www.wikidata.de-de.nina.az
Tierkorperverwertung bezeichnet die Verarbeitung und Tierkorperbeseitigung sowie die Verwertung von Tierkorpern und Schlachtabfallen in einer Tierkorperbeseitigungsanstalt Das Thema steht im Spannungsfeld hoher seuchenhygienischer Bedeutung und wirtschaftlicher Interessen von Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie Es ist daher Gegenstand zahlreicher Gesetze und Verordnungen auf Lander und EU Ebene Tierkorperbeseitigungsgesetz vom 1 Februar 1939 Deutsches Reich Inhaltsverzeichnis 1 Kategorisierung 1 1 Kategorie 1 1 2 Kategorie 2 1 3 Kategorie 3 2 Verfahren zur Tierkorperbeseitigung 2 1 In einer Verwertungsanlage 2 1 1 Nassverfahren 2 1 2 Trockenverfahren 2 1 3 Benzinextraktion 2 1 4 Pressverfahren 2 1 5 Nassextraktion 2 2 Sprengung 3 Verwertung Produkte 4 Rechtlicher Hintergrund in Deutschland 5 Historisches 6 Statistik 7 Literatur 8 Quellen Weblinks 9 EinzelnachweiseKategorisierung BearbeitenAusgangsmaterial sind die Tierkorper verendeter toter oder totgeborener Gross oder Haustiere oder Teile davon sowie Schlachtabfalle verdorbene Lebensmittel tierischer Herkunft und Tiernebenprodukte wie Milch Eier oder Konfiskate aber auch Darminhalt und Gulle Das Material wird in der EU Verordnung EG Nr 1069 2009 Verordnung uber tierische Nebenprodukte anhand der davon ausgehenden Gefahr in drei Kategorien eingeteilt nbsp Tierkadaversammelstelle in der Schweiz Kanton Zurich Kategorie 1 Bearbeiten Die Kategorie 1 enthalt Fleisch und tierische Nebenprodukte mit dem hochsten Risiko also Haustiere Wildtiere oder Nutztiere die aus Krankheitsgrunden getotet wurden oder verendeten insbesondere TSE verseuchte Tierleichen sowie mit Chemikalien oder verbotenen Stoffen kontaminierte Tiere Heimtiere und Versuchstiere Material der Kategorie 1 muss vollstandig als Abfall entsorgt und abschliessend verbrannt werden Das Material ist ab 1 Juli 2008 im innereuropaischen Handel mit Glycerintriheptanoat GTH zu kennzeichnen und in schwarzen Behaltnissen zu transportieren Kategorie 2 Bearbeiten Diese Kategorie enthalt Fleisch und Nebenprodukte mit dem Risiko anderer nicht ubertragbarer Krankheiten Sie umfasst getotete und gefallene also nicht geschlachtete Tiere tierische Nebenprodukte beispielsweise Milch importiertes und nicht ausreichend kontrolliertes Material Tierprodukte mit Ruckstanden von Medikamenten sowie bei der Schlachtung beanstandete Organe die infektios sein konnen Kategorie 3 Bearbeiten Sogenanntes K3 Material bezeichnet vor allem Abfalle und Nebenprodukte aus Schlachtbetrieben Kuchen und Speiseabfalle fur den menschlichen Verzehr nicht mehr geeignete Lebensmittel tierischen Ursprungs Rohmilch frischen Fisch oder frische Fischnebenprodukte Daneben finden sich hier auch Tierteile die zwar zum menschlichen Verzehr geeignet sind fur die es jedoch im betreffenden Land wenig Nachfrage gibt beispielsweise Kutteln Zunge und weitere Innereien Es darf ausschliesslich zu Tierfutter weiterverarbeitet werden In Deutschland ist daruber hinaus die Verfutterung von Fetten aus Geweben warmblutiger Landtiere und von Fischen an Wiederkauer verboten Fette aus Geweben warmblutiger Landtiere durfen in Deutschland auch nicht an andere zur Lebensmittelgewinnung dienende Tiere und Pferde verfuttert werden K3 Material ist wiederholt Ausgangspunkt fur die Lebensmittelskandale rund um das sogenannte Gammelfleisch Zum K3 Material gehoren Kuchen und Speiseabfalle soweit nicht aus grenzuberschreitendem Verkehr Fische oder andere Meerestiere sowie Fischabfalle ausgenommen Meeressaugetiere Ehemalige tierische Lebensmittel die aus anderen nicht gesundheitsschadlichen Folgen z B Verpackungsmangeln fur den menschlichen Verzehr nicht mehr bestimmt sind Schlachtkorperteile die genussuntauglich sind die jedoch keine Anzeichen einer ubertragbaren Krankheit zeigen und die von Tieren stammen die genusstauglich sind Rohmilch Schalen Brutereinebenprodukte Eintagskuken und Knickeiernebenprodukte von klinisch unauffalligen Tieren Haare Felle Horner usw von klinisch unauffalligen Tieren Tierische Abfalle aus der Lebensmittelindustrie Kadaver aus Wildunfallen im Strassenverkehr Haute Hufe und Horner Schweineborsten und Federn von Tieren die nach einer Schlachttieruntersuchung in einem Schlachthof geschlachtet wurden uberlagertes Fleisch minderwertiges Fleisch Fleisch von Tieren unter erheblicher Stressbelastung Blut von Tieren nicht von Wiederkauern die nach einer Untersuchung in einem Schlachthof geschlachtet wurden Tierische Schlachtkorperteile und Nebenprodukte die bei der Herstellung von fur den menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen angefallen sind und entfettete Knochen und GriebenDieses unverzuglich durch Beschriftung zu kennzeichnende Fleisch darf nur zur Herstellung von Tiernahrung in einem zugelassenen Heimtierfutterbetrieb oder zu nicht mehr essbaren Produkten verarbeitet z B zu Schmierfetten verwendet werden Es darf auch zur Kompostierung oder Biogasherstellung verwendet werden 1 Dennoch wird Fleisch der sogenannten Handelskategorie 3 gelegentlich widerrechtlich zum menschlichen Gebrauch verwendet 2 Das Material ist ab 1 Juli 2008 im innereuropaischen Handel in grunen Behaltnissen zu transportieren und kann im nationalen Handel gefarbt werden Verfahren zur Tierkorperbeseitigung BearbeitenIn einer Verwertungsanlage Bearbeiten Die angelieferte Rohware gefallene Tiere Konfiskate und Schlachtabfalle werden in die Aufnahmemulden der Verwertungsanlage abgekippt die Transportfahrzeuge und behalter werden gereinigt Angelieferten Tieren wird bei Bedarf nach amtstierarztlicher Untersuchung bezuglich Tierseuchen vor der Verarbeitung das Fell die Decke siehe Abdecker abgezogen zur getrennten Weiterverarbeitung Danach wird die Rohware mittels Grob oder Feinbrechern in ca 50 g bzw 20 g schwere Stucke zerkleinert Darauf erfolgt fur 20 Minuten bei 133 C und 3 bar eine thermische Sterilisation in geeigneten Druckgefassen Als Resultat erhalt man einen sterilisierten Fleischbrei der nun mit unterschiedlichen Verfahren weiterverarbeitet werden kann Nassverfahren Bearbeiten Der Fleischbrei wird entfettet Entweder mechanisch durch geeignete Zentrifugen bzw Dekantier Zentrifugen oder durch Absetzverfahren Der entfettete Brei wird in geeigneten Trocknern z B Scheibentrockner kontinuierlich getrocknet und anschliessend vermahlen Trockenverfahren Bearbeiten Hier unterscheidet man die Fettabtrennung durch Extraktion mittels Extraktions Benzin oder durch mechanische Pressverfahren Benzinextraktion Bearbeiten Der Fleischbrei wird sorgfaltig getrocknet und anschliessend wird im Batchverfahren im Extrakteur Extraktions Benzin Hexan zugegeben Das Fett Losungsmittel Gemisch wird abgezogen und mittels Destillation getrennt Der entfettete Fleischbrei wird mittels Frischdampf benzinfrei gemacht danach erfolgt die Vermahlung Anstatt des Batchverfahrens waren auch kontinuierliche Extrakteure im Einsatz in denen der getrocknete Fleischbrei im Gegenstrom mit Extraktions Benzin ausgewaschen wurde Aufgrund der Losungsmittelruckstande im Mehl werden diese Verfahren allerdings nicht mehr angewandt Pressverfahren Bearbeiten Der sterilisierte Fleischbrei wird in kontinuierlich arbeitenden Trocknungsanlagen Trommeltrockner Scheibentrockner auf den erforderlichen Trocknungsgrad getrocknet Der getrocknete Fleischbrei wird mittels kontinuierlich arbeitenden Schneckenpressen entfettet Die Pressschilfer werden anschliessend vermahlen Dieses Verfahren ist heute gangige Praxis Nassextraktion Bearbeiten Dieses in der Praxis nicht mehr gebrauchliche Verfahren verwendete Tetrachlorethen als Losungsmittel zur Trocknung und Entfettung des sterilisierten Fleischbreis In sogenannten Extrakteuren wurde die Rohware im Batchverfahren sterilisiert mit dem Losungsmittel Restfettgemisch aus der 2 Wasche der vorherigen Charge aufgeruhrt die entstehende fetthaltige Miscella als 1 Wasche abgezogen und der Destillation zugefuhrt Dem Extrakteur wurde nun mittels kontinuierlicher Zugabe von Losungsmittel azeotrop der vorentfettete Fleischbrei getrocknet Am Start der Trocknung lag die azeotrope Dampfgemischtemperatur bei 87 C am Ende bei ca 104 C Der entstehende Dampf wurde kondensiert gekuhlt und anschliessend im Losungsmittel Wasserscheider aufgrund der grossen Dichteunterschiede Wasser 1 Per 1 6 getrennt Das Rest Fett wurde wahrend der Trocknung im Extrakteur als sogenannte 2 Wasche vom Losungsmittel aufgenommen und nach Beendigung der Trocknung abgezogen zwecks Wiederverwendung als 1 Wasche fur die nachste Charge Der entfettete getrocknete aber noch Losungsmittel feuchte Fleischbrei wurde mittels Wasserdampf von Losungsmittelresten weitestgehend befreit Anschliessend erfolgte die Vermahlung zu Mehl mit niedrigen Restfettgehalten um 4 2 waren mit drei Waschen machbar Solche Restfettgehalte waren haufig bei der Knochenverarbeitung gewunscht Aufgrund der hohen Losungsmittelkosten der moglichen Kontamination des Grundwassers und der Losungsmittelruckstande im Tiermehl wird dieses Verfahren allerdings nicht mehr angewandt 3 Sprengung Bearbeiten Verendet ein Tier an einer schwer zuganglichen Stelle wie z B einer Alm ist der Transport zu einer Verwertungsanlage oft mit erheblichem Aufwand und Kosten verbunden Manchmal ist dieser nur durch Anseilen des toten Tieres an einen Hubschrauber und anschliessenden Lufttransport moglich Um Aufwand und Kosten zu minimieren wurde die Sprengung verendeter Rinder in Osterreich praktiziert auch fur Colorado USA ist die Methode belegt 4 Dabei wird der Kadaver durch eine angebrachte Sprengladung am Verendungsort zur Explosion gebracht Das nun in kleinere Stucke zerrissene Tier kann schneller verwesen und von Aasfressern vertilgt werden Eine gewisse Bekanntheit erhielt die Sprengung verendeter Wale die an Strande angespult worden waren und aufgrund ihrer Grosse nicht anders zerkleinert werden konnten Die Methode ist wegen der so immer noch bestehenden Gefahr der Grundwasserverschmutzung und moglicher Beeintrachtigungen des Landschaftsbildes nicht unumstritten Verwertung Produkte Bearbeiten nbsp Verwertung des KnochensTiermehle konnen als Zusatzbrennstoff in Kohlekraftwerken verwendet werden Die Verfutterung an landwirtschaftliche Nutztiere war fruher ublich ist aber zur Vorbeugung gegen die Verbreitung der BSE gesetzlich verboten worden Fleischmehle aus Rohwaren der Kategorien 2 und 3 werden als NP Dunger eingesetzt Tierfett kann an die chemische Industrie abgegeben sowie zu Schmierfett fur technische Anwendungen oder zu Fettsauremethylester Biodiesel verarbeitet werden Fleischfuttermehl Fleischknochenmehl unterscheidet sich von Tiermehlen durch den hoheren Anteil an Knochen Futterknochenschrot zerkleinerte entfettete Knochen dient in erster Linie als Mineralstofftrager Tierkohle wurde fruher zu Aktivkohle weiterverarbeitet kann aber auch in Schwarzpulver enthalten sein Im Januar 2011 nahm in der Schweiz die wohl erste Biogasanlage der Welt ihren Betrieb auf welche mehrheitlich Schlachtabfalle vergart 5 Rechtlicher Hintergrund in Deutschland BearbeitenNach dem deutschen Tierkorperbeseitigungsgesetz vom 2 September 1975 mussten die Kadaver von Pferden Schafen Rindern Schweinen und Ziegen unschadlich beseitigt werden Ahnlich ist es im osterreichischen Tierseuchengesetz 14 von 1909 Inzwischen wurde das deutsche Tierkorperbeseitigungsgesetz durch das Tierische Nebenprodukte Beseitigungsgesetz TierNebG vom 25 Januar 2004 ersetzt Mit diesem Gesetz wurden Vorgaben der EU Verordnung EG Nr 1774 2002 zur Tierkorperbeseitigung 6 umgesetzt insbesondere werden nach Gesundheitsgefahrdung gestaffelt 3 Kategorien von beseitigungspflichtigem Material eingefuhrt von denen nur noch Material der Kategorien 1 und 2 in einem dafur zugelassenen Betrieb beseitigt werden muss Material der Kategorie 3 dazu zahlt insbesondere ein grosser Teil von Schlachtabfallen kann z B zur Energieerzeugung oder fur die Tierfutterherstellung verwendet werden Mit der Anderung des Tierischen Nebenprodukte Beseitigungsgesetzes TierNebG 7 besteht in Deutschland seit dem 12 Februar 2017 die Moglichkeit fur Equiden Pferde Esel Maultiere Zebras und Zebroide eine Ausnahmegenehmigung zur Pferdebestattung in einem fur Equiden zugelassenen Krematorium zu erhalten Historisches BearbeitenHistorische Bezeichnung der Statten der Tierkorperverwertung ausserhalb der Stadte und Dorfer im deutschsprachigen Raum war Wasenmeisterei oder Abdeckerei die Berufsbezeichnung Wasenmeister fur die mit der Kadaverbeseitigung befassten Amter oder Personen ist in der Schweiz und in Liechtenstein bis ins 21 Jahrhundert gebrauchlich Statistik BearbeitenIm Jahr 2002 fielen in Deutschland etwa 2 7 Millionen Tonnen Schlachtabfalle an die zu etwa 400 000 Tonnen Tiermehl zu 150 000 Tonnen Fleischknochenmehl und zu 300 000 Tonnen Fett verarbeitet wurden Weitere tierische Produkte sind zum Beispiel Felle und Federn die zu Leder und Daunen werden Literatur BearbeitenRobert von Ostertag Erich Moegle Siegfried Braun Die Tierkorperbeseitigung Parey Berlin Hamburg 1958 DNB 453665586 Quellen Weblinks BearbeitenVerordnung EG Nr 1069 2009 PDF und Leitlinien zur Anwendung der Verordnung PDF 208 kB Deutsche Fleischmehlindustrie Schlachtabfalle in der Schweiz Was beim Schlachten ubrig bleibtEinzelnachweise Bearbeiten Art 24 Entsorgen von tierischen Nebenprodukten der Kategorie 3 In SR 916 441 22 Verordnung vom 25 Mai 2011 uber tierische Nebenprodukte VTNP 1 Juni 2018 abgerufen am 5 Januar 2020 11 2005 Foodwatch Schlachtabfalle in Lebensmitteln Memento vom 27 Dezember 2007 im Internet Archive PER Umweltschadensfall ausgelost durch eine mit PER betriebene Tierkorperverwertungsanstallt saw Mit Sprengstoff gegen gefrorene Kuhe Vieh verirrt sich in den Rocky Mountains In FOCUS Online 18 April 2012 abgerufen am 4 Juli 2012 A G Biorender Munchwilen Biogas fur Winterthur Memento vom 29 November 2015 im Internet Archive S 13 Januar 2012 PDF 3 8 MB aufgehoben mit Wirkung zum 4 Marz 2011 durch Artikel 54 der Verordnung EG Nr 1069 2009 des Europaischen Parlaments und des Rates mit Hygienevorschriften fur nicht fur den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und zur Aufhebung der Verordnung EG Nr 1774 2002 Verordnung uber tierische Nebenprodukte vom 21 Oktober 2009 ABl EU vom 14 November 2009 Nr L 300 S 1 32 Bundesgesetzblatt Nr 40 2016 S 1966 ff D Normdaten Sachbegriff GND 4337484 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tierkorperverwertung amp oldid 238471349