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Als Martingalespiel oder kurz Martingale bezeichnet man seit dem 18 Jahrhundert eine Strategie im Glucksspiel speziell beim Pharo und spater beim Roulette bei der der Einsatz im Verlustfall erhoht wird Eine Partie Pharo Johann Baptist Raunacher 1729 1771 Schloss Eggenberg bei GrazRoulette Spiel um 1800 Inhaltsverzeichnis 1 Klassische Martingale 1 1 Beschreibung 1 2 Beispiel 2 Varianten des Martingalespiels 3 Etymologie 4 Giacomo Casanova 5 Siehe auch 6 EinzelnachweiseKlassische Martingale BearbeitenBeschreibung Bearbeiten Die klassische und einfachste Form der Martingale die Martingale classique ist das Doublieren oder Verdoppeln und sei anhand des Roulette Spiels illustriert Der Spieler beginnt mit einem Einsatz von einer Einheit einem Stuck auf eine einfache Chance z B Rouge oder Noir Der Martingale Spieler setzt zumeist auf die Perdante siehe Marche das ist diejenige Chance die zuletzt verloren hat ist die Kugel zuletzt auf Rouge gefallen so setzt er daher auf Noir Verliert er so setzt er im nachsten Coup zwei Stuck verliert er wieder so setzt er vier Stuck usw Sobald er gewinnt sind alle bis dahin eingetretenen Verluste getilgt und der Spieler darf sich uber einen Gesamtgewinn von einem Stuck freuen Nach einem Gewinn setzt er seinen Angriff auf die Spielbank wieder mit einem Stuck fort Dieses scheinbar sichere System funktioniert aber nicht wovon sich unzahlige Spieler trotz gegenteiliger eigener Erfahrung nicht uberzeugen lassen Viele Spieler ubersehen dass ein fortgesetztes Verdoppeln spatestens bei Erreichen des von der Spielbank vorgegebenen Maximums d h des Hochsteinsatzes nicht mehr moglich ist zumeist jedoch schon wesentlich fruher an der Begrenztheit des eigenen Spielkapitals scheitert Wer z B mit einem Spielkapital von 1000 Stuck konsequent Martingale spielt der wird zwar mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit eine gewisse Spielstrecke z B 50 Coups mit einem bescheidenen Gewinn in Hohe von ca 25 Stuck abschliessen er tragt aber das meist vollig unterschatzte Risiko das gesamte Vermogen zu verlieren Insgesamt ist die Gewinnerwartung negativ d h auf lange Sicht gewinnt die Spielbank Gerade in dem Umstand dass ein Martingale Spieler relativ haufig kleine Gewinne erzielt und auf den im mathematischen Sinn sicher eintretenden Totalverlust eine geraume Zeit warten muss liegt die Erklarung fur das Phanomen des sprichwortlichen Anfangerglucks Wer im Laufe eines Spielabends nicht standig mit gleich hohen Einsatzen spielt sondern die Einsatze in welcher Art auch immer steigert hat so wie ein Martingale Spieler relativ gute Chancen etwaige Verluste zuruckzugewinnen und zu guter Letzt doch mit einem positiven Saldo abzuschliessen Beispiel Bearbeiten Ein Spieler moge beim Roulette die Martingale auf eine einfache Chance z B auf Impair Ungerade spielen Zur Veranschaulichung seien zunachst ein paar vereinfachende Annahmen getroffen Zero bedeute so wie irgendeine andere Pair Zahl gerade Zahl Verlust d h es gebe kein Prison Der Starteinsatz ein Stuck betrage 10 nach Verlust werden nacheinander 20 40 80 usw gesetzt Das von der Spielbank festgelegte Maximum betrage gerade 20 480 sodass die Martingale hochstens 12 Spiele umfassen kann Die Wahrscheinlichkeit ein einzelnes Spiel zu verlieren betragt 19 37 51 Die Wahrscheinlichkeit 12 Spiele in Folge zu verlieren betragt 19 37 12 0 033 6 displaystyle left frac 19 37 right 12 approx 0 0336 nbsp d h ca 1 2974 Entsprechend betragt die Wahrscheinlichkeit eine Martingale mit Gewinn zu beenden 1 19 37 12 99 966 4 displaystyle 1 left frac 19 37 right 12 approx 99 9664 nbsp Das scheint nun wirklich eine hervorragende Chance zu sein aber Im Falle des glucklichen Abschlusses gewinnt der Spieler nur 10 wahrend er im Falle eines Verlustes 40 950 verliert namlich 10 20 40 20480 40950 displaystyle 10 20 40 dotsb 20480 40950 nbsp Fur die Spielbank ist nicht so sehr die Gewinn Wahrscheinlichkeit als vielmehr die Gewinn Erwartung von Bedeutung Der Erwartungswert fur den Spieler ist jedoch negativ 0 999 664 10 E U R 0 000 336 40950 E U R 3 77 E U R displaystyle 0 999664 cdot 10 mathrm EUR 0 000336 cdot 40950 mathrm EUR approx 3 77 mathrm EUR nbsp d h ca 37 7 des Anfangssatzes bei einer Spielserie Abgesehen davon ist kaum anzunehmen dass ein Spieler der mit einem Kapital von 40 950 das Casino betritt mit einem Einsatz von nur 10 zu spielen beginnt sodass fur ihn bereits eine wesentlich kurzere Verlustserie den Verlust des gesamten Spielkapitals bedeutet d h den Ruin im mathematischen Sinn Allgemein lasst sich aus der maximalen Spielanzahl n displaystyle n nbsp hier n 12 displaystyle n 12 nbsp und dem Starteinsatz S displaystyle S nbsp hier S 10 E U R displaystyle S 10 mathrm EUR nbsp der stets negative Erwartungswert berechnen E n S 1 38 37 n S displaystyle E n S left 1 left frac 38 37 right n right cdot S nbsp Die Tatsache dass ein Spieler im Fall des Auftretens von Zero nur den halben Einsatz verliert kann man so abbilden dass ein Spieler mit Wahrscheinlichkeit 18 75 zu 37 seinen Einsatz verliert und mit Wahrscheinlichkeit 18 25 zu 37 eine Einheit gewinnt der Bankvorteil in einem einzelnen Spiel entspricht dann gerade 0 5 37 1 35 so wie es auch im tatsachlichen Spiel mit Prison der Fall ist Man erhalt dann folgende Werte Mit Wahrscheinlichkeit 0 0287 d h 1 3487 wird die Martingale verloren mit Wahrscheinlichkeit 99 9713 wird die Martingale gewonnen Der erwartete Verlust betragt somit ca 1 75 d h ca 17 5 des Anfangssatzes je Spielserie Varianten des Martingalespiels BearbeitenAbgesehen vom Doublieren wurde noch eine Unzahl weiterer Martingale Strategien entwickelt die wichtigsten Beispiele weil einerseits historisch interessant und andererseits weit verbreitet sind die Montante Americaine oder Labouchere Labby Annulation Americaine die Montante Hollandaise oder Annulation Hollandaise die Progression d Alembert benannt nach dem Mathematiker Jean Baptiste le Rond d Alembert das Fitzroy System das System Montant et demontant All diese Spiel Strategien sei es dass der Einsatz im Verlustfall gesteigert wird oder sei es dass im Falle eines Gewinns erhoht wird siehe Parolispiel oder dass konsequent mit demselben Einsatz Masse egale gespielt wird sind tatsachlich nicht erfolgversprechend Der mathematische Beweis fur die Nichtexistenz sicherer Gewinnstrategien kann mithilfe der Martingal Theorie erbracht werden Etymologie BearbeitenDas Wort Martingale stammt aus dem Provenzalischen und leitet sich von der franzosischen Stadt Martigues im Departement Bouches du Rhone am Rande der Camargue ab deren Einwohner fruher als etwas naiv galten Der provenzalische Ausdruck jouga a la martegalo bedeutet so viel wie sehr waghalsig spielen Da die Martingale das bekannteste Spielsystem war und ist wurde der Begriff auch als Synonym fur Spielsystem gebraucht und so gab dieses Spielsystem der Martingal Theorie einem Teilgebiet der Wahrscheinlichkeitstheorie ihren Namen 1 Der gleichfalls Martingale genannte Hilfszugel im Reitsport soll ebenfalls nach der Stadt Martigues benannt sein doch hat diese Bedeutung des Wortes Martingale nichts mit dem Spielsystem zu tun Giacomo Casanova Bearbeiten nbsp Giacomo Casanova 1788Einer der vielen Spieler der Martingale war Giacomo Casanova er notiert in der Geschichte meines Lebens Vorher bat M M mich noch in ihr Kasino zu gehen dort Geld zu holen und mit ihr auf Halbpart zu spielen Ich tat es und nahm alles Geld das ich fand Damit spielte ich die Martingale indem ich stets die Satze verdoppelte ich gewann bis zum Ende des Karnevals taglich Ich hatte das Gluck niemals die sechste Karte zu verlieren und wenn mir das passiert ware so hatte ich kein Spielkapital mehr gehabt denn dieser sechste Satz betrug zweitausend Zechinen Ich freute mich den Schatz meiner teuren Geliebten vermehrt zu haben Nach anfanglichem Spielergluck vermerkt Casanova freilich wenig spater Ich spielte immer noch meine Martingale aber so unglucklich dass ich bald keine Zechine mehr hatte Da ich auf gemeinsame Rechnung mit M M spielte musste ich ihr Rechenschaft uber den Stand meiner Finanzen ablegen Auf ihr Drangen verkaufte ich nach und nach alle ihre Diamanten Den Erlos verlor ich wieder sie behielt fur sich nur funfhundert Zechinen fur den Fall der Not zuruck Von Entfuhrung war keine Rede mehr denn wie hatten wir uns mittellos durch die Welt schlagen sollen Aufgrund dieses literarischen Zeugnisses wird das Verdoppeln auch Martingale de Casanova genannt Siehe auch BearbeitenRoulette Systeme SpielerfehlschlussEinzelnachweise Bearbeiten The Origins of the Word Martingale PDF 1 2 MB In Jehps net Juni 2009 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Martingalespiel amp oldid 234876010