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Dieser Artikel behandelt das Thema Vorbeugungshaft im Nationalsozialismus Zur Vorbeugungshaft des Bayrischen Polizeigesetzes siehe Unterbindungsgewahrsam Polizeiliche Vorbeugungshaft bzw Vorbeugehaft war ein Instrument des nationalsozialistischen Regimes zur vorbeugenden Verbrechensbekampfung und polizeilichen planmassigen Uberwachung Die Polizeiliche Vorbeugungshaft konnte von der Kriminalpolizei ohne gesetzliche Grundlage zeitlich unbefristet angeordnet werden Ahnlich der von der Gestapo verhangten Schutzhaft gab es auch gegen die Vorbeugungshaft keinen Rechtsschutz etwa im Wege der richterlichen Haftprufung Mit der Verordnung des Reichsprasidenten zum Schutz von Volk und Staat vom 28 Februar 1933 Reichstagsbrandverordnung war auch Art 114 der Weimarer Verfassung bis auf weiteres ausser Kraft gesetzt worden Es waren daher Beschrankungen der personlichen Freiheit auch ausserhalb der sonst hierfur bestimmten gesetzlichen Grenzen zulassig Eine Befristete Vorbeugungshaft gab es in der Zeit des Nationalsozialismus nicht Inhaltsverzeichnis 1 Fruhe Verfolgungsmassnahmen 2 Grunderlass vom Dezember 1937 3 Weiterungen 4 Deutungen 5 Quellen 6 Forschungsliteratur 7 EinzelnachweiseFruhe Verfolgungsmassnahmen BearbeitenBereits 1933 wurden einige mehrfach Vorbestrafte in Vorbeugungshaft genommen Am 2 November 1933 unterzeichnete Hermann Goring einen Erlass Anwendung der vorbeugenden Polizeihaft gegen Berufsverbrecher Als solcher galt wer dreimal oder ofter wegen Straftaten aus Gewinnsucht verurteilt war Diese Massnahme beschrankte sich zunachst auf wenige hundert Personen die auf unbeschrankte Zeit ins Konzentrationslager eingewiesen wurden 1 Anfang 1937 zeigte sich Heinrich Himmler in einer Rede vor Wehrmachtsoffizieren entschlossen trotz der von ihm beklagten unzulanglichen Gesetze in viel grosserem Masse als bisher schon Straftater mit drei oder vier Strafen als Berufsverbrecher einzusperren und nicht mehr loszulassen 2 In einem Schnellbrief wies er am 27 Februar 1937 das preussische Landeskriminalamt an zweitausend nicht in Arbeit befindliche Berufs und Gewohnheitsverbrecher festzunehmen und in Konzentrationslager einzuliefern 3 Diese Anordnung wurde im Marz 1937 umgesetzt Grunderlass vom Dezember 1937 BearbeitenReichsweit einheitlich geregelt wurden die polizeiliche Vorbeugungshaft und die polizeiliche planmassige Uberwachung mit dem Grunderlass Vorbeugende Verbrechensbekampfung durch die Polizei des Reichsinnenministeriums vom 14 Dezember 1937 4 Der Erlass und die Durchfuhrungsrichtlinien 5 wurden massgeblich vom SS Standartenfuhrer Paul Werner Abteilungsleiter im Reichssicherheitshauptamt verfasst Bestimmte Personengruppen konnten unter polizeiliche planmassige Uberwachung gestellt und bei Verstoss gegen Auflagen inhaftiert werden In Vorbeugungshaft kamen Berufsverbrecher die wegen aus Gewinnsucht begangener Straftaten mindestens dreimal zu einer Haftstrafe von sechs Monaten verurteilt worden waren Von dem Erlass betroffen waren zudem Gewohnheitsverbrecher die ihre Straftaten aus verbrecherischem Trieb oder verbrecherischer Neigung begangen hatten und dreimal zu mindestens achtmonatiger Haftstrafe verurteilt worden waren In Vorbeugungshaft genommen werden konnte ausserdem wer durch sein asoziales Verhalten die Allgemeinheit gefahrdet Die polizeiliche Vorbeugungshaft wurde in geschlossenen Besserungs und Arbeitslagern oder in sonstiger Weise vollstreckt Eine Haftprufung war spatestens nach zweijahriger Haftdauer vorgesehen Gegen die polizeiliche planmassige Uberwachung und die polizeiliche Vorbeugungshaft konnten keine Rechtsmittel eingelegt werden so dass hier ein rechtsfreier Raum entstand Weiterungen BearbeitenIm April und Juni 1938 folgten zwei als Aktion Arbeitsscheu Reich und Juni Aktion bezeichnete Verhaftungswellen Die Inhaftierung und Verschleppung in Konzentrationslager betraf in erster Linie Arbeitsscheue Obdachlose Sinti und Roma Prostituierte Homosexuelle sowie geringfugig vorbestrafte Juden Die entsprechende Anordnung der Runderlass Schutzhaft gegen Asoziale 6 nimmt Bezug auf den Grunderlass Vorbeugende Verbrechensbekampfung durch die Polizei vom Dezember 1937 Auch die Deportation von Sinti und Roma in das sog Zigeunerlager Auschwitz ab Februar 1943 aufgrund des Auschwitz Erlasses Heinrich Himmlers erfolgte zur Vollstreckung von Vorbeugungshaft 7 Deutungen BearbeitenDer Historiker Peter Longerich stellt fest dass sich mit der im Marz 1937 durchgefuhrten Verhaftungsaktion die Anzahl der Vorbeugehaftlinge verfunffacht habe und damit kein Ausnahmefall mehr sondern zur Routine geworden sei 8 Nationalsozialistische Kriminalbiologen hatten das Verbrechertum als genetisch bedingt und mithin als eine Rassenfrage angesehen Bei der Kriminalpravention ging es nun darum die Trager asozialer und tendenziell verbrecherischer Erbanlagen auszumerzen 9 Quellen BearbeitenReichssicherheitshauptamt Amt V Hrsg Vorbeugende Verbrechensbekampfung Erlasssammlung Bearbeitet von SS Hauptsturmfuhrer Kriminalrat Richrath im Reichssicherheitshauptamt o O o J Berlin 1943 Forschungsliteratur BearbeitenPatrick Wagner Volksgemeinschaft ohne Verbrecher Konzeptionen und Praxis der Kriminalpolizei in der Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus Christians Hamburg 1996 Karl Leo Terhorst Polizeiliche planmassige Uberwachung und polizeiliche Vorbeugungshaft im Dritten Reich Ein Beitrag zur Rechtsgeschichte vorbeugender Verbrechensbekampfung Muller Heidelberg 1985 Andreas Schwegel Der Polizeibegriff im NS Staat Polizeirecht juristische Publizistik und Judikative 1931 1944 Mohr Siebeck Tubingen 2005 Einzelnachweise Bearbeiten Im Februar 1934 waren es 525 Personen vergl Julia Horath Terrorinstrument der Volksgemeinschaft KZ Haft fur Asoziale und Berufsverbrecher 1933 bis 1937 38 In Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft 60 2012 H 6 S 522 523 Dok 1992 A PS in IMT Der Nurnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher fotomech Nachdruck Munchen 1989 Bd 29 ISBN 3 7735 2523 0 S 220 Peter Longerich Heinrich Himmler Biographie Munchen 2008 ISBN 978 3 88680 859 5 S 237 Abgedruckt bei Wolfgang Ayass Bearb Gemeinschaftsfremde Quellen zur Verfolgung von Asozialen 1933 1945 Koblenz 1998 Nr 50 sowie Christian Faludi Die Juni Aktion 1938 Eine Dokumentation zur Radikalisierung der Judenverfolgung Frankfurt M 2013 ISBN 978 3 593 39823 5 Nr 1 S 121 128 Abgedruckt bei Wolfgang Ayass Gemeinschaftsfremde Nr 62 Christian Faludi Die Juni Aktion 1938 Eine Dokumentation zur Radikalisierung der Judenverfolgung Frankfurt M 2013 ISBN 978 3 593 39823 5 S 129 vgl Stiftung niedersachsische Gedenkstatten Schnellbrief des Reichssicherheitshauptamts vom 29 Januar 1943 an die Kriminalpolizeileitstellen zur Einweisung von Zigeunermischlingen Rom Zigeunern und balkanischen Zigeunern in ein Konzentrationslager unterzeichnet von Arthur Nebe S 5 Peter Longerich Heinrich Himmler Biographie Munchen 2008 ISBN 978 3 88680 859 5 S 237 Peter Longerich Heinrich Himmler Biographie Munchen 2008 ISBN 978 3 88680 859 5 S 237 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Polizeiliche Vorbeugungshaft amp oldid 236920537