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Die Kotoko Staaten waren eine Reihe von Stadtstaaten im Delta des Flusses Schari sudlich des Tschadsees hauptsachlich im aussersten Norden des heutigen Kamerun daneben auch noch teilweise im angrenzenden Tschad sowie in Nigeria Die Herrscher der Staaten wurden Miarre genannt Spater ubernahm man den arabischen Herrschertitel Sultan die Stadtstaaten wurden als Sultanate bezeichnet In englischer und franzosischer Literatur welche die Hauptquellen darstellen ist auch gelegentlich von Furstentumern die Rede Tragervolk der Staaten waren die Kotoko welche sich nach den traditionellen Sultanaten in mehrere Stamme unterteilen und auch heute noch in der Region siedeln Inhaltsverzeichnis 1 Ursprung 2 Die Stadtstaaten 2 1 Liste der Staaten 2 2 Stadt und Gesellschaft 3 Geschichte 4 Heutige Situation 5 Literatur 6 EinzelnachweiseUrsprung BearbeitenDie Entstehung der Kotoko Staaten liegt aufgrund magerer schriftlicher Zeugnisse aus dieser Zeit weitgehend im Dunkel Dennoch ist sich die Wissenschaft recht einig dass sie die Erben der Sao Zivilisation sind welche etwa von 500 v Chr bis ins 16 Jahrhundert sudlich und westlich des Tschadsees existierte Der Begriff der Sao Zivilisation ist insgesamt recht schwammig es ist beispielsweise nicht klar ob die Sao Zivilisation kotoko sprachig war oder ob sie gar aus mehreren Volkern bestand Eine These besagt dass die Kotoko aus dem Suden eingewandert sind und sich im Tschadseegebiet mit den Sao vermischten Recht eindeutig ist dass die Kultur der Sao mit dem Einzug der von Kanem Bornu aus vorangetriebenen Islamisierung erlosch 1 Die fur die Sao Kultur typischen Terrakottafiguren wurden von den oberflachlich islamisierten Kotoko nicht mehr hergestellt Im Grundungsmythos vieler Sultanate der Kotoko werden die Sao genannt So besagt beispielsweise der des Sultanates Makari dass der Grunder der Hauptling Moussakala als einer von 24 Hauptlingen der Sao aus dem Tschad auf der Suche nach Land zum Besiedeln eingewandert sei 2 Die Stadtstaaten BearbeitenListe der Staaten Bearbeiten Die Kotoko waren in einer Vielzahl an Stadtstaaten organisiert Ahnlich wie bei den griechischen Poleis nur mit geringerer Bevolkerungszahl war praktisch jede grossere Siedlung unabhangig auch kam es zu Koloniegrundungen Daraus resultierte eine grosse Zahl an Kleinststaaten von denen die wichtigsten hier aufgelistet sind Afade Bodo Kouda Chaoue 3 Djilbe Goulfey Houlouf Kabe Kala Kafra Kousseri Logone Birni Logone Gana Makari Maltam Mara Mdaga Midigue Ndufu Nigeria 4 Sao Sou Tilde Wulki Zgague Zigue Dabei ist zu beachten dass gerade die westlichen Staaten fruh von Kanem Bornu erobert und ins Reich eingegliedert wurden Zudem gibt es eine Reihe weiterer Siedlungen die von ihrer Struktur her ins Schema der Stadtstaaten der Kotoko passen in Quellen aber nicht auftauchen Dies ist aufgrund der sparlichen schriftlichen Uberlieferungen gerade aus der Fruhzeit nicht besonders verwunderlich Daher ist davon auszugehen dass diese Aufzahlung nicht vollstandig ist Stadt und Gesellschaft Bearbeiten Die Stadte welche das Zentrum des Staates darstellten waren von imposanten Erdwallen umgeben Den zentralen Platz mit dem teils mehrstockigen Sultans oder Herrscherpalast umgaben dicht aneinandergedrangte Hauser Die Sare genannten Wohneinheiten waren von einer Mauer umgeben welche je nach Wohlstand und Grosse des Haushaltes mehrere viereckige Gebaude in Lehmbauweise sowie mit Flachdach umfassten Die Wohneinheiten waren zu Vierteln organisiert welche durch Gassen getrennt sind Die einzelnen Viertel hatten eine Art Hauptling genannt Bilama welche von den Altesten gewahlt wurden Diese Altesten waren auch Teil von verschiedenen Raten welche unter dem Vorsitz des Sultans stattfanden Die erweiterte Familie umfasste alle Nachkommen eines Yarew genannten Grundervater zuruck und bildete den Grundstein der Gesellschaft der Kotoko Die Kotoko kannten ein hierarchisches System bei welchem der Sultan die Spitze bildete dazwischen Freigeborene und von Sklaven Abstammende sowie schliesslich die Sklaven Als die Stadtstaaten durch den Einfluss Kanem Bornus im 16 Jahrhundert mit dem Islam in Verbindung kamen wurde die Oberschicht leicht islamisiert Der Suden gerade das machtige Logone Birni bekam erst etwa 200 Jahre spater eine muslimische Elite Nichtsdestotrotz blieben die alten Kulte einflussreich Imame mussten ihre Position am Hofe mit traditionellen Priestern teilen es existierten neben den Moscheen auch Schreine der traditionellen Religionen und in Islamische Feste waren zahlreiche regionale Kulte eingearbeitet 5 Parallel mit den Staaten haben sich auch mehrere Sprachen der Kotoko entwickelt Zentrum der Sprache Mpade ist beispielsweise Makari Mser wird vor allem in Kousseri gesprochen Maslam in Maltam Lagwan bei den Stadten Logone Birni und Logone Gana die Sprache Afade in Afade und Malgbe in der Umgebung von Goulfey Alle diese Sprachen gehoren zu Kotoko eine Hochsprache gibt es jedoch nicht Geschichte BearbeitenVon den Kotoko Staaten ist etwa ab dem 15 16 Jahrhundert die Rede Zu Beginn der Herrschaft von Idris Alauma 1564 1596 brachte das Reich Kanem Bornu die nordlichen Kotoko Staaten unter seine Kontrolle Unter diesen waren Afade Makari und auch Ndufu Dennoch wurden die ostlichen und somit weiter von Bornu entfernten Gebiete weiterhin von Sultanen beherrscht Uber das Schicksal der westlichen Stadtstaaten wie Ndufu ist nichts bekannt allerdings siedeln dort heute keine Kotoko mehr 6 Staaten an der Peripherie wie zum Beispiel Kousseri hatten von nun an Tribut an Kanem Bornu zu entrichten Noch weiter entfernte Kotoko Staaten wie Logone Birni oder Houlouf und andere Staaten des Sudens blieben vorerst unabhangig Logone Birni gelang es ab 1650 sogar zu expandieren So wurden unter anderem die Stadtstaaten Houlouf und Kabe unterworfen und Logone Birni entwickelte sich zu so etwas wie dem Schirmherr der freien das heisst von Kanem Bornu unabhangigen Kotoko Staaten Ende des 18 Jahrhunderts jedoch wurde auch Logone Birni Kanem Bornu gegenuber tributar In diese Zeit fallt auch der Aufstieg des Sultanats Bagirmi welches ostlich der Kotoko Staaten lag In der Folgezeit brach eine Zeit des Niedergangs in Kanem Bornu an bedingt durch die Expansion des Kalifates von Sokoto einem Staat der Fulbe wahrend das Sultanat Bagirmi erstarkte Durch geschickte Diplomatie gelang es Logone Birni seine Autonomie mehr oder weniger zu wahren Das Land der Kotoko wurde Zeuge mehrerer Schlachten zwischen den Reichen Kanem Bornu Bagirmi und dem Sultanat Wadai und litt auch unter darauf folgenden Raubzugen Im 19 Jahrhundert kam es zu einer massiven Einwanderung von Schua Arabern eine Entwicklung die die traditionelle Gesellschaft der Kotoko in ihren Grundfesten erschuttern sollte wie sich spater noch zeigte Eine weitere Destabilisierung fand statt als der arabische Sklavenhandler und Kriegsherr aus dem Sudan Rabih az Zubayr ibn Fadl Allah 1893 Kanem Bornu mit einem Soldnerheer vernichtete die Hauptstadt Kukawa verwustete und nun uber die Lander Rund um den Tschadsee herrschte Sieben Jahre spater wurde Rabih von einer Franzosischen Armee unter Francois Lamy attackiert und in der Schlacht bei Kousseri im Jahre 1900 besiegt und getotet Die wichtigsten Stadte der Kotoko Makari Kousseri und Logone Birni fielen jedoch aufgrund der in der Kongo Konferenz geschlossenen Vertrage nicht an das Franzosische Kolonialreich sondern an das Deutsche Reich 1902 wurden die Gebiete durch Oberst Curt Pavel in das Schutzgebiet Kamerun eingegliedert Unter der deutschen Kolonialherrschaft wurden die traditionellen Strukturen recht unbehelligt gelassen lediglich in Kousseri wurde ein Stutzpunkt errichtet Als das Gebiet im Ersten Weltkrieg vom Franzosischen Kolonialreich einverleibt wurde ubertrug der Kolonialadministrator Emile Gentil das Land der Kotoko an Jaggara dem ersten Scheich der Schua Araber welcher sich den Franzosen angeschlossen hatte Das Serbewel Sultanat genannte Herrschaftsgebiet mit der Hauptstadt Goulfey welches weiterhin der franzosischen Kolonialverwaltung unterstand konnte sich indes nicht konsolidieren Von 1914 an kam es zu erheblichen Spannungen Die entmachteten Herrscher der Kotoko Sultanate Makari und Afade stellten eine Armee auf und zogen gen Goulfey Die daraufhin von den Franzosen gestartete Strafexpedition richtete sich paradoxerweise gegen Shuwa Araber und nicht gegen die Aufstandischen Da Jaggara nun seiner Machtbasis beraubt war initialisierte die Kolonialverwaltung eine Neuordnung des Landes Das Land wurde 1953 nach dem Vorbild der Kotoko Sultanate in funf Kantone unterteilt namentlich Makari Goulfey Wulki Afade und Bodo Weiter sudlich existierte mindestens noch das Kotoko Sultanat Logone Birni welches von den Unruhen nicht betroffen war da es offensichtlich nie zu einer Eingliederung in das Serbewel Sultanat gekommen war 7 Heutige Situation BearbeitenEinige der Sultanate der Kotoko existieren bis heute unter anderem das von Makari sowie das von Logone Birni Die Sultane haben heute jedoch lediglich eine rein reprasentative Rolle inne 8 Seit etwa 1985 haben zwei Stromungen des Islam Sunnismus und Wahhabismus Einzug gehalten und die kulturelle Landschaft schwer erschuttert Die traditionellen Kulte die mehrere Jahrhunderte lang eine Koexistenz oder sogar eine Mischform mit dem Islam bildeten wurden hingegen fast ganzlich verdrangt 9 Auch Kultur und Sprache der Kotoko stehen am Abgrund Durch den Zuzug von Schua Arabern sind die Kotoko zur Minderheit im eigenen Land geworden Gerade kleinere Kotoko Sprachen wie Maslam welche laut Ethnologue noch etwa 250 Sprecher hat haben kaum noch eine Uberlebenschance Heute haben die Kotoko Sprachen noch etwa 40 000 Sprecher jedoch verschiebt sich diese Zahl mehr und mehr zum Shuwa Arabischen da dieses eine allgemeine Verkehrssprache ist Auch haben die Araber eine hohere Geburtenrate wodurch sich das Bild weiter verandert Die Arabisierung des Landes stellt die grosste Bedrohung fur die verbliebene traditionelle stadtische Kultur der Kotoko dar Bislang wurden noch keine Initiativen zur Rettung der Sprachen ergriffen 10 Literatur BearbeitenDeLancey Mark Dike Historical Dictionary of the Republic of Cameroon London 2000 Fanso V G Cameroon History for Secondary Schools and Colleges Band 1 Prehistoric Times to the Nineteenth Century London 1989 Lebeuf Annie Principautes Kotoko Paris 1969 Einzelnachweise Bearbeiten Ein Dorf in Nordost Nigeria politische und wirtschaftliche Transformation der bauerlichen Kanuri Gesellschaft Quelle Google Books abgerufen am 4 November 2015 Region de l Est Memento des Originals vom 18 Dezember 2015 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www cvuc cm franzosisch cvuc cm abgerufen am 4 November 2015 Essai d etude demographique des Kotoko region du Tchad von A Masson Detourbet franzosisch Quelle persee fr abgerufen am 4 November 2015 The Rise and Fall of Houlouf Polity von Augustin Holl englisch Quelle academia edu abgerufen am 4 November 2015 The Encyclopaedia of Islam Quelle Google Books abgerufen am 4 November 2015 Nigeria Map 4 Ethnologue Quelle Ethnologue abgerufen am 4 November 2015 Ethnoarcheology of Shuwa Arab Settlements von Augustin Holl englisch Quelle Google Books abgerufen am 4 November 2015 The king with 100 wives englisch Quelle CNN abgerufen am 5 November 2015 Islam et Politique au Sultanat de Goulfey franzosisch teils auch englisch und deutsch Quelle www unifr ch abgerufen am 26 Oktober 2015 Kotoko Proper Ethnologue Quelle Ethnologue abgerufen am 4 November 2015 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kotoko Staaten amp oldid 220976853