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Der Getreideschwarzrost Puccinia graminis Schwarzrost oder Getreiderost ist ein Pilz aus der Familie der Rostpilze Pucciniales Er ist dafur bekannt Weizen Gerste Hafer und Roggen zu befallen daneben zahlen auch noch andere Sussgraser zu seinem Wirtsspektrum Der Getreideschwarzrost ist heterozisch das heisst er fuhrt einen Wirtswechsel zwischen dem Getreide und Berberitzengewachsen als Sekundarwirt durch GetreideschwarzrostGetreideschwarzrost Puccinia graminis am WeizenSystematikUnterabteilung PucciniomycotinaKlasse PucciniomycetesOrdnung Rostpilze Pucciniales Familie PucciniaceaeGattung PucciniaArt GetreideschwarzrostWissenschaftlicher NamePuccinia graminisPersoonDer Getreideschwarzrost tritt in zahlreichen Varietaten und Formen auf In der ersten Halfte des 20 Jahrhunderts wurde der Getreideschwarzrost in den Vereinigten Staaten durch umfangreiche Ausrottung der Berberitze nahezu eliminiert In Ostafrika fuhrte die 1998 entdeckte und auch bisher resistente Sorten befallende Rasse Ug99 zu grossen Ernteausfallen beim Weizen Seit 2015 ist diese Form auf Sizilien nachgewiesen die FAO warnt vor einer Ausbreitung im Mittelmeerraum Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 1 1 Makroskopische Eigenschaften 1 2 Mikroskopische Eigenschaften 2 Okologie 3 Systematik 4 Landwirtschaftliche Schaden 5 Militarische Nutzung 6 Namenerklarung 7 Quellen und Verweise 7 1 Literatur 7 2 Weblinks 7 3 EinzelnachweiseMerkmale Bearbeiten nbsp Aecidien des Pilzes auf der Unterseite eines Berberitzen BlattsMakroskopische Eigenschaften Bearbeiten Der Getreideschwarzrost erscheint zunachst als rostroter Belag Uredien an Grasern Er zieht sich als Streifen entlang der Langsachse vor allem von Stangeln weniger stark an Blattern Mit der Zeit wachsen die befallenen Stellen und verfarben sich schwarz Telien 1 An Berberitzen Berberis und Mahonien Mahonia zeigt sich der Befall an runden gelben Punktchen Pyknidien auf der Oberseite der Blatter An der Blattunterseite erscheinen funf bis sieben Tage spater grossere hellgelbe Flecken die sogenannten Aecidien 1 nbsp Teleutosporen des GetreideschwarzrostsMikroskopische Eigenschaften Bearbeiten Die Uredosporen des Gerstenschwarzrostes sind oval und messen 25 30 17 20 µm Sie enthalten jeweils vier Keimsporen Die Teleutosporen sind dunkelbraun bestehen aus zwei Zellen mit je zwei Kernen und sind am oberen Ende abgerundet Sie messen 40 60 15 20 µm und verfugen uber eine relativ dicke und glatte aussere Wand sowie Keimporen am Apex und etwas unterhalb des Septums 1 Okologie Bearbeiten nbsp Lebenszyklus des Getreideschwarzrosts hier am Beispiel von Weizen und BerberitzeDer Getreideschwarzrost durchlauft funf vegetative Stationen wahrend seines Entwicklungszyklus von denen drei auf dem Primarwirt also etwa Weichweizen Triticum aestivum und die restlichen beiden auf dem Sekundarwirt beispielsweise der Berberitze Berberis vulgaris stattfinden Zunachst keimen im Fruhjahr die haploiden Basidiosporen des Pilzes auf den Blattern der Berberitze und bilden dort ein einkernig haploides Myzel aus Der Pilz ernahrt sich fortan parasitisch von der Berberitze und bildet auf den Blattseiten jeweils unterschiedliche Strukturen aus Unter der Epidermis der Blattoberseite entstehen Pyknidien oder Spermogonien die die Geschlechtskerne bilden Auf der Unterseite des Blattes bilden sich Aecidienanlagen aus die Basalzellen formen Diese nehmen die von den Pyknidien gebildeten Geschlechtskerne auf nbsp Pyknidien sp und Aecidien ae am Beispiel des BerberitzenblattesEinen weiteren Kern erhalten sie durch Pyknosporen die uber Sporenflug oder den Transport durch Insekten auf Empfangnishyphen gelangen Von dort aus wandert die Spore zur Kernzelle womit die Bildung eines Heterokaryons abgeschlossen ist Aus dieser Basalzelle formt sich nun das Aecidium das eine grosse Zahl von Acidiosporen produziert nbsp Aecidien an der BerberitzeDiese haploid dikaryotischen Acidiosporen konnen nur auf Sussgrasern keimen Sie bilden auf dem Weizen einen Keimschlauch aus der in das Pflanzengewebe eindringt und dort interzellular wachst Das Myzel bleibt lokal beschrankt und verfugt nicht uber Schnallen ist aber paarkernig Diese Uridien genannten Strukturen bilden nun ungeschlechtliche Uredosporen aus Mit diesen kann sich der Pilz zwar nicht sexuell fortpflanzen sie ermoglichen jedoch eine Verbreitung in grossem Rahmen sodass nicht nur andere Stellen der Wirtspflanze sondern auch zahlreiche weitere Pflanzen befallen werden konnen Im Herbst schliesslich bilden sich aus den Uridien Teleutosporen aus Diese sind mit ihrer dicken Zellwand auf die Uberwinterung angelegt Sie besitzen zwei Paar Kerne die im Fruhjahr schliesslich verschmelzen und anschliessend Basidien formen Diese wiederum bilden Basidiosporen aus womit der Zyklus einmal durchlaufen ist Systematik BearbeitenDa die Landwirtschaft im Laufe der Zeit mit immer neuen Zuchtungen auf den Getreideschwarzrost reagiert hat der Pilz jedoch durch Mutation Resistenzen entwickelte und sich auf einzelne Sussgraserarten spezialisierte sind zahlreiche Formen und Varietaten des Getreideschwarzrostes entstanden 2 Puccinia graminis f agropyri P R Mehta amp R Prasad 1948 Puccinia graminis f avenae Erikss amp Henning Puccinia graminis f graminis Pers 1794 Puccinia graminis f maroccana Unamuno 1940 Puccinia graminis f tritici Erikss amp Henning Puccinia graminis f tritici compacti Stakman amp Piem Puccinia graminis f sp oryzae Gonz Frag Puccinia graminis f sp poae Erikss amp Henning Puccinia graminis subsp graminicola Z Urb 1967 Puccinia graminis subsp lolii W L Waterh 1951 Puccinia graminis subsp media A L Guyot Massenot amp Saccas 1946 Puccinia graminis subsp minor A L Guyot Massenot amp Saccas 1946 Puccinia graminis var agropyri repentis A L Guyot Puccinia graminis var avenae Erikss amp Henning Puccinia graminis var brevicarpa Peck 1873 Puccinia graminis var calamagrostidis A L Guyot Massenot amp Saccas 1946 Puccinia graminis var caulium Alb amp Schwein 1805 Puccinia graminis var elymi A L Guyot Massenot amp Saccas 1946 Puccinia graminis var erikssoni A L Guyot Massenot amp Saccas 1946 Puccinia graminis var hordei Erikss amp Henning Puccinia graminis var junci Alb amp Schwein 1805 Puccinia graminis var lolii A L Guyot Massenot amp Saccas 1946 Puccinia graminis var secalis Erikss amp Henning Puccinia graminis var simplex Korn Puccinia graminis var stakmanii A L Guyot Massenot amp Saccas 1946 Puccinia graminis var vulpiae A L Guyot Massenot amp Saccas 1946 Landwirtschaftliche Schaden BearbeitenWenn Pilzsporen von Puccina graminis auf Weizenpflanzen landen bilden sie Pusteln und extrahieren Nahrstoffe die fur die Kornentwicklung bestimmt sind 3 Der Getreideschwarzrost fuhrte im Laufe der Geschichte immer wieder zu grossen Schaden in Weizen Roggen und Gerstebestanden da er je nach Sorte zum Ausfall eines Grossteils der Ernte fuhrte Bereits Plinius der Altere sah im Getreideschwarzrost die grosste Getreidepest Erst im 18 Jahrhundert erkannte man den Zusammenhang zwischen der Nahe von Berberitzen und Getreidefeldern und dem Auftreten der Krankheit woraufhin beispielsweise die franzosischen Getreidebauern die Ausrottung der Berberitze forderten Da der Pilz selbst aber zu dieser Zeit noch nicht bekannt war wurden die Bauern von den Konfiture Kochern die die Fruchte der Berberitze verarbeiteten des Aberglaubens bezichtigt 1755 erliess die Kronkolonie Massachusetts ein Gesetz das den Bauern ein Ultimatum setzte Auf wessen Land Berberitzen wuchsen habe diese bis zum 13 Juni 1760 auszureissen oder zu vernichten Erst 1794 wurde der Pilz durch Christian Hendrik Persoon beschrieben Anton de Bary erbrachte 1866 den wissenschaftlichen Nachweis fur die Rolle der Berberitze als Zwischenwirt 4 Johann Wolfgang von Goethe vermerkt in seinem Tagebuch unter dem Datum des 29 Juni 1816 den er als ersten schonen Tag bezeichnet neben Uberschwemmungen der Saale im Raum Jena auch Rost des Getreides 5 Dessen Ausbreitung wurde in Thuringen offenbar durch die seit spatestens Mitte Mai 1816 anhaltenden Regenfalle im Jahr ohne Sommer mitbegunstigt Nachdem Anfang des 20 Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten zwei gravierende Epidemien auftraten koordinierte das Landwirtschaftsministerium ein Programm zur Ausrottung der Berberitze in wichtigen Weizenanbaugebieten insbesondere Ohio bis North Dakota 1933 waren 18 Millionen Busche eliminiert Weitere Bundesstaaten schlossen sich mit der Zeit dem Programm an Um 1930 begannen die Epidemien zuruckzugehen Eine neue Variante des Pilzes verursachte 1953 und 1954 die bislang letzten verheerenden Epidemien Bis heute existiert ein Quarantaneprogramm demzufolge ein Transport von Berberitzen in oder zwischen Quarantanestaaten verboten ist Die breite Eliminierung der Berberitze hat die Moglichkeiten zur genetischen Rekombination und damit der Gefahr der Bildung neuer virulenter Varianten entscheidend eingeschrankt weswegen der Getreideschwarzrost in den Vereinigten Staaten seitdem ein deutlich geringeres Problem darstellt 6 In den 1960er Jahren zuchtete Norman Borlaug mit Kollegen am CIMMYT Weizenlinien die Resistenzgene wie Sr31 enthielten Eine erneute Bedrohung stellte die 1998 in Uganda entdeckte Rasse Ug99 dar gegen die Sr31 keine Resistenz verleiht Ug99 existiert heute in sieben Varianten und hatte etwa 2007 fur grosse Schaden bei kenianischen Bauern gesorgt teilweise Ertragseinbruch von bis zu 80 Von Ostafrika hat sich der Stamm auch in den Jemen und Iran ausgebreitet Im Marz 2008 warnte die FAO vor massiven Ernteausfallen nachdem Ug99 dort nachgewiesen wurde Probleme bereitet vor allem die hohe Anfalligkeit vieler Weizensorten die keine Resistenz gegen Ug99 besitzen Die Nahrungsmittelversorgung hunderter Millionen Menschen ist in Gefahr wenn der Pilz weiter nach Osten wandern sollte 3 7 Als Borlaug 2005 vom erneuten Erscheinen des Schwarzrosts erfuhr rief er Wissenschaftler in das Projekt Durable Rust Resistance in Wheat zusammen das von der Cornell University und CIMMYT gefuhrt wird Inzwischen sind 20 resistente Sorten verfugbar die nun in Zuchtungsprogramme in acht afrikanischen und asiatischen Nationen eingebunden werden 3 Die FAO berichtet von einer erneuten Ausbreitung des Pilzes FAO Fachmann David Hodson warnte Das Auftauchen der Ug99 Rasse in Ostafrika hat Weizenrost von einer Krankheit die weitgehend unter Kontrolle war in eine bedeutende weltweite Bedrohung verwandelt Der Mikrobiologe Ralf T Vogele Professor fur Phytopathologie und Dekan der Fakultat Agrarwissenschaft der Universitat Hohenheim in Stuttgart erklarte Ug99 habe samtliche Resistenzgene die weltweit im Weizen verbaut seien uberwunden 8 Seit 2015 wird die neue Rasse auf Sizilien nachgewiesen 2016 befiel sie bereits mehrere zehntausend Hektar Weizenfelder 9 Anfang 2017 erliess die FAO eine Warnmeldung fur das gesamte Mittelmeergebiet 10 Militarische Nutzung BearbeitenEnde der 1940er Jahre gab es in den USA Bestrebungen den Getreideschwarzrost militarisch zu nutzen 1953 wurde die Bombe M 115 entwickelt die eine 250 kg Ladung von Sporen des Pilzes zusammen mit Truthahnfedern als Tragern enthielt und fur Ernteausfalle militarischer Gegner sorgen sollte Bis 1957 produzierte das Militar der Vereinigten Staaten zu diesem Zweck Getreideschwarzrostsporen in Fort Detrick auf Vorrat sowie von 1962 bis 1969 Diese Vorrate wurden erst 1974 im Rahmen eines Demilitarisierungsprogrammes vollstandig zerstort 11 12 13 Namenerklarung BearbeitenDer Gattungsname Puccinia ehrt den italienischen Arzt und Botaniker Tommaso Puccini 1735 14 Quellen und Verweise BearbeitenLiteratur Bearbeiten Peter H Raven Ray F Evert Susan E Eichhorn Rosemarie Langenfeld Heyser Biologie der Pflanzen Walter de Gruyter 2000 ISBN 3 11 015462 5 S 352 353 S M Reddy University Botany Algae Fungi Bryophyta and Pteridophyta New Age International 1996 ISBN 81 224 0840 0 S 176 184 O P Sharma Textbook of Fungi Tata McGraw Hill 1989 ISBN 0 07 460329 9 S 222 234 Ravi P Singh u a Current status likely migration and strategies to mitigate the threat to wheat production from race Ug99 TTKS of stem rust pathogen PDF Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Getreideschwarzrost Puccinia graminis Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Einzelnachweise Bearbeiten a b c O P Sharma Textbook of Fungi Tata McGraw Hill 1989 ISBN 0 07 460329 9 S 222 234 Index Fungorum Abgerufen am 2 Marz 2010 a b c Gayathri Vaidyanathan 2011 Science in Africa The wheat stalker Nature 474 S 563 565 PDF 2 0 MB Peter H Raven Ray F Evert Susan E Eichhorn Rosemarie Langenfeld Heyser Biologie der Pflanzen Walter de Gruyter 2000 ISBN 3 11 015462 5 S 352 353 Zeno Goethe Johann Wolfgang Tagebucher 1816 Juni Abgerufen am 2 Mai 2017 Kurt J Leonard Black stem rust biology and threat to wheat growers Agricultural Research Service USDA 2001 aufgerufen am 5 August 2013 Dangerous wheat killing fungus detected in Iran UN UN News Center 5 Marz 2008 Abgerufen am 2 Marz 2010 Markus Brauer Getreiderost auf dem Vormarsch auf stuttgarter zeitung de vom 13 April 2016 Nature Deadly new wheat disease threatens Europe s crops 2 Februar 2017 FAO Spread of damaging wheat rust continues new races found in Europe Africa Central Asia 3 Februar 2017 Mark Wheelis Lajos Rozsa Malcolm Dando Deadly Cultures Biological Weapons since 1945 Harvard University Press 2006 ISBN 0 674 01699 8 S 218 Anthony Rimmington The Soviet Union s Offensive Program The Implications for Contemporary Arms Control In Susan Wright Hrsg Biological Warfare and Disarmament New Problems New Perspectives Rowman amp Littlefield 2002 ISBN 0 7425 2469 8 S 138 Jefferey K Smart History of Chemical and Biological Warfare An American Perspective In Medical Aspects of Chemical and Biological Warfare S 51 PDF Memento des Originals vom 23 September 2015 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www au af mil Lotte Burkhardt 2022 Eine Enzyklopadie zu eponymischen Pflanzennamen Von Menschen amp ihren Pflanzen Berlin Botanic Garden and Botanical Museum Berlin Freie Universitat Berlin doi 10 3372 epolist2022 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Getreideschwarzrost amp oldid 233028433