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Das Schweizer System in einigen Publikationen auch Schweizer Modell ist eine Turnierform die vor allem beim Schachspiel und Petanque verbreitet ist prinzipiell aber bei allen Turnieren mit Spielen zwischen zwei Personen oder Mannschaften moglich ist Dieses System ist besonders dann sinnvoll wenn es aufgrund der grossen Teilnehmeranzahl schon allein aus Zeitgrunden nicht moglich ist dass jeder gegen jeden wie es bei einem Rundenturnier der Fall ware spielt Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Die Grundidee 3 Exakte Ausgestaltung 4 Bewertung 4 1 Schweizer Gambit 5 Anwendung 6 Abwandlungen 7 Anwendung beim Schach 8 Abwandlungen des Systems im Schach 9 Anwendung beim Petanque 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenIm Jahr 1895 entwickelte der Schweizer Lehrer Julius Muller ein Wettkampf Format bzw Paarungssystem fur Sportveranstaltungen das unter dem Begriff Schweizer System bekannt ist 1 Erfunden haben das Schweizer System die Schweizer deswegen heisst es so Genau genommen war es aber nur ein Schweizer Dr Julius Muller Das System konnte also auch Muller System heissen Andre Schulz 2 3 Die Grundidee BearbeitenDas Schweizer System lasst sich am besten als Sonderform des Rundenturniers beschreiben Die erste Runde wird gesetzt oder gelost nach jeder Runde wird der Zwischenstand bestimmt Es wird ausgeschlossen dass zwei Spieler zweimal aufeinandertreffen Die Paarungen werden daher vor jeder Runde wie folgt festgelegt der Fuhrende spielt gegen den bestplatzierten Spieler gegen den er noch nicht gespielt hat der Fuhrende unter den verbleibenden Spielern spielt gegen den bestplatzierten Spieler gegen den er noch nicht gespielt hat usw Wenn mehrere Teilnehmer dieselbe Punktzahl haben muss durch Los oder durch Setzen eine Rangfolge innerhalb der punktegleichen Teilnehmer hergestellt werden Exakte Ausgestaltung BearbeitenBesitzen nach einer Runde mehr als zwei Teilnehmer die gleiche Punktzahl gibt es mehrere Systeme die jeweils fur die nachste Runde anzusetzenden Paarungen zu bestimmen Zunachst konnen Nebenkriterien herangezogen werden wie der quantitative Ausgleich der Weiss und Schwarzpartien eines Spielers um einzelne Moglichkeiten auszuschliessen Losen der Paarungen Hierdurch wird dem Zufall grosser Raum eingeraumt was leicht zu Verzerrungen des Ergebnisses fuhren kann Paarung in der Rangliste direkt benachbarter Teilnehmer Es wird jeweils der erste der Rangliste gegen den zweiten der dritte gegen den vierten usw gesetzt Gewinnt in jeder Paarung der nominell starkere Teilnehmer so fuhren nach acht Runden und 512 Teilnehmern gemeinsam die Nummer 1 und 257 des Ausgangsfeldes ohne dass die Nummer 257 gegen einen nominell starkeren Teilnehmer gespielt hat Dieses Verfahren sorgt fur interessante Paarungen schon in den ersten Runden auf Kosten der Genauigkeit der Endtabelle Paarung uber Halftenbildung Teilnehmer mit jeweils gleicher Punktzahl werden zum Beispiel nach ihrer Spielstarke Rating in zwei Halften geteilt Dann wird bevorzugt der erste der oberen Halfte gegen den ersten der unteren Halfte usw gepaart Nach acht Runden fuhren in dem Beispiel die Nummer 1 und 2 des Ausgangsfeldes ohne dass sie gegeneinander gespielt haben Dieses System fordert eine Trennung guter und schlechter Spieler und vernachlassigt die genaue Bestimmung der Rangfolge der guten Spieler untereinander Das so genannte beschleunigte System liegt zwischen diesen beiden Varianten statt Halften werden allerdings Viertel gebildet und das erste wird gegen das zweite das dritte gegen das vierte Viertel gepaart Bewertung BearbeitenIm Gegensatz zum K o System bedeutet eine Niederlage nicht das Ausscheiden aus dem Turnier Das Schweizer System liefert akkurate Resultate in den oberen Rangen Platz 1 Platz 2 ebenso in den untersten letzter vorletzter Die Rangordnung im Mittelfeld ist jedoch stark zufallsabhangig Um einen eindeutigen Sieger zu ermitteln benotigt man nach dem Schweizer System mindestens so viele Runden wie nach dem K o System Wenn jedoch der Spitzenreiter eine Begegnung verliert oder mehrere Unentschieden gespielt werden dann sind mehr Runden notig um einen Sieger zu ermitteln Je mehr Runden gespielt werden desto genauer wird die durchgehende Reihung Die Bedeutung der letzten Runden fur die Platzierung am Ende ist sehr hoch dabei fallen viele Entscheidungen meist nicht mehr im direkten Vergleich sondern im indirekten Duell Werden in einem Turnier mit n Teilnehmern n 1 gerades n bzw n ungerades n Runden gespielt so geht das Schweizer System in ein Rundenturnier Jeder gegen jeden uber Je mehr Runden gespielt werden desto genauer wird theoretisch die durchgehende Reihung Jedoch ist generell nur fur die ersten n 2 displaystyle lceil n 2 rceil nbsp Runden garantiert dass eine neue Runde ausgelost werden kann ohne dass zwei Spieler zweimal aufeinander treffen 4 Schweizer Gambit Bearbeiten Oft wird bemangelt dass Teilnehmer die zu Beginn des Turniers Punkte liegen lassen unter bestimmten Konstellationen bevorzugt werden Ein Teilnehmer X der jedes Spiel gewinnt muss immer gegen die Starksten des Feldes antreten wahrend ein anderer Y der in der ersten Runde nur ein Unentschieden erreicht hat in den folgenden Runden auf vermeintlich schwachere Gegner trifft Wenn beide Spieler alle folgenden Runden gewinnen und in der letzten Runde aufeinander treffen so kann Y durch einen Sieg uber X den Turniersieg fur sich sichern ohne je gleich starke Gegner wie X gehabt zu haben Gelegentlich wird unterstellt dass Y den Punktverlust in der ersten Runde aus diesem Grund bewusst in Kauf nimmt Eine solche Strategie wird sarkastisch als Schweizer Gambit bezeichnet in Anlehnung an Gambit Eroffnungen im Schach bei denen ein Spieler Material opfert um einen strategischen Vorteil in der Partie zu erlangen wie eben auch beim Schweizer Gambit Anwendung BearbeitenDiese Turnierform findet man speziell bei Schachturnieren Im Schachspiel sind Unentschieden sehr haufig sodass ein K o Turnier sehr problematisch ist jede einzelne Spielrunde musste uber die Distanz von mehreren Partien ausgetragen werden und selbst dann muss kein Sieger feststehen Obendrein sollen Turniere nicht nur einen Sieger bestimmen sondern oft auch fur andere Teilnehmer interessant bleiben im Spiel um Platzierungen Da ein Schachspiel jedoch nur drei mogliche Ausgange Sieg Unentschieden oder Niederlage kennt sind Punktgleichheiten bei Turnieren nach dem Schweizer System unvermeidbar eine durchgehende Reihung wird erst durch Feinwertungsmethoden wie beispielsweise die Buchholz Wertung erzielt Team Turnieren beim Bridge Nach jeder Runde werden die Teams nach den erworbenen Victory Points sortiert Da die Ausgange der Einzelkampfe gemessen in VPs sehr unterschiedlich sind ergibt sich meist nach jeder Runde eine durchgehende Reihung ex aequo Platzierungen sind selten Petanque Turniere Turniere in der Boule Sportart Petanque werden u a im Schweizer System ausgetragen Es gibt Turniere bei denen wie im Schach Buchholz Punkte und Fein Buchholz Punkte fur die Feinwertung benutzt werden Bei anderen Turnieren werden fur die Feinwertung anstelle oder erganzend zur Buchholz Wertung erzielte Siege und Punkte Differenzen verwendet Badmintonturnieren Bei hohen Teilnehmerzahlen findet das Schweizer System auch in dieser Sportart Anwendung Tischtennisturnieren Tischfussballturnieren Ublicherweise Schweizer System mit Buchholz und Fein Buchholz Punkten Counter Strike z B ESL One Cologne 2016 Qualifier zusatzlich mit den Buchholz Punkten 5 Abwandlungen BearbeitenBeim Schweizer System ist ein wiederholtes Aufeinandertreffen der gleichen Teilnehmer ausgeschlossen Das ahnliche Danische System unterscheidet sich vom Schweizer System dadurch dass dieselben Paarungen mehrfach auftreten konnen Es spielt also in jeder Runde der erste gegen den zweiten der dritte gegen den vierten und so weiter Bei Bridgeturnieren wird ublicherweise mit dem Schweizer System begonnen sodass das Aufeinandertreffen der gleichen Teams uber einen langen Zeitraum ausgeschlossen wird in der Endphase wird dann aber fur ein oder zwei Runden auf das Danische System umgestellt damit zum Beispiel die zwei erstplatzierten Teams den Kampf um den Sieg direkt untereinander austragen konnen auch wenn sie vorher schon einmal gegeneinander gespielt haben Eine Sonderform des Schweizer Systems ist das Mac Mahon System das bei Go Turnieren haufig angewendet wird Hierbei starten die Spieler nicht mit null Punkten sondern mit der i a unterschiedlichen Punktezahl die ihrer Einstufung in Kyu oder Dan Grade entspricht Anwendung beim Schach BearbeitenDas Schweizer System wird bei Schach und ahnlichen Wettkampfen benutzt um Paarungen festzulegen Das erste Mal wurde es bei einem Schachturnier in Zurich am 15 Juni 1895 verwendet Das Schweizer System wird vor allem bei Turnieren mit grossem Teilnehmerfeld angewendet da aus zeitlichen Grunden nicht jeder gegen jeden spielen kann Im Spitzenschach wird es gegenwartig in der Schacholympiade und beim FIDE Grand Swiss angewandt Die erste Runde wird nach dem zuvor sortierten Teilnehmerfeld gelost wobei beim FIDE System die obere Halfte gegen die untere Halfte spielt Ab der zweiten Runde wird die aktuelle Tabelle so angewendet dass immer moglichst Spieler aufeinandertreffen die gleich viele Punkte aufweisen ohne dass im Turnierverlauf zwei Spieler mehrfach aufeinandertreffen durfen Gibt es fur einen Spieler keinen Kontrahenten mit gleich vielen Punkten wird er der nachsten Gruppe zugeteilt Zusatzlich wird darauf geachtet dass moglichst jeder Spieler eine ausgewogene Anzahl an Partien mit schwarzer bzw weisser Farbe bestreitet Innerhalb einer Punktgruppe werden ausserdem die Spieler nach der Setzliste d h nach Spielstarke sortiert und es treffen moglichst die Spieler aus der oberen Halfte auf die Spieler aus der unteren Halfte Durch dieses System gibt es in jeder Runde interessante Partien da fast jede Partie einen direkten Platzierungskampf zwischen zwei ahnlich starken Spielern darstellt aus diesem Grund ist es fur eine aussagekraftige Tabelle auch nicht notig jeden gegen jeden spielen zu lassen Allerdings hat das Schweizer System den Nachteil nur an der Spitze und am Ende der Tabelle gut zu differenzieren Im Mittelfeld sind unterschiedliche Platzierungen in der Regel wenig aussagekraftig Bei Punktegleichstand nach Turnierende entscheidet bei Turnieren nach dem Schweizer System meistens die Buchholz Wertung daruber welcher Spieler besser platziert ist bei Buchholzgleichheit meist die Sonneborn Berger Wertung Da die Buchholz Wertung den Nachteil hat dass die Wertung oft vom Zufall es werden Spieler benachteiligt die ein Freilos bekommen haben oder gegen einen Spieler antreten mussten der spater vom Turnier zuruckgetreten ist oder den Leistungen Dritter abhangt es kann passieren dass Ergebnisse aus dem Mittelfeld uber die Reihenfolge an der Spitze entscheiden gibt es alternative Wertungsverfahren Zum einen kann einfach der Elo Durchschnitt der Gegner berechnet werden ein anderes Wertungssystem ist Sum of progress Fortschrittswertung mit welchem Spieler belohnt werden sollen die von Anfang an vorne mitspielen Abwandlungen des Systems im Schach BearbeitenDa in den ersten Runden der Unterschied in der Spielstarke der Gegner sehr gross ist gewinnt fast immer der starkere Spieler Somit ist der Informationsgehalt dieser Runden gering Die Idee des beschleunigten Schweizer Systems ist es starkeren Spielern vor der ersten Runde Bonuspunkte zu geben So spielen die starkeren Spieler bereits in den ersten Runden gegeneinander Zu einem spateren Zeitpunkt im Turnier werden die Punkte dann schrittweise wieder entfernt Dies fuhrt am Ende des Turniers zu einer grosseren Genauigkeit an der Tabellenspitze Der englische Schachspieler und Mathematiker Jonathan Mestel schlug als Alternative vor den Eigenwert der Paarungstabelle zur Bestimmung der Rangfolge eines Turniers zu verwenden Wenn man die Hauptdiagonale der Tabelle mit einem Wert gt 0 auffullt ist ein solcher Eigenwert gesichert Der Vorteil des Systems besteht darin dass ein Spieler durch Niederlagen in den letzten Runden nicht mehr so weit in der Rangfolge zuruckgeworfen werden kann Dies trifft vor allem auf Wettbewerbe zu in denen man in einer Runde eine hohe Punktzahl erreichen kann Mannschaftsweltmeisterschaft im Schach Ebenso kann ein Spieler nach schwachem Beginn nicht mehr so leicht durch Siege in den letzten Runden in das Vorderfeld gelangen ohne gegen die fuhrenden Spieler gespielt zu haben Wegen mangelnder Transparenz hat das System allerdings wenig Aussichten auf Erfolg Anwendung beim Petanque BearbeitenBeim Boule Spiel Petanque wird das Schweizer System in unterschiedlichen Variationen angewandt Es gibt Turniere Meisterschaften und Qualifikationswettkampfe in denen das Schweizer System solange gespielt wird bis nur noch ein Team ohne Niederlage ist Andere Turniere werden uber eine vorher festgelegte Anzahl von Runden gespielt In der ersten Runde wird in der Regel frei gelost Auch hier spielen in den nachsten Runden entweder die Mannschaften gegeneinander die in einer nach jeder Runde aktualisierten Rangliste hintereinander liegen oder es wird in den Gruppen mit gleicher Anzahl von Siegen gelost Hat eine Gruppe mit gleichem Ergebnis eine ungerade Anzahl Teams wird ein Team aus der Gruppe mit der nachstniedrigeren Anzahl von Siegen hochgelost Dadurch kann es passieren dass in der vorletzten Runde drei Mannschaften ohne Niederlage sind Wird bis zu dem Zeitpunkt gespielt an dem nur ein Team ohne Niederlage ist ist das Turnier plotzlich zu Ende wenn das hochgeloste Team gewinnt Es gibt auch Turniere Meisterschaften und Qualifikationswettkampfe in der zunachst einige Runden Schweizer System gespielt wird und danach auf ein anderes System gewechselt wird Im Prinzip wird in Petanque Turnieren nach dem Nunkirchener und Maastrichter System eine bestimmte Anzahl von Runden gespielt danach wird das Turnier in mehrere Sub Turniere aufgeteilt In diesen Sub Turnieren spielen dann Teams mit gleicher oder ahnlicher Anzahl von Siegen gegeneinander Die Nachteile der Buchholz Wertung die oben im Absatz Anwendung beim Schach genannt sind gelten auch beim Petanque Der Vorteil den viele Petanque Spieler beim reinen Schweizer System sehen ist dass alle Mannschaften bis zum Ende des Turniers spielen Andere Spieler sehen dies als Nachteil an da sie auch weiterspielen mussen wenn sie keine Chance mehr auf eine gute Platzierung haben Ein vorzeitiger Ausstieg verfalscht vor allem die Buchholz Wertung Dieser Zwang zum Weiterspielen kann dazu fuhren dass Spiele abgeschenkt werden Ab 2008 tragt die Federation Internationale de Petanque et Jeu Provencal FIPJP die Vorrunde der Petanque Weltmeisterschaft im Schweizer System mit Buchholz und Feinbuchholzpunkten 6 Runden aus Weblinks BearbeitenRegeln in Kurzform deutsch FIDE Paarungsregeln englisch Eintrag im FIDE Handbuch englisch Schachgeschichte in Jahren Memento vom 21 Januar 2012 im Internet Archive von Bill Wall englisch Einzelnachweise Bearbeiten Schweizer Meisterschaft im Wandel der Zeit Neue Zurcher Zeitung vom 18 Juli 2003 abgerufen am 25 August 2020 Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten Andre Schulz 125 Jahre Schweizer System chessbase com vom 16 Juni 2020 Daniel Schmand Marc Schroder Laura Vargas Koch A Greedy Algorithm for the Social Golfer and the Oberwolfach Problem 2020 arxiv 2007 10704 ESL Introducing the Swiss format and schedule for the ESL One Cologne offline qualifier In ESL One Abgerufen am 10 Juni 2016 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schweizer System amp oldid 235782707