Typografie für digitale Texte beschäftigt sich mit der visuellen Gestaltung von Textdokumenten wie Webseiten oder E-Books primär mittels Schrift sowie den übrigen Möglichkeiten der Typografie.
Typografie bezweckt vor allem, Texte einfacher lesbar und dadurch besser verständlich zu machen sowie sie optisch ansprechend, zum Lesen einladend zu präsentieren. Hierbei hat sich im Laufe ihrer Geschichte eine Ästhetik herausgebildet, die auch als typografische Regeln verstanden werden. Des Weiteren greift Typografie auf orthografische (Rechtschreibung) und orthotypografische (korrekte Zeichensetzung) Regeln zurück – oder bricht sie bewusst (z. B. in der Werbung).
Die Typografie für digitale Dokumente übernimmt zunächst alle Möglichkeiten der klassischen „Papiertypografie“. Die darstellenden Ausgabegeräte und technischen Möglichkeiten waren zu Beginn der Digitalisierung allerdings deutlich schlechter als es heute der Fall ist, und so mussten anfangs viele Nachteile und Kompromisse bei der Wiedergabe digitaler Texte im Vergleich zu Drucksachen in Kauf genommen werden. Mittlerweile lassen sich jedoch selbst bei Webseiten ähnlich gute Ergebnisse erzielen wie im Druck.
Durch die allgemeine Digitalisierung ist auch der Personenkreis, der digitale Textdokumente erstellt, weit ausgedehnt worden; heute erstellen nicht mehr nur professionelle Setzer, sondern praktisch jedermann solche Dokumente.
Dieser Artikel behandelt im Folgenden die digitale Dokumentenerstellung mittels Textverarbeitungssoftware oder Auszeichnungssprachen.
Vergleich mit der klassischen Typografie Bearbeiten
Unterschiede zur Papiertypografie Bearbeiten
- Texte werden während der Erstellung und später öfters geändert oder könnten jedenfalls künftig geändert werden. Es soll aber nicht bei jeder Veränderung am Dokument der gesamte Umbruch erneut manuell vorgenommen werden müssen.
- Hypertexte, interaktive Funktionen, Dynamik werden möglich; Multimedia-Elemente können eingebunden werden (Animation, Audio, Video).
- Zur Unterstützung der Barrierefreiheit können Schriftgrößen und -arten an die individuellen Bedürfnisse des Lesers angepasst werden.
- Die technischen Bedingungen bei der optischen Darstellung (Auflösung am Bildschirm, auf dem Drucker; Farbwiedergabe; Verwendung unterschiedlicher Endgeräte mit jeweils unterschiedlichen Eigenschaften) sind nicht immer im Voraus bekannt und unterscheiden sich von einem in Drucktechnik einmalig und einheitlich hergestellten Erzeugnis.
Gemeinsamkeit mit der Papiertypografie Bearbeiten
- Im Moment der Publikation haben die Gestalter die volle Kontrolle über die technischen Gegebenheiten und die erfolgte Gestaltung (beispielsweise Umbruch).
- Beim Ausdruck auf Papier oder Erstellen einer PDF-Datei (in Layout-treuer Normaldarstellung) wird dieser Zustand eingefroren.
Größere Verbreitung des Mediums Bearbeiten
Früher erforderte die Textgestaltung einen Ausbildungsberuf (Setzer), und sie wurde nur von einer kleinen Zahl von Profis entsprechend professionell vorgenommen.
Mit dem PC und dessen Software sind die technischen Möglichkeiten auch jedem interessierten Laien zugänglich geworden. Die typografischen Kenntnisse haben hingegen nicht die gleiche Verbreitung erfahren. Die überwiegende Zahl der Anwender orientiert sich am ehesten am Vorbild einer mechanischen Schreibmaschine.
Regeln und ihre Anwendung Bearbeiten
Auch in der klassischen Typografie wird die Anwendung der Regeln (siehe Typografie) dem Medium angepasst: Roman, Plakat, Tageszeitung, Gedichtband, Speisekarte usw. unterliegen jeweils eigenen Notwendigkeiten.
Genauso müssen bei digitalen Texten technische Rahmenbedingungen, die Art des Textes, die Zielgruppe, der mögliche Aufwand in ein angemessenes Verhältnis gebracht werden. Juristische Schriftsätze, naturwissenschaftliche Werke folgen eigenen Gesetzmäßigkeiten; für einen Fließtext gültige Prinzipien unterscheiden sich von denen für eine Tabelle oder ein Gedicht.
Die DIN 5008 benennt „… Regeln für die Textverarbeitung“ und zielt auf Bürokommunikation ab. Sie sind im Duden (Band 1, Rechtschreibung) im Wesentlichen wiedergegeben.
Es soll geschäftliche Alltagskorrespondenz mit möglichst geringem Aufwand und trotzdem ansprechendem Erscheinungsbild hergestellt werden. Aus diesem Grund sind typografische Regeln angemessen vereinfacht worden (Beispiel: Ganzes Leerzeichen statt Schmales Leerzeichen). Das bedeutet jedoch nicht, dass nun die DIN 5008 einen gesetzlichen Vorrang vor weiter gehenden Gestaltungsregeln hätte. Vielmehr beschreibt sie einen Mindeststandard für eine ansprechende Gestaltung, kann aber Verfeinerungen nicht entgegenstehen.
Zeichenkodierung Bearbeiten
Die Typografie musste sich immer dem Umfang an Zeichen anpassen, die technologisch für Speicherung und Darstellung verfügbar waren:
- Lange Zeit basierten die Zeichenvorräte auf einer 7-bit-Kodierung.
- Mit den 1990er Jahren kamen 8-bit-Zeichensätze auf, teilweise fälschlich als „ANSI“-Zeichensatz bezeichnet, aber auch spezifische Kodierungen wie etwa Microsoft Codepages; weiterhin auch nicht-lateinische Schriften: ISO 8859.
- Mittlerweile wird im PC-Bereich fast durchgehend Unicode „verstanden“, also ein wesentlich umfangreicherer Zeichenvorrat (98.884 Schriftzeichen in Unicode 5.0).
Aus den Zeiten der reduzierten Zeichenvorräte ergaben sich notgedrungen Hilfs- oder Ersatzdarstellungen. Wenn keine Gründe der Interoperabilität entgegenstehen, sollten sie ersetzt werden:
bisher | zu verbessern durch | HTML ohne UTF-8 |
---|---|---|
" …" (Tastatur-Anführungszeichen) | „ …“ („deutsche“ Anführungszeichen) | „ “ |
' …' (einfach Tastatur-Anführungszeichen) | ‚ …‘ („deutsche“ einfache Anführungszeichen) | ‚ ‘ |
> …< (mathematisch Größer/Kleiner) | ›…‹ („französische“ einfache Anführungszeichen) | › ‹ |
-- (doppelter Tastatur-Bindestrich) | – (Gedankenstrich) | – |
... (drei Punkte) | … (Auslassungspunkte/Ellipse) | … |
<- -> <= => (Größer/Kleiner mit Bindestrich/Gleichheitszeichen) | ← → ⇐ ⇒ (Pfeile) | ← → ⇐ ⇒ (u. a.) |
^ (Zirkumflex) | ↑ (Pfeil nach oben) | ↑ |
2 * 3 2 x 3(Sternchen oder X) | × (Malzeichen) | × · |
<= >= (Kleiner, Gleich; Größer, Gleich) | ≤ ≥ (Kleiner-Gleich, Größer-Gleich) | ≤ ≥ |
1/2 1/4 3/4 (Ziffer, Schrägstrich, Ziffer) | ½ ¼ ¾ (Bruchzahlen) | ½ ¼ ¾ |
- (Tastatur-Bindestrich für Minus) | − (Minuszeichen) | − |
+/- (Pluszeichen, Schrägstrich, Bindestrich für Minus) | ± (Plusminuszeichen) | ± |
Siehe auch Bearbeiten
Literatur Bearbeiten
- Johannes Bergerhausen, Siri Poarangan: decodeunicode: Die Schriftzeichen der Welt Hermann Schmidt, Mainz, 2011, ISBN 978-3-87439-813-8
- The Unicode Consortium: The Unicode Standard, Version 6.0.0. The Unicode Consortium, Mountain View CA, 2011, ISBN 978-1-936213-01-6
Weblinks Bearbeiten
- Häufig verwechselte Zeichen (englisch)
- Richtlinien zur Typografie in der deutschsprachigen Wikipedia
- The World’s Writing Systems, Alle 294 bekannten Schriftsysteme der Menschheit mit je einer typografischen Referenz-Glyphe und Unicode-Status