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Midrasch hebraisch מדרש midras Plural Midraschim ist die Auslegung religioser Texte im rabbinischen Judentum 1 Midrash Titelseite Inhaltsverzeichnis 1 Wortbedeutung 2 Geschichte 3 Formen 3 1 Halachische Midraschim 3 2 Aggadische Midraschim 4 Ausgaben 5 Siehe auch 6 Literatur Auswahl 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseWortbedeutung BearbeitenDem Wort Midrasch liegt das hebraische Verb darash דרש zugrunde das allgemein suchen bedeutet aber auch die Bedeutung Gott suchen oder die Antwort Gottes auf ein aktuelles Problem in der heiligen Schrift suchen hat Mit Midrasch ist der Vorgang des exegetischen auf die Gegenwart bezogenen Auslegens von Schriftstellen gemeint also zunachst Forschung Studium dann Auslegung und Lehre also Theorie im Unterschied zum Tun hebraisch ma ase Unter Midrasch versteht man sowohl den Vorgang des Studierens als auch dessen Ergebnis also Schriftwerke die Bibelauslegungen enthalten Midraschim beziehen sich unter anderem auf autoritative religiose Texte des Tanach und finden sich u a in der Bibel und im Talmud Er kann in schriftlicher oder mundlicher Form vorliegen Der darschan ist der Schriftausleger der Prediger oder davon abgeleitet der Ermahner Die Drascha ist wie Midrasch selbst eine Auslegung der Schrift oder Predigt Die begriffliche Abgrenzung zum peschat d h zur einfachen wortlichen Bedeutung eines Ausdrucks ist nicht immer einfach Auch ein Targum d h eine Bibelubersetzung kann Stellen enthalten die interpretativ im Sinne eines Midrasch ubertragen sind Die erste Erwahnung von bet midrasch Lehrhaus findet sich in Sir 51 23 EU Geschichte BearbeitenDer Midrasch ist sicher zunachst eine mundliche Form der Schriftauslegung Die ersten schriftlichen Beispiele finden sich jedoch bereits in der Bibel selbst So konnen etwa die Bucher der Chronik als Midraschim Pl von Midrasch zu den Buchern Samuel und Konige verstanden werden Die grosste Bedeutung erlangte der Midrasch jedoch in der Zeit des rabbinischen Judentums ab dem Jahr 70 n Chr Aus dieser Zeit stammen die wesentlichen schriftlichen Belege Dabei handelt es sich um eigenstandige Textsammlungen die neben den Werken der Mischna und des Talmud entstanden Der Entstehungsort der Midraschim ist ganz uberwiegend das Land Israel das babylonische Judentum hat nur wenig zu dieser Gattung beigetragen Formen BearbeitenEs werden vor allem zwei Formen des Midrasch unterschieden Eine klare Abgrenzung ist jedoch oft schwierig so dass Mischformen anzutreffen sind Halachische Midraschim Bearbeiten Die Halacha ist die Auslegung gesetzlicher Vorschriften im Judentum Dementsprechend behandeln halachische Midraschim ausschliesslich Texte der Tora insbesondere die biblischen Bucher Schemot hebraisch ש מו ת Namen 2 Buch Mose Exodus bis Devarim hebraisch ד ב ר ים Worte 5 Buch Mose Deuteronomium Wegen ihrer Entstehung in der tannaitischen Zeit werden die halachischen Midraschim auch tannaitische Midraschim genannt Folgende Werke mit einem textlichen Grundbestand aus tannaitischer Zeit zahlen zu den halachischen Midraschim Auswahl Mekhilta de Rabbi Jischmael Auslegungen zum Buch Exodus Endredaktion nach 250 Erstdruck Konstantinopel 1515 Sifra Auslegungen zum Buch Wajikra hebraisch ו י ק ר א Und er rief 3 Buch Mose Levitikus entstanden vermutlich nach 180 Sifra ס פ ר א aramaisch das Buch Lev war im altjudischen Schulsystem das erste Buch mit dem der Unterricht begann auch Torat Kohanim Lehre von den Priestern Priestergesetz oder auch Sifra dewe debe Rab Buch aus der Schule Rabs genannt halachischer tannaitischer Midrasch zu Leviticus Wajikra der ganz Leviticus Vers fur Vers oft sogar Wort fur Wort kommentiert Erstdruck Konstantinopel 1523 Konkordanz B Kosovsky Otsar Leschon ha Tannaim Sifra 4 Bde New York Jerusalem 1967 1969 die Entstehungszeit fur Sifra wird unterschiedlich diskutiert bis ins 6 Jahrhundert hinein datiert der Grundbestand des Textes ist jedenfalls aus tannaitischer Zeit Sifre Sifre Numeri Auslegungen zum Buch Bemidbar hebraisch ב מ ד ב ר In der Wuste 4 Buch Mose Numeri entstanden vermutlich nach 250 Sifre Deuteronomium Auslegungen zum Buch Deuteronomium Sifre aram die Bucher bzw Sifre dewe Raw Bucher aus der Schule Raws halachischer aber grosse haggadische Anteile Midrasch zu Numeri und Deuteronomium wohl aus der Schule Jischmaels Sifre Num bzw aus den Schulen Jischmaels und Akibas Sifre Dtn Sifre ursprunglich die Bezeichnung aller tannaitischen Pentateuchkommentare seit dem Mittelalter Name der Kommentare zu Num und Dtn kein einheitliches Werk sondern unterschiedliche Sammlungen in deutlich schlechterem Uberlieferungszustand als Mechilta oder Sifra Entstehungszeit nach 250 Sifre nicht zu verwechseln mit Sifre Zutta die kleinen Sifre auch Sifre Suta oder Sifre schel panim acherim halachischer Midrasch zu Bamidbar Numeri nur fragmentarisch uberliefert evtl der alteste halachische Midrasch zuruckgehend auf den erweiterten Kreis der Schule Rabbi Akibas Aggadische Midraschim Bearbeiten Nichtgesetzliche Auslegungen nennt das rabbinische Judentum Aggada auch Haggada Aggadische Midraschim dementsprechend haggadische Midraschim beschaftigen sich folglich mit den erzahlerischen Teilen der Bibel und werden auch als homiletisch bezeichnet Die wichtigsten Werke dieser Gattung Sammelbezeichnung fur all diese zum Teil vollig unterschiedlichen Werke Midrasch rabba der grosse Midrasch sind Bereschit Rabba Genesis Rabba GenRabba auch Bereschit de Rabbi Oschaja Baraita de Bereschit Rabba Auslegungsmidrasch zum Buch Genesis enthalt viele spatere Zusatze insbes die Auslegungen zum Jakobssegen entstanden im 5 Jahrhundert nicht zu verwechseln mit der mittelalterlichen Midrasch Kompilation Bereschit Rabbati die vermutlich aus dem 11 Jahrhundert stammtWajjiqra Rabba Levitikus Rabba LevRabba auch Haggadat Wajjiqra Haggada de Wajjiqra u a im Land Israel entstandener Homilienmidrasch zum Buch Leviticus enthalt eine grosse Sammlung von Sprichwortern der alteste homiletische Midrasch aus 37 Predigten bestehend die dem in Israels Synagogen ublichen dreijahrigen Lesezyklus folgen entstanden im 5 Jahrhundert Erstdruck Konstantinopel 1512Echa Rabbati Klagelieder Rabba KlglRabba Echa Rabbati Ekha Rabbati auch Megillat echa Megillat echa rabba Midrasch Threni Aggadat Ekha Rabbati Megillat Ekha Arukh Midrasch Qinot Midrasch Ekha Kommentar zum Buch Klagelieder entstanden im 5 Jahrhundert Endredaktion im 7 Jahrhundert enthalt gleich der biblischen Schrift 5 Kapitel und sammelt zahlreiche Traditionen und Legenden uber die beiden judischen Aufstande gegen Rom auch Darstellung des Martyriums der sieben makkabaischen Bruder die Pesiqta de Rav Kahana Pessikta de Raw Kahana PRK auch kurz Pesiqta Pesiqta Abschnitt Entscheidung genannt palastinische Predigtsammlung zu verschiedenen Schriftlesungen aus Tora oder den Propheten hier zu verschiedenen Festtagen und ausgezeichneten Sabbaten benannt nach Rabbi Kahana nicht der Verfasser sondern der zu Beginn Genannte der im 3 oder 4 Jahrhundert lebte die alteste Sammlung ihrer Art entstanden nach 300 am ehesten um die Mitte des 5 Jahrhunderts PRK eng verwandt mit LevRabba funf Paraschen gemeinsam Pesiqta Rabbati PesR auch Pesiqta gedola Pesiqta rabbeta Vermischtes palastinische Homiliensammlung zu verschiedenen Schriftlesungen verschiedene judische Feste und ausgezeichnete Sabbate betreffend die grosse genannt weil sie eine grossere Zahl von Homilien als die Pesiqta de Rav Kahana enthalt viele Teile des Textbestands wesentlich alter kein einheitliches Werk entstanden nach 500 Tanchuma Tanchuma bzw Jelammedenu Jelamdenu in Palastina nach dem 8 Jahrhundert entstandener nicht zur Midrasch Rabba Gruppe gezahlter popularer Homilien Midrasch und Gruppe solcher Midraschim zum ganzen Pentateuch die Bezeichnung Tanchuma stammt vom Amoraer Tanchuma bar Abba palastinischer Rabbine gegen Ende des 4 Jhds weil mehrere Homilien beginnen So hat Rabbi Tanchuma bar Abba eingeleitet Jelammedenu heisst der Midrasch nach der halachischen Einleitungsformel Jelammedenu rabbenu es lehre uns unser Meister es existieren divergierende Textuberlieferungen in deren Tradition auch DtnRabba gehort ebenso wie Teile von ExRabba NumRabba und Teile aus der PesR Pesiqta Rabbati Ausgaben BearbeitenE E Hallewy Midrasch Rabba Acht Bande Tel Aviv 1956 1963 Mose Arieh Mirkin Midrasch Rabba Elf Bande Yavnah Tel Aviv 1956 1967 Ubersetzung Harry Freedman Maurice Simon Hrsg Midrash Rabba Ins Englische ubersetzt Zehn Bande Soncino London 1939 z B Bd 1 Rabba Genesis Internet ArchiveSiehe auch BearbeitenMidrasch ha gadol Midrasch Aseret ha Dibrot deutsch Midrasch der Zehn Gebote nach 600 entstandene judische Schrift Beth Midrasch Pirqe de Rabbi Eliezer JalkutLiteratur Auswahl BearbeitenGunter Stemberger Einleitung in Talmud und Midrasch Beck Munchen 1992 ISBN 3 406 36695 3 Jacob Neusner Alan J Avery Peck Hrsg Encyclopedia of Midrash Brill Leiden 2005 ISBN 90 04 14166 9 Dina Stein Textual Mirrors Reflexivity Midrash and the Rabbinic Self University of Pennsylvania Press Philadelphia 2012 ISBN 978 0 8122 4436 6 Gerhard Langer Midrasch Mohr Siebeck Tubingen 2016 ISBN 978 3 8252 4675 4 Weblinks BearbeitenSusanne Talabardon Midrasch In Michaela Bauks Klaus Koenen Stefan Alkier Hrsg Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet WiBiLex Stuttgart 2006 ff abgerufen am 2 Oktober 2023 August Wunsche Bibliotheca Rabbinica Eine Sammlung alter Midraschim zum ersten Male ins Deutsche uebertragen Sechs Bande Otto Schulze Leipzig 1880 August Wunsche Kleine MIdraschim zur spateren legendarischen Literatur des Alten Testaments Funf Bande Pfeiffer Leipzig 1907 Aharon Varady A Historical Map of Jewish Liturgical Influence and Variation Open Siddur Project 2015Einzelnachweise Bearbeiten Gerhard Langer Midrasch UTB Band 4675 Mohr Siebeck Tubingen 2016 ISBN 978 3 8252 4675 4 S 19 37Normdaten Sachbegriff GND 4133700 1 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Midrasch amp oldid 238299704