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Als Nedelin Katastrophe wird der grosste offiziell bekannte Raketenunfall bezeichnet Bei diesem Unfall starben am 24 Oktober 1960 durch die Explosion einer militarischen Interkontinentalrakete auf dem sowjetischen Weltraumbahnhof Baikonur 126 Menschen nach manchen Quellen auch mehr Verantwortlich fur diese Katastrophe war Mitrofan Nedelin Hauptmarschall der Artillerie der Chef der strategischen Raketentruppen Er kam selbst bei dieser Katastrophe ums Leben Denkmal in Baikonur Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Ablauf der Katastrophe 3 Konsequenzen 4 Literatur 5 Film 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseVorgeschichte Bearbeiten nbsp Michail Jangel nbsp Nikita ChruschtschowDie Rakete R 16 die erste militarisch verwendbare interkontinentale ballistische Rakete der Sowjetunion war eine Konstruktion von Michail Jangel Ihre Entwicklung und Erprobung stand unter erheblichem Zeitdruck denn der Start sollte aus Propagandagrunden zum Jahrestag der Oktoberrevolution erfolgen Parteichef Chruschtschow war begeistert als ihm das Konzept der Rakete im Sommer 1959 vorgestellt worden war denn damit konnte er gegenuber der Weltoffentlichkeit in einer beispiellosen Geste die Truppenstarke der Sowjetarmee um 1 2 Millionen Mann reduzieren andererseits diese Reduktion jedoch durch die Stationierung von Interkontinentalraketen ausgleichen Dies fuhrte auch zur Aufstellung der Sowjetischen Strategischen Raketentruppen RWSN die unabhangig von den anderen Teilstreitkraften der Sowjetarmee arbeiteten und Nedelin unterstellt wurden Am 24 Oktober 1960 wollte Nedelin den ersten erfolgreichen Start der R 16 in Baikonur beobachten Er trieb deshalb an den vorhergehenden Tagen die Arbeiten voran und liess zahlreiche Sicherheitsvorkehrungen umgehen obwohl die Rakete noch in der Testphase und die Arbeiten noch lange nicht abgeschlossen waren Die R 16 wurde am 22 Oktober 1960 mit 124 Tonnen Treibstoff aus den hypergolischen Komponenten UDMH und Salpetersaure betankt Salpetersaure ist ein ausserst aggressiver Stoff so dass Raketen die nach dem Betanken wieder enttankt worden sind anschliessend zur Inspektion ins Herstellerwerk gebracht werden mussen Ablauf der Katastrophe Bearbeiten nbsp R 16 nbsp Nur mehr der Orden Held der Sowjetunion wurde gefundenDie Startvorbereitungen wurden am 23 Oktober wegen Problemen mit der Elektronik zunachst abgebrochen mussten aber auf Befehl Nedelins wieder aufgenommen werden Am 24 Oktober um 19 30 Uhr sollte der Start erfolgen Vermutlich um die berechtigten Sicherheitsbedenken seiner Untergebenen wegen eines Treibstofflecks zu zerstreuen und Druck auf sie auszuuben platzierte sich Nedelin am 24 Oktober gegen 18 40 Uhr demonstrativ acht Meter von der Rakete entfernt auf einem Stuhl 1 Andere Militarangehorige und Techniker sahen sich dadurch gezwungen den sicheren Bunker zu verlassen und sich neben ihn zu stellen Die autonome bordeigene Energieversorgung war bereits aktiviert und ein Teil der Pyromembranen im Treibstoffsystem geoffnet da sich der vorhergehende Abbruch innerhalb der Ein Stunden Bereitschaft ereignet hatte Zum Zunden der Rakete war nur noch ein Drehschalter zu betatigen der sich zu diesem Zeitpunkt wegen eines vorhergegangenen Tests in der Position Nach Start befand Ein Mitarbeiter versuchte den Schalter auf die Position Vor Start zu bringen und passierte dabei die Schalterstellung Manuelles Zunden der zweiten Stufe Wahrend einer normalen Startvorbereitung ware die Stromversorgung der Rakete abgeschaltet und der Schaltvorgang ohne Wirkung gewesen Verhangnisvollerweise fuhrte dies aber nun zur unbeabsichtigten Aktivierung eines elektropneumatischen Ventils WO 7 das zur Regulierung des Drucks der Startbehalter diente 2 Jetzt zundete das Marschtriebwerk der zweiten Stufe Es zerriss die Tanks der darunterliegenden ersten Stufe Das UDMH und die Salpetersaure vermischten sich und es kam zu einer Explosion in deren Folge innerhalb von 90 Sekunden 124 Tonnen Treibstoff verbrannten 1 In ersten Zeitungsberichten war Anfang der 1990er Jahre von 126 Toten darunter 57 hohen Militars die Rede Der Kommandant des Kosmodroms Baikonur Generalleutnant Alexei Schumilin nannte angeblich im Februar 1997 anlasslich der deutsch russischen Weltraummission Mir 97 die Zahl 154 Es gibt aber noch andere Behauptungen die zwischen 92 und 200 Todesopfern schwanken Von Nedelin der sich unmittelbar neben der Rakete befunden hatte wurden nur die Uberreste seines Ordens Held der Sowjetunion und Uniformteile gefunden Unter den Todesopfern waren neben Nedelin auch namhafte Wissenschaftler wie Jangels Stellvertreter Berlin und Konzewoi sowie Firsow der Chefkonstrukteur des Charkower OKB 692 Boris Konopljow der stellvertretende Vorsitzende des Staatlichen Komitees der UdSSR fur Verteidigungstechnik Lew Grischin und der stellvertretende Kommandant des Startplatzes Nossow Als Ursache des Unglucks werden unsachgemasse Handhabung der defekten und bereits betankten Rakete unter Zeitdruck und wesentlich beschleunigte Zeitplane angenommen Entgegen dem vorliegenden technischen Plan waren die Reparaturarbeiten auf ausdrucklichen Befehl Nedelins bei aktiviertem Bordenergiesystem erfolgt Die Untersuchungskommission verzichtete jedoch auf eine offizielle personliche Schuldzuweisung Der Tod zahlreicher Spezialisten und der Verlust des Startplatzes verzogerten den geplanten Fortgang des sowjetischen Raketenprogramms so dass die R 16 erst drei Monate spater im Februar starten konnte 3 Konsequenzen Bearbeiten nbsp Leonid Breschnew liess die Katastrophe untersuchen Uber die Ereignisse verhangte Ministerprasident Chruschtschow absolute Geheimhaltung Es wurde ausserdem eine Untersuchungskommission unter der Leitung von Leonid Breschnew eingesetzt um die Ereignisse vor Ort zu untersuchen und die Grunde fur das Ungluck zu recherchieren Die Kommission fand unter anderem heraus dass sich uber 250 Personen in der Nahe der Startrampe aufgehalten hatten also viel mehr als notwendig gewesen waren Die meisten von ihnen hatten sich zu diesem Zeitpunkt in Sicherheitsbunkern befinden sollen Da die Moral der Raketenspezialisten nach dem Ungluck durch den Tod der vielen Kameraden stark belastet war und die gesteckten Ziele mit den Verbliebenen moglichst schnell erreicht werden sollten wurde in der Folge niemand direkt zur Verantwortung gezogen Der Konstrukteur der Rakete Michail Jangel uberlebte das Ungluck unverletzt Er hatte sich zum Zeitpunkt der Explosion gemeinsam mit Kollegen ausserhalb des Gefahrenbereichs in einer Raucherzone befunden Eine der wenigen noch beachteten Sicherheitsmassnahmen das Rauchverbot in der Nahe der Rakete rettete ihm das Leben Am Ort der Katastrophe steht heute eine Gedenktafel die vor jedem Start traditionell von den Funktionaren besucht wird 3 Literatur BearbeitenNikita Khrushchev And the Creation of a Superpower Pennsylvania State University Press 2000 ISBN 0 271 01927 1 Harford James Korolev How One Man Masterminded the Soviet Drive to Beat America to the Moon John Wiley amp Sons Inc New York 1997 pp 119 120 ISBN 0 471 32721 2 Matthias Grunder SOS im All Pannen Probleme und Katastrophen der bemannten Raumfahrt Schwarzkopf amp Schwarzkopf 2001 ISBN 3 89602 339 XFilm BearbeitenMartin Hubner Das Inferno von Baikonur Dokumentarfilm aus der ARD Sendereihe Protokoll einer Katastrophe Deutschland MDR 2003 Weblinks Bearbeitenrussianspaceweb Nedelin Katastrophe englisch Nedelin KatastropheEinzelnachweise Bearbeiten a b Bernd Leitenberger Schlamperei in der Raumfahrt In bernd leitenberger de Abgerufen am 2 April 2021 Technischer Befund der Kommission zur Aufklarung der Ursachen der Katastrophe mit dem Gerat 8K64 Nr LD1 ST wahrend seiner Vorbereitung zum Start durch das Truppenteil 11284 am 24 Oktober 1960 a b Giles Sparrow Abenteuer Raumfahrt 50 Jahre Expeditionen ins All Hrsg Bernhard Abend Dorling Kindersley Munchen 2007 ISBN 978 3 8310 1089 9 S 64 f englisch Spaceflight London 2007 Ubersetzt von Burkhard Schafer Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nedelin Katastrophe amp oldid 235814792