wieder etwas zuruckgeben mussen Abschliessend forderte er die Aktionen gegen die Partisanen nicht zu stoppen sondern zu verstarken 13 Historiker bewerten das Unternehmen Hornung zusammen mit dem im Juni durchgefuhrten Unternehmen Cottbus als die Hohepunkte der sog Operationen zur Partisanenbekampfung im besetzten Weissrussland bei denen durchschnittlich nur 10 bis 15 Prozent der Todesopfer Partisanen waren aber 85 bis 90 Prozent Zivilisten Die Zahl der Todesopfer der deutschen Truppen bei dieser sog Partisanenbekampfung war marginal So wurden in den Meldungen aus den besetzten Ostgebieten Nr 46 vom 19 Juni 1943 auf deutscher Seite 29 Tote gezahlt davon aber 27 Fremdvolkische der ihnen zur Verfugung stehenden sog Schutzmannschaften und nur zwei Deutsche 14 Literatur BearbeitenRuth Bettina Birn Zweierlei Wirklichkeit Fallbeispiel zur Partisanenbekampfung im Osten In Bernd Wegner Hrsg Zwei Wege nach Moskau Vom Hitler Stalin Pakt bis zum Unternehmen Barbarossa Piper Munchen 1991 ISBN 3 492 11346 X S 275 290 Christian Gerlach Kalkulierte Morde Die deutsche Wirtschafts und Vernichtungspolitik in Weissrussland 1941 bis 1944 Hamburger Edition Hamburg 1999 ISBN 3 930908 54 9 Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz Ein Handbuch Klartext Essen 2005 ISBN 3 89861 381 XAnmerkungen Bearbeiten Ruth Bettina Birn Zweierlei Wirklichkeit Fallbeispiel zur Partisanenbekampfung im Osten In Bernd Wegner Hrsg Zwei Wege nach Moskau Vom Hitler Stalin Pakt bis zum Unternehmen Barbarossa Piper Munchen 1991 S 282 284 Christian Gerlach Kalkulierte Morde Die deutsche Wirtschafts und Vernichtungspolitik in Weissrussland 1941 bis 1944 S 899 904 dort eine Listung dieser 55 Operationen einschliesslich ihres Decknamens soweit bekannt bei jeder dieser Aktionen Angaben zum Zeitraum ihrer Durchfuhrung zur Region Zahl der sowjetischen Todesopfer Waffenbeute Tote der deutschen und verbundeten Einheiten die Nennung der beteiligten Einheiten und die Beute an Agrargutern weiterhin S 955 958 zur Gesamtzahl der Opfer dieser Grossaktionen Martin Cuppers Wegbereiter der Shoah Die Waffen SS der Kommandostab Reichsfuhrer SS und die Judenvernichtung 1939 1945 Veroffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universitat Stuttgart 4 Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2005 ISBN 3 534 16022 3 Zugleich Stuttgart Universitat Dissertation 2004 S 260f Cuppers spricht vom Unternehmen Hornung als furchterliches Blutbad mit 12897 Toten und verweist dabei auf die Studie von Christian Gerlach Kalkulierte Morde S 900f Christian Gerlach Kalkulierte Morde Die deutsche Wirtschafts und Vernichtungspolitik in Weissrussland 1941 bis 1944 S 943f u S 946 Ruth Bettina Birn Zweierlei Wirklichkeit Fallbeispiel zur Partisanenbekampfung im Osten In Bernd Wegner Hrsg Zwei Wege nach Moskau Vom Hitler Stalin Pakt bis zum Unternehmen Barbarossa Piper Munchen 1991 S 285 Christian Gerlach Kalkulierte Morde Die deutsche Wirtschafts und Vernichtungspolitik in Weissrussland 1941 bis 1944 Hamburger Edition Hamburg 1999 S 944 Gerlach nennt dort in Fussnote 382 neben dem Sonderbataillon Dirlewanger folgende beteiligte Einheiten Polizei Regimenter 2 10 von Suden her I 23 und I und II 13 die Schutzmannschaften Bataillone 57 und 18 das Bataillon Rodjanow und zwei Bataillone des slowakischen Infanterie Regiments 101 Christian Gerlach Kalkulierte Morde Die deutsche Wirtschafts und Vernichtungspolitik in Weissrussland 1941 bis 1944 Hamburger Edition Hamburg 1999 S 944f Wolfgang Curilla Die deutsche Ordnungspolizei und der Holocaust im Baltikum und in Weissrussland 1941 1944 Schoningh Paderborn 2006 ISBN 978 3 506 71787 0 S 725f Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz Ein Handbuch Klartext Essen 2005 S 40 Christian Gerlach Kalkulierte Morde Die deutsche Wirtschafts und Vernichtungspolitik in Weissrussland 1941 bis 1944 Hamburger Edition Hamburg 1999 S 945f Christian Gerlach Kalkulierte Morde Die deutsche Wirtschafts und Vernichtungspolitik in Weissrussland 1941 bis 1944 Hamburger Edition Hamburg 1999 S 946 Christian Gerlach Kalkulierte Morde Die deutsche Wirtschafts und Vernichtungspolitik in Weissrussland 1941 bis 1944 Hamburger Edition Hamburg 1999 S 901 u S 947 Christian Gerlach Kalkulierte Morde Die deutsche Wirtschafts und Vernichtungspolitik in Weissrussland 1941 bis 1944 Hamburger Edition Hamburg 1999 S 947f Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz Ein Handbuch Klartext Essen 2005 S 42 Christian Gerlach Kalkulierte Morde Die deutsche Wirtschafts und Vernichtungspolitik in Weissrussland 1941 bis 1944 S 901 u S 943 948 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Unternehmen Hornung amp oldid 238076379