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Der Walter Benjamin Platz ist ein Platz im Berliner Ortsteil Charlottenburg des Bezirks Charlottenburg Wilmersdorf nordlich des Kurfurstendamms am sudlichen Ende der Leibnizstrasse zwischen Leibniz und Wielandstrasse Der 108 m 32 m grosse Platz ist an den Seiten mit den Leibniz Kolonnaden bebaut zwei zu ihrer Bauzeit umstrittene 2 achtgeschossige Bauten der Architekten Hans Kollhoff und Helga Timmermann 3 4 Walter Benjamin PlatzLeibniz KolonnadenPlatz in BerlinOstseite des Walter Benjamin Platzes 2019BasisdatenOrt BerlinOrtsteil CharlottenburgAngelegt 1999 2000Einmundende Strassen Leibnizstrasse westlich Wielandstrasse ostlich Bauwerke Leibniz KolonnadenNutzungNutzergruppen FussgangerPlatzgestaltung Wasserfontane von Hans Kollhoff und Helga Timmermann VerkaufskioskTechnische DatenPlatzflache 3456 m Baukosten 170 Mio Mark 1 Nachtlicher Walter Benjamin Platz mit Leibniz Kolonnaden mit Blick auf die Leibnizstrasse 2007Wasserfontane an der Leibnizstrasse Inhaltsverzeichnis 1 Baugeschichte 1 1 1900 1990 1 2 Seit der deutschen Wiedervereinigung 2 Architektur 3 Nutzung 4 Rezeption 5 Kontroverse um Zitat von Ezra Pound 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseBaugeschichte Bearbeiten1900 1990 Bearbeiten Bei der Bebauung des Areals um 1880 wurde das Gebiet von den Stadtplanern ausgespart 1910 entstand hier ein offentlicher Spielplatz und in den Kriegsjahren entstanden hier Unterkunfte fur Zwangsarbeiter Spater wurde er als Kohlenlager und als Schlittschuhplatz genutzt ab 1962 als Parkplatz Im Jahr 1984 fand ein Architekturwettbewerb fur das Gebiet statt den das Architekturburo Hans Kollhoff amp Helga Timmermann mit einem Entwurf fur einen uberdachten stadtischen Park gewannen Daraufhin stellte der Bezirk einen Bebauungsplan Aufstellungsbeschluss auf und die Plane wurden weiter uberarbeitet Ursprunglich waren die Gebaude nach den Bedingungen des sozialen Wohnungsbaus geplant Seit der deutschen Wiedervereinigung Bearbeiten Bedingt durch die politische Wende hatten sich die Moglichkeiten des Bezirks und die offiziellen Zustandigkeiten verandert sodass 1992 ein neuer Entwurf eingerichtet wurde der nur noch wenig mit dem ursprunglichen Entwurf eines uberdachten Parks zu tun hatte sondern einen Stadtplatz zeigte der mit funfgeschossiger Randbebauung und den doppelstockigen Arkadengangen der endgultigen Bebauung sehr nahekam Dieser Bebauungsentwurf fuhrte 1995 zu massiven Protesten der Anwohner die gerichtlich geklart wurden Als Gegenvorschlag zum lange Zeit umstrittenen Projekt brachten die Gegner des Vorhabens auch einen Gegenentwurf des Architekten Hinrich Baller ins Spiel Die Entscheidung wurde dem eigentlich dafur zustandigen Bezirksamt Charlottenburg durch den Berliner Bausenator Jurgen Klemann CDU entzogen Erst 1997 lag die Baugenehmigung vor 5 Das Richtfest fand am 26 Juni 1998 statt 6 die Fertigstellung erfolgte im Jahr 2000 Die beiden Gebaude sind jeweils 100 Meter lang und 26 Meter hoch Die Benennung erfolgte am 25 April 2000 7 auf Initiative der Mitglieder der SPD Fraktion der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg Wilmersdorf Marc Schulte spater fur Stadtrat Stadtentwicklung und Ordnungsangelegenheiten und Gisela Meunier Architektur BearbeitenDie beiden U formigen neoklassizistischen Hauserriegel gliedern sich in die anderthalb Etagen hohen Kolonnaden einen sieben oder achtgeschossigen Mittelteil und die kronende Balustrade Die Gebaudehohe betragt 26 m sodass die anschliessenden Gebaude mit der Berliner Traufhohe von 22 m um 4 m uberragt werden Der Komplex besteht aus zehn eigenstandigen Einheiten mit eigenen Zugangen die auch teilweise an der differenzierten Fassade erkennbar sind und die sich in der Geschosshohe und den unterschiedlichen Abstanden der Fenster zeigen Die Fassade ist mit grungrauem italienischem Sandstein Pietra Serena verkleidet und in einer strengen Rasterung durch die stehenden Fenster mit franzosischen Balkons versehen Die rund 3 5 m breiten Kolonnaden erstrecken sich zu beiden Seiten des 108 m langen Platzes und setzen sich an den Kopfseiten zur Leibnizstrasse fort Im Mezzanin Geschoss der Kolonnaden befinden sich Buros Nutzung BearbeitenDie Kolonnaden beherbergen verschiedene Restaurants und Ladengeschafte Die Saulen sind aus Kunststein gefertigt und geben ein Raster vor das in den Geschaften und dem Gebaude weitergefuhrt wird Der Boden ist mit hell und dunkelgrauen anthrazitfarbenen und konigsroten Marmorplatten belegt die sich in 28 Einheiten entsprechend den Saulen aufteilen Die Decke ist weiss geputzt und nimmt die Saulenstruktur auf die durch Streben aus dem Sandstein der Fassade betont wird In jeder der 28 Einheiten findet sich eine Art deco Lampe sodass der optische Eindruck der Kolonnade verstarkt wird Unter dem Platz befinden sich zwei Etagen Tiefgarage im Dachgeschoss ein Kindergarten und auf dem Dachgarten ein Spielplatz Die ruckwartigen Innenhofe sind mit gelben Putzfassaden und Rasenflachen einfacher gestaltet Hier finden sich herkommliche Kinderspielplatze Dominierendes Merkmal des Platzes ist die ungewohnlich grosse Freiflache des Platzes die mit Granitplatten quer zur Laufrichtung belegt ist An der Westseite zur Leibnizstrasse liegt ein Brunnen aus dem computergesteuert aus 115 Dusen 840 m Wasser pro Stunde empor schiessen An der Ostseite zur Wielandstrasse befindet sich ein sechseckiger Verkaufspavillon der vom nebenliegenden Restaurant bewirtschaftet wird Vor dem Restaurant steht eine Kastanie die mittels eines die beiden Garagengeschosse durchdringenden Pflanztroges Zugang zum Grundwasser hat nbsp Installation Sommer 2019 nbsp Kolonnaden mit Art deco Leuchten nbsp Nordseite nbsp Blick nach Osten nbsp Zugang Leibnizstrasse nbsp Ostseite mit Kiosk und KastanieIm Jahr 2021 etablierten sich im Sommer die Kolonnaden Konzerte im Kollhoff Ensemble Sie konzentrieren sich auf die Darbietung von Klassik und Jazz von Orchestern oder Solisten als Open Air Veranstaltung auf dem Walter Benjamin Platz 8 Rezeption BearbeitenDie Architektur wurde in der Berliner Zeitung mit der des Neoklassizismus der Nazizeit verglichen 9 Die Architekturkritikerin der Stuttgarter Zeitung nannte die Riegel kahl kalt und nackt und sie fuhle sich an Nazi Architektur erinnert Wolfgang Kil merkte an dass aus lebendigem Stein mit grossem Aufwand nur Platte hervorgegangen sei 1 Kontroverse um Zitat von Ezra Pound Bearbeiten nbsp Zitat Ezra PoundIn der Architekturzeitschrift Arch Nr 235 vom 25 Mai 2019 veroffentlichte die Architekturtheoretikerin Verena Hartbaum ihren Vorwurf der Architekt Hans Kollhoff habe durch eine Platte mit dem Zitat des US amerikanischen Schriftstellers Ezra Pound eine antisemitische Flaschenpost aus der Zeit des italienischen Faschismus in die deutsche Gegenwart hineingeschmuggelt 10 Die unscheinbare Platte die sich nahtlos in die Pflasterung einfugt tragt die Inschrift Bei Usura hat keiner ein Haus von gutem Werkstein Die Quadern wohlbehauen fugenrecht Dass die Stirnflache sich zum Muster gliedert Der Autor des ratselhaften Zitats ist nicht angegeben es entstammt der zwischen 1915 und 1962 entstandenen Gedichtsammlung The Cantos dem Hauptwerk Ezra Pounds Der Begriff Usura bedeutet im Italienischen Wucher und wurde von Pound fur das zinstreibende Judentum verwendet Kollhoffs eindeutig antisemitisch konnotierte Kapitalismuskritik ist demnach so zu verstehen dass der Zinswucher eine bauliche Wertarbeit verhindert Hartbaum hat diesen Vorwurf bereits in ihrem 2013 veroffentlichten Buch uber den Walter Benjamin Platz geaussert Kollhoff ausserte sich damals dazu ratselhaft Das ist ja das Schone an der Konfrontation von Walter Benjamin und Ezra Pound die personlich ja nicht stattgefunden hat dass man daran hypothetische Behauptungen knupfen kann die nicht selten ein grelles Licht werfen auf die fatale Geschichte des vergangenen Jahrhunderts Hans Kollhoff Personliche E Mail Hartbaums Kollhoffs vom Januar 2012 In einem Interview mit dem Tagesspiegel im Juni 2019 begrundete Kollhoff das Zitat von Ezra Pound mit Naturlich fragt man sich was haben Ezra Pound und Walter Benjamin mit einander sic zu tun Sie sind sich als Zeitgenossen wohl nie personlich begegnet obwohl das in Paris moglich gewesen ware Aber beide haben sich an ihrer Zeit gerieben beide glaubten sich nach den Erfahrungen des Ersten Weltkriegs und dann der Weltwirtschaftskrise auf der Spur von Antworten der eine im Sinne eines revolutionaren Sozialismus der andere unter dem Einfluss von Mussolinis Faschismus Beide gescheiterten Hoffnungen muss man vor allem aus ihrer Zeit heraus verstehen Doch wir durfen uns fragen was wir dennoch heute damit anfangen konnen Hans Kollhoff 11 Kollhoff sagte Der Vorwurf des Antisemitismus angesichts des Zitats aus Pounds Cantos ist unsinnig und vollig inakzeptabel Er halt den neuen Vorschlag Pound zumindest mit einem Zitat von Benjamin zu kontrastieren zwar fur interessant aber es erschiene ihm als Relativierung oder Korrektiv und dazu gibt es keinen Grund Kollhoff beharrte Pound war kein Antisemit weil er wenige Jahre vor seinem Tod im Gesprach mit dem judischen Dichter Allen Ginsberg seinen Antisemitismus den schwersten Fehler meines Lebens genannt hatte Am 27 Januar 2020 wurde die Platte entfernt 12 Literatur BearbeitenIngeborg Flagge Wolfgang Voigt Peter Cachola Schmal Architecture in Germany Prestel Verlag 2002 S 118 121 books google de Christina Haberlik Gerwin Zohlen Ein Stadtfuhrer zur Architektur des neuen Berlin 60 Bauten im Uberblick Nicolai Verlag 2002 ISBN 978 3 87584 275 3 S 70 f books google de Verena Hartbaum Der Walter Benjamin Platz Materialien zur Decodierung epubli Berlin 2013 ISBN 978 3 8442 7853 8 docplayer org Susanne Beyer Berliner Architekturstreit Am rechten Platz In Der Spiegel Nr 24 2019 online Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Walter Benjamin Platz Berlin Charlottenburg Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Walter Benjamin Platz In Strassennamenlexikon des Luisenstadtischen Bildungsvereins beim Kaupert Leibniz Kolonnaden bei Emporis Niklas Maak Antisemitische Flaschenpost In FAZ net 30 Mai 2019 abgerufen am 5 Juni 2019 Anh Linh Ngo ARCH News Diffamierung Eine Erwiderung In archplus net Abgerufen am 5 Juni 2019 Einzelnachweise Bearbeiten a b Helmut Caspar Berlins Baukunst Das Architekten Quartett In tagesspiegel de 30 Mai 2001 abgerufen am 2 September 2019 Hainer Weisspflug Leibniz Kolonnaden In Hans Jurgen Mende Kurt Wernicke Hrsg Berliner Bezirkslexikon Charlottenburg Wilmersdorf Luisenstadtischer Bildungsverein Haude und Spener Edition Luisenstadt Berlin 2005 ISBN 3 7759 0479 4 luise berlin de Stand 7 Oktober 2009 Stadtplatz aus Stein Eroffnung der Leibniz Kolonnaden in Berlin In baunetz de 14 Mai 2001 abgerufen am 14 Dezember 2017 Walter Benjamin Platz Leibniz Kolonnaden In berlin de 25 April 2000 abgerufen am 14 Dezember 2017 Freie Fahrt fur das Wieland Projekt Wohnbebauung von Hans Kollhoff in Berlin darf gebaut werden In baunetz de 12 Mai 1997 abgerufen am 14 Dezember 2017 Steinernes Berlin Richtfest fur Kollhoff Bau an der Wielandstrasse In baunetz de 29 Juni 1998 abgerufen am 14 Dezember 2017 Walter Benjamin Platz In Strassennamenlexikon des Luisenstadtischen Bildungsvereins beim Kaupert Konzerte in der Stadt In Berliner Abendblatt 15 Juni 2022 S 4 Hans Wolfgang Hoffmann Der schwerste Wohnungsbau Nachwende Berlins Die Leibnizkolonnaden von Hans Kollhoff Ewigkeitspathos fur Stadtfluchtige In Berliner Zeitung 6 April 2001 abgerufen am 27 November 2017 Verena Hartbaum Rechts in der Mitte Hans Kollhoffs CasaPound In archplus net 25 Mai 2019 abgerufen am 22 Juni 2019 Peter von Becker Berliner Architekturstreit Spiel mit der Provokation In Tagesspiegel Online 4 Juni 2019 abgerufen am 22 Juni 2019 Marcus Woeller Umstrittenes antisemitisches Zitat auf Berliner Platz wurde entfernt In Welt de 29 Januar 2020 abgerufen am 29 Januar 2020 52 501855 13 3143 Koordinaten 52 30 6 7 N 13 18 51 5 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Walter Benjamin Platz amp oldid 238401770