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Unter Optimalfilter engl matched filter versteht man in der Nachrichtentechnik ein Filter welches das Signal Rausch Verhaltnis engl signal to noise ratio SNR optimiert In der Literatur findet man auch haufig die Bezeichnungen Korrelationsfilter Signal angepasstes Filter SAF oder nur angepasstes Filter Das Optimalfilter dient zur optimalen Bestimmung des Vorhandenseins Detektion der Amplitude oder der Lage einer bekannten Signalform in Gegenwart von Storungen Parameterschatzung Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Problem und Aufgabenstellung 3 Mathematische Grundlagen 4 Ergebnis 5 Optimalfilter als Kleinste Quadrate Verfahren 6 Literatur 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDer Begriff matched filter wurde erstmals von John Hasbrouck Van Vleck und David Middleton 1946 im Journal of Applied Physics offentlich genannt 1 Die Autoren bezogen sich jedoch dort auch auf eine Arbeit von Dwight O North der 1943 zu einem gleichen Ergebnis kam aber einen anderen mathematischen Ansatz wahlte Dessen Arbeit wurde anfangs als geheim eingestuft und erst 1963 als Nachdruck veroffentlicht 2 Van Vleck und Middleton nutzten als Ansatz die schwarzsche Ungleichung North die Methode der kleinsten Quadrate 3 Problem und Aufgabenstellung BearbeitenIn Signalubertragungssystemen tritt immer das Problem auf dass das zu empfangende Nutzsignal z B das einzelne Datenbit einer Folge das Echosignal eines Radarsenders von einem mehr oder weniger grossen Storsignal uberlagert wird Dadurch wird die Erkennung des Nutzsignals im Empfanger erschwert Im normalen sogenannten Leistungs Empfanger wird das Unter oder Uberschreiten einer Amplitudenschwelle des empfangenen Signal Rauschgemischs als kein Signal oder Signal vorhanden gewertet Ist das Signal schwach besteht immer die Gefahr dass einzelne Nutzsignale nicht erkannt oder Storsignalspitzen falschlich als Nutzsignale interpretiert werden Es stellt sich deshalb die grundsatzliche Frage nach der Dimensionierung einer optimalen Filterstruktur des Empfangers das ein Nutzsignal im Rauschen moglichst gut filtert und somit die Fehlerwahrscheinlichkeit minimiert nbsp Die Abbildung zeigt ein nachrichtentechnisches System zur Ubertragung einer digitalen Sendedatenfolge welche links im Bild uber den Kanal mit additiven weissen gaussschen Rauschen englisch AWGN Channel ubertragen werden soll Der AWGN Channel stellt abstrakt einen mit weissem Rauschen gestorten Ubertragungskanal dar beispielsweise eine stark gestorte Funkstrecke Am Empfanger kommt dann das vor dem Matched Filter dargestellte stark mit Rauschen uberlagerte Empfangssignal an Darin ist die ursprungliche Sendesignalfolge nicht mehr erkennbar es kame bei direkter Auswertung dieses Signals zu massiven Fehlern Das stark gestorte Empfangssignal wird daher dem Matched Filter zugefuhrt der in seiner Impulsantwort optimal an die links dargestellte Sendeimpulseform angepasst ist Durch diese Anpassung ist es moglich dass am Ausgang des Filters ein Signal gewonnen werden kann das schon der ursprunglichen Sendesignalfolge etwas besser entspricht Durch eine dem Filter rechts aussen nachgeschaltete Abtaststufe und Requantisierung kann daraus eindeutig und mit minimaler Bitfehlerwahrscheinlichkeit die ursprungliche Bitfolge des Senders am Empfanger rekonstruiert werden Mathematische Grundlagen BearbeitenDie folgenden Betrachtungen gehen davon aus dass die Struktur des ausgesendeten Signals beim Empfanger bekannt ist Es ist dabei wichtig dass diese Annahme nicht bedeutet dass die ubermittelte Nachricht bekannt ist die Kenntnis der Zeitfunktion eines Datenbits sagt ja noch nichts aus uber die in einer Bitfolge ubermittelten Informationen Das zu erwartende zeitlich begrenzte Nutzsignal in dem genannten Sinne etwa eines einzelnen Bits oder des Echosignals eines Radarsystems sei s displaystyle s nbsp Es sei uberlagert von einem weissen Rauschsignal n displaystyle n nbsp mit einer spektralen Leistungsdichte N 0 displaystyle N 0 nbsp Die gesuchte optimale Filterstruktur sei durch ihre Antwortfunktion h displaystyle h nbsp auf einen Dirac Impuls gekennzeichnet Das Ausgangssignal eines solchen Filters zum Zeitpunkt t displaystyle t nbsp ist dann 1 y t s n h t s h t n h t g t n e t displaystyle y t s n h t s h t n h t g t n e t nbsp wobei g displaystyle g nbsp die Antwort des Filters auf das Nutzsignal s displaystyle s nbsp und n e displaystyle n e nbsp die Antwort des Filters auf das Storsignal n displaystyle n nbsp darstellen die jeweils durch die Faltungsoperation mit der Impulsantwort h displaystyle h nbsp des Filters entstehen g t s h t h t s t t d t displaystyle g t s h t int infty infty h tau s t tau d tau nbsp n e t n h t h t n t t d t displaystyle n e t n h t int infty infty h tau n t tau d tau nbsp Der erste Term g t displaystyle g t nbsp in 1 beschreibt offenbar den Nutzsignalanteil zum Zeitpunkt t displaystyle t nbsp der zweite Term n e t displaystyle n e t nbsp den Storsignalanteil zum Zeitpunkt t displaystyle t nbsp Als Kriterium fur die Sicherheit der Nutzsignalerkennung sei das Verhaltnis der Momentanleistungen von Nutz und Storsignalanteil zu einer Zeit T displaystyle T nbsp vorausgesetzt zu diesem Zeitpunkt soll das Filterausgangssignal abgetastet und die Entscheidung uber ein etwa vorhandenes Nutzsignal getroffen werden Je grosser der Nutzsignalanteil gegenuber dem Storsignalanteil am Filterausgang ist desto grosser wird offenbar die Erkennungswahrscheinlichkeit sein Die Leistung des Nutzsignalanteils zum Zeitpunkt T displaystyle T nbsp ist S g 2 T displaystyle S g 2 T nbsp Fur die Storleistung gilt mit dem Parsevalschen Theorem 2 N N 0 h 2 t d t displaystyle N N 0 int infty infty h 2 t dt nbsp Das Verhaltnis S N displaystyle S N nbsp wird also 3 S N h t s T t d t 2 N 0 h 2 t d t displaystyle frac S N frac int infty infty h tau s T tau d tau 2 N 0 int infty infty h 2 t dt nbsp Die Energie E displaystyle E nbsp des zeitbegrenzten Nutzsignals ist zeitinvariant es kann also geschrieben werden 4 E s 2 t d t s 2 T t d t displaystyle E int infty infty s 2 t dt int infty infty s 2 T tau d tau nbsp Wird 3 mit 4 erweitert ergibt sich ein Ausdruck 5 S N E N 0 h t s T t d t 2 h 2 t d t s 2 T t d t displaystyle frac S N frac E N 0 frac int infty infty h tau s T tau d tau 2 int infty infty h 2 tau d tau int infty infty s 2 T tau d tau nbsp Der rechte Teil des Bruchs kann als Quadrat des Korrelationsfaktors r displaystyle rho nbsp zwischen der Antwortfunktion h t displaystyle h t nbsp des gesuchten Filters und der Signalfunktion s t displaystyle s t nbsp interpretiert werden 1 r 1 displaystyle 1 leq rho leq 1 nbsp 6 S N E N 0 r h s 2 displaystyle frac S N frac E N 0 rho hs 2 nbsp Ergebnis BearbeitenDas Verhaltnis S N displaystyle frac S N nbsp genannt Signal Rausch Verhaltnis oder Signal Rausch Abstand wird dann maximal wenn r 1 displaystyle rho pm 1 nbsp ist wenn also gilt h t k s T t displaystyle h t k cdot s T t nbsp k displaystyle k nbsp beliebige Konstante Daraus folgt die wesentliche Aussage Um eine maximale Erkennungssicherheit des Nutzsignals im Rauschen zu erhalten muss die gesuchte Impulsantwort h t displaystyle h t nbsp des optimalen Filters gleich der zeitgespiegelten ruckwarts laufenden Nutzsignalfunktion s t displaystyle s t nbsp sein angepasstes Filter Im rauschfreien Fall wurde an dieses Filter als Antwort auf das Nutzsignal der Dauer T displaystyle T nbsp dessen Autokorrelationsfunktion erscheinen und zum Zeitpunkt T displaystyle T nbsp also gerade dann wenn die gesamte Energie des Signals in das Filter eingelaufen ist dessen Maximalwert abgetastet werden Im Fall der Anwendung des Optimalfilters wird also im Gegensatz zum oben erwahnten Leistungsempfang im Empfanger nicht die Signalform selbst ausgewertet was ja auch uberflussig ist da sie als bekannt vorausgesetzt wurde sondern dessen Autokorrelationsfunktion deshalb auch die Bezeichnung als Korrelationsfilter Diese Tatsache lasst eine weitere Realisierung des Optimalempfangs zu Im Empfanger kann auch der vollstandige Vorgang der Korrelation realisiert werden das heisst eine Multiplikation des ankommenden Signal Storgemischs mit der am Ort des Empfangers ja bekannten Nutzsignalfunktion und anschliessende Integration und Abtastung Das empfiehlt sich jedoch nur dann wenn der Erwartungszeitpunkt des Nutzsignals bekannt ist Eine weitere wesentliche Erkenntnis aus der Optimalfilterbedingung ist die zunachst erstaunliche Tatsache dass allein die Energie des ankommenden und damit auch des gesendeten Nutzsignals den Wert S N displaystyle S N nbsp und damit die Erkennungsicherheit bestimmt allerdings eben nur wenn auch tatsachlich ein Optimalfilter eingesetzt wird Zeitverlauf Frequenzspektrum Signalbandbreite oder andere Parameter konnen ohne Verletzung der Optimalbedingung nach Notwendigkeit des Ubertragungssystems frei gewahlt werden Auf Grund dieser Aussage ist es beispielsweise moglich anstelle eines leistungsbegrenzten schmalen Einzelimpulses in einem Radarsystem einen viel breiteren und deshalb trotz geringerer Leistung energiereicheren Sendeimpuls mit einer internen zeitabhangigen Modulation zu verwenden sofern nur dessen Autokorrelationsfunktion ein einziges schmales Maximum und schnell abklingende Werte jenseits t 0 displaystyle tau 0 nbsp aufweist Dieses fuhrt zu dem Pulskompressionsverfahren welches in vielen Radargeraten eingesetzt wird Optimalfilter als Kleinste Quadrate Verfahren BearbeitenDas Optimalfilter kann auf verschiedene Arten hergeleitet werden 4 es stellt aber insbesondere auch einen Spezialfall eines Kleinste Quadrate Verfahrens dar Damit lasst sich das Optimalfilter auch als ein Maximum Likelihood Verfahren englisch ML estimation im Zusammenhang mit Gaussschem Rauschen und der entsprechenden Whittle Likelihood interpretieren 5 Wenn das ubertragene Signal keine unbekannten Parameter wie z B Ankunftszeit Amplitude Phase hatte dann wurde dem Neyman Pearson Lemma zufolge das Optimalfilter bei Gaussschem Rauschen die Fehlerwahrscheinlichkeit minimieren Da das Signal in aller Regel aber unbekannte zu schatzende Parameter hat stellt das Optimalfilter als ML Detektionsstatistik eine verallgemeinerte Likelihood Quotienten Teststatistik dar Hieraus folgt insbesondere dass die Fehlerwahrscheinlichkeit im Sinne von Neyman und Pearson 6 nicht notwendigerweise minimal ist 7 Bei der Konstruktion eines Optimalfilters wird ausserdem von einem bekannten Rausch Spektrum ausgegangen Tatsachlich wird das Spektrum allerdings in aller Regel aus entsprechenden Daten geschatzt ist tatsachlich also nur mit begrenzter Prazision bekannt 8 Das Optimalfilter lasst sich fur den Fall eines nur ungenau bekannten Spektrums zu einem iterativen Verfahren verallgemeinern 9 Literatur BearbeitenJens Rainer Ohm Hans Dieter Luke Signalubertragung Grundlagen der digitalen und analogen Nachrichtenubertragungssysteme 10 Auflage Springer Berlin 2007 ISBN 3 540 69256 8 P M Woodward Probability and information theory with applications to radar Pergamon Press London 1953 Einzelnachweise Bearbeiten Van Vleck J H D Middleton A Theoretical Comparison of the Visual Aural and Meter Reception of Pulsed Signals in the Presence of Noise Journal of Applied Physics Band 17 Heft 11 Nov 1946 Seiten 940 971 D O North Analysis of the factors which determine signal noise discrimination in radar In Report PPR 6C RCA Laboratories Princeton NJ 1943 Nachdruck D O North An Analysis of the factors which determine signal noise discrimination in pulsed carrier systems In Proceedings of the IEEE Band 51 Nr 7 1963 S 1016 1027 E T Jaynes Probability theory The logic of science Cambridge University Press Cambridge 2003 Kapitel 14 6 1 The classical matched filter Mervin C Budge Shawn R German Basic Radar Analysis Artech House Publishers 2015 ISBN 9781608078783 Chapter 7 S 183 G L Turin An introduction to matched filters In IRE Transactions on Information Theory Band 6 Nr 3 Juni 1960 S 311 329 doi 10 1109 TIT 1960 1057571 N Choudhuri S Ghosal Roy A Contiguity of the Whittle measure for a Gaussian time series In Biometrika Band 91 Nr 4 2004 S 211 218 doi 10 1093 biomet 91 1 211 J Neyman E S Pearson On the problem of the most efficient tests of statistical hypotheses In Philosophical Transactions of the Royal Society of London Series A Band 231 1933 S 289 337 doi 10 1098 rsta 1933 0009 A M Mood F A Graybill D C Boes Introduction to the theory of statistics 3 Auflage McGraw Hill New York P D Welch The use of Fast Fourier Transform for the estimation of power spectra A method based on time averaging over short modified periodograms In IEEE Transactions on Audio and Electroacoustics AU 15 Nr 2 Juni 1967 S 70 73 doi 10 1109 TAU 1967 1161901 C Rover Student t based filter for robust signal detection In Physical Review D Band 84 Nr 12 Dezember 2011 S 122004 doi 10 1103 PhysRevD 84 122004 arxiv 1109 0442 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Optimalfilter amp oldid 234363469