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Reric war ein fruhmittelalterlicher slawisch danischer Handelsplatz bei Gross Stromkendorf nahe Wismar an der Ostseekuste Mecklenburgs dessen genaue Lage bis zum Ende des 20 Jahrhunderts unbekannt war Die Siedlung bestand wahrscheinlich von 735 bis kurz nach 811 n Chr In ihrer Blutezeit im spaten 8 Jahrhundert erreichte sie eine Ausdehnung von mindestens 20 Hektar und war damit eine der grossten Siedlungen an der Ostsee Lageplan von Reric nach GrabungsbefundenInhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Forschung 3 Datierung der Siedlung 3 1 Phase I 735 736 n Chr 3 2 Phase II 760 bis Anfang der 770er Jahre 3 3 Phase III 780er Jahre 3 4 Phase IV Um 810 n Chr 4 Sonstiges 5 Literatur 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDas emporium Reric also der Handelsplatz Reric wird in den Reichsannalen fur das Jahr 808 im Zusammenhang mit einem Krieg zwischen dem danischen Konig Gottrik und den Obodriten erwahnt Der obodritische Herrscher Drasco hatte mit Hilfe des abtrunnigen Godelaib den ursprunglich dem Danenkonig abgabenpflichtigen Handelsplatz seinem Herrschaftsbereich unterstellt Daraufhin landete Gottrik mit seiner Flotte an der Ostseekuste zerstorte Reric und die umliegenden Dorfer totete den Godelaib belagerte eine obodritische Burg und kehrte dann mit den bis dahin in Reric ansassigen Kaufleuten nach Haithabu zuruck Das zerstorte Reric wurde von den Obodriten wieder aufgebaut und zunachst weiter betrieben bis Drasco 810 in Reric auf Veranlassung Gottriks ermordet wurde Forschung BearbeitenDie Lage dieses Handelsplatzes konnte lange nicht eindeutig bestimmt werden so dass noch in den 1980er Jahren wissenschaftlich diskutiert wurde ob nicht Lubeck oder die Mecklenburg mit Reric identisch seien Bekannt war aus den Reichsannalen nur dass es sich um einen Handelsplatz an der Ostseekuste im Stammesgebiet der Obodriten handelte Der Name abgeleitet von Rohricht wies auf grosse Schilfgebiete hin wovon es an der sudlichen Ostseekuste jedoch etliche gab 1 Seit den Grabungen durch die Forschungsstelle fur Ur und Fruhgeschichte Schwerin heute Landesamt fur Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg Vorpommern in den Jahren 1989 1992 und der monographischen Bearbeitung durch den Ausgraber Frank Wietrzichowski wird eine an der Wismarer Bucht nordlich von Wismar und westlich von Gross Stromkendorf untersuchte und als uberregional bedeutender Seehandelsplatz des 8 und fruhen 9 Jahrhunderts erkannte fruhmittelalterliche Grosssiedlung 2 mit Graberfeld 3 mit einem hohen Grad an Sicherheit mit dem emporium Reric identifiziert Weitere Grabungen der Landesarchaologie mit der Universitat Kiel Mitte bis Ende der 1990er Jahre haben diese Interpretation bestatigt Dafur spricht ausser dem Fundmaterial auch die Lage zwischen Nord und Ostsee die auch fur die Entwicklung der Handelsplatze Haithabu Liubice und Dankirke Ribe bedeutsam war Nach aktuellem Forschungsstand 2013 hatte die Gesamtanlage einschliesslich des Graberfeldes nordlich der Siedlung eine Gesamtausdehnung von mindestens 20 Hektar 4 Es wird angenommen dass Reric zur Blutezeit im spaten 8 Jahrhundert etwa 10 000 bis 20 000 standige Einwohner hatte Datierung der Siedlung BearbeitenIm Zuge der Ausgrabungen wurden zahlreiche Holzproben gefunden darunter 127 aus Brunnen von denen 95 dendrochronologisch datiert werden konnten davon 70 mit erhaltener Waldkante aufs Jahr genau So lassen sich heute fur Reric vier Siedlungsphasen unterscheiden wobei die folgende Darstellung der Arbeit von Astrid Tummuscheit 2013 S 107f folgt Phase I 735 736 n Chr Bearbeiten Die alteste Gruppe von datierten Brunnenholzern ist aus den Jahren 735 und 736 und offenbar bei oder sehr bald nach der Grundung der Siedlung verbaut worden Diese Brunnen liegen nahe beieinander in einem etwa 3 Hektar grossen Areal im Norden des spater weit grosseren besiedelten Gebietes Phase II 760 bis Anfang der 770er Jahre Bearbeiten Ab dem Jahr 760 begann die zweite Phase der Siedlung wieder mit einer relativ nahe beieinander liegenden Gruppe an Brunnen deren Zentrum nun weiter sudlich liegt Der Bereich der Brunnen der Bauphase I wurde nun als Graberfeld genutzt Dessen Belegung begann um die Mitte des 8 Jahrhunderts wobei der Bestattungsplatz der altesten Phase der Siedlung unbekannt ist In Phase II zeigt die Siedlung eine systematische schachbrettartige Anlage Aus dieser Bauphase stammen auch die grossten und aufwendigsten Hauser Ihr Baustil und der gesamte archaologische Befund deuten darauf hin dass nach einem Fuhrungswechsel nun vermehrt Menschen aus dem sachsisch karolingischen Raum in Reric siedelten Bis in die 770er Jahre wurden die Brunnen noch handwerklich sorgfaltig gebaut Phase III 780er Jahre Bearbeiten Aus den 780er Jahren stammen die meisten der gefundenen Brunnen in Reric Ihr Schwerpunkt liegt nun noch etwas weiter sudlich Die in dieser Zeit errichteten Hauser belegen immer noch einen schachbrettartigen Grundriss sind aber im Durchschnitt weniger aufwendig und kleiner Auch die bauliche Qualitat der Brunnen war geringer als in Phase II oft wurde Altholz wiederverwertet Der Befund wird dahingehend interpretiert dass rasches Bevolkerungswachstum zu erhohtem Trinkwasserbedarf bei etwas geringerem Wohlstand gefuhrt hat Phase IV Um 810 n Chr Bearbeiten Aus den Jahren 806 809 und 811 stammen die drei jungsten der datierten Brunnen aus Reric Anlass des Baus war am ehesten dass die in den 780er Jahren gebauten Brunnen ihre ubliche Lebensdauer von 25 30 Jahren erreicht hatten Aus der Zeit nach 811 liegen keine datierten Holzfunde mehr vor und der archaologische Befund spricht fur ein Ende der Siedlung wenig spater Sonstiges BearbeitenReric ist nicht zu verwechseln mit der heutigen Stadt Rerik 17 Kilometer weiter nordostlich am Salzhaff gelegen die ihren Namen in bewusster Anlehnung an Reric zu einer Zeit erhielt 1938 als dessen Lage noch unbekannt war Davor hatte der Ort Alt Gaarz geheissen Literatur BearbeitenOle Harck Christian Lubke Hrsg Zwischen Reric und Bornhoved Die Beziehungen zwischen den Danen und ihren slawischen Nachbarn vom 9 bis ins 13 Jahrhundert Beitrage einer internationalen Konferenz Leipzig 4 6 Dezember 1997 Forschungen zur Geschichte und Kultur des ostlichen Mitteleuropa 11 Franz Steiner Stuttgart 2001 ISBN 3 515 07671 9 Digitalisat Hauke Jons Neue Untersuchungen auf dem fruhgeschichtlichen Handelsplatz von Gross Stromkendorf bei Wismar in Archaelogica Baltica Band 4 2000 S 109 134 Hauke Jons Michael Muller Wille Der Ostseehandel Schiffsverkehr und Warenstrome In Wilfried Menghin Dieter Planck Hrsg Menschen Zeiten Raume Archaologie in Deutschland Theiss Stuttgart 2002 ISBN 3 88609 467 7 S 346 351 Begleitband zur Ausstellung Berlin und Bonn 2002 2003 Michael Muller Wille Ribe Reric Haithabu Zur fruhen Urbanisierung im sudskandinavischen und westslawischen Gebiet In Klaus Brandt Michael Muller Wille Christian Radtke Hrsg Haithabu und die fruhe Stadtentwicklung im nordlichen Europa Schriften des Archaologischen Landesmuseums 8 Wachholtz Neumunster 2002 ISBN 3 529 01812 0 S 321 337 und 431 441 Alexander Poche Perlen Trichterglaser Tesserae Spuren des Glashandels und Glashandwerks auf dem fruhgeschichtlichen Handelsplatz von Gross Stromkendorf Landkreis Nordwestmecklenburg Beitrage zur Ur und Fruhgeschichte Mecklenburg Vorpommerns 44 Forschungen zu Gross Stromkendorf 2 Archaologisches Landesmuseum und Landesamt fur Bodendenkmalpflege Mecklenburg Vorpommern Schwerin 2005 ISBN 3 935770 07 3 Astrid Tummuscheit Gross Stromkendorf Zur Entwicklung des fruhmittelalterlichen Seehandelsplatzes anhand dendrochronologischer Datierungen in The Early Slavic Settlement in Central Europe in the light of new dating evidence S 103 119 Institute of Archaeology and Ethnology Polish Academy of Science Hg Breslau 2013 Frank Wietrzichowski Untersuchungen zu den Anfangen des fruhmittelalterlichen Seehandels im sudlichen Ostseeraum unter besonderer Berucksichtigung der Grabungsergebnisse von Gross Stromkendorf Wismarer Studien zur Archaologie und Geschichte 3 ISSN 0945 3504 Stadtgeschichtliches Museum Wismar 1993 Zugleich Halle Universitat Dissertation 1993 Frank Wietrzichowski Untersuchungen auf einem fruhmittelalterlichen Seehandelsplatz von Gross Stromkendorf Kr Wismar In Informationen fur die Bodendenkmalpflege in Westmecklenburg 33 1993 ISSN 0944 7571 S 23 30 Erstmalige Darstellung und Begrundung der Lokalisierung von Reric in Gross Stromkendorf Einzelnachweise Bearbeiten Frank Wietrzichowski Untersuchungen zu den Anfangen des fruhmittelalterlichen Seehandels im sudlichen Ostseeraum unter besonderer Berucksichtigung der Grabungsergebnisse von Gross Stromkendorf Wismar 1993 S 45 Frank Wietrzichowski Untersuchungen zu den Anfangen des fruhmittelalterlichen Seehandels im sudlichen Ostseeraum unter besonderer Berucksichtigung der Grabungsergebnisse von Gross Stromkendorf Wismar 1993 S 14 48 Frank Wietrzichowski Untersuchungen auf einem fruhmittelalterlichen Seehandelsplatz von Gross Stromkendorf Kr Wismar In Informationen fur die Bodendenkmalpflege in Westmecklenburg 33 1993 S 23 30 hier S 28 f Tummuscheit 2013 10953 955555555556 11 481388888889 Koordinaten 53 57 20 N 11 28 53 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reric amp oldid 236079858