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Der Stylus Phantasticus auch Stylus Fantasticus oder Fantastischer Stil ist eine aus Italien stammende Stilrichtung in der Musik des Barock deren Anfange auf Claudio Merulo zuruckgehen und die in der norddeutschen Orgelschule des spaten 17 Jahrhunderts ihren Hohepunkt erreichte Im Stylus Phantasticus gehaltene Werke zeichnen sich durch ein aus der Improvisationspraxis abgeleitetes dramatisches Spiel aus bei dem kurze unterschiedliche und teilweise dissonante bizarre Figuren extrem chromatische Abschnitte rasende Laufe auf originelle Weise miteinander verknupft werden Dies geschieht durch die Verwendung von Ostinato Strukturen uber denen die Soloinstrumente ahnlich wie in der heutigen Improvisationspraxis des Jazz komplexe Kontrapunkte entwickeln Weitere Pioniere dieses Stils neben Merulo waren Girolamo Frescobaldi 1583 1643 Giovanni Pandolfi c 1620 1669 und Johann Jakob Froberger 1616 1667 In verschiedenen Sonaten von Heinrich Ignaz Biber Dietrich Buxtehude Nicolaus Bruhns oder Francesco Maria Veracini erreicht der Stylus Phantasticus Hohepunkte Ein beeindruckendes Beispiel ist Johann Sebastian Bachs Chromatische Fantasie und Fuge Aber auch Bachs Sohne setzten diesen Stil fort Im Gegensatz zum Stylus Phantasticus steht der Stile antico Dieser strenge kontrapunktische Stil nimmt Ruckbezug auf liturgische Werke aus der Renaissance wobei die Messen Palestrinas oft als Vorbild dienten wie beispielsweise in der Schrift Gradus ad Parnassum von Johann Joseph Fux 1725 1 2 Zeitgenossische Beschreibungen des Stils BearbeitenErstmals beschrieb der Universalgelehrte Athanasius Kircher den Stylus Phantasticus 1650 auf Seite 585 im 5 Kapitel des 7 Buches seiner Musurgia Universalis etwa 50 Jahre nach seinem ersten Auftreten als eine freie Art der Instrumentalmusik die der Phantasie der Komponisten keine strikten Regeln auferlege die nicht an Worte oder einen Cantus firmus gebunden ist dem Komponisten weite Entfaltungsmoglichkeiten gibt und Gelegenheit an die Grenzen seiner Kunst zu gehen in freien Formen wie Fantasien Toccaten Ricercare und Sonaten 3 Zum Stylus Phantasticus meinte Johann Mattheson in 4 Der Stylus Phantasticus ist die allerfreieste und ungebundenste Setz Sing und Spiel Art die man nur erdencken kan da man bald auf diese bald auf jene Einfalle gerath da allerhand sonst ungewohnliche Gange versteckte Zierrathen sinnreiche Drehungen und Verbramungen hervorgebracht werden ohne eigentliche Beobachtung des Tacts und Tons bald hurtig bald zogernd bald ein bald vielstimmig bald auch auf eine kurze Zeit nach dem Tact ohne Klang Maasse doch nicht ohne Absicht zu gefallen zu ubereilen und in Verwunderung zu setzen Der zur jungeren Generation gehorende Johann Joachim Quantz schrieb kritisch In diesem Stil findet man eher Frechheit und verworrene Gedanken als Bescheidenheit Vernunft und Ordnung Einzelnachweise Bearbeiten Gilles Cantagrel Hrsg Guide de la musique d orgue Editions Fayard Paris 1991 ISBN 2 213 02772 2 Karl Kaiser Hrsg Basiswissen Barockmusik Band 1 Zur Instrumentalmusik des Hoch und Spatbarock Verlag ConBrio 2010 ISBN 978 3 940768 12 4 Athanasius Kircher Buch 7 der Musurgis Universalis PDF Johann Mattheson Der vollkommene Capellmeister Kapitel 10 93 Public Domain in der Petrucci Music Library Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stylus Phantasticus amp oldid 208511098