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Ludwig Friedrich Griesinger 2 Juni 1767 in Stuttgart 22 Februar 1845 ebenda war ein wurttembergischer Jurist Politiker und Publizist Leben BearbeitenLudwig Friedrich Griesinger war der altere Bruder des Diplomaten und Schriftstellers Georg August von Griesinger 1769 1845 Im Alter von 15 Jahren verlor er seinen Vater Georg Christoph Griesinger 1734 35 1782 der Regierungsrat und Stadtoberamtmann in Stuttgart gewesen war Daraufhin ubernahm seine energische Mutter Louise Dorothea geb Beutel von Leonberg die Erziehung von Ludwig Friedrich und seinen acht Geschwistern Ein alterer Bruder von Ludwig Friedrich studierte damals schon so dass dieser als der alteste zu Hause gebliebene Sohn seiner Mutter bei der Erziehung der kleineren Geschwister zur Seite stehen musste Sein Bruder spater sachsischer Legationsrat schrieb von ihm Mein Bruder Ludwig war von Jugend an ein selbstandiger mehr fester als weicher Charakter er betrieb seine Studien mit Ernst lernte gut Latein und wusste im hohen Alter seinen Horaz besonders die Ars poetica auswendig Im Alter von 17 Jahren bezog Griesinger die Universitat Tubingen um Rechtswissenschaft zu studieren und horte insbesondere die Professoren Hofacker Maier und Gmelin Das Positive zog ihn mehr an als metaphysische Spekulationen auf sogenannte elegante Jurisprudenz legte er grossen Wert Nach vollendeten Studien machte er 1797 als Begleiter des Geheimrats Immanuel von Rieger eine Reise nach London und kehrte von dort uber Berlin Leipzig Wien und Italien in seine Heimat zuruck Italien besuchte er spater nochmals in Gesellschaft des Buchhandlers Cotta Griesinger hatte sich vor allem dem Zivilrecht zugewandt Er trat als Schriftsteller schon zeitig hervor und zeichnete sich als solcher nicht nur durch Scharfsinn sondern durch eine ausgedehnte Kenntnis der einschlagigen Literatur des In und Auslandes aus Schon seine erste Schrift die Ubersetzung eines in Deutschland seltenen Buches von Rapolla das er in der offentlichen Bibliothek von Stuttgart vorfand zeigte in den beigegebenen Anmerkungen eine seltene Belesenheit in der zivilistischen Literatur namentlich des 16 und 17 Jahrhunderts Auch gelehrte Liebhabereien verfolgte er mit einem grossen Apparat an Gelehrsamkeit So schrieb er ein dickes Buch uber das Lichtrecht servitus luminum Dieses Werk das mehr ein literarisches Kuriosum ist verdankte seine Entstehung der zweiten Reise des Verfassers nach Italien wo er durch den Bau der Wohnungen und das heisse Klima auf die jedenfalls neue Idee eines Schattenrechts gebracht wurde Griesinger wurde Rechtsanwalt in Stuttgart und besass bald eine ansehnliche Praxis Bei personlichem Interesse vermochte er auch als Rechtsvertreter zweifelhafter Anspruche Prozesse zu gewinnen Diese Tatigkeit fuhrte ihn haufig auf das deutsche Zivilrecht Oft liess sich hier aber weder aus dem romischen Recht noch aus den geltenden Resten des germanischen Rechts eine Entscheidung gewinnen Dieser Umstand fuhrte ihn dazu hier selbst Hand anzulegen und so entstand sein Hauptwerk Kommentar uber das herzoglich wurttembergische Landrecht 10 Bande 1793 1808 Der Vorrede zufolge schrieb er dieses Werk auch fur juristische Laien Praktisch erwies sich das Werk als brauchbar besonders durch die vollstandige Literatur die er zu jedem Paragraphen zu geben bemuht war Nach dem Titel des ersten Bandes gab er das Buch nur in Kommission dies soll ihm eine betrachtliche Summe abgeworfen haben Am ausfuhrlichsten von allen Rechtsmaterien ist das Erbrecht in den zwei letzten Banden bearbeitet Nach Vollendung dieses Werks erlangte er 1808 aufgrund seiner bisher veroffentlichten Schriften den Doktorgrad bei der juristischen Fakultat in Tubingen Als Rechtsgelehrter hielt Griesinger nur das juristische Denken fur die Hauptsache indem er religiose und sittliche Momente zuruckwies Einen starren einseitigen Rechtssinn zeigte er denn auch in seiner standischen Laufbahn Einzelne scheinbar auffallende Entschlusse und Schriften sind hieraus zu erklaren Er vertrat in der wurttembergischen Standeversammlung 1815 den Oberamtsbezirk von Stuttgart Anfangs mit der Majoritat die sich gegen die von Konig Friedrich oktroyierte Verfassung aussprach trat er noch im gleichen Jahr zur Regierungspartei uber als er die Uberzeugung gewann dass es fur das Land besser sein wurde die neue Verfassung anzunehmen als an der alten festzuhalten Er blieb fest bei der Regierungspartei ohne sich ihr vollig unterzuordnen In dem Landtag von 1819 wurde Griesinger nicht gewahlt weil er sich bei der grossen Menge unpopular gemacht hatte Jedoch hatte seine Uneigennutzigkeit ihm die Achtung der Verstandigeren erhalten und er trat schon 1820 erneut als Abgeordneter des Oberamtes Stuttgart auf Auf diesem ersten verfassungsmassigen Landtag sprach er fur Friedrich List den spater beruhmt gewordenen Nationalokonomen als die Regierung gegen diesen wegen einer von ihm verbreiteten Adresse eine Kriminaluntersuchung einleiten wollte Auch als Mitglied der von der Kammer eingesetzten Organisationskommission war er gegen die Ansicht der Regierung zur Aufhebung der privilegierten Gerichtsstande Er verfolgte also seine eigene Bahn und liess sich in seinem Urteil nur von seinem strengen Rechtssinn leiten Da er nie auch nur einen Bruchteil seiner Anschauungen im Interesse des Ganzen opferte konnte er sich keiner Partei frei anschliessen Unter diesen Umstanden wurden manche seiner Ansichten einseitig Es war von ihm konsequent wenn er fruher gegen die viele Schreiberei und ihre Missbrauche kampfte und daher auch keinen Beamtenstaat wollte Wenn er aber gegen neue Organisationen war weil sie den Staat mit einer Anzahl neuer Beamten erfullten und demgemass das Budget belasteten oder wenn er 1824 sich deshalb gegen das Kreissystem erklarte weil dadurch das Vielregieren erleichtert werde so war dies vorwiegend ein doktrinarer Standpunkt dem der praktische staatsmannische Blick fehlte Die parlamentarische Tatigkeit sagte ihm bei seinem schroffen juristischen Denken nicht zu und er gab sie 1827 ganz auf um nur noch sich selbst und der Wissenschaft zu leben Die Anzahl von Griesingers Freunden war nicht sehr gross Obgleich er gemass seiner Orientierung fur einen akademischen Lehrstuhl gepasst hatte so schlug er die Universitatskarriere doch nicht ein weil er die Abhangigkeit als Beamter nicht mochte Er bewarb sich in seinem ganzen Leben um kein Amt weil er die unabhangige Stellung des Advokaten in der er auch zum Studieren Musse fand jedem Dienstzwang vorzog Die Achtung der gelehrten Welt besass er aber als Fachmann in hohem Grad Einer Anekdote zufolge wollte ihn der Minister Spittler einmal durchaus auf einen juridischen Lehrstuhl in Tubingen holen und brachte ihm selbst zu seiner Uberraschung ein schon ausgefertigtes Dekret ins Haus konnte ihn aber trotz mehrstundigen Zuredens nicht zum Verzicht auf seine Unabhangigkeit bewegen weshalb die Ernennung vor ihrer Publikation zuruckgezogen wurde Fur seine fruheren Lehrer in Tubingen und die Universitat bewies er aber eine grosse Anhanglichkeit und Pietat So setzte er zwecks einer bleibenden Familienstiftung fur studierende Sohne und in die Ehe tretende Tochter die Universitat Tubingen zur Universalerbin seines betrachtlichen Vermogens ein das er durch seine Tatigkeit als Anwalt und Schriftsteller verdient hatte Ferner uberliess er der Universitat auch seine vor allem aus juristischen Werken bestehende Bibliothek Ausser seiner Fachwissenschaft interessierten Griesinger die schonen Kunste insbesondere die Musik auch war er ein Naturfreund In den letzten 30 Lebensjahren krankelte er da er oft an Podagra litt und brachte deshalb fast jeden Sommer einige Monate in Baden Baden zu Er blieb unverheiratet und starb am 22 Februar 1845 im Alter von 77 Jahren in Stuttgart Ausser der zur Universalerbin bestimmten Hochschule Tubingen setzte er in seinem Testament auch ansehnliche Legate fur Verwandte fur das Burgerhospital und fur das Katharinenspital seiner Vaterstadt aus Werke BearbeitenDer Rechtsgelehrte oder die Art und Weise wie das Zivilrecht richtig erlernt und erklart wird Eine Abhandlung in zwei Buchern des Franz Rapolla koniglicher Kammerprasident zu Neapel Aus dem Lateinischen ubersetzt mit Vorrede und mehreren Anmerkungen begleitet Stuttgart 1792 Theoretischer Beweis dass das Anwachsungsrecht bei der Personaldienstbarkeit des Usus stattfinden konne Ein neuer Lehrsatz fur Theorie und Praxis des Zivilrechts Stuttgart 1792 Von der Verbindlichkeit der Vertrage nach allgemeinen Grundsatzen und besonders nach dem wurttembergischen Recht Tubingen 1793 Kommentar uber das herzoglich wurttembergische Landrecht Frankfurt und Leipzig 1793 1808 1830 erschien dazu ein alphabetisches Register Geschichte und Theorie der Suitat Stuttgart 1807 Drei Vortrage des Reprasentanten des Stuttgarter Oberamtsbezirks Konsul Dr Griesinger uber das konigliche Reskript vom 13 November gehalten in der Standeversammlung in der obengenannten Verfassungsfrage Frankfurt und Leipzig 1815 De servitute luminum et ne luminibus officiatur cum duplice appendice de servitute prospectus et fenestrae Leipzig 1819 Bemerkungen gegen den Vortrag des Herrn Justizministers Freiherrn von Maucler in der Kammer der Abgeordneten am 23 Februar 1821 Stuttgart 1821 Uber die Justizorganisation der neueren Zeit uber Untersuchungs und Verhandlungsmaxime und uber die Vorzuge der koniglich preussischen vor der neuesten koniglich wurttembergischen Justizeinrichtung Tubingen 1820 Der Buchernachdruck aus dem Gesichtspunkte des Rechts der Moral und der Politik betrachtet Stuttgart 1822 eigentlich eine im Juni 1822 gehaltene Rede in der wurttembergischen Standeversammlung in der er den Buchernachdruck verteidigte Uber den rechtlichen Wert der Lehensobservanzen uber die Rechtsregel femina semel exclusa semper exclusa uber Samtbelehnung und uber einen merkwurdigen 31 jahrigen noch nicht beendeten Lehensprozess Stuttgart 1825Griesinger setzte auch nach dem Tod von August Friedrich Wilhelm Danz dessen Handbuch des heutigen deutschen Privatrechts fort und schrieb dazu den neunten und zehnten Band Stuttgart 1822 23 Literatur BearbeitenLudwig Friedrich Griesinger in Neuer Nekrolog der Deutschen 23 Jahrgang 2 Teil Weimar 1847 S 1014 1023 R Pallmann Griesinger Ludwig Friedrich In Johann Samuel Ersch Johann Gottfried Gruber Hrsg Allgemeine Encyclopadie der Wissenschaften und Kunste 1 Sektion Bd 91 1871 S 45 ff Emil Julius Hugo Steffenhagen Griesinger Ludwig Friedrich In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 9 Duncker amp Humblot Leipzig 1879 S 668 f Normdaten Person GND 11683515X lobid OGND AKS LCCN ns2011000073 VIAF 47523580 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Griesinger Ludwig FriedrichKURZBESCHREIBUNG wurttembergischer Jurist Politiker und PublizistGEBURTSDATUM 2 Juni 1767GEBURTSORT StuttgartSTERBEDATUM 22 Februar 1845STERBEORT Stuttgart Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ludwig Friedrich Griesinger amp oldid 196428701