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Robert Walder geb 20 Februar 1900 in Wien gest 28 September 1967 in Broomall auch Robert Waelder war ein austroamerikanischer Psychoanalytiker und Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Wirken 2 1 Uber schizophrenes und schopferisches Denken 1926 2 2 Das Prinzip der mehrfachen Funktion 1930 2 3 Das Freiheitsproblem in der Psychoanalyse und das Problem der Realitatsprufung 1934 2 4 Zur Frage der psychischen Konflikte im fruhen Lebensalter 1936 2 5 Die Grundlagen der Psychoanalyse 1960 3 Schriften Auswahl 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenRobert Walder war ein Sohn des judischen Handlers Joseph Walder und der Helene Mautner Er studierte er an der Universitat Wien Physik und wurde 1922 promoviert Er erhielt ein Patent fur die Verstarkung der Absorption von Kohlenstoff Der erste personliche Kontakt zu Sigmund Freud erfolgte 1922 Bereits 1924 wurde er in die Wiener Psychoanalytische Vereinigung aufgenommen Zuvor absolvierte er Lehranalysen bei Anna Freud und Herrmann Nunberg Seit 1932 war Walder gemeinsam mit Ernst Kris als Redakteur fur die Zeitschrift Imago tatig Seine Ehefrau die Wiener Psychoanalytikerin Jenny Pollak war ebenfalls Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung 1938 emigrierte das Ehepaar Walder in die USA Die Ehe wurde 1941 geschieden Walder lehrte am Psychoanalytischen Institut Boston 1963 wurde er Professor fur Psychoanalyse am Psychiatrischen Institut des Jefferson Medical College in Philadelphia Am 28 September 1967 starb er an einem Herzinfarkt in Broomall Pennsylvania 1 Der Psychoanalytiker Wolfgang Loch beschrieb Robert Walder als einen Pionier der Psychoanalyse der dazu beigetragen habe deren Einheit und Einzigartigkeit zu bewahren 2 Samuel Guttmann erinnerte in seinem Nachruf daran dass Walder bemuht war sowohl das Wertvolle der Vergangenheit zu bewahren als auch dem freien Spiel einer kritischen Intelligenz the free play of the critical intelligence on the present das Wort zu reden 3 Obwohl er herzkrank war und insbesondere in seinen letzten Lebensjahren unter seiner angeschlagenen Gesundheit gelitten habe hatte er seine produktivste Zeit in seinen letzten Lebensjahren gehabt und dies so Guttmann nicht trotz sondern wegen seiner Krankheit 3 Wirken BearbeitenWenn auch mit anderem Zugang als sein Zeitgenosse Herbert Rosenfeld der als Vorkampfer fur die psychoanalytische Behandlung von Psychosen galt 4 und seine diesbezugliche Arbeit in seinem Buch Zur Psychoanalyse psychotischer Zustande theoriengeleitet und mit Fallbeispielen darlegte 5 war einer der Schwerpunkte von Walders Schaffen seine Beschaftigung mit Psychosen und anderen schweren Storungsbildern Seinen ersten Vortrag vor der Wiener Fachgesellschaft widmete er 1924 den Psychosen 6 Daneben befasste er sich wie Edward Kronold in seinem Nachruf mitteilte 7 mit der Anwendung der Psychoanalyse auf Probleme der Sozial und Politikwissenschaft die er in seinem letzten Buch Progress and Revolution zusammenfasste 8 Uber schizophrenes und schopferisches Denken 1926 Bearbeiten In seiner Schrift Uber schizophrenes und schopferisches Denken bezieht sich Walder auf Freuds Schrift zur Genese der Paranoia Anhand einer Fallgeschichte uber einen Mann der dem Wahn verfiel zu einer Frau umgewandelt werden zu mussen um die Welt zu erlosen entwickelte Freud die These dass die Paranoia letztlich auf verdrangte sexuelle in diesem Fall homosexuelle Triebimpulse basiere 9 Laut Walder gehore die Paranoia zu jenen Psychosen deren Symptome Wahnbildung Kontaktverlust mit der ausseren Welt autistisches Verhalten teilweise dem Ruckzug der Libido von der Aussenwelt teilweise der unvollstandigen Wiederherstellung der Objektbeziehungen zuzuschreiben sind 10 Aus dieser Perspektive konnte so schlussfolgert Walder hinter dem Verfolgungswahn im Grunde der unbewusste Wunsch nach der Wiederaufnahme einer verloren gegangenen oder in der Vergangenheit vergeblich ersehnten Liebesbeziehung stehen Der Verfolgungswahn lasst sich mit Walder als Projektionsmechanismus und damit als Versuch interpretieren die Verbindung zur ausseren Realitat wiederherzustellen Die typischen Weltrettungsphantasien und Grossenideen bei den Psychosen seien eine narzisstische Kompensation basierend auf einem neuen Ich Ideal das ein teilweises Ausleben der verdrangten Triebimpulse bzw unerlaubter Sexualwunsche im Rahmen eines neu geschaffenen Weltbildes erlauben soll 11 Das Prinzip der mehrfachen Funktion 1930 Bearbeiten Robert Walder knupft in seinem Aufsatz Das Prinzip der mehrfachen Funktion an den psychoanalytischen Fachbegriff Uberdeterminierung an Uberdeterminierung bedeutet vereinfacht dass jedes psychische Geschehen nicht nur eine sondern viele Ursachen hat Walder konkretisiert diesen Gedanken dahingehend dass er postuliert dass jeder psychische Akt der Erfullung mehrerer Aufgaben gleichzeitig diene Weil der Organismus immer in seiner Gesamtheit reagiert und alle Aufgaben Triebbefriedigung Triebhemmung Realitatsbewaltigung Gewissensberuhigung usw in ihm standig lebendig sind muss jeder Losungsversuch einer Aufgabe durch das Vorhandensein und Wirksamsein der anderen mitbestimmt verandert zurechtgebogen werden bis er wenn auch noch so unvollkommen als Losungsversuch fur alle diese Aufgaben dienen kann und damit eben auch notwendig seine mehrfache Bedeutung erhalten hat 12 13 Einfacher formuliert heisst das dass es einem Menschen nur dann gelingt zu lieben oder zu arbeiten wenn bestimmte starke andere Triebe dabei mitbefriedigt werden 2 Das Freiheitsproblem in der Psychoanalyse und das Problem der Realitatsprufung 1934 Bearbeiten Der in der Zeitschrift Imago im Jahre 1934 erschienene Aufsatz Das Freiheitsproblem in der Psychoanalyse und das Problem der Realitatsprufung thematisiert den Aspekt der Freiheit des gesunden und neurotischen Menschen Der Mensch unterscheide sich so Walder vom Tier durch das Uber Ich was sich daher auch als das menschliche Ich bezeichnen lasse Die menschliche Dialektik bestehe darin dass das Uber Ich einerseits den Menschen in die Lage versetze sich selber zu beobachten und sich uber sich selber zu erheben andererseits aber die menschliche Freiheit einschranke indem es die inneren Triebe hemme Der gesunde Mensch unterscheide sich von dem Neurotiker nur graduell insofern als der Neurotiker zwar ebenso wie der gesunde Mensch uber eine intakte Realitatsprufung verfuge zugleich aber zu stark eingenommen sei von einem Stuck seines Affektlebens von Schmerz Sehnsucht oder Schuldgefuhl 14 Zur Frage der psychischen Konflikte im fruhen Lebensalter 1936 Bearbeiten In dem Aufsatz Zur Frage der psychischen Konflikte im fruhen Lebensalter kritisiert Walder insbesondere die Auffassung von Melanie Klein hinsichtlich der Bedeutung von sexuellen und aggressiven Phantasien von Kindern im Kleinkindalter an die sich Analysanden im psychoanalytischen Prozess vermeintlich erinnern Walder zufolge konnten allerdings Erinnerungen erst mit der fortgeschrittenen Sprachentwicklung entstehen Auch sei das von Melanie Klein postulierte hohe Mass an Destruktivitat bei Kleinkindern unplausibel und tatsachlich kaum bzw nur in wenigen sehr pathologischen Fallen zu beobachten 15 Die Grundlagen der Psychoanalyse 1960 Bearbeiten Robert Walder bemuhte sich in seinen Schriften um eine Verstandigung innerhalb der psychoanalytischen Community auf der Grundlage der Schriften Sigmund Freuds In seinem 1960 in den USA und 1969 erstmals in deutscher Ubersetzung im Fischer Verlag erschienenen Werk Basic Theory of Psychoanalysis Die Grundlagen der Psychoanalyse vertritt Walder eine eher orthodoxe Sicht der Psychoanalyse im Sinne Sigmund Freuds Ihm zufolge gehort hierzu vor allem die starke Bedeutung der Dynamik des Unbewussten sowie die zentrale Rolle der kindlichen Sexualitat und des Odipuskomplexes bei der Entstehung von Neurosen 16 Damit wendet sich Walder insbesondere gegen die in der Nachkriegszeit immer starker aufkommende Ich Psychologie die er im Grunde als eine Weiterentwicklung der Ansichten von Alfred Adler der 1911 mit Freud gebrochen hatte interpretiert Schriften Auswahl BearbeitenThe psychoses Their mechanisms and accessibility to influence In International Journal of Psycho Analysis Band 6 1925 S 259 281 englisch Die psychoanalytische Theorie des Spieles In Zeitschrift fur psychoanalytische Padagogik Band 6 Nr 5 6 1932 S 184 194 Atiologie und Verlauf der Massenpsychosen Mit einem soziologischen Anhang Uber die geschichtliche Situation der Gegenwart In Imago Band 21 Nr 1 1935 S 67 82 pep web org abgerufen am 29 Mai 2022 The problem of the genesis of psychical conflict in earliest infancy Remarks on a paper by Joan Riviere In International Journal of Psycho Analysis Band 18 1937 S 406 473 englisch pep web org abgerufen am 29 Mai 2022 Kriterien der Deutung In Internationale Zeitschrift fur Psychoanalyse Band 24 Nr 1 2 1939 S 136 145 pep web org abgerufen am 29 Mai 2022 The structure of paranoid ideas A critical survey of various theories In International Journal of Psycho Analysis Band 32 1951 S 167 177 englisch pep web org abgerufen am 29 Mai 2022 Psychiatry and the Problem of Criminal Responsibility In University of Pennsylvania Law Review Band 101 Nr 3 1952 S 378 390 JSTOR 3309863 englisch Freud und die Geschichte der Wissenschaft In Psyche Band 11 Nr 3 1957 S 210 219 pep web org abgerufen am 29 Mai 2022 Psychoanalysis scientific method and philosophy In Journal of the American Psychoanalytic Association Band 10 Nr 3 1962 S 617 637 englisch Uber psychischen Determinismus und die Moglichkeit der Voraussage im Seelenleben In Psyche Band 20 Nr 1 1966 S 5 28 pep web org abgerufen am 29 Mai 2022 The principle of multiple function Observations on over determination In The Psychoanalytic Quarterly Band 76 Nr 1 2007 S 75 92 englisch Im deutschen Text als Scan frei verfugbar bei archive org COTIPUB Das Prinzip der mehrfachen Funktion Bemerkungen zur Uberdeterminierung In Internationale Zeitschrift fur Psychoanalyse Band 16 Nr 3 4 1930 S 285 300 archive org Literatur BearbeitenWaelder Robert in Werner Roder Herbert A Strauss Hrsg International Biographical Dictionary of Central European Emigres 1933 1945 Band 2 2 Munchen Saur 1983 S 1198Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Robert Walder im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Muhlleitner Elke Waelder Robert 1900 1967 Abgerufen am 17 Mai 2022 a b Wolfgang Loch Vorwort In Robert Walder Hrsg Ansichten der Psychoanalyse eine Bestandsaufnahme Klett Cotta Stuttgart 1980 ISBN 3 12 908550 5 S 5 13 a b Samuel Guttmann Robert Waelder 1900 1967 Nachruf In International Journal of Psycho Analysis Band 50 1969 S 269 273 englisch pep web org abgerufen am 29 Mai 2022 Gerhard Stumm Alfred Pritz et al Hrsg Personenlexikon der Psychotherapie Springer Wien New York 2005 ISBN 3 211 83818 X S 409 410 Herbert A Rosenfeld Zur Psychoanalyse psychotischer Zustande Psychosozial Verlag Giessen 2002 ISBN 978 3 89806 119 3 englisch Psychotic states Ubersetzt von Charlotte Kahleyss Neumann Robert Walder Uber Mechanismen und Beeinflussungsmoglichkeiten der Psychosen Vortrag in der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung am 12 Marz 1924 In Internationale Zeitschrift fur Psychoanalyse Band 10 Nr 4 1924 S 393 414 pep web org abgerufen am 30 Mai 2022 Edward Kronold Robert Waelder 1900 1967 In Psychoanalytic Quarterly Band 37 1968 S 282 englisch pep web org abgerufen am 30 Mai 2022 Robert Waelder Progress and Revolution A Study of the Issues of our Age International Universities Press New York 1967 englisch Sigmund Freud Psychoanalytische Bemerkungen uber einen autobiografisch beschriebenen Fall von Paranoia In Sigmund Freud Hrsg Gesammelte Schriften Band VIII 1911 Psychoanalytische Bemerkungen uber einen autobiographisch beschriebenen Fall von Paranoia Dementia paranoides im Projekt Gutenberg DE Robert Walder Die Grundlagen der Psychoanalyse Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 1969 ISBN 3 436 01048 0 S 161 Robert Walder Uber schizophrenes und schopferisches Denken In Sigmund Freud Hrsg Internationale Zeitschrift fur Psychoanalyse Band XII Heft 3 Internationaler Psychoanalytischer Verlag Wien 1926 S 298 308 Robert Walder Das Prinzip der mehrfachen Funktion In Sigmund Freud Hrsg Internationale Zeitschrift fur Psychoanalyse Band XVI Heft 3 4 Internationaler Psychoanalytischer Verlag Wien 1930 S 291 Robert Walder Das Prinzip der mehrfachen Funktion In Collection Of The International Psychoanalytic University Berlin International Psychoanalytic University Berlin abgerufen am 18 Mai 2022 Robert Walder Das Freiheitsproblem in der Psychoanalyse und das Problem der Realitatsprufung In Sigmund Freud Hrsg Imago XX Band Nr 1 Offizielles Organ der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung Wien 1934 S 471 Robert Walder Zur Frage der psychischen Konflikte im fruhen Lebensalter In Sigmund Freud Hrsg Internationale Zeitschrift fur Psychoanalyse XXII Band Heft 4 Internationaler Psychoanalytischer Verlag Wien 1936 S 513 570 Robert Walder Die Grundlagen der Psychoanalyse Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 1969 ISBN 3 436 01048 0 S 38 ff Normdaten Person GND 172439744 lobid OGND AKS LCCN no91000762 VIAF 27231972 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Walder RobertALTERNATIVNAMEN Waelder RobertKURZBESCHREIBUNG osterreichischer PsychoanalytikerGEBURTSDATUM 20 Februar 1900GEBURTSORT WienSTERBEDATUM 28 September 1967STERBEORT Broomall Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Robert Walder amp oldid 239049545