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Die zehn Mohrendorfer Wasserschopfrader an der Regnitz gehoren zu den letzten ihrer Art in Mitteleuropa und sind ein einmaliges Kulturdenkmal Sie schopfen mit am Rad befestigten Holzeimern das warmere und sauerstoffreiche Oberwasser aus dem Fluss in ein Rinnensystem zur Bewasserung der Felder und machen dadurch die anliegenden Wiesen besonders ertragreich Wasserschopfrader im Vordergrund das Schmiedsrad im Hintergrund das Rinig Rad Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Die zehn Rader und ihre Paten 3 Aufbau 3 1 Stauanlage 3 2 Radstatt 3 3 Schopfrad 3 4 Bewasserungssystem 4 Wasserradgemeinschaft Mohrendorf 5 Wasserschopfrad als Gemeindewappen 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Das Vierzigmannrad mit Stauwehr Flugel Die Wasserschopfrader in Mohrendorf sind bereits fur den Anfang des 15 Jahrhunderts belegt Im Jahre 1805 waren an der Regnitz zwischen Furth und Forchheim auf einer Lange von ca 25 Flusskilometern noch etwa 190 solche Wasserrader in Betrieb so viele wie an keinem anderen Fluss in Mitteleuropa Man vermutet dass die in Mesopotamien bereits 250 Jahre v Chr bekannte Technik durch Kreuzritter Jerusalempilger und Nurnberger Kaufleute nach Franken gebracht wurde Gemass der in Teilen heute noch gultigen Baiersdorfer Wasserordnung aus dem Jahre 1693 durfen die Schopfrader nur von 1 Mai bis 30 September betrieben werden Die wuchtigen Holzkonstruktionen die an Muhlrader erinnern werden heutzutage von ehrenamtlichen Helfern zu Beginn der Sommersaison aufgestellt und am Ende der Saison abgebaut und eingelagert Siehe auch Regnitz Die zehn Rader und ihre Paten BearbeitenDerzeit sind zehn Wasserschopfrader in Betrieb 1 nbsp 1 Wasserwiesenrad nbsp 2 Vierzigmannrad nbsp 3 Rinnigrad nbsp 4 Schmiedsrad nbsp 5 Weidackerrad nbsp 6 Schlossangerrad nbsp 7 Kleines Schaferrad nbsp 8 Kennerleinsrad nbsp 9 Altes Schaferrad nbsp 10 BauernradJedes Wasserschopfrad hat einen Sponsor der mit seinem Team das Rad im Fruhjahr aufbaut wahrend der Saison pruft und wartet im Herbst wieder abbaut und im Winter auseinanderbaut trocknet einlagert und vor allem beschadigte Holzteile repariert oder erneuert Die Rader sind flussaufwarts nummeriert also in Richtung der wachsenden Flusskilometrierung Diese beginnt an der Mundung der Regnitz in den Main Donau Kanal Sieben Rader stehen am linken Flussufer drei am rechten Ufer Nur das Vierzigmannrad ist als Doppelrad mit Kumpfen an beiden Radkranzen in Betrieb Nr Name Paten Pos km li re Kumpfe Bemerkungen1 Wasserwiesenrad Freie Wahler Mohrendorf 2 49 641468 N 11 006517 O 49 6414676 11 006517 39 65 links 24 REWE2 Vierzigmannrad Gemeinde Mohrendorf 3 49 637873 N 11 004591 O 49 6378727 11 0045913 40 00 rechts 2 x 18 Tisch und Bank Storch Biotop3 Rinnigrad CSU Mohrendorf 49 636977 N 11 004333 O 49 6369768 11 0043325 40 05 links 244 Schmiedsrad Wasserwirtschaftsamt Nurnberg 49 637232 N 11 004921 O 49 6372317 11 0049212 40 10 rechts 24 Parkplatz Tafel5 Weidackerrad Harald Rudolph Landwirt 49 635375 N 11 006112 O 49 6353748 11 0061121 40 20 rechts 24 Parkplatz6 Schlossangerrad Grunes Burgerforum Mohrendorf 4 49 63502 N 11 005875 O 49 6350204 11 0058747 40 21 links 24 5 7 Kleines Schaferrad Verein Zufriedenheit Oberndorf 49 629172 N 11 006984 O 49 6291719 11 0069838 41 20 links 24 Sitzbank Oberndorf8 Kennerleinsrad Hans Rudolph Landwirt 49 626344 N 11 006741 O 49 6263443 11 0067411 41 60 links 249 Altes Schaferrad Burschenverein Renner 49 625085 N 11 003373 O 49 6250846 11 0033729 41 88 links 2410 Bauernrad Erlanger Stadtwerke 49 623755 N 11 000494 O 49 6237554 11 0004942 42 15 links 24 Naturerlebnispfad Station 10 1Aufbau BearbeitenEine Wasserschopfrad Anlage besteht aus der Stauanlage der Radstatt dem Schopfrad und dem Bewasserungssystem Stauanlage Bearbeiten nbsp StauanlageDie Stauanlage oder der Flugel ist ein kleines schrag in den Fluss vorgebautes Wehr das den Fluss etwa 10 cm hoch aufstaut Es leitet das Wasser zur Radstatt Unter ihm auf dem Flussgrund liegt der Grundbaum ein schwerer Eichenbalken von 50 x 35 cm bei grosser Lange des Wehres meist aus mehreren Balkenstucken nacheinander Im Grundbaum werden alle 75 cm Vierkant Locher ausgestemmt Durch jedes zweite Loch wird eine etwa 3 Meter lange Nadel in den Flussgrund getrieben und dadurch der Baum fest im Fluss verankert Die Verlegung eines Grundbaumes dauert auch mit modernen Hydraulikgeraten fast zwei Wochen lang Der Grundbaum hat eine Lebensdauer von etwa 100 Jahren da er standig unter Wasser liegt Im Fruhjahr wird dann darauf das eigentliche Wehr gebaut Dazu werden Docken Vierkant Holzer aus Eiche in die noch freien Locher des Grundbaumes gesteckt Zwischen den Docken werden Flugelbretter befestigt 3 Meter lang 20 cm hoch und 3 cm an denen sich das Wasser staut Der Aufbau der Wehre im stromenden Fluss ist eine harte Arbeit Im Herbst werden Flugelbretter und Docken wieder entfernt und eingelagert Radstatt Bearbeiten nbsp Radstatt 6 Pfahle 2 Jochbalken 2 Stege Die Radstatt oder Radstube ist das Untergestell fur das Schopfrad und bleibt ganzjahrig im Flussbett verankert Sie besteht aus zwei im Wasser stehenden Teilen Jeder Teil besteht aus drei Eichenpfahlen die parallel zum Ufer beziehungsweise zur Fliessrichtung des Flusses im Wasser stehen Die Pfahle wurden fruher mit einer Ramme eingerammt heute werden sie mit einem Bagger etwa 1 Meter tief in den Flussgrund gedruckt Dazu muss manchmal eine Steinschuttung als Arbeitsplattform in den Fluss eingebracht und anschliessend wieder entfernt werden Auf den drei Pfahlen liegt der Jochbalken aus Kiefernholz So entstehen ein landseitiges und ein flussseitiges Joch Beide werden durch zwei Stege stabil miteinander verbunden Als Anlage des Wasserbaues gehort die Radstatt in den Verantwortungsbereich des Wasserwirtschaftsamtes und wird von diesem gebaut kontrolliert und gewartet Schopfrad Bearbeiten Das Schopfrad ist gleichzeitig der Wasserantrieb der Anlage und das Fordergerat fur das Bewasserungs Wasser Insgesamt besteht ein Wasserschopfrad aus uber 500 Teilen Sie werden durch mehr als 300 Holzkeile und Holznagel und 76 Spann und Fassringe zusammengehalten Ausser Wellenzapfen und Spannringen an der Welle und den Fassringen an den Kumpfen sind alle Teile aus Holz Das Schopfrad besteht aus folgenden Teilen Welle nbsp Wellenlager wassergeschmiertDie etwa 35 cm dicke Welle wird aus einem dicken Eichenstamm auf einer Bandsage rund geschnitten An beiden Enden wird ein etwa 70 Millimeter dicker Stahlzapfen eingefugt Mit je zwei Stahl Spannringen wird der Zapfen festgeklemmt und die Welle gegen Aufsplitterung geschutzt Die Stahlzapfen werden in einem Lagerbock Anwelle aus Eichenholz gelagert Dadurch entsteht ein Gleitlager Metall auf Holz mit Wasserschmierung Die Welle hat an jedem Ende drei rechteckige Durchbruche zur Aufnahme der drei Arme fur den Radkranz Arme nbsp 2 x 3 Arme 2 x 6 SpeichenJe drei Arme bilden die sechs Speichen fur einen Radkranz Die Arme sind aus Eiche gefertigt Der mittlere Arm ist gerade die zwei anliegenden leicht gekrummt damit sie am ausseren Ende genau zum Umfang des Radkranzes fluchten Sie werden durch die Welle gesteckt zentimetergenau ausgerichtet und mit Eichenkeilen fur die kommenden funf Monate fest verkeilt Die Arme sind etwa 4 Meter lang die Speichen also 2 Meter und bilden zusammen mit dem Radkranz ein Rad mit etwa 4 Meter Durchmesser Radkranz nbsp Krummlinge mit SchetterbretternDas Schopfrad hat zwei Radkranze Je sechs Krummlinge werden jeweils zu einem Radkranz verbunden Dazu werden sie einzeln auf die sechs Speichen gesteckt und mit einem Nasenzwicker und einem Keil auf der Speiche fixiert Die Krummlinge werden untereinander mit je zwei Schetterbrettern und vier Schetternageln zu einem Radkranz verbunden Die Krummlinge werden aus passend krumm gewachsenem Kiefernholz gefertigt damit die gebogenen Holzfasern der hohen Belastung durch die Wasserkraft standhalten Sie werden mit der Bandsage in ihre genaue Form geschnitten Schaufelbretter nbsp Schaufelbrettund Wasserband mit FroschkeilJedes Schopfrad wird von 24 Schaufelbrettern angetrieben Sie werden auf beiden Seiten mit je einem Wasserband und einem Froschkeil befestigt Wasserbander sind Bander aus Eichenholz die einige Zeit in heissem Wasser gekocht werden um sie in die gewunschte Form biegen zu konnen Sie werden um das senkrecht auf dem Radkranz liegende Schaufelbrett gelegt die Enden durch eine Bohrung im Radkranz gesteckt und von hinten mit einem Rundholzzapfen Froschkeil verkeilt Bei einigen Radern werden heute aus Zeitmangel die Eichenbander durch Bander aus Eisen ersetzt Schopfeimer nbsp KumpfeDie Schopfeimer oder Kumpfe transportieren das Bewasserungs Wasser aus dem Fluss ins Bewasserungssystem Die Kumpfe werden in alter Handwerkstradition der Kufer bis auf die drei eisernen Spannreifen komplett aus Holz gefertigt Die Kumpfe werden mit je zwei Kumfnageln aus Eichenholz am Radkranz befestigt Damit die Kumpfe beim Ausgiessen das Wasser in den Trog schutten konnen mussen sie etwas schrag vom Radkranz weg zeigend befestigt werden Das erreicht man dadurch dass der Ausguss des hinteren Kumpfes auf dem unteren Bauch des vorderen Kumpfes liegend befestigt wird Der vordere Kumpfnagel und der sich auf dem vorderen Kumpf abstutzende hintere Kumpf und der Radkranz bilden so ein stabiles Dreieck Dazu werden je zwei Kumpfnagel durch einen Kumpf gesteckt und in den dahinterliegenden Radkranz getrieben und dort mit Eichenkeilen fixiert Ein einfaches Schopfrad tragt 24 Kumpfe am landseitigen Radkranz Ein doppeltes Schopfrad tragt 36 oder 48 Kumpfe je 18 oder 24 landseitig und 18 oder 24 flussseitig Jeder Eimer fasst gut 30 Liter transportiert aber nur etwa 10 Liter bis ganz nach oben Ein Rad schopft also 240 Einzelrad 360 kleines Doppelrad oder 480 Liter Doppelrad je Umdrehung Bewasserungssystem Bearbeiten nbsp Entleerung in Trog und RinneJedes Wasserschopfrad versorgte fruher ein ausgedehntes Bewasserungsnetz Manchmal speisten auch mehrere Schopfrader gemeinsam ein solches Netz Die Kumpfe schopfen das Wasser aus dem Fluss Am oberen Scheitelpunkt der Raddrehung etwa 4 Meter uber Wasserspiegel schutten sie das Wasser aus Ein grosser Giesstrog fangt es auf und leitet es uber eine holzerne Ablaufrinne in die Bewasserungsgraben Ein System bestand aus vielen Graben und Kanalen zwischen denen mit Schutzen oder Schiebern der Wasserfluss verteilt und umgelenkt werden konnte 6 Ein einfaches Wasserrad schopft pro Tag etwa 1400 Kubikmeter Wasser oder 1 400 000 Liter Ein Rad versorgte damit bis zu 8 ha Wiesen Dank dieser Wiesenbewasserung konnten statt sonst nur einer nun drei Mahden Ernten von Heu und Grummet im Jahr eingebracht werden Da das Bewasserungsnetz gewohnlich Wiesen verschiedener Eigentumer bewasserte waren die Wasserungszeiten der einzelnen Grundstucke minutios festgelegt 7 Wasserradgemeinschaft Mohrendorf BearbeitenDie Wasserradgemeinschaft Mohrendorf e V wurde 1995 als gemeinnutziger Verein gegrundet Sie ist die Lobby fur die Wasserschopfrader gegenuber Behorden und Spendern macht Offentlichkeitsarbeit und wirbt und verwaltet Zuschusse und Spendengelder zum Unterhalt der Wasserschopfrader Mitglieder sind je zwei Vertreter jedes der zehn Rader Ein Obmann und sein Vertreter fuhren die Geschafte Wasserschopfrad als Gemeindewappen BearbeitenEin stilisiertes Wasserschopfrad befindet sich im Gemeindewappen von Mohrendorf ebenso im Wappen des Landkreises Erlangen Hochstadt den Further Stadtteilen Stadeln und Vach sowie der Gemeinde Hausen bei Forchheim 8 nbsp Mohrendorf nbsp Erlangen Hochstadt nbsp Stadeln Furth nbsp Vach Furth nbsp Hausen Forchheim Literatur BearbeitenRalf Durschner Die Mohrendorfer Wasserschopfrader Geschichte Zweck Technik und Zukunft Verlag Solare Zukunft 2001 ISBN 3 933634 08 3 Ralf Durschner 600 Jahre Wasserschopfrader Kunstliche Bewasserung im Rednitz Regnitz Becken Verlag Solare Zukunft 2013 ISBN 978 3 933634 33 7 Konrad Kupfer Die frankischen Wasserschopfrader Ein Beitrag zur Geschichte der Technik Wiesenkultur und Volkskunde Palm amp Enke Erlangen 1931 DNB 574518401 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Mohrendorfer Wasserschopfrader Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Regnitzraeder de offizielle Website der Wasserradgemeinschaft Mohrendorf Video mit den 10 Wasserschopfradern aufgenommen von Till Hoenig mit einer DrohneEinzelnachweise Bearbeiten Chronik der Gemeinde Mohrendorf OCLC 634036795 Langjahriger Vorbesitzer des Wasserwiesenrades war Hans Rentsch Landwirt Langjahriger Vorbesitzer des Vierzigmannrades war der Stammtisch Kohlmann Langjahriger Vorbesitzer des Schlossangerrades war die Gemeinde Mohrendorf gebaut 1856 Memento vom 19 April 2018 im Internet Archive als nach dem Bau des Ludwigskanals das Wegrad und das Weidackerrad auf die Wasserrechte fur je 12 Kumpfe verzichteten Weitere Details in Die Chronik der Gemeinde Mohrendorf 2007 Schopfrader und Wiesen In Stadt Land Fluss Erlangen und die Regnitz 2013 Link unter den Wappen in der Wappen Galerie fuhrt zum Kapitel Heraldik der betreffenden Gemeinde nbsp Karte mit allen Koordinaten OSM WikiMap Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mohrendorfer Wasserschopfrader amp oldid 231916280