www.wikidata.de-de.nina.az
Medien Priming bezeichnet einen Effekt aus der Medienwirkungsforschung der Veranderungen von Bewertungsmustern und damit von Entscheidungen der Medienkonsumenten aus medial vermittelten Informationen heraus erklart Vereinfacht ausgedruckt besagt der Effekt dass Medienkonsumenten spezifische politische Akteure bevorzugt nach denjenigen Kriterien beurteilen die in der allgemeinen Medienberichterstattung verstarkt thematisiert wurden Der Medien Priming Effekt wurde 1987 von Shanto Iyengar und Donald R Kinder in ihrer Studie News that matters Television and American opinion 1 beschrieben Inhaltsverzeichnis 1 Priming als Erweiterung des Agenda Setting Ansatzes 2 Psychologische Erklarung des Medien Priming 3 Messung von Priming Effekten 4 Variablen 5 Weitere Formen des Medien Priming 6 Literatur 7 EinzelnachweisePriming als Erweiterung des Agenda Setting Ansatzes BearbeitenMedien Priming wird im Allgemeinen als eine Erweiterung des Agenda Setting betrachtet Die Agenda Setting Hypothese geht davon aus dass die Massenmedien uber die Auswahl und Gewichtung der Themen uber die sie berichten Einfluss darauf haben woruber das Publikum nachdenkt und welche Themen ihm wichtig sind Sie besagt dass das Publikum die Themenagenda der Medien ubernimmt 2 Der Effekt konnte zuverlassig nachgewiesen werden 3 Im Unterschied zum Agenda Setting Effekt wird bei Studien uber Medien Priming allerdings nicht der kognitive Einfluss der Medienagenda auf die Medienkonsumenten untersucht sondern der affektive Einfluss die Veranderung von politischen Einstellungen und letztlich von Wahlentscheidungen Beide Ansatze gehen von der gleichen unabhangigen Variablen aus Voraussetzung fur die Untersuchungen ist die Bestimmung der Medienagenda Wahrend beim Agenda Setting als abhangige Variable die Publikumsagenda gemessen wird fragt das Medien Priming nach dem Bewertungsmuster nach dem das Publikum zumeist Politiker beurteilt Der Priming Ansatz geht davon aus dass das Publikum bei der Beurteilung von Politikern auf Kriterien zuruckgreift die von den Medien genauer von der Medienagenda vorgegeben werden By calling attention to some matters while ignoring others television news influences the standards by which governments presidents policies and candidates for public office are judged Indem die Fernsehnachrichten die Aufmerksamkeit auf einige Dinge lenken und andere ignorieren beeinflussen sie die Massstabe nach denen Regierungen Prasidenten Politik und Kandidaten fur offentliche Amter beurteilt werden Iyengar amp Kinder News that matters television and American opinion American politics and political economy 1987 1 Dabei muss zwischen der Medienberichterstattung unabhangige Variable und den gemessenen Wahl Entscheidungen abhangige Variable kein unmittelbarer Zusammenhang bestehen So kann beispielsweise eine verstarkte Berichterstattung uber umweltpolitische Themen selbst in fernen Regionen einen Priming Effekt im eigenen Land hervorrufen und bewirken dass Politiker verstarkt aufgrund ihrer umweltpolitischen Kompetenzen beurteilt und gewahlt werden Die Forschung zum Medien Priming setzte Mitte der 1980er Jahre ein Die Medienwirkungsforschung hatte sich in den 70er und 80er Jahren unter dem Einfluss kognitiver Ansatzpunkte der Sozialpsychologie den Rezipientenmerkmalen geoffnet 4 Der bereits vorhandene und empirisch breit aufgestellte Agenda Setting Ansatz hatte allerdings fur die Illustration des medialen Einflusses auf bestimmte Wahrnehmungs und Interpretationsmuster bei den Rezipienten nicht ausgereicht Psychologische Erklarung des Medien Priming BearbeitenIn einer allgemeineren Form ist der Priming Effekt in der Psychologie schon seit Anfang der 70er Jahre bekannt Er grundet auf einem Netzmodell des Gedachtnisses Wissenseinheiten werden nach diesem Modell als Knoten in einem Netzwerk verstanden die untereinander uber associative pathways vernetzt sind Beim Priming wird ein solcher Knoten durch einen Reiz starker aktiviert und mit ihm auch die nachstverbundenen Wissenseinheiten spreaded activation Ein hoheres Aktivierungsniveau steht fur eine grossere kognitive Zuganglichkeit der Wissenseinheit Die Aktivierung lasst mit der Zeit wieder nach 5 Der Kommunikationswissenschaftler Michael Schenk wendet dieses Erklarungsmodell auf das Medien Priming an Fasst man das menschliche Gedachtnis als ein assoziatives Netzwerk auf in welchem Ideen Konzepte etc als Knoten des Netzwerkes gespeichert und mit anderen solchen Ideen uber semantische Pfade verknupft sind dann kann Priming als Aktivierung solcher Knoten durch externe Stimuli verstanden werden Michael Schenk Medienwirkungsforschung 2007 4 Konkret bedeutet das dass Nachrichtenbeitrage zu einem bestimmten Politikfeld die Zuschauer fur dieses Feld primen und diese Wissenseinheiten somit fur den Zuschauer zuganglicher machen Der eigentliche Priming Effekt tritt dann erst in einem zweiten Schritt zutage Das erhohte Aktivierungspotenzial der entsprechenden Wissenseinheiten fuhrt dann dazu dass beispielsweise bei der Beurteilung eines Politikers vorrangig auf solche zuganglichen Wissenseinheiten zuruckgegriffen wird das entsprechende Politikfeld also als Hauptkriterium fur die Gesamtbeurteilung des Politikers dient Somit kann Medien Priming als eine Unterform des allgemeinen in der Psychologie begrundeten Priming beschrieben werden Messung von Priming Effekten BearbeitenDie Medienagenda lasst sich durch Inhaltsanalysen bestimmen Die Messdaten zur Ermittlung der Bewertungsmuster werden zumindest im Bereich des politischen Medien Priming durch Befragungen und Aggregation gewonnen Dabei sind zwei Variablen notwendig ein Wert fur die Gesamtbeurteilung des zu bewertenden Akteurs und einer fur die spezifische Beurteilung innerhalb eines oder mehrerer Politikfelder Welche Politikfelder dabei abgefragt werden ergibt sich aus der Inhaltsanalyse In einer Regressionsanalyse wird nun berechnet inwieweit die Gesamtbeurteilung des Akteurs durch die spezifischen Beurteilungen erklart werden konnen Um den Priming Effekt zu ermitteln muss der so ermittelte Koeffizient mit einem Kontrollwert verglichen werden In Langsschnittstudien werden dazu mehrere Messungen in bestimmten Zeitabstanden vorgenommen Veranderung des berechneten Koeffizienten werden nun mit Veranderungen in der Medienagenda abgeglichen Eine hohe Korrelation zwischen den Koeffizienten und der Medienagenda weist auf einen Priming Effekt hin Variablen BearbeitenDas Phanomen des Medien Priming manifestiert sich in zwei zeitlich auseinanderliegenden Schritten Im ersten Schritt wird der Zuschauer durch Medieninhalte geprimet im zweiten Schritt wendet er diesen Prime auf einen Zielstimulus an Die Zeitgebundenheit des Vorgangs evoziert mehrere zeitabhangige Variablen namlich die Dauer des Primes seine Haufigkeit und den Abstand zwischen dem Priming und seiner Anwendung 6 Besonders letztere sorgt fur verwirrende Befunde Wahrend in psychologischen Experimenten festgestellt wurde dass Priming Effekte nach einem Zeitabstand im Sekunden und Minutenbereich verblassen findet die Forschung zum politischen Medien Priming Effekte im Zeitraum von Wochen und Monaten Diese Diskrepanz veranlasst Roskos Ewoldson u a den Zusammenhang zwischen politischem Medien Priming und psychologischem Priming generell in Frage zu stellen 5 Sie vermuten dass die beiden Effekte auf neuronaler Ebene unterschiedliche Vorgange darstellen und schlagen vor die Effekte des politischen Medien Priming nicht unter Priming sondern unter politischer Kultivation zu verorten Daruber hinaus haben die bisherigen Studien zu Medien Priming die zeitabhangigen Variablen vernachlassigt wie Peter 6 bemangelt Nur durch Vergleich von Experimental und Feldstudien wagt er die Analyse die auch den Erkenntnissen der Psychologie entspricht Der Priming Effekt ist starker je weniger Zeit seit dem Priming vergangen ist je ofter der Prime gezeigt wurde und je langer er angedauert hat Zu ahnlichen Ergebnissen kommt offenbar eine Studie von Carpentier u a 7 die nach Roskos Ewaldson et al 5 als einzige Arbeit im Bereich des Medien Priming gezielt auch Zeitparameter untersucht hat Ein weniger einheitliches Bild ergibt sich bei den weiteren intervenierenden Variablen namlich denen der Pradisposition Die Frage inwieweit Vorwissen Vertrauen in die Berichterstattung der Medien personliche Wichtigkeit des geprimeten Themas und Mediennutzung den Priming Effekt verstarken oder abschwachen konnte bislang nicht zuverlassig ermittelt werden Iyengar und Kinder 1 haben 1987 zwar schon in die ersten Experimenten zum politischen Medien Priming auch mehrere Eigenschaften der Rezipienten einbezogen politisches Interesse Parteiangehorigkeit und Bildung Allerdings haben spatere Studien gezeigt dass noch eine Reihe weiterer Variablen berucksichtigt werden mussen wie zum Beispiel das Vertrauen der Rezipienten in die Medienberichterstattung und das fachspezifische Wissen zum geprimeten Thema 4 Alles in allem sind diese Variablen bislang noch nicht erschopfend erforscht Weitere Formen des Medien Priming BearbeitenNeben der politischen Auspragung des Medien Priming befasst sich die Forschung auch mit gewaltbezogenem unterhaltungsbezogenem stereotypenbezogenem und persuasiven Medien Priming 4 Literatur BearbeitenJochen Peter Medien Priming Grundlagen Befunde und Forschungstendenzen In Publizistik Nr 1 2002 Marz 2002 S 21 44 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Shanto Iyengar Donald R Kinder News that matters television and American opinion American politics and political economy Chicago University Press Chicago u a 1987 Maxwell E McCombs Donald L Shaw The Agenda Setting Function fo Mass Media In Public Opinion Quaterly Band 36 Nr 2 1972 S 176 187 Hans Bernd Brosius Agenda Setting nach einem Vierteljahrhundert Forschung Methodischer und theoretischer Stillstand In Publizistik Band 39 1994 S 188 269 a b c d Michael Schenk Medienwirkungsforschung Mohr Siebeck Tubingen 2007 a b c David R Roskos Ewoldsen Beverly B Roskos Ewoldsen Francesca R Dillman Carpentier Media Priming An Updated Synthesis In Jennings Bryant Mary Beth Oliver Hrsg Media effects advances in theory and research Routledge New York London 2009 S 74 93 a b Jochen Peter Medien Priming Grundlagen Befunde und Forschungstendenzen In Publizistik Band 47 2002 S 21 44 Francis R Dillman Carpentier David R Roskos Ewoldsen Beverly B Roskos Ewoldsen A Test of the Network Models of Political Priming In Media Psychology Band 11 Nr 2 2008 S 186 206 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Medien Priming amp oldid 222537961