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Dieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer grundsatzlichen Uberarbeitung Naheres sollte auf der Diskussionsseite angegeben sein Bitte hilf mit ihn zu verbessern und entferne anschliessend diese Markierung Kunstwollen ist ein kunsthistorischer Begriff der erstmals 1856 von Heinrich Brunn in die wissenschaftliche Diskussion eingefuhrt wurde Der Begriff bezeichnet Charakteristik und zugleich Grenze asthetischer Gestaltung einer Epoche siehe auch Kunststil und den ihr eigentumlichen inneren Gestaltungsantrieb Demnach strebe jede Epoche menschlicher Entwicklung nach einer einzigartigen und nicht wiederholbaren Form der Gestaltung wobei Gestaltung hier im weitesten Sinne zu verstehen ist Aus kunsthistorischer Sicht komme daher eine Wertung einer Epoche gegen eine andere nicht in Frage In Folge wurde die Konzeption des Kunstwollens durch die Wiener Schule insbesondere aber durch die Wirksamkeit Alois Riegls zu einem der zentralen Bezugspunkte in Opposition zur klassischen Kunstvorstellung und Kunstgeschichtsschreibung Diese ging nahezu einheitlich von fuhrenden Kunstepochen aus und behandelte andere als ungleichrangige Vorganger Epigonen oder als Verfallsepochen Charakteristisch fur den Bruch mit der traditionellen Kunstgeschichte ist die wissenschaftliche Gleichstellung von Meisterwerk oder Kulturdenkmal mit den einfachsten Produkten des Handwerks sowie die grundsatzliche Ablehnung Epochen des Verfalls gegen Blutezeiten zu unterscheiden die im Kunstwollen ihre positive Aufhebung haben soll Genau wie die Unterscheidung von Meisterschaft gegen Epigone oder Schuler gehorte das Differenzieren von Blutezeit und Verfallsepoche zu den Grundlagen klassischer Kunstbetrachtung seit der Antike Man findet sie etwa einleitend zum Buch 35 der Naturgeschichte des Plinius so wie spater in der neuzeitlichen Konzeption der griechischen Kunst bei Giorgio Vasari sowohl als spater bei Johann Joachim Winckelmann Die griechische Kunst des 5 Jahrhunderts und die Kunst der Hochrenaissance galten bis weit ins 19 Jhd als massgebliche bzw klassische Kunstepochen Im Kontrast zu diesen galt die Kunst des Romischen Reichs bzw die Kunst des Barockzeitalters als epigonal und ungleichwertig Einzeluntersuchungen von Kunstwerken und Kunstdenkmalern gingen von massgeblichen Schulen Meistern und Meisterwerken aus Diese enthielten dieser Sicht nach eine Universalforderung an die eigene an jede andere Epoche und jeden anderen Kulturkreis Beispielhaft hier die Darstellung und Bewertung der Spatantike als Verfallszeit durch Jacob Burckhardt so ist in dieser Zeit eine Ausartung der Rasse wenigstens in den hohern Standen unleugbar die Kunst leistet den unwiderleglichen Beweis in unzahligen Denkmalern und zwar auch in solchen die keine Entschuldigung durch Ungeschicklichkeit des Kunstlers zulassen In den meisten Bildnissen dieser Zeit herrscht teils eine naturliche Hasslichkeit teils etwas Krankhaftes Skrophuloses Aufgedunsenes oder Eingefallenes vor Grabmonumente Munzen Mosaiken Boden von Trinkglasern alles stimmt hierin uberein ja vielleicht mehr als die Bildnisse uberhaupt sprechen die eigentlichen Idealfiguren der betreffenden Zeit in welchen die Kunstler das allgemein Gultige niederlegen wollen die Verschlechterung des damaligen Menschentypus aus Heinrich Brunn leitete die grundsatzlich neue Kunstauffassung als Ergebnis aus seinen Studien zur Antike ab Fassen wir zusammen was Wir uber die Vorzuge wie die Mangel der agyptischen Kunst bemerkt haben so durfen wir nicht zu behaupten wagen dass die Aegypter nicht anders und besser hatten bilden konnen sondern dass sie nicht anders bilden wollten Aus welchem Grunde Das werden wir erst durch einen Blick auf die ubrigen Verhaltnisse des agyptischen Lebens erkennen Damit war zum ersten Mal der klassischen Auffassung von Blute und Verfall aller Kultur von Seiten der Forschung her prinzipiell widersprochen Mit seiner Spatromische n Kunstindustrie legte Alois Riegl im Jahr 1901 die erste bedeutende Einzeluntersuchung zum Kunstwollen vor In diesem Werk pragte Riegl zugleich massgeblich den Begriff der Spatantike Riegl erweitert die brunnsche Auffassung im Sinne einer modernen Kunstphilosophie Dafur nimmt er in der Entwicklung des Menschen einen allgemeinen und zeitlosen Hedonismus zum Ausgangspunkt Alle Kunst jeder Epoche sei prinzipiell aus dieser hedonistischen Perspektive zu betrachten Riegl schreibt dazu Alles Wollen des Menschen ist auf die befriedigende Gestaltung seines Verhaltnisses zu der Welt gerichtet Das bildende Kunstwollen regelt das Verhaltnis des Menschen zur sinnlich wahrnehmbaren Erscheinung der Dinge es gelangt darin die Art und Weise zum Ausdruck wie der Mensch jeweilig die Dinge gestaltet oder gefarbt sehen will Der Charakter dieses Wollens ist beschlossen in demjenigen was wir die jeweilige Weltanschauung nennen in Religion Philosophie Wissenschaft auch Staat und Recht S 401 Die Idee es habe ungleichrangige Kunstepochen der Gestaltung gegeben wird damit untergraben Gegen die Forderung einer idealen und zeitlosen Kunstregel welche eine Kultur oder eine Epoche mehr und eine andere weniger beherrscht soll nunmehr von einem Kunstwollen auszugehen sein was die Moglichkeiten oder Anspruche der Kunstkritik uberhaupt einschrankt Die Intention Riegls unterscheidet sich dabei noch wesentlich von der seiner Fachkollegen denn Es soll also in diesem Buche nachgewiesen werden dass auch die Wiener Genesis gegenuber der flavisch trajanischen Kunst vom Standpunkte universalhistorischer Betrachtung der Gesammtkunstentwicklung einen Fortschritt und nichts als Fortschritt bedeutet Diese rieglsche Auffassung des Kunstwollens als Teil und sogar Motor einer zeitlosen Hoherentwicklung der bildenden Kunst blieb eine in der Forschung isolierte Einflussreich wurde dagegen neben anderen Konzeptionen die in den Jahren nach 1900 diskutiert wurden das Kunstwollen fur die Verwissenschaftlichung des Fachgebiets und damit fur die Angleichung der Kunstgeschichte an die Geschichtswissenschaft Nach einer These Konrad Hoffmanns ermoglicht das Prinzip Kunstwollen die analytische Platzierung eines jeden nur vorstellbaren Kunstprodukts in systematisch entwicklungsgeschichtlicher Hinsicht mit der an Naturwissenschaft und Technik professionell geschulten Effizienz und Durchsichtigkeit einer flexiblen Versuchsanordnung Ruckblickend bezeichnet das Kunstwollen eine Revolution in Grundfragen der Kunstwissenschaft auch dann wenn es in seiner Interpretation immer wieder bedeutende Unterschiede gegeben hat Heute hat der Begriff Kunstwollen als solcher eine relativ untergeordnete Bedeutung Er wird oftmals trivial verwendet In der Fachliteratur erscheint er mehr im Zusammenhang der Selbstreflexion oder als Markstein in der Historie der Kunstgeschichtsschreibung selbst Ganz anders steht es um die mit dem Begriff verbundene Bedeutung des Bruchs mit der Kunstgeschichte insbesondere seit Winckelmann wobei dem Konzept vom Kunstwollen eine Pionierfunktion zuerkannt werden muss Ernst Gombrich in seiner Schrift Kunst und Fortschritt kennzeichnet im Ruckblick den Bruch moderner Kunstwissenschaft mit der Tradition scharf an der Grenze zur Ideologie Jeder Student weiss schon im ersten Jahr dass Michelangelo nicht besser ist als Giotto sondern nur anders 1978 Ahnlich Georg Simmel im Sinne eines Glaubensbekenntnisses Ich glaube nicht an unvollkommene Religionen so wenig wie ich an unvollkommene Kunststile glaube Sind sie aber uberhaupt vollkommen Religion so sind sie auch vollkommene Religion gerade wie die Malerei des Trecento auch wenn sie keine Schatten keine naturliche Bewegtheit keine Perspektive zeigt dennoch so vollkommene Kunst ist wie die spatere die dies alles besitzt Giotto wollte eben etwas anderes als Raffael oder Velasquez Und wenn etwas uberhaupt als Kunst in dem Sinne vollkommen ist dass keine anderen Motive als kunstlerische das Werk formen wenn roh sinnliche Impulse Gefesseltheit an das zufallig Wirkliche Tendenzen aus anderen Interessengebieten nicht mehr in der Bilderscheinung hervortreten so ist jedes Kunstwollen jedem anderen gleichwertig Von Vollkommenheit oder Unvollkommenheit kann dann nur so insoweit die Rede sein als das individuelle Genie grosser oder geringer ist Kritik BearbeitenVon Bedeutung wurde in Folge vor allen anderen die Interpretation Panofskys und seine gegen das Kunstwollen gerichtete alternative Konzeption der Ikonologie Zu weiteren wichtigen Kritikern jener Epoche zahlen Forscher wie Heinrich Wolfflin und Ernst Heidrich Wolfflin halt an der Idee einer Klassischen Kunst fest erweitert aber den Begriff des Klassischen Fur Wolfflin bedeutet Klassische Kunst das Streben nach einem plastisch tektonischen klar und allseitig durchdachten Weltbild und der vollkommen klaren unbedingt fassbaren Formerscheinung Zyklisch folgen auf Epochen klassischer Kunst Epochen die ihre Identitat grade im Verbergen und in Unklarheit haben wie Wolfflin exemplarisch an der Folge des Barock auf das Zeitalter der Renaissance darstellt Die Autonomie je einzelner Epochen durch ein Kunstwollen wurde damit grundsatzlich relativiert und der Bezug zur Gestaltung der jeweils vorangegangenen Zeit wird wieder enger geknupft Literatur BearbeitenAlois Riegl Die spatromische Kunstindustrie 2 Bande 1901 und 1923 Neuausgabe Gebr Mann 2000 ISBN 978 3786123422 Andrea Reichenberger Riegls Kunstwollen Versuch einer Neubetrachtung Academia Verlag Sankt Augustin 2003 ISBN 3 89665 252 4 Andrea Reichenberger Kunstwollen Riegls Pladoyer fur die Freiheit der Kunst In Kritische Berichte Heft 1 2003 S 69 85 Online Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kunstwollen amp oldid 214309270