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Der M Fruhling war ein von 1979 bis 1997 bestehender Schweizer Verein der das Detailhandelsunternehmen Migros dessen Markenzeichen oftmals schlicht als M erscheint aus sozialen und okologischen Grunden kritisierte Seine Mitglieder entstammten hauptsachlich dem linken und grunen politischen Lager Bedeutendster Vertreter des M Fruhling war Hans A Pestalozzi Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Aktivitaten des M Fruhlings 3 Nachfolger 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenAngesichts der vom Club of Rome postulierten Grenzen des Wachstums und der Olpreiskrise hatte die Delegiertenversammlung des Migros Genossenschafts Bundes MGB im Jahr 1974 einstimmig neue Grundsatze fur eine langfristige Wachstums und Umweltpolitik beschlossen Sie verpflichteten die Migros zu einer freiwilligen Beschrankung und zur Unterstutzung des Umweltschutzes Autor des Grundlagenpapiers war Albin Heimann der Prasident der MGB Verwaltungsdelegation 1 Am 4 September 1978 veroffentlichte der MGB als erstes Schweizer Unternehmen uberhaupt eine Sozialbilanz Das vom Soziologen Meinolf Dierkes wissenschaftlich begleitete Werk galt als beispielhafter neuer Ansatz einer transparenten und verantwortungsbewussten Unternehmenspolitik Doch verschiedene Ereignisse fuhrten dazu dass grun alternative Kreise den von Generaldirektor Pierre Arnold gefuhrten MGB zunehmend unter Beschuss nahmen 2 Die 1935 von Migros Grunder Gottlieb Duttweiler ins Leben gerufene Zeitung Die Tat war im April 1977 von einer herkommlichen Tageszeitung in eine Boulevardzeitung umgewandelt worden Sie veroffentlichte zunehmend wirtschaftskritische und konsumentenschutzerische Artikel die sich auch gegen die Migros richteten Immer haufiger kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Herausgeber Arnold und Chefredaktor Roger Schawinski Gegen dessen Entlassung am 19 September 1978 protestierte die Redaktion drei Tage spater mit einem Streik und der Herausgabe einer Kampfzeitung mit der sie die als Anmassung empfundene Machtattitude der Migros Konzernleitung anprangerte Arnold reagierte indem er am 25 September das Erscheinen der Tat einstellte 3 Kurz darauf veroffentlichte Claude M Beck eine breit rezipierte Replik auf die Sozialbilanz Unter dem Titel M igros Wer denn sonst zerzauste er sie als Legitimationsversuch eines auf unverhullten Monopolkurs steuernden Giganten 2 Einen weiteren Eklat gab es im folgenden Jahr Hans A Pestalozzi der seit 1964 das mit der Migros verbundene Gottlieb Duttweiler Institut GDI leitete war zunehmend auf kritische Distanz zum Konzern gegangen Auf seiner Suche nach Alternativen zur vorherrschenden Wachstums und Konsumgesellschaft postulierte er seine kritischen Ansichten zu Umwelt und Gesellschaft auf immer radikalere Weise Die Gottlieb und Adele Duttweiler Stiftung Tragerin des GDI befurchtete dass das Institut in der Offentlichkeit mit Pestalozzis Privatmeinung identifiziert wurde und entliess ihn am 30 September 1979 fristlos 4 Aktivitaten des M Fruhlings BearbeitenIm Oktober 1979 grundeten Pestalozzi und Gleichgesinnte den Verein M Fruhling Dieser verfolgte die Absicht die Migros zu demokratisieren und zu dezentralisieren sowie eine umweltfreundliche und entwicklungspolitisch verantwortungsvolle Unternehmenspolitik durchzusetzen 5 Im Dezember 1979 wandte sich der Verein an einer Pressekonferenz mit kritischen Forderungen gegenuber dem MGB an die Offentlichkeit Er forderte von der Migros mehr Verantwortung fur die Konsumenten die Umwelt und die Mitarbeiter ebenso eine wirklich freie und demokratische Wahl der Migros Geschaftsfuhrung durch die uber eine Million Genossenschafter Hierzu wollte der Verein bei den normalerweise eher routinemassigen Wahlen eigene Gegenkandidaten zu den offiziellen Anwartern aufstellen 2 Auch wenn von vornherein absehbar war dass der Verein kaum seine Forderungen durchsetzen wurde legte ihm die Geschaftsleitung Hindernisse in den Weg So waren fur eine unabhangige Kandidatur mehrere Tausend Unterschriften erforderlich die ihrerseits nur mit Angabe der Genossenschafter Nummer gultig waren Dies erschwerte das Sammeln der benotigten Unterschriften erheblich da die wenigsten Migros Genossenschafter ihren Genossenschafts anteilschein mit Nummer auf sich trugen Der Verein M Fruhling erreichte schliesslich auf juristischem Weg dass er die fehlenden Nummern aus dem Mitgliederregister abschreiben durfte 6 Ab Februar 1980 veroffentlichte der Verein eine eigene professionell gestaltete Zeitung Auf der Frontseite der ersten Nummer listete er unter dem Titel Was will der M Fruhling seine Anliegen auf Er forderte eine Dezentralisierung der Migros den Verzicht auf die reine Expansionspolitik die Beachtung von Umwelt und Tierschutzaspekten sozialere Arbeitsbedingungen fur die Angestellten sowie fairen Handel mit Produzenten in Entwicklungslandern 7 Den Wahlkampf der in den Medien grosse Beachtung fand eroffnete der Verein im April mit dem 250 seitigen Manifest M Fruhling Vom Migrosaurier zum menschlichen Mass Am 13 April strahlte Television Suisse Romande ein Streitgesprach zwischen Pierre Arnold und Nationalratin Yvette Jaggi aus der Tages Anzeiger druckte die ins Deutsche ubersetzte Mitschrift ab In den Regionalgenossenschaften in der ganzen Schweiz gab es Gegenkandidaten des M Fruhlings zu denen auch die Bananenfrau Ursula Brunner gehorte Hauptanwarter fur das Prasidium des MGB waren Amtsinhaber Pierre Arnold und Hans A Pestalozzi 8 Insgesamt erhielten die Kandidaten des M Fruhlings 19 9 der Stimmen konnten jedoch kein Amt innerhalb der Genossenschaft einnehmen weil ein Majorzsystem zur Anwendung kam 9 1983 erhohte der MGB die Hurden fur eine Kandidatur bei Genossenschaftswahlen was die Position des M Fruhlings schwachte Nach Gerichtsprozessen gegen strengere Wahlstatuten kam es 1984 und 1988 zu weiteren Kandidaturen bei den Genossenschaften Basel und St Gallen die aber erfolglos blieben Bis 1994 gab der M Fruhling seine Zeitung vierteljahrlich als Gegenstuck zum Migros Publikationsorgan Wir Bruckenbauer heraus und trug so zur vermehrt okologischen und sozialen Ausrichtung der Migros und zur Sensibilisierung der Konsumenten bei 10 Am 21 Juni 1997 beschloss der Verein seine Auflosung Nachfolger Bearbeiten2004 wurde der Migros kritische Verein Sorgim gegrundet der wie der M Fruhling eine Demokratisierung des Konzerns anstrebt 11 Literatur BearbeitenBeat Mahler Vom Migrosaurier zum menschlichen Mass Disput um eine alternative Migros Ende der 1970er Jahre In Katja Girschik Albrecht Ritschl Thomas Welskopp Hrsg Der Migros Kosmos Zur Geschichte eines aussergewohnlichen Schweizer Unternehmens hier jetzt Baden 2003 ISBN 978 3 906419 64 0 S 220 237 Alfred A Hasler Das Abenteuer Migros Die 60 Jahre junge Idee Hrsg Migros Genossenschafts Bund Migros Presse Zurich 1985 Weblinks BearbeitenBestand Verein Migros Fruhling in den Findmitteln des Schweizerischen Sozialarchivs Website des Vereins SorgimEinzelnachweise Bearbeiten Mahler Vom Migrosaurier zum menschlichen Mass S 221 a b c Mahler Vom Migrosaurier zum menschlichen Mass S 227 Einstellung der Tat In Neue Zurcher Zeitung 26 September 1978 S 31 Hasler Das Abenteuer Migros S 348 Hasler Das Abenteuer Migros S 349 Mahler Vom Migrosaurier zum menschlichen Mass S 228 Mahler Vom Migrosaurier zum menschlichen Mass S 229 230 Mahler Vom Migrosaurier zum menschlichen Mass S 229 Christoph Wehrli Alternatives Experiment mit der Migros Neue Zurcher Zeitung 11 Dezember 2017 abgerufen am 17 November 2019 Beat Mahler Fruhlingsputsch im Migros Land WOZ Die Wochenzeitung 26 Februar 2004 abgerufen am 17 November 2019 Interview mit Pierre Rappazzo in Zurichsee Zeitung 11 Juni 2012 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title M Fruhling amp oldid 203835096