www.wikidata.de-de.nina.az
Militarokonomie ist ein Spezialbereich der Volkswirtschaftslehre der durch eine fachlich sehr breite und interdisziplinaren Ausrichtung gekennzeichnet ist Es spielen nicht nur wirtschaftswissenschaftliche Erwagungen eine gewichtige Rolle sondern es mussen ebenso militarwissenschaftliche politikwissenschaftliche historische geografische als auch technologische Erwagungen in die Analysen mit einbezogen werden Haufig werden diese Erkenntnisse in entsprechend spezialisierten Denkfabriken militarwissenschaftlichen Institutionen und Akademien erforscht und gelehrt weshalb die in der Militarokonomie gewonnenen Erkenntnisse weniger offentlich kommuniziert werden In diesem Umfeld entwickelte sich auch zentrale Grundlagenforschung beispielsweise durch die spieltheoretischen Analysen der nuklearen Bedrohung im Kalten Krieg und deren Verteidigung Die Forschung der RAND Corporation liefert hierfur eine Reihe von Beispielen etwa das Ellsberg Paradoxon 1961 oder wichtige Bericht wie The Economics of Defense in the Nuclear Age 1 Deren militarokonomische Herkunft ist nur selten bekannt Standorte im deutschsprachigen Raum finden sich an der Universitat der Bundeswehr und der Militarakademie an der ETH Zurich Inhaltsverzeichnis 1 Themen und Prinzipien 2 Probleme 3 Rustungsausgaben als Instrument der Wirtschaftspolitik 4 Weltweite Militarausgaben 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseThemen und Prinzipien BearbeitenDas klassische Thema ist die okonomisch optimale Aufstellung Versorgung und Unterhaltung von Armeen sowohl in Friedens als auch in Kriegszeiten Hierzu gibt es eine bis auf Leibniz zuruckgehende wissenschaftliche Traditionslinie der oeconomia militaria Militarokonomisch soll unter anderem gewahrleistet werden dass die hierfur eingesetzten Mittel sowohl okonomisch effizient sind bspw moglichst kostenminimale Leistungserbringung als auch sicherheitstechnisch effektiv sind bspw technologisch zweckmassig Andere Themenbereiche orientieren sich an konkreten und landerspezifischen Anwendungsfalle so beispielsweise die zentrale Versorgungssicherheit und Resilienz des Landes bei auftretenden Konflikten oder gar Kriegen der Schutz von kritischer Infrastruktur 2 aber auch die okonomische Analyse von nicht staatlichen Konflikten Terrorismus Cyber Bedrohungen Drogenhandel Flucht und Vertreibung etc die Folgen von Verteidigungsausgaben oder auch weitreichende strategische Implikationen von veranderten Sicherheitsstrukturen Befahrbarkeit der Nordostpassage Anfalligkeit des Suezkanal Daneben besitzt die Militarokonomie aber auch abstrakte und starker theoriegetriebene Forschungsbereiche wie beispielsweise die makrookonomischen Effekte von Verteidigungsausgaben 3 diverse spieltheoretische Untersuchungen und Planspiele bspw im Zusammenhang mit nuklearen Bedrohungen und deren Abschreckung die Formung von militarischer Allianzen und ihrer gegenseitigen Mittelbereitstellung oder die spezifischen Marktstrukturen von Verteidigungsausgaben Fur ein besseres Verstandnis kann man auch in der Militarokonomie grob zwischen einer Makro und Mikroperspektive unterscheiden Wichtige Untersuchungsgegenstande auf der Mikroebene sind die Preisfindungsmechanismen militarischer Guter und Dienstleistungen Industrieokonomik die Vertrags und Rustungsregulation sowie die okonomische Strukturanalyse der Rustungsindustrie die Substitutionsfahigkeit der Truppenstarke durch verschiedentliche Rekrutierungsmethoden oder kapitalintensive Rustungstechnologie Wichtig Fragen auf der Makroebene sind eng mit denen des internationalen Handels der Entwicklungshilfe und okonomie Wachstumstheorie und sehr bedeutend der Institutionenokonomie verbunden Bei strategischen Interaktionen haben spieltheoretische Betrachtungen einen zentralen Stellenwert etwa bei der systematischen Erforschung von Rustungswettrennen und deren Kontrolle der militarischen nuklearen Abschreckung oder der entsprechenden Kriegsabwendung initiation oder Kriegsbeendigung Probleme BearbeitenDie Militarokonomie kampft jedoch mit der grundlegenden Herausforderung dass ein grosser Teil ihrer Anwendungsbereiche den strengen axiomatischen Anforderungen der neo klassischer Theorien uberhaupt nicht genugt So haben beispielsweise okonometrisch basierte Untersuchungen im Kontext der Militarokonomie mit dem grundsatzlichen Problem zu kampfen dass es keine wirklich objektivierbare Output Ergebnis Messung gibt Man kann zwar die wirtschaftlichen Ausgaben ex ante messen etwa die Kosten fur eine Panzerbrigade nicht aber den erzielten Output Nur im Kriegsfall d h nachdem die Ausgaben bereits getatigt wurden ex post wird es moglich die Ergebnisse konkret zu messen Ein weiteres Beispiel ist der Charakter als offentliches Gut d h die militarische Sicherheit des Staates und seiner Bevolkerung kommt jedem Einzelnen in der Nation zugute unabhangig davon in welchem Umfang der Einzelne an der Produktion dieses Gutes beteiligt ist Hinzu kommt auch dass militarische Guter inharent durch externe Effekte gekennzeichnet sind All dies macht die einfache Ubertragung und Anwendung selbst bereits etablierter Methoden und Modelle problematisch und angreifbar Im deutschsprachigen Raum etablieren sich daher zunehmend Versuche alternative und institutionsokonomische Perspektiven fruchtbar zu machen Rustungsausgaben als Instrument der Wirtschaftspolitik BearbeitenNeben keynesianische Analysen sehen insbesondere marxistisch orientierte Autoren wie Elmar Altvater Ernest Mandel Paul A Baran Paul Sweezy Militarausgaben als Instrument der Wirtschaftspolitik im Kapitalismus Diese fuhren erhohte Militarausgaben aus den sich verschlechternden Akkumulationsbedingungen zuruck und betrachten diese als beliebtestes Krisensteuerungsinstrument des kapitalistischen Systems da sie keine zivile Produktion verdrangen eine hohe Multiplikatorwirkung haben der Produktion von Gutern dienen die einem raschen technischen Verschleiss unterliegen und keinen Kapazitatseffekt haben und somit kein erneutes Uberangebot schaffen Aus ihrer Theorie leiten sie ab dass sich der Rustungssektor notwendigerweise immer mehr ausdehnt wesentliche Teile der Wirtschaft ganzlich von Rustung abhangig werden und Militarausgaben wachsende Staatsausgaben und Staatsverschuldung verursachen 4 Weltweite Militarausgaben BearbeitenAuflistung des Stockholm International Peace Research Institute2017 Fact Sheet for 2016 5 SIPRI Military Expenditure Database 6 Auflistung des International Institute for Strategic StudiesTop 15 Militarausgaben 2015 7 Rang Staat Ausgaben Mrd des BIPWelt total 1 686 2 20 1 Vereinigte Staaten nbsp Vereinigte Staaten 611 2 3 30 Europaische Union nbsp Europaische Union 252 60 2 China Volksrepublik nbsp Volksrepublik China 215 7 1 90 3 Russland nbsp Russland 69 2 5 30 4 Saudi Arabien nbsp Saudi Arabien 63 7 100 5 Indien nbsp Indien 55 9 2 50 6 Frankreich nbsp Frankreich 55 7 2 30 7 Vereinigtes Konigreich nbsp Vereinigtes Konigreich 48 3 1 90 8 Japan nbsp Japan 46 1 1 00 9 Deutschland nbsp Deutschland 41 1 1 210 Korea Sud nbsp Sudkorea 36 8 2 711 Italien nbsp Italien 27 9 1 512 Australien nbsp Australien 24 3 2 013 Brasilien nbsp Brasilien 22 8 1 314 Vereinigte Arabische Emirate nbsp Vereinigte Arabische Emirate 22 8 5 715 Israel nbsp Israel 17 8 5 816 Kanada nbsp Kanada 15 5 1 017 Spanien nbsp Spanien 14 9 1 218 Turkei nbsp Turkei 14 9 2 019 Iran nbsp Iran 12 3 3 020 Algerien nbsp Algerien 10 6 6 721 Singapur nbsp Singapur 9 9 3 422 Taiwan nbsp Taiwan 9 9 1 923 Pakistan nbsp Pakistan 9 9 3 424 Kolumbien nbsp Kolumbien 9 9 3 425 Polen nbsp Polen 9 7 2 026 Niederlande nbsp Niederlande 9 2 1 227 Oman nbsp Oman 9 0 16 728 Indonesien nbsp Indonesien 7 7 0 929 Mexiko nbsp Mexiko 6 8 0 630 Kuwait nbsp Kuwait 6 3 6 5 Rang Staat Ausgaben Mrd 0 1 Vereinigte Staaten nbsp Vereinigte Staaten 597 50 2 China Volksrepublik nbsp Volksrepublik China 145 80 3 Saudi Arabien nbsp Saudi Arabien 81 90 4 Russland nbsp Russland 65 60 5 Vereinigtes Konigreich nbsp Vereinigtes Konigreich 56 20 6 Indien nbsp Indien 48 00 7 Frankreich nbsp Frankreich 46 80 8 Japan nbsp Japan 41 00 9 Deutschland nbsp Deutschland 36 710 Korea Sud nbsp Sudkorea 33 511 Brasilien nbsp Brasilien 24 312 Australien nbsp Australien 22 813 Italien nbsp Italien 21 614 Irak nbsp Irak 21 115 Israel nbsp Israel 18 6Literatur BearbeitenHahn Oswald Militarbetriebslehre Betriebswirtschaftslehre der Streitkrafte Berlin Verlag Arno Spitz Berlin 1997 ISBN 3 87061 615 6 Keupp Marcus Matthias Militarokonomie 1 Auflage Springer Gabler Wiesbaden 2019 ISBN 978 3 658 06147 0 S 146 Hitch Charles J McKean Roland N The Economics of Defense in the Nuclear Age Harvard University Press 1960 ISBN 0 674 86588 X S 422 rand org Hartley Keith Sandler Todd Hrsg Handbook in Defense Economics Defense Economics in the post cold war era Volume 1 1 Auflage North Holland 1995 ISBN 0 444 81887 1 S 606 Hartley Keith Sandler Todd Hrsg Handbook in Defense Economics Defense in a globalized World Volume 2 1 Auflage North Holland 2007 ISBN 978 0 444 51910 8 S 698 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Militarokonomie Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Keith Hartley The Economics of Defence Policy A New Perspective Routledge London 2011 ISBN 978 0 415 27132 5 Marcus M Keupp The Security of Critical Infrastructures Introduction and Overview In Marcus M Keupp Hrsg The Security of Critical Infrastructures International Series in Operations Research amp Management Science Band 288 Springer Cham 2020 S 1 14 doi 10 1007 978 3 030 41826 7 1 Emile Benoit Defense and economic growth in developing countries Lexington Books Massachusetts 1973 ISBN 0 669 85373 9 Carola Bielfeldt Rustungsausgaben als Instrument der Wirtschaftspolitik In Karl Ernst Schulz Hrsg Militar und Okonomie Beitrage zu einem Symposium Gottingen 1977 S 177 f und 189 Trends in World Military Expenditure 2016 Stockholm International Peace Research Institute abgerufen am 13 Dezember 2017 Data for all countries from 1988 2016 in constant 2015 USD pdf SIPRI abgerufen am 13 Dezember 2017 Top 15 Defence Budgets 2015 International Institute for Strategic Studies abgerufen am 13 Dezember 2017 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Militarokonomie amp oldid 237846700