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Der Segeroth war von Ende des 19 bis Mitte des 20 Jahrhunderts ein Industrie und Arbeiterviertel in der Stadt Essen oft als Wilder Norden bezeichnet Es lag nordwestlich der Innenstadt zwischen Altendorf Bochold und Altenessen An seiner Stelle befindet sich heute ein Teil des Nordviertels mit dem Campus Essen der Universitat Duisburg Essen Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Politik 3 Heutige Lage 4 Anmerkungen 5 LiteraturGeschichte BearbeitenMit dem Aufschwung des Kohlenbergbaus in diesem Gebiet speziell die Abteufung der Zeche Victoria Mathias im Jahre 1840 und spater auch durch die enorme Expansion der Kruppwerke stieg die Bevolkerung Essens durch Zuwanderungen von Arbeitskraften sprunghaft an und damit auch die Nachfrage nach billigem Wohnraum So entstand innerhalb weniger Jahre wo vorher noch Viehweiden und Acker lagen das Arbeiterviertel Segeroth Die Siedlung erhielt zunachst aus Mitteldeutschland und bald hauptsachlich aus dem Osten des Deutschen Reichs Zuzug der dort beheimateten unterschiedlichen ethnischen Gruppen unter ihnen auch osteuropaische Juden und Roma Das damalige noch kleinstadtisch gepragte Essen war mit diesem Ansturm uberfordert Seit den 1870er Jahren entstand in einer Gemengelage und stadtebaulich ungeplant ein ethnisch bunt gemischtes Viertel mit Arbeitersiedlungen Schlaf und Logierhausern Mietskasernen Industrieanlagen Eisenbahnlinien und Friedhofen 1 Vor allem die Industriellen Alfred Krupp und sein Sohn Friedrich Alfred Krupp aber auch der Essener Bauunternehmer Piekenbrock waren die Bauherren der meist primitiven Mietskasernen mit hoher Bewohnerdichte Wahrend im Segeroth 1886 noch 8 000 Menschen lebten waren es um 1930 mehr als 40 000 Menschen Neben gesellschaftlichen Randgruppen lebten hier Kruppsche Facharbeiter sowie kleinburgerliche und mittelstandische Kaufleute und Kleingewerbetreibende Begrenzt war der Ort im Westen von der Kruppschen Gussstahlfabrik im Norden durch seinen Friedhof und die Stadtische Gasanstalt die Maschinenbau Union und das Elektrizitatswerk im Osten von der Zeche Victoria Mathias sowie im Suden von der Bahntrasse mit dem Bahnhof Essen Nord Spater bildete sich sudlich der Bahntrasse mit dem Grossmarkt eine weitere Barriere zum Essener Stadtkern So wurde die Bebauung in engen Grenzen gehalten und konnte sich nicht ausweiten oder sich mit anderen Stadtteilen verbinden Segeroth bot den Vorteil des nahen Arbeitsplatzes eine billige Wohngelegenheit und vermied Auseinandersetzungen mit der angestammten eher kleinstadtischen Bevolkerung da man hier unter sich war Bei meist herrschendem Westwind kamen Russ und Staub der nahen Gussstahlfabrik direkt ins Viertel was die Wohnqualitat massiv beeintrachtigte Auch wenn die Miete gunstig war mussten einige Mieter diese mit der Aufnahme von Schlaf und Kostgangern aufbringen Naturgemass war die Mehrzahl der Zuwanderer ledige Manner was in Folge die Prostitution im Viertel begunstigte Im Segeroth gab es die katholische Kirchengemeinde St Marien mit angeschlossenem Kloster Die Marienkirche wurde nach dem Zweiten Weltkrieg 1957 1959 von Fritz Schaller wiederaufgebaut wobei der letzte Gottesdienst am 10 Februar 2008 stattfand 2 Am 1 November 1868 eroffnete die Guterbahnstrecke vom Bahnhof Altenessen zum heute nicht mehr existierenden Guterbahnhof Essen Segeroth in etwa auf dem Gelande des heutigen Universitatsparkplatzes nicht zu verwechseln mit dem sudlicher gelegenen Guterbahnhof Essen Nord der an der im gleichen Jahr eroffneten Strecke nach Bergeborbeck liegt Auf dem Alten Friedhof Segeroth dem heutigen Segeroth Park wurden unter anderem Bergleute des Grubenunglucks vom 20 Oktober 1921 auf Zeche Victoria Mathias beigesetzt Im nordostlichen Teil des Gelandes befindet sich Essens grosster judischer Friedhof Er steht heute unter Denkmalschutz Durch die schweren Bombenangriffe des Krieges im Marz 1943 wurde der Segeroth stark zerstort und nach dem Krieg nur sporadisch wiederaufgebaut Nach Kriegsende war die Gussstahlfabrik zerstort und demontiert und die Zeche nach und nach stillgelegt Der Grossmarkt wurde Mitte der 70er Jahre nach Osten an die Lutzowstrasse im Stadtteil Essen Nord verlegt die Hallen anschliessend abgebrochen und die Bahnhofe und Bahnstrecken stillgelegt und zuruckgebaut Die noch bestehende Wohnbebauung verschwand dann in den 1960er Jahren in grossem Masse 1972 mit Baubeginn der Universitat Heute sind nur noch wenige ursprungliche Gebaude am westlichen und ostlichen Rand des ehemaligen Segeroths erhalten Politik BearbeitenIm Segeroth war die sozialistische Arbeiterbewegung die dominierende politische Kraft Sie blieb es bis zum Machtantritt der Nationalsozialisten Wahrend der 1920er Jahre wurde das Viertel zu einer Hochburg der KPD Auch nach ihrem Aufstieg zur Massenpartei zu Beginn der 1930er Jahre blieb die NSDAP hier zweitstarkste Partei Es kam zu militant ausgetragenen Auseinandersetzungen zwischen den politischen Lagern Nach der Machtubernahme der Nationalsozialisten begann die Stadtverwaltung mit der politischen rassenhygienischen und bevolkerungssanitaren Sauberung des Viertels Das eigens eingerichtete Stadtsanierungsamt legte 1937 ein Konzept unter den Gesichtspunkten der Einpassung in die Volksgemeinschaft des Leistungsverhaltens und des rassischen Wertes vor das zwischen drei Bevolkerungsgruppen unterschied denen ein unterschiedliches Schicksal zugedacht war Die trotz asozialer Umwelt Gesundgebliebenen mithin gegen Grossstadtverderbung in besonderem Masse Immunen sollten weiterhin im Segeroth leben durfen der durch Abriss und Neubau saniert werden wurde Ein Teil der Familien sollte sich in Randsiedlungen bewahren konnen ausgesiedelt und in Notunterkunften angesetzt werden Die nicht Besserungsfahigen und die rassisch Minderwertigen seien abzusondern bzw auszumerzen Das zielte vor allem auf die schlimmste Stelle des Segeroths das Roma Quartier am Schlenhof Ein Teil dieser Roma hatte der KPD angehort Davon wurden allein das zweite und dritte Vorhaben umgesetzt Zu einer baulichen Sanierung kam es nicht wohl aber zu einem Teilabriss 1938 wurden etwa hundert Roma anderwarts in ein geschlossenes Lager gebracht Es ist davon auszugehen dass damit die KZ Deportationen im Zuge der Aktion Arbeitsscheu Reich gemeint waren Einige Familien wurden im Mai 1940 ins Generalgouvernement deportiert Im Marz 1943 folgte die Deportation der bis dahin Verschonten nach Auschwitz Birkenau Nur wenige uberlebten 3 Vom Bahnhof Segeroth und vom Essener Hauptbahnhof fanden zwischen dem 27 Oktober 1941 und dem 9 September 1943 zusammen neun Transporte statt die Essener Juden in Vernichtungslager nach Osteuropa brachten 4 Heutige Lage BearbeitenKaum etwas ist von den Industrieanlagen oder alten Wohnvierteln ubrig geblieben Allein die Prostituierten haben sich in der Stahlstrasse ein Domizil erhalten dort wo sich zuvor seit 1873 die Arbeiterkolonie Nordhof befand Einige Wohnhauser an der Ostseite der Galdbecker Strasse stehen noch vor einem kleinen Gewerbegebiet Deutlich ist eine Bombenlucke am sudlicher Ende der Hauserzeile zu erkennen Im Westen ist noch mehr Wohnbebauung erhalten inklusive der mittlerweile aufgegebenen Kirche St Marien Den grossten Platz im Segeroth nimmt die Universitat Duisburg Essen ein Dazu sind einige innenstadtnahe Nachkriegswohngebiete entstanden Weitere Sanierungs und Umgestaltungsplane auch auf okologischer Ebene werden diskutiert Heute gehort der uberwiegende Teil des Gelandes zum Stadtteil Nordviertel Zum Westviertel gehort heute das 13 Hektar grosse Gelande des fruheren Guterbahnhofs Essen Nord und des ehemaligen Grossmarktes Es wurde zum Universitatsviertel Grune Mitte Essen einem Wohn und Arbeits Quartier mit Parkanlage umgebaut Dieser 560 Meter lange Park zwischen Segerothstrasse und Rheinischem Platz wurde am 2 Juli 2010 offiziell eroffnet 5 Eigentums und Mietwohnungen sowie kleinere Burohauser wurden ab Mitte 2011 errichtet Aufgabe des Viertels soll es sein die stadtgeschichtlich jahrzehntelange Trennung zwischen Stadtkern und Nordviertel endgultig aufzuheben Anmerkungen Bearbeiten Michael Zimmermann Offentlichkeit als geschlossener Raum Zigeuner im Ruhrgebiet 1900 bis 1945 in Forum Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur 2 2005 S 43 48 hier S 49 Pressemeldung der Katholischen Stadtkirche Essen Michael Zimmermann Offentlichkeit als geschlossener Raum Zigeuner im Ruhrgebiet 1900 bis 1945 in Forum Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur 2 2005 S 43 48 hier S 49f Gedenktafel der Stadt Essen vor der Nordseite des Essener Hauptbahnhofes Der Park fur das Essener Uni Viertel ist fertig In DerWesten de 6 Juli 2010 abgerufen am 30 Juni 2015 Literatur BearbeitenFrank Bajohr Michael Gaigalat Essens wilder Norden Segeroth Ein Viertel zwischen Mythos und Stigma 1991 ISBN 3 87916 001 5 51 470555555556 7 0147222222222 Koordinaten 51 28 14 N 7 0 53 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Segeroth amp oldid 236737632