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Das Massaker von Koniuchy war ein Uberfall sowjetischer und judischer Partisanen auf das ostpolnische Dorf Koniuchy deutsch Konjuchy heute litauisch Kaniukai nahe bei Vilnius im damaligen Reichskommissariat Ostland bei dem am 29 Januar 1944 das Dorf zerstort und zwischen 130 und 300 Bewohner darunter Frauen und Kinder ermordet wurden Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Der Uberfall auf Koniuchy 3 Untersuchung durch das IPN 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 AnmerkungenVorgeschichte BearbeitenBis 1939 befand sich das Dorf Koniuchy in der polnischen Wojewodschaft Nowogrodek und war ausschliesslich von polnischer Bevolkerung in einer ethnisch gemischten Region polnisch litauisch belarussisch judisch bewohnt In Folge des Hitler Stalin Pakts und des sowjetischen Uberfalls auf Polen vom 17 September 1939 wurde das Gebiet von der Roten Armee besetzt und im Oktober 1939 an die unabhangige Republik Litauen abgetreten Ein halbes Jahr spater 15 Juni 1940 kam es zum erneuten Einmarsch der Sowjettruppen und das Land wurde als Litauische Sozialistische Sowjetrepublik an die UdSSR angeschlossen Von 23 Juni 1941 bis 13 Juli 1944 im Zuge von Hitlers Angriff auf die Sowjetunion wurde die Region von deutschen Truppen besetzt und zum Teil des Reichskommissariats Ostland erklart Die einjahrige sowjetische Herrschaft war von sehr brutalen Repressionen gepragt Zehntausende wurden hingerichtet bzw nach Sibirien deportiert wobei zu den Zielgruppen besonders die gebildeten und besitzenden Schichten aber auch Gruppen gehorten die mit dem litauischen oder polnischen Staat in Verbindung gebracht wurden oder als nicht sowjetkonform galten wie z B Historiker Literaten und katholischer Klerus Als Kollaborateure der neuen Machthaber wurden Juden angesehen 1 In diesem Kontext wurde der Einmarsch deutscher Truppen zunachst von grossen Teilen der litauischen Bevolkerung begrusst und als das geringere Ubel bewertet Es kam zu einigen spontanen Gewaltaktionen gegen Kommunisten und gegen als prosowjetisch verdachtigte Juden 2 Auch bei den unverzuglich einsetzenden Internierungen Deportationen und Massenerschiessungen von Juden denen unter der deutschen Besatzung bis zu 95 Prozent der judischen Bevolkerung 3 und ein Grossteil der im Lande verbliebenen litauischen Kommunisten zum Opfer fiel fanden die deutschen Besatzer Unterstutzung in der litauischen Bevolkerung und bei den unter deutscher Kontrolle operierenden Hilfstruppen und Verwaltungsorganen Diese Kooperation liess zwar mit der Zeit deutlich nach und erreichte nicht das Ausmass anderer baltischen Staaten war aber auch durch die deutsche Vorzugsbehandlung der als quasigermanisch eingestuften Balten begunstigt in Gegensatz zur Bevolkerung in besetzten slawischen Landern Zusatzlich sah sich Litauen in seinem Streben nach nationaler Selbstandigkeit durch Polen und die UdSSR bedroht 4 Ende 1943 formierte sich zwar der litauische Widerstand zum Obersten Komitee zur Befreiung Litauens und erklarte sich sogar am 16 Februar 1944 zur provisorischen Regierung der Republik Litauen dieser beschrankte sich jedoch hauptsachlich auf die politische Arbeit im Untergrund Bewaffnete Aktionen gegen die Deutschen gingen dagegen vornehmlich von zwei anderen Gruppen aus Sowjetisch kontrollierten Partisanengruppen in den ostlitauischen Waldern denen sich auch judische Fluchtlinge aus Ghettos von Kaunas Vilnius und Siauliai anschlossen unter denen eine wesentliche Rolle Mitglieder der Fareinikte Partisaner Organisatzije FPO spielten einer 1942 im Ghetto von Vilnius gegrundeten judischen Widerstandsbewegung Im vormals polnischen und mehrheitlich polnisch besiedelten Gebiet um Vilnius operierte wiederum die Polnische Heimatarmee AK die grosste Widerstandsbewegung in Litauen Sie fuhrte Aktionen gegen die deutsche Besatzung und ihre litauischen Unterstutzer durch befand sich aber auch mit den sowjetischen Partisanen im Konflikt AK schutzte die polnische Bevolkerung gegen Plunderungen und Ubergriffe dieser Gruppen und sah sich als Vertreter der polnischen Interessen an 5 Der Uberfall auf Koniuchy BearbeitenKoniuchy ein grosses polnisches Dorf am Rand von Rudnicki Wald ca 30 km sudostlich von Vilnius wurde in den Jahren 1942 1943 mehrmals von sowjetischen und judischen Partisanen uberfallen wobei Lebensmittel Vieh und Bekleidung entwendet wurden Um sich gegen diese Plunderungszuge zu schutzen bildeten die Bewohner eine Selbstschutzgruppe und verweigerten weitere Lieferungen Als Strafaktion fur den Ungehorsam und zugleich als Exempel fur andere polnische Ortschaften wurde Koniuchy als Sitz einer faschistischen Garnison wie es nach sowjetischen Sprachgebrauch hiess 6 am 29 Januar 1944 uberfallen Chaim Lazar Historiker des judischen Widerstandes im Ghetto von Vilnius und selbst FPO Mitglied schildert den Uberfall auf Koniuchy folgendermassen 7 Eines Abends ruckten 120 von den besten Partisanen aus allen Lagern ausgerustet mit ihren besten verfugbaren Waffen gegen das Dorf vor Unter ihnen befanden sich rund 50 Juden angefuhrt von Yaakov Prenner Der Plan war sogar das Vieh zu toten und allen Besitz zu zerstoren Mit eigens vorbereiteten Fackeln brannten die Partisanen die Hauser Stalle und Scheunen nieder wahrend sie gleichzeitig schweres Feuer auf die Hauser eroffneten Die Mission war in kurzer Zeit abgeschlossen Sechzig Haushalte die aus insgesamt ungefahr 300 Personen bestanden wurden zerstort Uberlebende gab es nicht Erhebliche Abweichungen in der Zahl der Angreifer und Opfer bietet dagegen ein Lagebericht der Polnischen Heimatarmee vom Februar 1944 8 Ende Januar wurde das Dorf Koniuchy durch eine 2000 Mann starke judisch bolschewistische Bande umzingelt und in Brand gesetzt Auf die fluchtenden Bewohner wurde geschossen Die Gefangengenommenen Erwachsene wie auch Kinder wurden lebendig ins Feuer geworfen Ergebnis 34 Tote 14 Verletzte die Zahl der bei lebendigem Leib verbrannten Personen wurde nicht festgestellt Von 50 Gebauden blieben nur noch vier ubrig Der Grund fur den Uberfall war die Tatsache dass das Dorf durch Litauer teilweise bewaffnet worden war und sich bis zum genannten Uberfall gegen Plunderungen gewehrt hatte Henrik Ziman Erster Sekretar des Sudlichen Untergrundkomitees der Kommunistischen Partei Litauens und an der Aktion fuhrend beteiligt sandte am 31 Januar 1944 eine verschlusselte Nachricht an Antanas Snieckus Chef der in Litauen operierenden Partisanen in Moskau 9 On January 29 the joint group of Vilnius partisans Smierc Okupantowi and Margiris groups and the special group of General Headquarters burnt down the most ardent and self defensive village of the Ejszysk region Koniuchy Am 29 Januar brannte die vereinte Gruppe Vilnius Partisanen bestehend aus den Gruppen Smierc Okupantowi Tod den Besatzern Margis und der Spezialgruppe des Generalhauptquartiers den Ort des hartesten Widerstandes im Landkreis Eisiskes Koniuchy nieder Untersuchung durch das IPN BearbeitenVeranlasst durch eine Anzeige des Canadian Polish Congress CPC begann das Instytut Pamieci Narodowej IPN Institut fur Nationales Gedenken in Warschau im Februar 2001 eine Untersuchung des Vorgangs mit Zeugenbefragungen und Sichtung der erhaltenen Dokumente Die Staatsanwaltschaften von Belarus Russland Litauen und Israel wurden um Amtshilfe gebeten und einbezogen Infolge der Untersuchungen Stand 2005 konnten 38 Opfer Manner Frauen und Kinder namentlich identifiziert werden Eine weitere Untersuchung soll die Zahl weiterer Opfer naher bestimmen 9 Siehe auch BearbeitenMassaker von NalibakiLiteratur BearbeitenChaim Lazar Destruction and Resistance 2 Auflage Shengold u a New York 1985 ISBN 0 88400 113 X S 174f Isaac Kowalski A Secret Press in Nazi Europe the Story of a Jewish United Partisan Organization Central Guide Publishers New York 1969 S 333f Kazimierz Krajewski Na Ziemi Nowogrodzkiej NoW Nowogrodzki Okreg Armii Krajowej Instytut Wydawniczy Pax Warschau 1997 S 511f Bogdan Musial Einleitung In Bogdan Musial Hrsg Sowjetische Partisanen in Weissrussland Innenansichten aus dem Gebiet Baranovici 1941 1944 Schriftenreihe der Vierteljahrshefte fur Zeitgeschichte 88 Oldenbourg Munchen 2004 ISBN 3 486 64588 9 S 28 Rich Cohen Nachtmarsch Eine wahre Geschichte von Liebe und Vergeltung Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 2002 ISBN 3 596 15240 2 S 203 205 Weblinks BearbeitenInformation on the Investigation in the Case of Crime Committed in Koniuchy In ipn gov pl 21 August 2006 abgerufen am 20 April 2020 englisch Operations Diary of a Jewish Partisan Unit in Rudniki Forest 1943 1944 In Jewish Virtual Library 2003 archiviert vom Original am 2 Oktober 2013 abgerufen am 20 April 2020 englisch Rimantas Zizas Zudyniu Kaniukuose pedsakais In genocid lt 30 Januar 2004 abgerufen am 20 April 2020 litauisch Spuren des Massakers in Kaniukai Anmerkungen Bearbeiten Uladzimir Michniuk Zachodniaja Bielarus hranicy terytoryja nasielnictwa histaryjahraficznyja natatki In Zeitschrift Bielaruski Histaryczny Czasopis 11 2004 S 19 Rudolf Hilbrecht Litauen im Reichskommissariat Ostland 1941 1943 44 Parallelen und Kontraste zum ubrigen Baltikum vornehmlich Estland In Robert Bohn Hrsg Die deutsche Herrschaft in den germanischen Landern 1940 1945 Historische Mitteilungen Beiheft 26 Steiner Stuttgart 1997 S 187 207 S 188 Steven F Lawson Muddling the Holocaust in Lithuania In History News Network Abgerufen am 20 April 2020 englisch Rudolf Hilbrecht Litauen im Reichskommissariat Ostland 1941 1943 44 Parallelen und Kontraste zum ubrigen Baltikum vornehmlich Estland In Robert Bohn Hrsg Die deutsche Herrschaft in den germanischen Landern 1940 1945 Historische Mitteilungen Beiheft 26 Steiner Stuttgart 1997 S 187 207 Piotr Niwinski Die nationale Frage im Wilnagebiet In Bernhard Chiari Hrsg Die polnische Heimatarmee Geschichte und Mythos der Armia Krajowa seit dem Zweiten Weltkrieg Beitrage zur Militargeschichte 57 Oldenbourg Munchen 2003 ISBN 3 486 56715 2 S 617 634 Kazimierz Krajewski Der Bezirk Nowogrodek der Heimatarmee Nationalitatenkonflikte und politische Verhaltnisse 1939 1945 In Bernhard Chiari Hrsg Die polnische Heimatarmee Geschichte und Mythos der Armia Krajowa seit dem Zweiten Weltkrieg S 563 584 hier S 579 Anm 33 Vgl Bogdan Musial Einleitung 2004 S 28 Anm 79 Abraham Sutzkever Das Ghetto von Wilna In Ilja Ehrenburg Wassili Grossman Das Schwarzbuch Der Genozid an den sowjetischen Juden Rowohlt Reinbek 1994 S 457 547 hier S 538f Als ausschliesslich judische Partisanenabteilungen verblieben nur zwei Der Racher und Zum Sieg Nachdem sie sich in den ersten drei Monaten mit den erforderlichen Waffen versorgt hatten fuhrten beide Abteilungen eine Reihe von Kampfeinsatzen durch Sie brachten drei Transportzuge zum Entgleisen In Valkininkai sprengten sie ein deutsches Werk und trugen dazu bei dass die deutsche Garnison in dem befestigten Dorf Konjuschi zerschlagen und aufgerieben wurde Vgl Chaim Lazar Destruction and Resistance 2 Auflage Shengold u a New York 1985 ISBN 0 88400 113 X S 174f zitiert bei Bogdan Musial Einleitung 2004 S 28 Anm 79 One evening a hundred and twenty of the best partisans from all the camps armed with the best weapons they had set out in the direction of the village There were about 50 Jews among them headed by Yaakov Prenner Even livestock was to be killed and all property was to be destroyed With toches prepared in advance the partisans burnt down the houses stables and granaries while opening heavy fire on the houses The mission was completed within a short while Sixty households numbering about 300 people were destroyed with no survivors Zitiert nach Bogdan Musial Einleitung 2004 S 28 Anm 79 a b Information on the Investigation in the Case of Crime Committed in Koniuchy In ipn gov pl 21 August 2006 abgerufen am 20 April 2020 englisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Massaker von Koniuchy amp oldid 237019069