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Mainzer Schinken war eine seit dem Spatmittelalter bis zum Zweiten Weltkrieg uberregional verbreitete Bezeichnung fur Raucherschinken aus Mainz die zum Teil auch andere deutsche Herkunftsregionen einschloss Fur die Zeit vom 16 bis ins fruhe 20 Jahrhundert ist das relativ haltbare Metzgereierzeugnis als ein erfolgreiches Exportprodukt vor allem nach Frankreich uberliefert Durch den Ersten Weltkrieg und die Erfindung der Kuhltechnik verlor das Produkt seinen Markt bevor die Produktion in Mainz durch die Zerstorungen im Zweiten Weltkrieg beendet und die traditionelle Markenbezeichnung zunachst nicht weitergefuhrt wurde Seit 2007 wird in Mainz auf Grundlage wiederentdeckter Rezepte von einer einzelnen Metzgerei wieder Schinken mit der Bezeichnung Jambon de Mayence hergestellt und vermarktet Mainzer Schinken Inhaltsverzeichnis 1 Bezeichnung 2 Herstellung und Eigenschaften 3 Historische Erwahnungen 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseBezeichnung BearbeitenNoch bis zum Ersten Weltkrieg exportierte Mainz Schinken unter dem franzosischen Namen Jambon de Mayence als Delikatesse in die Pariser Markthallen Es darf jedoch angenommen werden dass die Bezeichnung Mainzer ahnlich wie bei dem Bayonner Schinken lediglich als Herkunftsbezeichnung fur Schinken der Region um Mainz also Rheinhessen oder auch der rechtsrheinischen Teile des Kurstaats Rheingau diente wobei die zentrale Logistik zur Vermarktung jeweils uber den Hauptort organisiert wurde Zeitweise erreichte der Mainzer Schinken eine solche Beliebtheit dass er als generische Bezeichnung jambon de Mayence fur alle deutschen Schinkensorten in Frankreich verwendet wurde 1 2 Herstellung und Eigenschaften BearbeitenZur spezifischen Rezeptur und Zubereitung des Mainzer Schinken und zu seinen besonderen Eigenschaften im Vergleich zu anderen Raucherschinken liegen nur sehr wenige Angaben vor Das Rezept galt noch 2005 unter den an einer Wiederbelebung der ehemals erfolgreichen Marke interessierten Mainzer Metzgern als verschollen 3 Laut der Oeconomischen Encyclopadie von Johann Georg Krunitz war Mainz ein besonderes Zentrum der Schinkenherstellung die Rezeptur jedoch allgemein im suddeutschen Raum verbreitet Die Schinken wurden demnach zunachst mit Salpeter Natrium oder Kaliumnitrat eingerieben oder gesalzen und anschliessend gepresst Nach einer Woche Pokelzeit wurden sie in Weingeist mit zerstossenen oder zerdruckten Wacholderbeeren gelegt und dann in Wacholderrauch gerauchert Durch diese Zubereitung bekommt das Fleisch nicht nur im Innern eine sehr schone Rothe sondern auch einen vortrefflichen Geschmack auch werden sie beinahe oder fast so hart wie Holz 4 In der englischen Ausgabe des Larousse gastronomique hiess es zur Zubereitung Mainzer Schinken wird gepokelt gewassert sodann in Branntwein oder Weinhefe eingelegt und fur langere Zeit gerauchert 3 Das beruhmte Kochbuch Le Cuisinier Francois Der franzosische Koch 1651 erstveroffentlicht von Francois Pierre de La Varenne enthielt eine Zubereitungsanleitung fur Mainzer Schinken wonach dieser gesalzen und gewurzt in Weinhefe getrankt im Keller vergraben und schliesslich im Kamin uber Wacholder gerauchert werde 5 Von der in Norddeutschland hier vor allem beim Westfalischen Schinken vorherrschenden Zubereitung des Raucherschinkens unterschied sich die Mainzer Regionalvariante insbesondere durch die Wurzung durch Wein und Wacholderbeeren 4 Historische Erwahnungen Bearbeiten nbsp Die Futterung des Gargantua Lithographie von Daumier Von Francois Rabelais wird 1534 diese Spezialitat in seinem mehrbandigen humoristischen Romanzyklus um die beiden Riesen Gargantua und Pantagruel mit dem Bayonner Schinken qualitativ gleichgestellt Weitere Erwahnungen der Bezeichnung Mainzer Schinken in der franzosischen Literatur finden sich in Satire III Le repas ridicule 1665 von Nicolas Boileau 6 sowie im Titel einer Erzahlung von Erckmann Chatrian La Taverne du jambon de Mayence 1863 Als der amerikanische Staatstheoretiker und spatere Prasident der Vereinigten Staaten Thomas Jefferson 1788 wahrend seiner Zeit als in Paris stationierter Diplomat Mainz besuchte lobte er ausdrucklich diese Mainzer Spezialitat 7 Charles Dickens liess die Hauptfigur seiner Erzahlung Goodman Misery 1868 einem in seinem Birnbaum festhangenden Dieb drohen er werde ihn wie einen Mainzer Schinken rauchern und austrocknen 8 A cote des revenus du prince electeur ne nous laissez pas oublier les jambons de Mayence car nous sommes a la source Neben den Besitztumern des Kurfursten lasst uns nicht die Mainzer Schinken vergessen denn wir sind an der Quelle Les Sansculottes bei der Einnahme von Mainz 1792 Die Bereitung von Schinken Cervelatwursten u dgl zu Mainz verdient weil sie ins Grosse geht und einen erheblichen Ausfuhrartikel bildet nicht unerwahnt zu bleiben Vaterlandische Berichte fur das Grossherzogthum Hessen und die ubrigen Staaten des Deutschen Handelsvereins veroffentlicht 1835 In Frankreich wird der Jambon de Mayence nach wie vor als Kinder bzw Marschlied besungen 9 vergleichbar dem deutschen Lied Ein belegtes Brot mit Schinken Un jambon de Mayen ce V la qu ca commen ce deja bien Nous allons fair re boban ce A ce festin il ne manquera rien car j apercois Deux jambons de Mayence etc Literatur BearbeitenHiltrud Gill Heine Mainzer Schinken Mayence Ham Jambon de Mayence Edition Mayence Mainz 2007 ISBN 978 3 00 022516 1 deutsch englisch franzosisch Adolf Wild Mainzer Schinken ein Ratsel ist gelost In Mainz Vierteljahreshefte fur Kultur Politik Wirtschaft Geschichte Nummer 4 Jahrgang 1996 Verlag H Schmidt Mainz S 116 117 ISSN 0720 5945 Mit Gesang altes Rezept gefunden Mainzer Schinken wieder im Handel In Allgemeine Zeitung Mainz 5 Oktober 2007 uber Genios Deutsche Wirtschaftsdatenbank GmbH kostenpflichtiges Pressearchiv Ein Mainzer Schinken in Paris Zur Geschichte des einst beruhmten Mainzer Schinkens In Allgemeine Zeitung Mainz 7 Marz 2006Weblinks BearbeitenSuche nach Mainzer Schinken In Frankfurter Rundschau 2 Juni 2005 abgerufen am 1 Januar 2015 Franzosisches Kinderlied Jambon de Mayence chansons net comEinzelnachweise Bearbeiten Schinken In Meyers Konversationslexikon Vierte Auflage 1885 1892 Jean de La Tynna Almanach du commerce de Paris des departements de l Empire francais et de principales villes de monde Paris 1809 S 625 a b Suche nach Mainzer Schinken in Frankfurter Rundschau vom 2 Juni 2005 abgerufen am 2 Januar 2015 a b Artikel Schinken in der Oeconomischen Encyclopadie von Krunitz online abrufbar Katharine M Rogers Pork A Global History Reaktion Books London 2012 ISBN 978 1 78023 062 7 S 48 Maguelonne Toussaint Samat The History of Food Wiley Chichester 2009 ISBN 978 1 4443 0514 2 S 372 Marlene Hubel Uber all dem der Dom Literarische Stadtansichten von Mainz In Franz Dumont Ferdinand Scherf Friedrich Schutz Hrsg Mainz Die Geschichte der Stadt 2 Auflage Verlag Philipp von Zabern Mainz 1999 ISBN 3 8053 2000 0 S 1177 Charles Dickens All the Year Round Chapman and Hall London 1868 Band 20 S 11 Eckhart Kauntz Wie ein Kringel Identitat stiftet Lyoner aus dem Saarland In Frankfurter Allgemeine 14 Dezember 1996 S 10 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mainzer Schinken amp oldid 236297663