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Miroslav Karny 9 September 1919 in Prag 9 Mai 2001 ebenda war ein tschechischer Historiker und Holocaust Forscher Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Prag 1 2 Theresienstadt 1 3 Nach dem Zweiten Weltkrieg 2 Historische Forschungen 2 1 Deutsche Juden in Theresienstadt 3 Schriften 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenMiroslav Karny der aus einer assimilierten judischen Familie stammte absolvierte in seiner Geburtsstadt nach der Grundschule das Akademische Gymnasium und begann an der Karls Universitat Prag das Studium der Philosophie der tschechischen Sprache und der Geschichte Prag Bearbeiten Mitte der 1930er Jahre begann Karny seine politische Arbeit Er gehorte zur Redaktion des linksorientierten Magazins Mlada kultura und war seit 1936 Mitglied der Internationalen Liga fur Menschenrechte Ein Jahr spater trat er der Kommunistischen Partei bei Nach der Besetzung Bohmens und Mahrens und der Bildung des Protektorat Bohmen und Mahren im Jahr 1939 durch das Deutsche Reich konnte Karny sein gerade begonnenes Studium nicht fortsetzen da die tschechischen Hochschulen nach einem Studentenstreik von den Deutschen geschlossen wurden Er arbeitete in der Landwirtschaft und schloss sich einer Widerstandsorganisation an Am 24 November 1941 wurde Karny zusammen mit 341 anderen Haftlingen des Aufbaukommandos Transport Ak I nach Theresienstadt deportiert 1 Er arbeitete dort zunachst beim Transportdienst spater u a bei der Feuerwehr und vom Fruhjahr 1942 an bei der Wasserversorgung Theresienstadt Bearbeiten Politisch arbeitete Karny in Theresienstadt fur die illegale kommunistische Jugend Nachweisen kann man dass er zu denen gehort hat die im Rahmen der sog Freizeitgestaltung der Haftlinge sich an deren Bildungsprogrammen beteiligten und dass er Vortrage uber historische Themen gehalten hat von diesen sind wenigstens einige Titel uberliefert so zum Beispiel Bruchstucke aus der Weltgeschichte 30 12 1943 Die Ottonen 1 3 1944 Das Zeitalter der Entdeckungen 14 3 1944 Die Kreuzzuge 15 3 1944 Es konnte allerdings auch sein dass diese Titel nur zur Tarnung konspirativer Zusammenkunfte der Widerstandsgruppe der jungen Kommunisten im Ghetto gedient haben 2 In dieser Gruppe lernte Karny Margita Krausova kennen und heiratete sie 1944 noch in Theresienstadt Mit den Herbsttransporten 1944 wurde Karny in das KZ Auschwitz Birkenau deportiert sein Bruder Zdenek wurde von der Rampe weg in die Gaskammer geschickt Wenig spater kam er als KZ Haftling in das KZ Aussenlager Kaufering III des KZ Dachau und wurde als einer der Uberlebenden im April 1945 auf einem Todesmarsch nach Dachau getrieben der mit der Befreiung durch die US Army in Munchen Allach endete Nach dem Zweiten Weltkrieg Bearbeiten Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Karny von 1945 als Redakteur des Zentralorgans der Tschechischen Kommunistischen Partei Rude pravo 1951 verlor im Zusammenhang mit dem Slansky Prozess diesen Posten Er wurde verdachtigt hochverraterische Kontakte zu einem US amerikanischen Agenten zu unterhalten und aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen Bis 1958 arbeitete er fur die Betriebszeitung der Vereinigten Stahlwerke in Kladno und danach fur die Parteizeitung Svoboda in Mittelbohmen Seine Arbeit als Chefredakteur wurde als sehr erfolgreich eingeschatzt so dass ihn Alexander Dubcek 1967 in das Zentralkomitee der Partei holte und ihn zum Leiter der Presseabteilung machte Nach dem Einmarsch der Warschauer Pakt Truppen im August 1968 wurde Karny wieder aus der Partei ausgeschlossen und von seinem Redakteursposten entfernt Bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1974 arbeitete er im reprographischen Zentrum eines Beratungsinstituts in Prag Von da an widmete er sich zusammen mit Frau Margita historischen Forschungen und der Publikation der Ergebnisse Ein Auftrag des Judischen Museums Prag uber den nationalsozialistischen Judenmord in Bohmen und dessen Veroffentlichung in dessen Zeitschrift Judaica Bohemiae begrundete den Ruf Karnys als Historiker Historische Forschungen BearbeitenVier Schwerpunkte hatte die Arbeit von Karny die Wirtschaftspolitik namentlich der SS die Protektoratspolitik der deutschen Eroberer die Barbarei der sog Endlosung mit der grauenhaften Erfahrung von Birkenau und die Geschichte des Ghettos Theresienstadt 2 Um seinem Werk Wirkung zu verschaffen hat Karny zahlreiche Beitrage publiziert und Foren und Publikationen genutzt Von ihm initiiert wurde 1994 z B das Jahrbuch Theresienstadter Studien und Dokumente das sowohl in einer deutschsprachigen als auch in einer tschechischsprachigen Ausgabe im Verlag des Instituts Theresienstadter Initiative erschien Die letzte Ausgabe erschien mit dem Band 2008 im Jahr 2009 Ein Werk hat Karny nicht mehr zu Ende bringen konnen das er zusammen mit Margita Karna schon vor Jahren begonnen hatte das Kalendarium der Ereignisse in Theresienstadt eine tagliche Chronik des Lebens in Theresienstadt zwischen 1941 und 1945 Deutsche Juden in Theresienstadt Bearbeiten Eine der letzten Beitrage von Miroslav Karny tragt den Titel Deutsche Juden in Theresienstadt und ist sowohl in tschechischer wie auch in deutscher Sprache in den Theresienstadter Studien und Dokumente erschienen Darin beschreibt der Autor die Entwicklung Theresienstadts nach der Nazi Besetzung Es sollte zum zentralen Sammel und Durchgangslager fur die judische Bevolkerung des Protektorates werden gleichzeitig aber auch zu einem Lager fur ausgesuchte deutsche Juden mit zeitweiligem Vorzeigecharakter gegenuber der internationalen Offentlichkeit Die Genesis dieser zweiten Rolle zeichnet Karny in seinem Beitrag nach wobei er keinen Zweifel daran lasst dass diese Funktion im Zusammenhang mit der von den Nazi deklarierten Endlosung der Judenfrage steht Was war Theresienstadt in den Jahren 1941 1945 fragt der Autor und kommt zu folgender Antwort Die Bezeichnung Ghetto fur Theresienstadt und weitere von der SS gegrundete Ghettos war eine bewusste Pervertierung dieses Begriffs Der fuhrende Ideologe der nazistischen antijudischen Politik Peter Heinz Seraphim charakterisierte den Unterschied zwischen den mittelalterlichen und den nazistischen Ghettos folgendermassen Das Ghetto des Mittelalters war in weit hoherem Masse ein Recht der Juden als eine Zwangsmassnahme Das Ghetto des Mittelalters war seinem inneren Gehalt nach eine wesentlich freiwillige Wohngemeinschaft die zudem keineswegs eine geschaftliche Beruhrung von Juden und Nichtjuden ausschliesst Das gegenwartige Zwangsghetto ohne Beruhrung mit den Nichtjuden sei jedoch so Seraphim nur eine Isolierungszone vor der Endlosung Manche Ghettos schliesst Karny seine Uberlegungen wurden allerdings von Anfang an als Lager errichtet und die Bezeichnung Ghetto war aus verschiedenen Grunden auch in diesem Sinne nur formell Gerade Theresienstadt ist dafur ein ausgepragtes Beispiel 3 Galt das fur die Rolle Theresienstadt im Hinblick auf die tschechischen Juden so lasst Karny keinen Zweifel daran dass das auch fur die deutschen im sog Altersghetto zutraf In Theresienstadt schreibt er waren 73 468 tschechische und 42 921 deutsche Juden die nach Theresienstadt vor dem 20 April 1945 deportiert worden waren Der Unterschied der Sterblichkeit der tschechischen und der deutschen Juden direkt in Theresienstadt war sehr gross was als Folge der unterschiedlichen Altersstruktur angesehen werden kann In Theresienstadt selbst starben insgesamt 6152 tschechische Haftlinge das waren 8 37 der ganzen Haftlingszahl aus tschechischen Transporten es starb jeder Zwolfte Die Sterblichkeit der deutschen Gruppe war in Theresienstadt fast sechsmal hoher Es starben hier 20 848 deutsche Juden das waren 48 57 der ganzen Haftlingszahl aus deutschen Transporten jeder Zweite Wenn wir aber das Schicksal der tschechischen und der deutschen Gruppe vergleichen wollen fahrt er fort mussen wir diese Angaben um die Zahlen der aus Theresienstadt nach dem Osten Deportierten erganzen Nach dem Osten wurden aus Theresienstadt 60 382 tschechische Juden deportiert das waren 82 19 und 16 098 deutsche Juden 37 5 Von den tschechischen Juden uberlebten 3097 von den deutschen weniger als 100 Das bedeutet dass nach der Deportation aus Theresienstadt im Osten bei der Ostwanderung wie es der Chef der Konzentrationslager Oswald Pohl nannte 57 285 tschechische Juden und ungefahr 16 000 deutsche Juden umkamen Zusammenfassend der Prozentsatz aller Sterbefalle der Theresienstadter Haftlinge d h der Tod in Theresienstadt und der Tod nach weiterer Deportation ist bei den tschechischen Juden 86 35 63 437 Todesfalle bei den deutschen Juden 85 85 36 848 Tote Die Todesbilanz beider Haftlingsgruppen unterscheidet sich nur um ein halbes Prozent 3 Schriften BearbeitenBucherMit Gotz Aly und Susanne Heim Sozialpolitik und Judenvernichtung Gibt es eine Okonomie der Endlosung Beitrage zur nationalsozialistischen Gesundheits und Sozialpolitik 5 Rotbuch Berlin 1987 ISBN 3 88022 954 6 Als Herausgeber mit Jaroslava Milotova und Margita Karna Deutsche Politik im Protektorat Bohmen und Mahren unter Reinhard Heydrich 1941 1942 Eine Dokumentation Nationalsozialistische Besatzungspolitik in Europa 1939 1945 2 Metropol Berlin 1997 ISBN 3 926893 44 3 Als Herausgeber mit anderen Theresienstadter Gedenkbuch Die Opfer der Judentransporte aus Deutschland nach Theresienstadt 1942 1945 Edition Theresienstadter Initiative Institut Theresienstadter Initiative im Verlag Academia u a Prag u a 2000 ISBN 80 200 0793 8 AufsatzeZur Typologie des Theresienstadter Konzentrationslagers In Judaica Bohemiae Jg 17 Nr 1 1981 ISSN 0022 5738 S 3 14 Zur Statistik der judischen Bevolkerung im sog Protektorat In Judaica Bohemiae Jg 17 Nr 2 1986 S 9 19 Das Schicksal der Theresienstadter Osttransporte im Sommer und Herbst 1942 In Judaica Bohemiae Jg 17 Nr 2 1988 S 83 97 Deutsche Juden in Theresienstadt In Theresienstadter Studien und Dokumente 1 1994 ZDB ID 1233756 0 S 36 53 Heydrichiaden Widerstand und Terror im Protektorat Bohmen und Mahren In Loukia Droulia Hagen Fleischer Hrsg Von Lidice bis Kalavryta Widerstand und Besatzungsterror Studien zur Repressalienpraxis im Zweiten Weltkrieg Nationalsozialistische Besatzungspolitik in Europa 1939 1945 Bd 8 Metropol Berlin 1999 ISBN 3 932482 10 7 S 51 63 Sieben Monate in Kaufering In Theresienstadter Studien und Dokumente 2002 S 13 24 Literatur BearbeitenRaimund Kemper Miroslav Karny 1919 2001 In sozial geschichte extra 2001 PDF Datei 110 kB Wolfgang Benz Der Chronist Miroslav Karny In Wolfgang Benz Deutsche Juden im 20 Jahrhundert Eine Geschichte in Portrats Beck Munchen 2011 ISBN 978 3 406 62292 2 S 259 265 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Miroslav Karny im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Miroslav Karny Publikationsliste bei Institut Theresienstadter Initiative Karny Miroslav In Theresienstadt LexikonEinzelnachweise Bearbeiten https www ghetto theresienstadt de pages k karnym htm abgerufen am 28 Januar 2014 a b Raimund Kemper Miroslav Karny 1919 2001 2001 a b Deutsche Juden in Theresienstadt In Theresienstadter Studien und Dokumente 1 1994 S 36 53 Normdaten Person GND 115411321 lobid OGND AKS LCCN n83215081 VIAF 46822694 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Karny MiroslavKURZBESCHREIBUNG tschechischer Historiker und Holocaust ForscherGEBURTSDATUM 9 September 1919GEBURTSORT PragSTERBEDATUM 9 Mai 2001STERBEORT Prag Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Miroslav Karny amp oldid 234515999