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Robert Heiss 22 Januar 1903 in Munchen 21 Februar 1974 in Freiburg im Breisgau war ein deutscher Philosoph und Psychologe Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 3 Schriften 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenRobert Heiss wurde als Sohn des Postbeamten Robert Heiss und seiner Ehefrau Eugenie Heiss in Munchen geboren Von 1922 bis 1926 studierte er Philosophie Psychologie und Soziologie 1926 wurde er mit seiner Dissertation Die Philosophie der Logik und die Negation zum Dr phil in Gottingen promoviert 1928 habilitierte er sich als nicht etatmassiger Assistent an der Universitat zu Koln mit der Arbeit Logik des Widerspruchs Er gehorte dort dem Kreis um Nicolai Hartmann an Seit 1936 war er nicht beamteter ausserordentlicher Professor fur Philosophie in Koln seit 1938 Leiter des Instituts fur experimentelle Psychologie und seit 1939 beamteter ausserplanmassiger Professor 1 nbsp Robert Heiss 1903 1974 Philosoph und PsychologeWie viele Psychologen seiner Generation musste Heiss von 1939 bis 1942 eine Tatigkeit als Personalgutachter zunachst als Heerespsychologe 1940 bis 1942 als Luftwaffenpsychologe ausuben bis die Luftwaffenpsychologie aufgelost wurde 1 2 Im Jahr 1942 erhielt er den Ruf auf den Lehrstuhl fur Philosophie und Psychologie an der Universitat Freiburg den er zunachst vertrat und 1943 einnahm Heiss grundete dort 1944 das Institut fur Psychologie und Charakterologie Sehr fraglich bleibt angesichts sich widersprechender Quellen ob Heiss tatsachlich seit dem 1 Oktober 1940 Mitglied der NSDAP war wie eine Karteikarte im Bundesarchiv annehmen lasst Im Bundesarchiv Document Center fehlen der Aufnahmeantrag der Hinweis auf Aushandigung des Parteiausweises und Belege fur Beitragszahlungen Die Angaben von Ernst Klee Das Personen Lexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 Edition Kramer Frankfurt am Main 2010 von Leaman Tilitzki und anderen Autoren sind zumindest hinsichtlich des angeblichen Eintrittsjahres falsch In dem dienstlich verlangten Personalfragebogen vom 9 Januar 1943 verneint Heiss die Mitgliedschaft in einer Partei In einer Erklarung vom 17 Juni 1946 berichtete er dass er im Oktober 1943 falschlich als Parteimitglied bezeichnet worden sei 3 Eine Verwechslung mit einem ebenfalls in Munchen geborenen Professor der Medizin Robert Heiss ist nicht auszuschliessen Die in der Personalakte erhaltenen Stellungnahmen der NS Dozentenfuhrer belegen dass Heiss verschiedentlich auf starke politische Bedenken stiess und als politisch unzuverlassig galt Nach dem Krieg wurde Heiss von der franzosischen Militarregierung im November 1945 im Amt bestatigt und als politisch Unbelasteter 1946 Dekan der Philosophischen Fakultat 4 Werk BearbeitenRobert Heiss gehorte noch jener Generation von Professoren der Psychologie an die durch ihr Studium und ihre ersten Veroffentlichen als Philosophen ausgewiesen waren In der akademischen Psychologie jener Zeit war Heiss eher ein Aussenseiter da er weder aus einer experimentalpsychologischen noch aus einer phanomenologischen bzw betont geisteswissenschaftlichen Tradition der Psychologie stammte Heiss war wesentlich von Sigmund Freud aber auch von Erich Rothacker und Ludwig Klages sowie von Ernst Kretschmer und dessen medizinischer Psychologie beeinflusst Er gehorte dem Kreis um den Philosophen Nicolai Hartmann an Vor allem zogen ihn die grossen Dialektiker Georg Wilhelm Friedrich Hegel Soren Kierkegaard und Karl Marx an Er hat uber sie geschrieben und sein eigenes Denken uber die Dialektik und Dynamik der Person ist unter diesem Einfluss zu verstehen In seiner Lehre vom Charakter 1936 1949 und der programmatischen Schrift Person als Prozess 1948 entwickelte er diese Perspektive Sein Ansatz der diagnostischen Psychologie orientierte sich an den vorhandenen diagnostischen Mitteln und an den praktischen Aufgaben d h Beratung neurosenpsychologische Diagnostik forensische Gutachten In seiner Charakterkunde hatte Robert Heiss eine fur jene Zeit ungewohnliche Sicht der Personlichkeit entworfen Er erweiterte den in der Tradition der Charakterologie ublichen Begriff der als relativ konstant angesehenen Eigenschaft indem er die fortdauernde Entwicklung der Personlichkeitseigenschaften hervorhob Nicht die Struktur bzw der Aufbau der Personlichkeit war ihm wesentlich sondern der Verfestigungsprozess in dem sich diese Eigenschaften herausbilden Eigenschaften sind demnach vieldeutig und zu ihrer Beurteilung ist die Kenntnis ihres Verfestigungsprozesses notwendig Heiss stutzte seine Interpretationen auf motivationspsychologische und speziell auch tiefenpsychologische Argumente und bezog sich auf Antrieb und Hemmung auf die Krisen und Umbruche der Personlichkeit auf Entwicklungen mit Ruckbildung Zerstorung und Umschichtung der Personlichkeit sowie auf Grenzformen wie das Zwangsverhalten Diese Ablaufe sind durch Prozesseigenschaften zu beschreiben in denen innere Antriebsgestalten erscheinen Umgekehrt sind durch eine psychologische Diagnostik solcher Prozessmerkmale die zugrundeliegenden Antriebsgestalten und dynamischen Veranderungen hinsichtlich Labilisierung Stabilisierung und Verfestigung zu erfassen Der Verfestigungsprozess ist nicht allein durch einen Lernprozess zu erklaren denn die theoretischen Annahmen sind viel weiter gefasst als lerntheoretische Konzeptionen der Verhaltenswissenschaft Heiss dachte an Selbstregulation soziale und situative Einflusse dynamisch unbewusste Antriebe und die willentliche und intelligente Kontrolle von Erlebnissen und Affekten Die psychologische Interpretation dieser dynamischen Vorgange fuhrte zu dem neuen Verstandnis von Person als Prozess und zu der Methodik der Verlaufsanalyse Die ungewohnliche Bezeichnung seines Instituts sollte den beiden Traditionen der experimentalpsychologischen und der charakterkundlichen gerecht werden In Freiburg fuhrte Heiss projektive Tests Intelligenztests Graphologie und Ausdruckspsychologie ein und gemeinsam mit seinen Mitarbeitern entstand im Laufe der Jahre mit den Hohepunkten zwischen 1950 und 1970 ein Ausbildungsschwerpunkt wie an keinem anderen Psychologischen Institut in Deutschland Heiss war Herausgeber des Handbuchs Diagnostische Psychologie und Herausgeber bzw Mitherausgeber der Zeitschrift fur diagnostische Psychologie und Personlichkeitsforschung spater Diagnostica der Psychologischen Forschung und der Zeitschrift fur Menschenkunde Die benutzten testpsychologischen Verfahren und die Graphologie auf die sich diese psychologische Prozessforschung stutzte werden heute als sehr problematische Methoden angesehen und sie sind deswegen an den Instituten bzw in der Ausbildung weithin unublich geworden Damit hatte der von Heiss vertretene Ansatz der diagnostischen Psychologie seine empirische Basis weitgehend verloren Die grundsatzliche Forderung nach Prozessforschung bleibt jedoch bestehen Dies gilt grundsatzlich fur sein theoretisches Konzept und auch fur viele der methodischen Regeln der psychologischen Interpretation Schriften BearbeitenLogik des Widerspruchs eine Untersuchung zur Methode der Philosophie und zur Gultigkeit der formalen Logik Verlag de Gruyter Berlin 1932 Die Lehre vom Charakter Verlag de Gruyter Berlin 1936 2 Aufl 1949 Die Deutung der Handschrift Claassen Hamburg 1943 3 Aufl 1966 mit Inge Strauch Person als Prozess In Johannes von Allesch W Jacobsen G Munsch Max Simoneit Hrsg Kongressbericht des Berufsverbandes Deutscher Psychologen Bonn 29 August bis 2 September 1947 Nolke Hamburg 1948 S 11 25 Nachdruck in Karl Josef Groffmann Karl Herrmann Wewetzer Hrsg Person als Prozess Festschrift zum 65 Geburtstag von Prof Dr phil Robert Heiss Huber Bern 1968 S 17 37 Der Gang des Geistes Bern Francke 1948 Die diagnostischen Verfahren in der Psychologie In Psychologische Rundschau Bd 1 1949 S 266 275 Bd 2 1950 S 9 19 63 75 128 136 Psychologismus Psychologie und Hermeneutik In C Astrada et al Hrsg Martin Heideggers Einfluss auf die Wissenschaften Aus Anlass seines sechzigsten Geburtstags Bern Francke Bern 1949 S 22 36 mit Hildegard Hiltmann Hrsg Der Farbpyramidentest nach Max Pfister Huber Bern 1951 Nicolai Hartmann In Heinz Heimsoeth Robert Heiss Hrsg Der Denker und sein Werk Funfzehn Abhandlungen mit einer Bibliographie Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1952 S 15 28 Allgemeine Tiefenpsychologie Huber Bern 1956 Wesen und Formen der Dialektik Kiepenheuer amp Witsch Koln 1959 Die grossen Dialektiker des 19 Jahrhunderts Hegel Kierkegaard Marx Kiepenheuer amp Witsch Koln 1963 mit Karl Josef Groffmann Lothar Michel Hrsg Handbuch der Psychologie Band 6 Psychologische Diagnostik Hogrefe Gottingen 1971 Utopie und Revolution Piper Munchen 1973 ISBN 3 492 00352 4 Literatur BearbeitenUlfried Geuter Daten zur Geschichte der deutschen Psychologie Band 1 Verlag fur Psychologie Hogrefe Gottingen 1986 ISBN 3 8017 0225 1 Robert Heiss Allgemeine Psychologie Vorlesung im Sommersemester 1937 an der Universitat Koln mit einem biographischen Anhang und Werkverzeichnis hrsg von Jochen Fahrenberg Albert Ludwigs Universitat Freiburg Psychologisches Institut 1990 Hildegard Hiltmann Franz Vonessen Hrsg Dialektik und Dynamik der Person Festschrift fur Robert Heiss zum 60 Geburtstag Kiepenheuer und Witsch Koln 1963 Karl Josef Groffmann Karl Herrmann Wewetzer Hrsg Person als Prozess Festschrift zum 65 Geburtstag von Prof Dr phil Robert Heiss Huber Bern 1968 Jochen Fahrenberg Psychologische Interpretation Biographien Texte Tests Verlag Hans Huber Bern 2002 ISBN 3 456 83897 2 Jochen Fahrenberg Reiner Stegie Beziehungen zwischen Philosophie und Psychologie an der Freiburger Universitat Zur Geschichte des Psychologischen Laboratoriums Instituts In Jurgen Jahnke Jochen Fahrenberg Reiner Stegie Eberhard Bauer Hrsg Psychologiegeschichte Beziehungen zu Philosophie und Grenzgebieten Munchen Profil Verlag Munchen 1989 S 251 266 ISBN 3 89019 461 3 Eckhard Wirbelauer Hrsg Die Freiburger Philosophische Fakultat 1920 1960 Freiburger Beitrage zur Wissenschafts und Universitatsgeschichte Verlag Karl Alber Freiburg 2006 S 468 476 ISBN 3 495 49604 1 Jochen Fahrenberg Robert Heiss In Fred Ludwig Sepainter Hrsg Baden Wurttembergische Biographien Band V Im Auftrag der Kommission fur geschichtliche Landeskunde Baden Wurttemberg Kohlhammer Stuttgart 2013 ISBN 978 3 17 024863 2 S 154 157 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Robert Heiss im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Geschichte des Institut fur Psychologie an der Universitat FreiburgEinzelnachweise Bearbeiten a b Ulried Geuter Daten zur Geschichte der deutschen Psychologie Band 1 Verlag fur Psychologie Hogrefe Gottingen 1986 Seite 173 Nachrichtenblatt der Deutschen Wissenschaft und Technik Organ des Reichsforschungsrates Hrsg Forschungen und Fortschritte Personalnachrichten Ernennungen Band 19 23 24 1943 S 252 Universitatsarchiv Freiburg UAF B24 1249 50 B254 36 Universitatsarchiv Freiburg UAF B24 1249 50 B254 36 Normdaten Person GND 118709968 lobid OGND AKS LCCN nr90022442 NDL 00442944 VIAF 112584746 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Heiss RobertKURZBESCHREIBUNG deutscher Philosoph und PsychologeGEBURTSDATUM 22 Januar 1903GEBURTSORT MunchenSTERBEDATUM 21 Februar 1974STERBEORT Freiburg im Breisgau Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Robert Heiss Philosoph amp oldid 237884163