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Die Singspielhalle ist eine Auspragung des Varietes und die deutschsprachige Entsprechung von Music Hall und Vaudeville Theater also von Stromungen der Abendunterhaltung die von London und Paris ausgingen und ihren kommerziellen Hohepunkt in den USA hatten Die Singspielhalle entstand im Zuge der Urbanisierung ab Mitte des 19 Jahrhunderts in Wien aus der Volkssangerszene heraus und wurden zum Auffuhrungsort fur gemischte Unterhaltungsprogramme Im Unterschied zum Variete das ebenso in Wien vertreten war waren artistische und akrobatische Vorstellungen nicht vorgesehen Singspielhallen gab es in vielen Stadten des deutschen Sprachgebiets Bekannte Kunstler wie Karl Valentin oder Armin Berg sind aus ihnen hervorgegangen Inhaltsverzeichnis 1 Definition und Abgrenzung 2 Geschichte 3 Rechtliche Einschrankungen 4 Literatur 5 EinzelnachweiseDefinition und Abgrenzung BearbeitenIm Unterschied zu den Londoner Pariser und New Yorker Vorbildern widmeten sich die Singspielhallen oft einer kleinburgerlichen Variante der Operette aber auch dem Kabarett und anderen Varianten der Kleinkunst Zentrale Programmpunkte waren Gesangs Tanz und Schauspiel Nummern Es traten Volks Couplet und Wienerlied Sanger auf es wurden Volksstucke Possen und Burlesken aufgefuhrt Obwohl die Singspielhallen ein modernes grossstadtisches Phanomen waren galten sie oft als Bastionen des scheinbar Alten und Traditionellen siehe Alt Wien Dazu wurde etwa das Jodeln erfunden das ursprunglich eine Angelegenheit der Stadter 1 war Das Publikum der Singspielhalle war die gesellschaftliche Unterschicht die sich weder Theater noch Opernvorstellungen leisten konnte So kostete beispielsweise 1867 der Eintritt in das Chantant nach Cafe chantant ein Vorganger des Varietes in Wien Schreindorfers Glas Salon 40 Kreuzer wahrend das Theater an der Wien vier Gulden also das zehnfache verlangte Trotz des Wortes Halle im Namen war die Singspielhalle zumeist in gewohnlichen stadtischen Gebauden untergebracht Lediglich im Prater war die Bezeichnung Halle mitunter wortwortlich zu verstehen Geschichte BearbeitenDie Singspielhalle war vor allem im Raum Wien verbreitet mit einem Zentrum im Prater Sie diente vorerst vor allem als Auffuhrungsstatte fur Volkssanger kleine Theatertruppen und Komiker Volkssanger waren die Stars und haufig auch Grunder von Singspielhallen Sie gaben Solovortrage liessen Volksstucke auffuhren und gaben Singspiele zum Besten Die Singspielhalle wurde so zur Oper des kleinen Mannes ein Mittelding zwischen Theater und Volkssangerbuhne 2 Sie verbreitete sich rasch in den Wiener Vorstadten die erst einige Jahre spater eingemeindet wurden und das Programm entwickelte sich zu einer bunten Mischung der zeitgenossischen Unterhaltungskultur Um 1900 herum gab es im Raum Wien uber hundert solcher Buhnen 3 Auch in anderen Stadten wie Munchen Berlin oder Frankfurt am Main wurden Singspielhallen eroffnet Die erste Wiener Singspielhalle wurde 1860 in Hernals eroffnet Ungers Casino Johann Fursts Singspielhalle war seit 1861 eine der grossten Singspielhallen im Prater Die Wiener Singspielhalle verfugte vor allem bei den Komikern uber einen regen Austausch mit dem zur Zeit Osterreich Ungarns noch zu uber vierzig Prozent deutschsprachigen Budapest Bekanntestes Beispiel hierfur ist das 1889 gegrundete Budapester Orpheum das in Wien gegrundet wurde und zunachst ausschliesslich aus Budapestern bestand Viele Singspielhallen entwickelten sich zu Kleinkunsttheatern und Kabarettbuhnen und ab der Jahrhundertwende haufig zum Kino Die ebenfalls im Prater angesiedelte grosse Singspielhalle von Gustav Munstedt wurde bereits 1902 zu einem der ersten Kinos Wiens umgebaut In den 1920er Jahren wurde daraus der Munstedt Kino Palast aus Fursts Singspielhalle wurde das Lustspielkino Viele weitere Singspielhallen ereilte bis etwa 1930 dasselbe Schicksal als das Kino zum neuen Massenunterhaltungsmedium aufstieg Rechtliche Einschrankungen BearbeitenUm eine Singspielhalle zu fuhren benotigte man in Wien eine Konzession Eine Singspielhalle im Sinne der Konzession war allerdings keine raumliche Einrichtung sondern ein Unternehmen das zur Auffuhrung von einaktigen dem Volksleben der Gegenwart entnommenen Singspielen Possen und Burlesken mit Gesang sowie auch von einzelnen Liedervortragen und Soloszenen berechtigt war 4 Fur die Auffuhrungen einer Singspielhalle benotigte der Konzessionar eine Restaurations oder Wirtshauslokalitat 4 Der Singspielhallenbetreiber musste sich daher fur jede Vorstellung in ein Restaurant oder Wirtshaus einmieten Wollte der Konzessionar eine eigene Auffuhrungsstatte grunden benotigte er daher eine Wirtshaus Konzession Viele Auffuhrungsstatten die als Singspielhallen bekannt waren waren daher gewohnliche Restaurants Wirtshauser oder haufig auch Hotels in denen mehr oder weniger regelmassig Singspielhallen Auffuhrungen stattfanden Die Konzession sah Einschrankungen fur den Umfang der Auffuhrungen vor um nicht mit dem Theater zu konkurrieren So hatten die Schauspieler der Volksstucke und Possen keine Kostumierungen tragen durfen die Buhnen durften keine Versenkungen aufweisen die Kulissen und Dekorationen wahrend einer Vorstellung nicht gewechselt werden und keinerlei Buhnenmaschinerien verwendet werden 4 Zumindest das Kostumverbot wurde jedoch nach Protesten wieder abgeschafft Trotz der rechtlichen Einschrankungen entwickelten sich einige Singspielhallen in ihrem Auffuhrungsbetrieb zu Theatern in denen neben Gesangs und Kabarettvorstellungen auch Volksstucke und mehraktige Stucke rechtlich gesehen mehrere Einakter hintereinander aufgefuhrt wurden Juristisch gesehen waren sie dennoch keine Theater wenngleich sich manche Buhnen dennoch so nannten etwa das Furst Theater im Wiener Prater Die Komponisten der Singspiele wie Karl Kleiber oder Carl Ferdinand Konradin haben sich in der Geschichte der Wiener Operette die sich aus heutiger Sicht ausschliesslich in den teuren Wiener Vorstadttheatern abspielte nicht behaupten konnen Literatur BearbeitenGeorg Wacks Exkurs Die Singspielhallenkonzession In Georg Wacks Die Budapester Orpheumgesellschaft Ein Variete in Wien 1889 1919 Verlag Holzhausen Wien 2002 ISBN 3 85493 054 2 S 13 15 Anon Das Harmonietheater Beitrage zur Heimatkunde des IX Bezirks Nr 1 Wien 1966 Josef Koller Das Wiener Volkssangertum in alter und neuer Zeit Wien Gerlach amp Wiedling 1931Einzelnachweise Bearbeiten Max P Baumann Musikfolklore und Musikfolklorismus Eine musikethnologische Studie zum Funktionswandel des Jodelns Winterthur 1976 S 234 Wacks S 13 Otto Bauer Opern und Operetten in Wien Graz 1955 siehe den Plan im Anhang a b c Bestimmungen des Ministerraths Prasidial Erlasses vom 31 Dezember 1867 In Wacks S 13f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Singspielhalle amp oldid 230685566