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Unter einer Produktpipeline auch F amp E Pipeline werden in Unternehmen zwei oder mehr Produkte verstanden die sich noch in der Produktentwicklung befinden Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Pharmaindustrie 3 Wirtschaftliche Aspekte 4 Weitere Bedeutungen 5 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenDer Wortbestandteil Pipeline betrifft eine Rohrleitung in der an einem Ende etwas hinein und am anderen Ende wieder hinausfliesst Sinngemass ubertragen auf die Produktpipeline bedeutet dies dass wahrend des Produktentstehungsprozesses durch Forschung und Entwicklung F amp E neue Produkte in die Produktpipeline aufgenommen werden und bei Marktreife die Produktpipeline wieder verlassen Der entsprechende Zeitraum wird als Time to Market bezeichnet 1 Insbesondere in der Pharma und Biotechnologie Industrie gilt sie als wichtiger Indikator fur die Innovationsfahigkeit und den Unternehmenserfolg 2 3 Pharmaindustrie BearbeitenEin klassisches Beispiel fur die Produktpipeline ist die Pharmaindustrie 4 dem forschungsintensivsten Wirtschaftszweig in Deutschland Die forschenden Pharmaunternehmen beschranken sich in den medizinischen Anwendungsgebieten auf einige wenige auf die sich ihre Pharmaforschung konzentriert An die Grundlagenforschung und Wirkstoffsuche praklinische und klinische Forschung an in denen das Arzneimittel auf Wirksamkeit und Unbedenklichkeit untersucht wird 5 Die Patentierung des Arzneistoffes erfolgt in aller Regel in der praklinischen und spatestens in der ersten klinischen Phase der Entwicklung 6 Das Patent berechtigt das Pharmaunternehmen spater zur exklusiven Verwertung Monopol des Arzneimittels auf dem Pharmamarkt Fur die Herstellung im Grossmassstab erfolgt der Scale up in den Produktionsprozess Die Marktreife erreicht ein Arzneimittel mit der Zulassung durch die jeweils zustandige Behorde in den Zielmarkten Das Unternehmerrisiko besteht insbesondere darin dass sich ein Arzneimittel in der klinischen Erprobung nicht bewahrt weil die therapeutische Wirksamkeit nicht nachweisbar ist und oder das Nebenwirkungsprofil in keinem angemessenen Verhaltnis zur Wirksamkeit steht Das Insolvenzrisiko fur Pharmaunternehmen besteht in der Ungewissheit ob sie nach der Time to Market nach Markteinfuhrung durch das Patent als Monopolist noch eine ausreichende Zeit Pioniergewinne erwirtschaften und die Pay back Periode bis zum Ende der Marktexklusivitat zur Amortisation ihrer Forschungs und Entwicklungskosten FEK nutzen konnen Es gibt in Pharmaunternehmen mit der Time to Market eine strenge Terminplanung um die FEK zu minimieren In der Pharmaindustrie ist der Produktlebenszyklus von Arzneimitteln vergleichsweise relativ kurz 7 Die Time to Market kann hier eine Zeitspanne zwischen 12 und 15 Jahren umfassen 8 Nach der Verordnung EG Nr 469 2009 vom 6 Mai 2009 uber das erganzende Schutzzertifikat fur Arzneimittel kann ein erganzendes Schutzzertifikat die Patentlaufzeit in den EU Mitgliedstaaten den USA und weiteren Staaten um maximal funf Jahre verlangern Unabhangig vom gewerblichen Schutzrecht ermoglicht das Arzneimittelrecht eine mindestens 10 jahrige Marktexklusivitat 9 Wirtschaftliche Aspekte BearbeitenEine Produktpipeline gibt es meist in Mehrproduktunternehmen doch auch Einproduktunternehmen konnen durch Produktdifferenzierungen oder Produktvariationen eine Pipeline aufbauen Die Produktpipeline ist Bestandteil des Product Lifecycle Managements welches dafur sorgen muss dass zu dem Zeitpunkt an welchem Produkte durch Produkteliminierung aus dem Markt scheiden neue Produkte aus der Pipeline zur Marktreife nachrucken Ist der Produktentstehungsprozess abgeschlossen verlassen die marktreifen Produkte die Pipeline und werden auf dem Markt durch Markteinfuhrung angeboten Produktpipelines unterliegen einer standigen Dynamik weil neue Produktentwicklungen in die Pipeline aufgenommen werden und im Best Case gleichzeitig ein marktreifes Produkt die Pipeline wieder verlasst Produktpipelines gibt es insbesondere bei Unternehmen mit hoher Forschungsintensitat wo die FEK einen grossen Anteil an den Gesamtkosten ausmachen Diesen Kosten stehen bis zur Markteinfuhrung keine Umsatzerlose gegenuber so dass die Finanzierung der Pipeline durch den Cashflow aus laufender Produktion erfolgen muss Nach der Markteinfuhrung darf bei patentierten Produkten der Hersteller alleine die Verwertung ubernehmen Monopolist und die mit ihnen erzielten Grenzerlose zur Amortisierung der FEK einsetzen der Zeitraum bis zur vollstandigen Amortisierung wird Pay back Periode genannt 10 Werden mithin die Investitionsausgaben fur FEK durch die Umsatzerlose vollstandig gedeckt oder sogar uberschritten Pioniergewinn hat sich die Produktentwicklung gelohnt Decken die Grenzerlose die Kosten dagegen nicht handelt es sich um einen Flop Die Produktpipeline belastet die Gesamtkosten und die Liquiditat eines Unternehmens weil den FEK noch keine eigenen Umsatzerlose gegenuberstehen so dass die FEK zunachst aus dem Cashflow zu finanzieren sind 11 Deshalb unterliegt die Produktpipeline der Quersubventionierung bis die erfolgreiche Markteinfuhrung neuer Produkte gelingt Aus diesem Grund muss die Time to Market fur ein striktes Zeitmanagement sorgen um die FEK und die Liquiditatsbelastung zu minimieren Kostenrisiken bestehen darin dass technologische Risiken und Zeitrisiken nicht exakt planbar sind und die FEK nicht planungssicher machen 12 Liquiditatsrisiken sind Finanzierungsrisiken und bestehen aus der Unsicherheit ob das Unternehmen in der Lage sein wird die notwendigen Mittel bis zum Abschluss der Produktentwicklung zur Verfugung zu stellen 13 Die Wartezeit innerhalb der Produktentwicklung kann trotz eines strengen Zeitmanagements nicht exakt im Voraus bestimmt werden wodurch das Reihenfolgeprinzip des First In First Out manchmal nicht eingehalten werden kann weil eine Produktentwicklung andere Produkte der Pipeline uberholen kann oder im Zeitplan gegenuber anderen Produktentwicklungen zuruckfallen kann Ursache hierfur sind zumeist Job Stopper also ungeplant und unerwartet auftretende Arbeitshindernisse und Storungen im Arbeitsablauf die zu einer Verzogerung im Arbeitsprozess fuhren Hierdurch kann die tatsachliche Reihenfolge der Marktreife von der Reihenfolge der Produktentwicklungsplanung abweichen Die Zeitdauer zwischen Produktentwicklung und Markteinfuhrung sollte dennoch vor allem bei Produktinnovationen mit hoher Dynamik moglichst gering gehalten werden 14 Eine einseitige Fokussierung auf die Verkurzung der Time to Market ist nicht sinnvoll weil sowohl eine zu fruhe als auch eine zu spate Markteinfuhrung mit negativen betriebswirtschaftlichen Folgen verbunden sein kann 15 Die angelsachsische Fachliteratur verlangt Anstrengungen zur Verkurzung der Innovations bzw Entwicklungszeit englisch Time Based Management TBM 16 Das Unternehmerrisiko einer Produktpipeline besteht insbesondere darin dass die Entwicklung eines Produkts noch wahrend des Produktentstehungsprozesses aufgegeben wird weil ein Kundennutzen zu gering ist oder die Produkte als gesundheitsgefahrdend einzustufen sind Zudem kann es vorkommen dass die FEK nach der Markteinfuhrung teilweise nicht mehr aus den Grenzerlosen des neuen Produkts amortisiert werden konnen oder die Pay back Periode den Patentschutz oder den Produktlebenszyklus uberschreitet Wird ein Produkt nach der Markteinfuhrung durch Produkteliminierung aus dem Markt genommen etwa wegen Gesundheitsgefahrdung so ist dies kein Risiko der Produktpipeline im engeren Sinne sondern ein Marktrisiko So entschloss sich beispielsweise die Bayer AG im August 2001 zum Ruckzug des Cholesterinsenkers Lipobay nachdem einige Todesfalle in den USA und anderen Landern bekannt wurden 17 Die Markteintrittswahrscheinlichkeit beispielsweise in der Pharmaindustrie steigt von 10 in der praklinischen Phase auf 20 in Phase I uber 30 in Phase II auf 65 in Phase III und liegt wahrend des Zulassungsverfahrens bei 90 18 Eine gut gefullte Produktpipeline erhoht den Unternehmenswert weil sie kunftige Marktpotenziale auf Wachstums und Zukunftsmarkten signalisiert Eine volle Produktpipeline sichert die Profitabilitat und Wachstumsfahigkeit des Unternehmens 19 20 Weitere Bedeutungen BearbeitenIn der Verfahrenstechnik etwa in der petrochemischen Industrie versteht man unter einer Produktpipeline oder Produktenpipeline eine Pipeline in der produzierte fluide Stoffe wie Gase Flussigkeiten Staube oder rieselfahige feinkornige Feststoffe transportiert werden 21 Einzelnachweise Bearbeiten Martin Christopher Understanding the true costs of global sourcing 2007 S 137 Markus Raueiser Das Biotechnologie Cluster im nordeuropaischen Wachstumsraum Kolner Wissenschaftsverlag 2005 S 24 ISBN 978 3 658 24317 3 Simon Grand Daniel Bartl Executive Management in der Praxis Campus Verlag 2011 S 169 ISBN 978 3 593 39548 7 Dagmar Fischer Jorg Breitenbach Hrsg Die Pharmaindustrie Einblick Durchblick Perspektiven 2010 S 37 ff Dagmar Fischer Jorg Breitenbach Hrsg Die Pharmaindustrie Einblick Durchblick Perspektiven 2010 S 36 Oliver Schoffski Frank Ulrich Fricke Werner Guminski Hrsg Pharmabetriebslehre 2 Auflage 2008 S 202 Oliver Schoffski Frank Ulrich Fricke Werner Guminski Hrsg Pharmabetriebslehre 2 Auflage 2008 S 201 Fred Harms Dorethee Ganshirt Zukunftsperspektive Pharmamarketing 2004 S 2 ISBN 978 3 8282 0317 4 https www ema europa eu en documents presentation presentation data exclusivity market protection orphan paediatric rewards s ribeiro en pdf Max Munz Investitionsrechnung 1974 S 37 Peter Thilo Hasler Aktien richtig bewerten Theoretische Grundlagen praktisch erklart 2011 S 357 Torsten J Gerpott Strategisches Technologie und Innovationsmanagement 2005 S 42 ISBN 978 3 7992 6284 2 Christoph Thiesen Lageberichterstattung uber den Bereich Pharmaforschung und entwicklung 2011 S 213 f Raphael Kromer Smart Clothes 2008 S 224 Fabio Labriola Ganzheitliches Time to Market Management 2006 S 12 ISBN 978 3 89863 217 1 Christian Hostettler Time Based Management Controlling von zeitorientierten Strategien 1997 S 42 ISBN 978 3 258 05591 6 Nicola Berg Public affairs Management 2003 S 305 Dagmar Fischer Jorg Breitenbach Hrsg Die Pharmaindustrie Einblick Durchblick Perspektiven 2010 S 37 Dieter Gramlich Manfred Trager Herausforderungen einer zukunftsorientierten Unternehmenspolitik Springer 2007 S 214 ISBN 978 3 8350 9621 9 Reavis Mary Hilz Ward Oliver Everling Risk Performance Management Springer 2009 S 254 ISBN 978 3 8349 0726 4 Harald Gleissner J Christian Femerling Logistik Grundlagen Ubungen Fallbeispiele Springer 2007 S 65 ISBN 978 3 8349 1851 2 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Produktpipeline amp oldid 225088935 Produktenpipeline