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Polyphanismus bezeichnet das Entstehen verschiedener diskreter klar abgegrenzter Phanotypen Auspragungen aus einem Genotyp Satz der Erbanlagen aufgrund unterschiedlicher Umweltbedingungen Es ist ein spezieller Fall von phanotypischer Plastizitat Raupen des Birkenspanners in braun links an Birke und grun rechts an Weide als Beispiel fur Farb PolyphanismusEin anderer haufig gebrauchter Ausdruck fur Polyphanismus ist umschlagende Modifikation Soll eine Population gesondert benannt werden bei der unabhangig von den Umweltbedingungen immer derselbe Phanotyp ausgepragt wird wird dafur selten der Ausdruck Monophanismus verwendet Inhaltsverzeichnis 1 Definition 2 Beispiele 3 Polyphanismus auf Basis einer genetischen Akkommodation 4 EinzelnachweiseDefinition BearbeitenDer Ausdruck Polyphanismus wurde 1963 durch den Evolutionsbiologen Ernst Mayr gepragt Seiner Definition gemass ist Polyphanismus das Auftreten mehrerer Phanotypen innerhalb einer Population deren Unterschiede nicht das Resultat genetischer Unterschiede sind 1 Er beruht darauf dass bestimmte Umweltfaktoren mit dem Genom interagieren und ist damit verwandt mit anderen Formen der Einwirkung auf bestimmte Gene durch aussere Faktoren wie Epistase bei der andere Gene und Sexualdimorphismus bei dem Gene an geschlechtsdeterminierenden Loci bzw jeweils ihre Genprodukte die Auspragung anderer Gene bestimmen Der Begriff ist trotz des ahnlichen Klangs nicht verwandt oder gleichbedeutend mit Polyphanie haufiger als Pleiotropie bezeichnet dem Phanomen dass ein einzelnes Gen mehrere voneinander verschiedene phanotypische Merkmale beeinflussen kann Polyphanismus beschreibt eine Untergruppe von Veranderungen die unter dem Oberbegriff phanotypische Plastizitat zusammengefasst werden Eine andere Gruppe von Veranderungen die unter diesen Oberbegriff fallt wird durch den Ausdruck Akklimatisation beschrieben 2 Das Besondere des Polyphanismus im Gegensatz etwa zur Akklimatisation liegt darin dass er auf diskrete Abweichungen in der Entwicklung beschrankt ist Graduelle Abweichungen wie bei Korpergrosse oder Gewicht gehoren nicht dazu obwohl auch sie umweltabhangig sind Diskrete Abweichung liegt vor wenn durch einen Umweltfaktor wie Temperatur oder Nahrung ein Entwicklungsprozess umgeschaltet wird auf einen anderen alternativen Entwicklungsprozess Polyphanismus ist ein Spezialfall der phanotypischen Variation dem Auftreten von Individuen mit unterschiedlicher Auspragung und Kombination von Merkmalen innerhalb derselben Art Morphologischer Polyphanismus wird vielfach auch als Polymorphismus bezeichnet auch wenn der genetische Polymorphismus strenggenommen eigentlich ganz anders definiert ist Eigentlich sollten damit nur Unterschiede benannt werden die auf unterschiedliche Genvarianten fachsprachlich Allele genannt oder diese genetischen Unterschiede selbst zuruckgehen wahrend beim Polyphanismus ja die Gene gleich sind nur je nach Umweltbedingungen unterschiedlich exprimiert werden Aber auch die biologische Fachsprache ist in dieser Hinsicht oft inkonsequent So wird auch bei umweltbedingten Modifikationen verbreitet von Saisondimorphismus anstelle nach der Definition richtiger von Saisondiphanismus gesprochen also der Polyphanismus nicht als Gegensatz sondern als Untergruppe des Polymorphismus aufgefasst Diese Inkonsequenz hat im Wesentlichen historische Ursachen In der realen Welt sind ausserdem noch mannigfaltige Wechselwirkungen zwischen Polymorphismen und Polyphanismen zu beobachten die im konkreten Beispiel eine trennscharfe Zuordnung nicht in jedem Fall ohne Weiteres zulassen 3 So korrelierte bei einer Blattlaus Art die Ausbildung der Flugel bei den Weibchen mit den Umweltbedingungen war also ein klassischer Polyphanismus hing aber ausserdem von einem Allel ab das bekanntermassen bei den Mannchen vollig umweltunabhangig die Ausbildung oder das Fehlen von Flugeln bewirkt also einem klassischen Polymorphismus 4 Solche Falle sind vermutlich sehr haufig aber schwer nachweisbar Beispiele BearbeitenBekannte Beispiele sind a saisonaler Polyphanismus bei Schmetterlingen mit jahreszeitlich unterschiedlicher Pigmentierung 5 vgl Saisondimorphismus b Polymorphismus bei der Geschlechterverteilung Dies kann evolutionar vorteilhaft sein wenn ein unterschiedlicher Geschlechteranteil in einer Spezies unter unterschiedlichen Bedingungen jeweils die Reproduktionsrate maximieren kann oder c das Kastensystem staatenbildender Insekten mit Eusozialitat mit Polyphanismus zwischen sich vermehrenden und nicht vermehrenden Individuen 6 So wird die Konigin bei Bienen nicht genetisch sondern durch hochwertige Ernahrung in der fruhen Entwicklungsphase bestimmt 7 Bei vielen Pflanzen z B Pfeilkraut Wasserhahnenfuss bilden sich je nach Lage und Umgebung an derselben Pflanze morphologisch unterschiedliche Uber und Unterwasserblatter aus ein Beispiel fur durch Umweltbedingungen gesteuerten Blattpolymorphismus Polyphanismus auf Basis einer genetischen Akkommodation BearbeitenWie Polyphanismen evolutiv entstehen konnen ist in den meisten Fallen noch nicht erklarbar In einem interessanten Experiment gelang es Yuichiro Suzuki und H Frederik Nijhout bei der Raupe des Tabakschwarmers Manduca sexta durch Selektion im Labor aus einer normalerweise letalen Farbmutante eine Form heranzuzuchten bei der die Raupen je nach Temperatur entweder grun gefarbt wie der Wildtyp oder braun gefarbt sind dies ahnelt den Verhaltnissen beim verwandten Manduca quinquemaculatus bei denen dieser Polyphanismus von Natur aus auftritt Als Basis der Farbmorphe konnte der Spiegel des Juvenilhormons wahrscheinlich gemacht werden genetische Basis ist vermutlich eine Mutation innerhalb einer Regulations Kaskade die den Hormonspiegel regelt deren Auswirkung normalerweise unter dem Einfluss eines Hitzeschockproteins maskiert aber in der Zuchtlinie nun ausgepragt ist In diesem Fall gelang es erstmals einen Polyphanismus durch genetische Assimilation experimentell zu erzeugen 8 Einige Forscher spekulieren daruber dass dieser Zusammenhang moglicherweise haufiger besteht aber bisher unterschatzt wurde 5 Einzelnachweise Bearbeiten Ernst Mayr Animal Species and Evolution Belknap Press of Harvard University Press Cambridge Massachusetts 1963 S 670 the occurrence of several phenotypes in a population the differences between which are not the result of genetic differences Christopher D Moyes Patricia M Schulte Tierphysiologie Pearson Studium Munchen 2008 768 S ISBN 3827372704 S 20 Mihaela Pavlicev James M Cheverud Constraints Evolve Context Dependency of Gene Effects Allows Evolution of Pleiotropy In Annual Review of Ecology Evolution and Systematics 46 S 413 434 2010 doi 10 1146 annurev ecolsys 120213 091721 Christian Braendle Ilvy Friebe Marina C Caillaud David L Stern Genetic variation for an aphid wing polyphenism is genetically linked to a naturally occurring wing polymorphism In Proceedings of the Royal Society B 272 S 657 664 2005 doi 10 1098 rspb 2004 2995 a b Christian Braendle Thomas Flatt A role for genetic accommodation in evolution In BioEssays 28 S 868 873 2006 doi 10 1002 bies 20456 Johannes Gutenberg Universitat Mainz Neue Gene fuhren zur Arbeitsteilung in Insektenstaaten Studie zur unterschiedlichen Genexpression bei Ameisenkasten 23 Januar 2014 abgerufen am 9 April 2017 Greg Krukonis Evolution for Dummies Wiley Publ Hoboken New York 2008 Yuichiro Suzuki H Frederik Nijhout Evolution of a Polyphenism by Genetic Accommodation In Science 311 S 650 652 2006 doi 10 1126 science 1118888 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Polyphanismus amp oldid 234209905