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Die internationalen Patientensicherheitsziele engl International Patient Safety Goals abgekurzt IPSG sind ein Instrument zur Qualitatssicherung im Gesundheitswesen Die Ziele wurden von der Weltgesundheitsorganisation WHO und der US amerikanischen Nichtregierungsorganisation Joint Commission International JCI entwickelt um die Patientensicherheit bei der ambulanten und stationaren Behandlung zu optimieren Diese Ziele gelten weltweit und sollen von allen Leistungserbringern umgesetzt werden Dabei steht die laufende Verbesserung der Behandlungsqualitat im Vordergrund und das vorrangige Ziel alle medizinischen Leistungen ohne Behandlungsfehler auszufuhren Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Die Ziele 2 1 Korrekte Identifizierung des Patienten 2 2 Verbesserung der Wirksamkeit in der Kommunikation 2 3 Verbesserung der Sicherheit bei Hochrisikomedikamenten 2 4 Verbesserung der Sicherheit bei Operationen 2 5 Verringerung des Risikos von HCA Infektionen 2 6 Verringerung des Risikos von Sturzen 3 Umsetzung 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenDiese Ziele wurden formuliert da in bestimmten Bereichen der Gesundheitsversorgung weltweit vermehrt vermeidbare Probleme aufgetreten sind die teilweise zu einem schwerwiegenden Schaden der Patienten beigetragen haben Die Ziele sollen im Hinblick auf diese besonders haufigen Gefahren die Patientensicherheit gewahrleisten und einen gewissen Standard schaffen 1 Die Ziele BearbeitenDie sechs Ziele lauten 2 Korrekte Identifizierung des Patienten Verbesserung der Wirksamkeit in der Kommunikation Verbesserung der Sicherheit bei Hochrisikomedikamenten Verbesserung der Sicherheit bei Operationen Verringerung des Risikos von HCA Infektionen Verringerung des Risikos von SturzenKorrekte Identifizierung des Patienten Bearbeiten Durch das erste Patientensicherheitsziel sollen Patienten korrekt identifiziert und Verwechslungen ausgeschlossen werden Es sollen mindestens zwei Arten zur Identifikation des Patienten herangezogen werden wobei die Patientenzimmernummer oder andere Ortlichkeiten nicht geeignet sind Das Aktionsbundnis Patientensicherheit e V stellte fest dass technische Hilfsmittel wie Patientenarmbander Barcodes oder Radio Frequenzidentifikation RFID hilfreich sein konnen Der Nutzen von Patientenarmbandern ist in Zufallsstudien nicht bewiesen darum waren weitere Untersuchungen notig um den Einsatz dieser bewerten zu konnen Die britische National Patient Safety Agency NPSA empfahl bei der Nutzung von Patientenarmbandern dieses wahrend des ganzen stationaren Aufenthalts am dominanten Arm des Patienten anzubringen Ausserdem sollen der Patientennachname Vorname das Geburtsdatum und die Versicherungsnummer in dieser Reihenfolge auf dem Armband aufgetragen sein Die Schrift solle wegen der Lesbarkeit schwarz auf weissem Hintergrund sein und Patienten mit Risikofaktoren wie z B Allergien erhalten ein rotes Armband Ebenfalls um Verwechslungen zu vermeiden sollen Behalter fur Blut oder andere Proben in der Anwesenheit des Patienten etikettiert werden Die Verwendung von Barcodedruck oder Etikettierungssystemen senke die Zahl der Identifizierungsfehler signifikant Verwechslungen von Patienten fuhren bei Bluttransfusionen Biopsiebefunden o a zu gravierenden Folgen 3 Verbesserung der Wirksamkeit in der Kommunikation Bearbeiten Das zweite Patientensicherheitsziel soll eine verbesserte Kommunikation unter den Leistungserbringern hervorrufen Patienten und Schichtubergaben stellen ein Risikofaktor fur Fehler und Komplikationen durch mangelnde oder fehlerhafte Informationsweitergabe dar Der Joint Commission International zufolge entstehen 80 der schwer unerwunschten Ereignisse in Krankenhausern durch Ubergabefehler 4 Wissenschaftliche Forschungen von Annegret Hannawa belegten dieses Problem auch in weiteren Kontexten der medizinischen und pflegerischen Versorgung 5 6 7 8 Verbesserung der Patientensicherheit im Krankenhaus soll hier durch eine verbesserte Kommunikation und Teamwork erreicht werden Die Informationsweitergabe sollte beispielsweise durch technische Hilfsmittel wie Checklisten und Protokolle verbessert werden Checklisten sollten gewahrleisten dass notwendige Informationen nicht ubersehen werden und somit eine einheitliche Informationsweitergabe ermoglichen Ubergaben sollten immer strukturiert und organisiert vorgenommen werden Es wurde empfohlen eine einheitliche Dokumentation zwischen Operationssaal Aufwachraum und Station einzurichten um eine gleichbleibende Versorgung der Patienten zu gewahrleisten Ausserdem sollte die Informationsweitergabe mindestens uber zwei Medien stattfinden z B mundlich und als zweites Medium schriftlich oder elektronisch Der wissenschaftlich entwickelte SACCIA Leitfaden definiert nun funf kontextunabhangige Kernkompetenzen fur eine patientensichere Kommunikation in der pflegerischen 9 und medizinischen Praxis 10 11 12 Verbesserung der Sicherheit bei Hochrisikomedikamenten Bearbeiten Das Patientensicherheitsziel 3 befasst sich mit der Sicherheit von Hochrisikomedikamenten Verwechslungen und Medikationsfehler sollen verbessert werden Eine genaue Zahl von Medikationsirrtumern anzugeben ist jedoch nicht moglich da Medikationsfehler ohne schwere Konsequenzen kaum gemeldet werden Die Dunkelziffer scheint jedoch sehr hoch zu sein Um die Sicherheit bei Medikamenten zu verbessern soll die Qualitat der Produktkennzeichnung gesteigert werden Damit soll eine schnelle und zuverlassige Erfassung der Medikamente durch das Krankenhauspersonal erreicht werden 13 Ausserdem empfiehlt es sich nicht etikettierte Spritzen Tassen Schalen o a zu beschriften Auf Patienten welche gerinnungshemmende Medikamente einnehmen ist besonders zu achten Es gilt festzustellen und zu notieren welche Arzneimittel der Patient bisher eingenommen hat Diese Medikamente mussen mit den neu zu verordneten Medikamenten verglichen werden Anschliessend muss sichergestellt werden dass der Patient uber die richtige Einnahme seiner Medikamente Bescheid weiss Um die Medikationsfehler weiter einzuschranken sollen computerisierte Arzneimittelverordnungen eingefuhrt werden So lasse sich die Haufigkeit von unerwunschten Arzneimittelvorfallen um mehr als 50 reduzieren Verbesserung der Sicherheit bei Operationen Bearbeiten Das Patientensicherheitsziel 4 befasst sich mit der Verbesserung der Sicherheit bei Operationen im Detail bedeutet es dass die geplante Operation an der richtigen Stelle und mit dem richtigen Verfahren am richtigen Patienten durchgefuhrt wird Um dieses Ziel durchsetzen zu konnen sollte ein universelles Protokoll eingefuhrt werden um die Operation korrekt vorzubereiten Dieses sollte Richtlinien und Verfahren enthalten die einen einheitlichen Prozess gewahrleisten Hierbei wird unter anderem empfohlen den Patienten durch arztliche Aufklarung aktiv mit einzubinden damit dieser den Ablauf des Eingriffs nachvollziehen kann Eine zusatzliche Markierung des Eingriffsorts am wachen Patienten ist dabei auch hilfreich Vor dem Eingriff soll der Patient nochmals identifiziert werden und ausserdem sollte das komplette Operationsteam eine kurze Pause einlegen um jegliche Fehler zu vermeiden Bei diesem Ziel sollte vor allem beachtet werden dass alle benotigten Dokumente vollstandig sind und die Ausstattung fur die Operation sowohl griffbereit als auch funktionsfahig ist 14 15 Verringerung des Risikos von HCA Infektionen Bearbeiten Das Patientensicherheitsziel 5 behandelt die Verringerung des Risikos von nosokomialen Infektionen auch HCA Infektionen genannt engl Healthcare associated behandlungsassoziiert Sie werden erst als nosokomial bezeichnet wenn mit Sicherheit feststeht dass die Infektion wahrend des Krankenhausaufenthaltes eingetreten ist Hierbei ist eine fortlaufende Infektionskontrolle wichtig die die Pravention umfasst wozu unter anderem eine richtig erlernte Handedesinfektion des Krankenhauspersonals zahlt Das Erlernen findet mithilfe allgemein anerkannter Richtlinien zur Handhygiene statt die als Erinnerung gut sichtbar im Krankenhaus verteilt hangen sollten Zusatzlich kann das Aufstellen von Handedesinfektionsautomaten fur Patienten und Besucher von Vorteil sein Zu der Verringerung gehort auch die entsprechenden Leitlinien zu befolgen die Blutinfektionen Harnwegsinfektionen schwer zu behandelnde Infektionen und Infektionen nach Operationen vorbeugen konnen Zudem sollte bei der Erkennung einer solchen Infektion die Bekampfung und Verhinderung der Ausbreitung im Vordergrund stehen Verringerung des Risikos von Sturzen Bearbeiten Das Patientensicherheitsziel 6 befasst sich mit der Verringerung des Verletzungsrisikos der Patienten in Folge von Sturzen Um diese Verringerung zu erreichen sollte bei jedem Patienten das Sturzrisiko bewertet und bei gefahrdeten Personen eine Hilfsmittelversorgung Rollstuhl Krucken Assistenz durch das Pflegepersonal sichergestellt werden Andern sich die Bedingungen des Patienten nach einem Eingriff unter Vollnarkose einer Veranderung der Medikation oder ahnlichem sollte neu bewertet werden und wenn benotigt entsprechende Veranderungen durchgefuhrt werden Eine regelmassige Auswertung der Sturzrate und der Sturzfolgen hilft dabei Gefahren zu eliminieren und entsprechende Hilfsleistungen an benotigter Stelle zu schaffen Umsetzung BearbeitenIn Deutschland sind die Leistungserbringer gesetzlich zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualitat der von ihnen erbrachten Leistungen verpflichtet 135a SGB V Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt fur die vertragsarztliche Versorgung und fur zugelassene Krankenhauser durch Richtlinien die verpflichtenden Massnahmen der Qualitatssicherung einschliesslich der Mindestanforderungen an die Struktur Prozess und Ergebnisqualitat 136 Abs 1 SGB V Das Institut fur Qualitatssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen arbeitet im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses an Massnahmen zur Qualitatssicherung und zur Darstellung der Versorgungsqualitat im Gesundheitswesen 137a SGB V Auch in Osterreich sind die Gesundheitsleistungserbringer zur Einhaltung der Qualitatsstandards nach Massgabe des Gesundheitsqualitatsgesetzes GQG und zur Teilnahme an bundesweiten Qualitatssicherungsmassnahmen verpflichtet 16 17 In Landern wie den Vereinigten Staaten in denen es kein gesetzliches Qualitatsmanagement in der Medizin gibt und Vorgaben fur den Krankenhaussektor primar uber Akkreditierungen erfolgen ist die Einhaltung der Patientensicherheitsziele der JCI bei der freiwilligen Qualitatskontrolle der Krankenhauser besonders bedeutsam 18 Gleichwohl lassen sich auch deutsche Krankenhauser nach den Standards der JCI zertifizieren 19 Weblinks BearbeitenInternational Patient Safety Goals IPSG englisch Einzelnachweise Bearbeiten Patientensicherheitsziele Memento des Originals vom 10 Januar 2018 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot koblenz bwkrankenhaus de Website des Bundeswehrkrankenhauses Koblenz abgerufen am 10 Januar 2018 vgl Daniela Schriefl Die Pflegedokumentation auf der chronischen Hamodialyse 2015 S 23 f E Sebastian Debus Reinhart T Grundmann Julika Heilberger Good Clinical Practice in der Gefasschirurgie Springer Verlag GmbH 2017 Joint Commission confronts deadly miscommunications 22 Oktober 2010 abgerufen am 21 April 2021 englisch Jen Heng Pek Dirk Frans de Korne Annegret Friederike Hannawa Benjamin Siew Hong Leong Yih Yng Ng Dispatcher assisted cardiopulmonary resuscitation for paediatric out of hospital cardiac arrest A structured evaluation of communication issues using the SACCIA safe communication typology In Resuscitation Band 139 15 Juni 2019 S 144 151 doi 10 1016 j resuscitation 2019 04 009 elsevier com abgerufen am 21 April 2021 Annegret F Hannawa SACCIA Safe Communication Five core competencies for safe and high quality care In Journal of Patient Safety and Risk Management Band 23 Nr 3 28 Juni 2018 ISSN 2516 0435 S 99 107 doi 10 1177 2516043518774445 sagepub com abgerufen am 21 April 2021 Annegret Hannawa SACCIA Sichere Kommunikation De Gruyter 2018 ISBN 978 3 11 056269 9 doi 10 1515 9783110562699 html degruyter com abgerufen am 21 April 2021 Annegret Hannawa Gunther Jonitz Neue Wege fur die Patientensicherheit Sichere Kommunikation De Gruyter 2017 ISBN 978 3 11 053734 5 doi 10 1515 9783110537345 html degruyter com abgerufen am 21 April 2021 Annegret Hannawa SACCIA Sichere Kommunikation De Gruyter 2018 ISBN 978 3 11 056269 9 doi 10 1515 9783110562699 html degruyter com abgerufen am 21 April 2021 Annegret Hannawa Gunther Jonitz Neue Wege fur die Patientensicherheit Sichere Kommunikation De Gruyter 2017 ISBN 978 3 11 053734 5 doi 10 1515 9783110537345 html degruyter com abgerufen am 21 April 2021 SACCIA Safe Communication Abgerufen am 21 April 2021 amerikanisches Englisch Gute Kommunikation macht Behandlungen sicherer Abgerufen am 21 April 2021 Patientensicherheit bei der Anwendung von Medizinprodukten fordern Eindeutige Identifikation und jederzeit verfugbare Begleitinformationen gewahrleisten Handlungsempfehlung des Aktionsbundnisses Patientensicherheit Oktober 2017 F Reuther Vermeidung von Eingriffsverwechslungen Springer Verlag GmbH 2009 Peter Hensen Qualitatsmanagement im Gesundheitswesen Grundlagen fur Studium und Praxis Springer Gabler 2016 S 395 f 3 des Bundesgesetzes zur Qualitat von Gesundheitsleistungen Gesundheitsqualitatsgesetz GQG RIS abgerufen am 26 Juli 2020 Julia Alexandra Lex Zertifizierung von Krankenhausern als Wegweiser des Qualitatsmanagements Die Entwicklung des Qualitatsmanagement Systems unter Einhaltung der Standards der Joint Commission International am beispiel des LKH Villach Graz Januar 2016 Planungsrelevante Qualitatsindikatoren Konzept zur Neu und Weiterentwicklung Abschlussbericht Erstellt im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses Stand 21 Dezember 2018 S 30 vgl DRK Kliniken Berlin erneut von der Joint Commission International zertifiziert Management amp Krankenhaus 21 Dezember 2011 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Patientensicherheitsziele amp oldid 211172137