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Spieldidaktik Wortverbindung von deutsch Spiel und altgriechisch didaktike techne Technik des Unterrichtens Kunst des Lehrens ist die Wissenschaft vom Lehren und Lernen des Spielens Als Teildisziplin der Spielwissenschaft befasst sie sich mit der Bildungswirkung des Spielens mit entsprechenden Zielsetzungen und Sinnerfahrungen mit der Erschliessung und Bewertung des Spielguts sowie der Vermittlung von praktischen Spieltechniken Inhaltsverzeichnis 1 Die spieldidaktischen Fragestellungen 2 Das Verhaltnis von Spieldidaktik und Spielmethodik 3 Das didaktische Funktionsmodell 4 Die didaktischen Sinnelemente 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseDie spieldidaktischen Fragestellungen BearbeitenDer Bildungstheoretiker Erich Weniger 1 hat das Konzept der Didaktik in einen einfachen Satz gefasst mit dem die Studierenden noch heute in der Regel in die Spieldidaktik eingefuhrt werden Man nennt sie die sechs W des Erich Weniger Wer soll was warum wozu wann wie lernen Die Wer Frage zielt auf den Adressatenkreis der Lernenden Das spieldidaktische Vorgehen hat vorab zu klaren auf welche Personengruppe welche Altersstufe welche Spielerfahrungen welche Spielbedurfnisse welche korperlichen und geistigen Voraussetzungen es sich einstellen muss Die Was Frage richtet sich auf das Spielgut mit dem man sich beschaftigen will und an das herangefuhrt werden soll Die Warum Frage muss uber den Sinn des Tuns der Anstrengung vielleicht des Risikos Auskunft geben und Antworten finden lassen Die Wozu Frage die haufig mit der Warum Frage verwechselt wird legt die Zielsetzungen fest Es muss Konsens daruber erreicht werden ob die Leistung Kampfspiele Sportspiele die Geselligkeit Gesellschaftsspiele Entspannung Ruhespiele oder eine andere Ausrichtung das Spielen bestimmen soll Die Wann Frage konzentriert sich auf den passenden Entwicklungsstand und das Alter der Spielenden sowie auf die gunstigste mentale und emotionale Augenblickssituation fur die Spielauswahl Die Wie Frage schliesslich befasst sich mit der praktischen Umsetzung der Zielvorstellungen mit der Spielmethodik mit der Spielorganisation mit zu erwartenden Spielproblemen Das Verhaltnis von Spieldidaktik und Spielmethodik BearbeitenIn der Spielliteratur spiegeln sich zwei unterschiedliche Didaktikvorstellungen Sie werden als Spieldidaktik im weiteren und Spieldidaktik im engeren Sinne bezeichnet 2 Wahrend die heute massgebliche in allen wissenschaftlichen Ausbildungsstatten vermittelte Spieldidaktik im weiteren Sinne den Gesamtkomplex des Lehrens und Lernens von der Sinn und Zielprogrammatik bis in den praktischen Anwendungsbereich hinein umfasst gliedert die Spieldidaktik im engeren Sinn die Spielmethodik als eigenen Arbeitsbereich aus Diese Abkoppelung der Spielmethodik von den Zielfragen und die starke Fokussierung auf den Praxisbereich birgt die Gefahr der Orientierungslosigkeit oder zumindest Einseitigkeit in der Sinnausrichtung des Spielens Sie kann etwa dazu fuhren dass unbemerkt vorrangig der Leistungsaspekt das Spielen bestimmt dass also die Vielfalt des Spielens nicht ins Blickfeld kommt und damit auch nur ein Teil der Spielbedurfnisse berucksichtigt wird Ausserdem fehlt ein Nachdenken uber den Sinn und die Folgen spielerischen Handelns Diese reduzierte Vorstellung von Spielen findet sich haufig in einfachen Spielesammlungen in Regelbuchern in Spielgeratebeschreibungen und wird in der Regel in nicht professionellen und privaten Spielbereichen praktiziert Die wissenschaftsorientierte Spieldidaktik im weiteren Sinn schafft dagegen ein enges Bezugsfeld von Lehren und Lernen im Spiel eine Verbindung von Sinnfragen und Spielpraxis einen Abgleich von Spielbedurfnissen und Spielverhalten wie es sich etwa in dem Funktionsmodell von Wolfgang Klafki niedergeschlagen hat Das didaktische Funktionsmodell BearbeitenNach Klafki 3 vollziehen sich die Lernprozesse in einem Spannungsgefuge der vier Komponenten Lernender Lernstoff Lehrender und gesellschaftspolitisches Umfeld Lernender Lehrender und Lernstoff stehen dabei in einem Dreiecksbezug in Form des sogenannten Didaktischen Dreiecks Das Lerngeschehen wird aber daruber hinaus in jedem der drei Eckpunkte von dem soziokulturellen Umfeld bestimmt in dem das Lernen stattfindet etwa durch die jeweilige Gesellschaftsform und ihre Wertvorstellungen Die Einflussnahme uber die Lehrplane auf Spielgut und Spielweisen wirkt sich wesentlich auf die gesellschaftsspezifische Spielkultur aus Sie bewirkt beispielsweise ob aggressive oder kooperative Spielformen favorisiert werden Innerhalb des didaktischen Dreiecks nimmt der Lernende die oberste Position ein Zwischen ihm und dem Spielgut besteht eine enge Wechselbeziehung Beide mussen sich aufeinander zubewegen Das Spielgut muss einen Aufforderungscharakter annehmen und der Spielende muss ein Spielbedurfnis entwickeln Dies zu bewerkstelligen und zu vermitteln ist die Aufgabe des dritten Pols der Lehrperson Ihre doppelte Aufgabe besteht darin einerseits das Spielgut fachmannisch so aufzubereiten dass es einen Aufforderungscharakter annimmt und technisch verarbeitet werden kann Spielmethodik Spielorganisation Auf der anderen Seite muss der Lernende spielwillig gemacht werden Spielmotivation Sinnvermittlung 4 Fur diese schwierige Aufgabe ist eine professionelle Ausbildung nahezu unumganglich Die didaktischen Sinnelemente BearbeitenDie Sinnfrage ist fundamental fur das Spielen und ihre Aufarbeitung die bedeutendste Aufgabe der Spieldidaktik Bereits fruhe Spielpadagogen wie Friedrich Schiller 5 Johann Christoph Friedrich GutsMuths 6 Hans Scheuerl 7 Frederik Jacobus Johannes Buytendijk 8 oder Andreas Flitner 9 haben uber sie nachgedacht Die spontane Lust zum Spielen bedarf scheinbar keiner weiteren Reflexion Vor allem anspruchsvollere gefahrlichere umstrittene Spielformen und Spielziele erfordern jedoch auch ein Nachdenken uber den Sinn und die Folgen des spielerischen Tuns Wer sich diesen Sinnfragen nicht stellt lauft Gefahr sich einseitig zu orientieren beispielsweise ausschliesslich Kriegsspiele oder Glucksspiele zu praktizieren und etwa das meditative Spielen nicht zu entdecken Als Spielleiter wird er einem Teil der berechtigten Spielbedurfnisse nicht gerecht werden konnen nbsp Kindliches Lernen uber die Triebe bei Johann Bernhard Basedow 1724 1790 Kupferstich von Daniel ChodowieckiDie Spieldidaktiker Siegbert Warwitz und Anita Rudolf 10 beschreiben eine Reihe von Sinnelementen die einerseits aus dem Triebleben der Menschen und andererseits aus den Aufforderungen der Umwelt erwachsen Sie alle konnen Spielen mit Sinn erfullen und dabei zu unterschiedlichen Zielvorstellungen und Spielgestaltungen fuhren Die Neugier reizt dazu sich spielerisch mit dem noch Unbekannten auseinanderzusetzen Ihr Produkt sind die verschiedenen Formen von Entdeckerspielen Der Erkenntnistrieb sucht sich in Denkspielen wie Ratespielen Quiz oder Puzzle ein Betatigungsfeld Der Forscherdrang aussert sich in Experimentier und Wahrnehmungsspielen Der Spieltrieb realisiert sich am reinsten in einfachen Funktionsspielen Der Bewegungsdrang wird in Bewegungsspielen wie Fangspielen Hupfspielen Laufspielen Ballspielen sichtbar Der Leistungswille aktiviert seine Energien im Sportspiel Klavierspiel oder Schachspiel Das Gestaltungsbedurfnis neigt zu Kreativitatsspielen wie Mal Bastel Wort Klang Konstruktions oder Reimspielen Das Bedurfnis nach Spannung sucht sich Mutproben oder Abenteuerspiele Der Wunsch zum Geselligsein fuhrt zu den Gesellschaftsspielen zu Karten oder Brettspielen zum Kegeln oder zur Hausmusik Das Darstellungsverlangen zeigt sich in der Lust zum Theaterspielen zu Verkleidungs Rollen Clown oder Kasperlespielen Der Anerkennungstrieb lebt sich in Spielformen aus bei denen mit Beifall zu rechnen ist wie beim Theaterspiel beim Instrumentenspiel oder bei einem Sportspiel Der Wettkampftrieb will den Vergleich des Konnens bei Wettspielen wie Sport Mal Dichter oder Gesangswettbewerben Der Sexualtrieb wird in Liebesspielen wie Balzspielen Flirt Kuschelspielen oder Sexspielen erkennbar Das Helferbedurfnis lasst Puppenspiele oder Partnerspiele entstehen Das Regenerationsbedurfnis findet in Entspannungs und Meditationsspielen seinen Sinn Diese Sinnelemente des Spielens uberschneiden sich in der Spielrealitat vielfaltig Sie konnen einander erganzen aber auch miteinander in Konkurrenz oder sogar Widerstreit treten wie etwa bei den Ruhespielen und den Kampfspielen oder bei den Kriegsspielen und den Friedensspielen Siehe auch BearbeitenHamespiele SpielmethodikLiteratur BearbeitenJ Bilstein M Winzen CH Wulf Hrsg Anthropologie und Padagogik des Spiels Weinheim 2005 Frederik Jacobus Johannes Buytendijk Wesen und Sinn des Spiels Berlin 1933 Wolfgang Einsiedler Das Spiel der Kinder Zur Padagogik und Psychologie des Kinderspiels 3 Auflage Bad Heilbrunn 1999 Andreas Flitner Spielen Lernen Praxis und Deutung des Kinderspiels 12 Auflage Munchen 2002 Johann Christoph Friedrich GutsMuths Spiele zur Ubung und Erholung des Korpers und des Geistes Schnepfental 1796 Berlin 1959 Hans Hoppe Spiele Finden und Erfinden Ein Leitfaden fur die Spielpraxis 2 Auflage Berlin 2011 ISBN 3 8258 9651 X Terry Orlick Neue kooperative Spiele Mehr als 200 konkurrenzfreie Spiele fur Kinder und Erwachsene 4 Auflage Weinheim und Basel 1996 Anita Rudolf Siegbert A Warwitz Spielen neu entdeckt Grundlagen Anregungen Hilfen Freiburg 1982 ISBN 3 451 07952 6 Hans Scheuerl Das Spiel Untersuchungen uber sein Wesen seine padagogischen Moglichkeiten und Grenzen 11 Auflage Weinheim und Basel 1990 Friedrich Schiller Uber die Asthetische Erziehung des Menschen 15 Brief Samtliche Werke Band 4 Stuttgart 1874 S 591 595 Siegbert A Warwitz Anita Rudolf Vom Sinn des Spielens Reflexionen und Spielideen 5 aktualisierte Auflage Baltmannsweiler 2021 ISBN 978 3 8340 1664 5 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Spieldidaktik Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Erich Weniger Die Grundlagen des Geschichtsunterrichts Untersuchungen zur geisteswissenschaftlichen Didaktik Leipzig 1926 Siegbert A Warwitz Anita Rudolf Vom Sinn des Spielens Reflexionen und Spielideen 5 aktualisierte Auflage Baltmannsweiler 2021 Seiten 18 36 Wolfgang Klafki Das padagogische Problem des Elementaren und die Theorie der kategorialen Bildung 2 Auflage Weinheim 1964 Siegbert A Warwitz Anita Rudolf Vom Sinn des Spielens Reflexionen und Spielideen 5 aktualisierte Auflage Baltmannsweiler 2021 Seite 17 Friedrich Schiller Uber die Asthetische Erziehung des Menschen 15 Brief Samtliche Werke Band 4 Stuttgart 1874 S 591 595 Johann Christoph Friedrich Guts Muths Spiele zur Ubung und Erholung des Korpers und des Geistes Schnepfental 1796 Berlin 1959 Hans Scheuerl Das Spiel Untersuchungen uber sein Wesen seine padagogischen Moglichkeiten und Grenzen Weinheim und Basel 11 Auflage 1990 Frederik Jacobus Johannes Buytendijk Wesen und Sinn des Spiels Berlin 1933 Andreas Flitner Spielen Lernen Praxis und Deutung des Kinderspiels 12 Auflage Munchen 2002 Siegbert A Warwitz Anita Rudolf Vom Sinn des Spielens Reflexionen und Spielideen 5 aktualisierte Auflage Baltmannsweiler 2021 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Spieldidaktik amp oldid 218336131