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Der altbabylonische Begriff Naditum auch Naditu bezeichnet eine Gruppe von Frauen besonderer Rechtsstellung in der altorientalischen Gesellschaft des fruhen 2 Jahrtausends vor Christus Es handelt sich nach gegenwartigem Forschungsstand dabei um in Klausur lebende zur Keuschheit verpflichtete Frauen denen wohl eine kultische Funktion im Umfeld des Samas Sippar und des Marduk Babylon zukam die besonders jedoch durch ihren Rechtsverkehr bekannt sind Inhaltsverzeichnis 1 Quellen und Etymologie 2 Soziale Herkunft 3 Gesellschaftliche Stellung 3 1 Marduk Naditum 4 Literatur 5 EinzelnachweiseQuellen und Etymologie BearbeitenDer Begriff erscheint prominent im Codex Hammurapi welcher vor allem eine Art von Aussteuer sowie Verpflichtungen von Familienmitgliedern einer Naditum zur Versorgung selbiger festlegt Daneben existiert jedoch auch eine Vielzahl altbabylonischer Privatrechtsurkunden in welchen diese Frauen als Vertragspartner bei Transaktionen und sehr oft als Glaubiger auftreten Das gebrauchliche Sumerogramm fur Naditum ist lukur eine Ligatur der Zeichen SAL und ME die in etwa mit keusche Frau ubersetzt werden konnen 1 Aus Worterlisten geht hierfur als weitere Ubersetzungsmoglichkeit auch das akkadische Wort qadistum hervor Naditum kann auf eine Wurzel nadu zuruckgefuhrt werden die aus dem Kontext der Landwirtschaft stammt und dort das brach liegen Lassen eines Feldes beschreibt 2 Lange Zeit wurde in der Forschung angenommen dass die Naditum im Kontext einer Tempel Prostitution zu sehen sei was vor allem auf spatbabylonischen Worterlisten beruhte wo fur Naditum die Termini samuktum und uppustum angegeben wurden die eindeutig mit der Prostitution in Verbindung zu bringen sind Angesichts der Etymologie des Begriffes durfte diese spate Gleichsetzung jedoch nicht dem tatsachlichen Status einer Naditum entsprechen sondern eher auf der Unkenntnis dieser uber 1 000 Jahre spater lebenden Schreiber beruhen Als Wohnort fur die Naditum wird regelmassig der Begriff gagu verwendet der eine Art von abgegrenztem Wohnbezirk bezeichnet und so in Opposition zum so genannten kidu steht der ubrigen Welt 3 Soziale Herkunft BearbeitenZur familiaren Abstammung der Naditum ist bezeugt dass sich unter ihnen Prinzessinnen sowie Tochter hoher Beamter und hoher Militars befanden Da aus den sozial niedriger gestellten Schichten generell die schriftlichen Quellen fehlen kann nicht ausgeschlossen werden dass auch Angehorige anderer Schichten Naditum werden konnten Viele der bekannten Frauen dieses Status wurden sehr alt was wohl in ursachlichem Zusammenhang mit ihrer Kinderlosigkeit aber auch dem Leben in Klausur geschutzt vor Epidemien zu sehen ist 4 Reiche Familien ubergaben ihre Tochter vermutlich vor allem aus wirtschaftlichen Interessen dem gagu Hierzu gehorte insbesondere die Integritatssicherung des Familieneigentums So erhielt die Naditum bei ihrer Initiation zwar eine Mitgift da sie kinderlos blieb und somit auch keine mannlichen Erben hatte fielen ihre Besitztumer nach ihrem Tod dann jedoch wieder zuruck an die Familie Ob es auch religiose Motivationen zum Eintritt in das gagu gab ist aus den Quellen hingegen nicht ersichtlich Gesellschaftliche Stellung BearbeitenDie Naditum war offiziell eine Adoptivtochter des Samas stand jedoch dessen Frau Aja wohl naher 5 Sie wurde vom gagu als Vertretung des Sonnengottes adoptiert und dann in einer taru genannten Feier offiziell initiiert Dieser Begriff ist auch in Eheurkunden belegt die zudem zeigen dass es in altbabylonischer Zeit ublich war die kunftige Schwiegertochter zunachst zu adoptieren und ein Jahr in der eigenen Familie leben zu lassen bevor es zur formellen Eheschliessung mit dem Sohn kam 6 Ob der Aufnahme in das gagu ein Noviziat vorausging ist nicht klar Dafur spricht jedoch dass viele Naditum ein theophores Element im Namen tragen was vermuten lasst dass eine junge Frau beim Eintritt in das gagu ihren Namen anderte es sind jedoch auch Frauen mit solchen theophoren Elementen in Privathaushalten bekannt die vielleicht als Novizinnen noch nicht im gagu leben 7 Die Aufnahme in das gagu erfolgte dann jedoch auf Lebenszeit 8 Da eine Naditum keinen eigenen Nachwuchs erwarten konnte das gagu fur alte Naditum jedoch auch nicht aufkam mussten diese Frauen selbstandig fur ihr Alter vorsorgen Aus diesem Kontext stammen sehr viele Rechtsurkunden auf die sich die heutigen Kenntnisse stutzen Demnach besassen die Naditum innerhalb des gagu ein eigenes Haus und sehr oft einen Sklaven der gegen die Verpflichtung zur Versorgung im Alter auch manumittiert und adoptiert werden konnte Haufig besassen sie auch Landereien die sie verpachten konnten Da hierzu jedoch nur sehr wenige Verkaufsurkunden existieren wird vermutet dass Naditum hier zwar ein Niessbrauchrecht besassen das Verfugungsrecht jedoch bei ihrer Familie verblieb Marduk Naditum Bearbeiten Fur die Naditum des Marduk in Babylon ist bekannt dass sie auch Ehen eingehen durften obgleich auch sie kinderlos bleiben mussten Ehen mit einer Naditum wurden gesellschaftlich hoch angesehen und waren oft mit wirtschaftlichen Begunstigungen verbunden Gegenuber ihrem Ehemann hatte die Naditum gewisse Rechte und Pflichten die im Codex Hammurapi festgeschrieben waren So musste sie ihrem Mann eine Sklavin fur die Zeugung von Nachwuchs zur Verfugung stellen konnte ihm dann und nur dann aber das Eingehen einer weiteren Ehe mit einer Frau des so genannten sugitum Standes verbieten 144 CH In jedem Fall musste jedoch ihre Vorrangstellung gewahrt bleiben unabhangig von moglichem Nachwuchs ihres Mannes mit einer anderen Frau 145 f CH Relativ haufig sind dementsprechend Adoptionsurkunden der Naditum gegenuber Tochtern ihres Ehemannes mit ihren Sklavinnen Ob diese Kinder tatsachlich aus einer solchen Verbindung hervorgingen oder ob dies ein Mittel zur Umgehung sozialer Normen war muss aufgrund der Quellenlage bislang Spekulation bleiben Literatur BearbeitenRivkah Harris Biographical Notes on the naditu Women of Sippar In Journal of Cuneiform Studies Band 16 Nr 1 1962 S 1 12 JSTOR 1359426 Rivkah Harris The naditu woman In Robert D Biggs John A Brinkman Hrsg Studies presented To A Leo Oppenheim June 7 1964 Oriental Institute of the University of Chicago Chicago IL 1964 S 106 135 online Rivkah Harris Ancient Sippar A demographic study of an Old Babylonian city 1894 1595 B C Uitgaven van het Nederlands Historisch Archeologisch Instituut te Istanbul 36 ISSN 0926 9568 Nederlands Historisch Archaeologisch Instituut te Istanbul Istanbul 1975 S 305 ff Elizabeth C Stone The Social Role of the Naditu Women in Old Babylonian Nippur In Journal of the Economic and Social History of the Orient Band 25 Nr 1 1982 ISSN 0022 4995 S 50 70 JSTOR 3632034 Einzelnachweise Bearbeiten Rivkah Harris The naditu woman In Robert D Biggs u a Hrsg Studies presented to A Leo Oppenheim 1964 S 106 135 hier S 106 Rivkah Harris The naditu woman In Robert D Biggs u a Hrsg Studies presented to A Leo Oppenheim 1964 S 106 135 hier S 107 108 Rivkah Harris The naditu woman In Robert D Biggs u a Hrsg Studies presented to A Leo Oppenheim 1964 S 106 135 hier S 108 Rivkah Harris The naditu woman In Robert D Biggs u a Hrsg Studies presented to A Leo Oppenheim 1964 S 106 135 hier S 123 124 Rivkah Harris The naditu woman In Robert D Biggs u a Hrsg Studies presented to A Leo Oppenheim 1964 S 106 135 hier S 112 Rivkah Harris The naditu woman In Robert D Biggs u a Hrsg Studies presented to A Leo Oppenheim 1964 S 106 135 hier S 116 Rivkah Harris The naditu woman In Robert D Biggs u a Hrsg Studies presented to A Leo Oppenheim 1964 S 106 135 hier S 114 Rivkah Harris The naditu woman In Robert D Biggs u a Hrsg Studies presented to A Leo Oppenheim 1964 S 106 135 hier S 122 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Naditum amp oldid 208591416