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Als Kommutationswerte auch Kommutationszahlen werden in der Lebens und Kranken versicherungs mathematik zweckmassige Hilfsgrossen bezeichnet mit denen schnelle Barwertberechnungen vorgenommen werden Auszug aus der DAV Sterbetafel 1994 T fur Manner von 0 bis 10 Jahren Dargestellt sind die zugehorigen Kommutationswerte auf dem damals gultigen Zinssatz von 3 25 Die Berechnung von Leistungs und Beitragsbarwerten ist in aller Regel sehr aufwandig da jeder Summand ein Produkt mit weiteren Faktoren enthalt In der computergestutzten Berechnung spielt diese Vereinfachung zwar prinzipiell keine Rolle Dennoch ermoglichen Kommutationswerte die aufwandigen Berechnungen in ubersichtliche Teilausdrucke aufzuteilen da sie an unterschiedlichen Stellen von Berechnungen vorkommen und mehrfach eingesetzt werden Kommutationswerte werden sowohl in operativen Systemen Sterbetafeln wie auch in Formelsammlungen verwendet Sie berucksichtigen unmittelbar das Aquivalenzprinzip der Rentenrechnung nach dem die Gleichwertigkeit zweier Zahlungsstrome durch Vergleich der Barwerte oder der Endwerte einbezogen wird Grundformeln der Rentenrechnung Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Konstruktion 3 Anwendung 3 1 Lebensversicherungsmathematik 3 2 Krankenversicherungsmathematik 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Einleitung zur Berechnung der Leibrenten 1785 Digitalisat Die Einfuhrung der Kommutationszahlen geht auf das zweibandige fast tausend Seiten starke Lehrbuch Einleitung zur Berechnung der Leibrenten und Anwartſchaften die vom Leben und Tode einer oder mehrerer Perſonen abhangendes deutsch danischen Philosophen Mathematikers und Naturforschers Johannes Nikolaus Tetens zuruck welches in den Jahren 1785 und 1786 in Leipzig erschien 1 Ihre rekursive Struktur erleichterte die manuelle tarifarische Kalkulation Auch der Gebrauch von Tabellenwerken sollte die Quellen von Berechnungsfehlern minimieren Sein Werk stutzt sich unter anderem auf Arbeiten von Johann Peter Sussmilch und Leonhard Euler letzterer trug 1760 die Berechnung der Witwenrenten vor 2 Ausgangspunkt fur diese Veroffentlichung war die Tetens ubertragene Prufung der 1767 errichteten und in Schwierigkeiten geratenen Calenbergischen Witwencasse im heutigen Niedersachsen In einem umfangreichen Vorwort fuhrt er allgemeinverstandlich seine fur die Lebensversicherungsmathematik geschaffenen Rechnungsgrundlagen aus Tetens begrundete den Risikobegriff der als Produkt von der Grosse des Gewinns und der Eintrittswahrscheinlichkeit definiert wird Zwar verwendet Tetens den Begriff der Kommutationswerte nicht wortlich Allerdings wendet er die Hilfsgrosse mehrfach in seinem Lehrbuch an Ebenso verwendet er zur Ermittlung des Barwerts erstmals diskontierte Zahlen Neben Herleitungen strengen Beweisen besteht das Buch aus einer Vielzahl von Hilfs Tabellen und praktischen Berechnungsbeispielen um den Umgang mit den Tabellen zu erklaren nbsp Sterbetafel von Tetens mit den tabellierten KommutationswertenSo gab Tetes beispielsweise zur leichten Berechnung der Wehrte der Verbindungsrenten folgendes Berechnungsschema vor Es iſt dieſe Tabelle zwar nur allein nach der Suʃsmilchiʃchen Mortalitatstafel Anm 1 gemacht aber ſie kann bey jeder andern Sterblichkeitsordnung leicht eingerichtet werden Aus der letztern kann jene in weniger als einer Stunde Zeit verfertigt werden Es beſteht alles in einem leichten Addiren von Zahlen Die ganze Arbeit die etwas muhſam heiſsen kann iſt die daſs man in der erſten Tabelle fur einzelne Perſonen die discontirten Zahlen der Lebenden die Zahlen in der Columne E Anm 2 berechne Alsdenn iſt alles ubrige ſo gut als eingerichtet 3 Die Sussmilch Baumannsche Sterbetafel aus dem Jahr 1775 fand uber ein Jahrhundert Anwendung in Deutschland Die von Tetes verwendeten Tabellen ahneln den heutigen Sterbetafeln Er verwendete fur die Leibrentenberechnung eine funfspaltige Columnen Tabelle mit folgenden Spalten Spalte A Jahre womit er das Alter meinte Spalte B Decremente womit er die Verstorbenen meinte Position C Differenzen der Decremente Spalte D Summen der Summen der Lebenden Spalte E Summen der Summen der discontierten Zahlen der Lebenden Konstruktion BearbeitenZur Konstruktion der Kommutationswerte betrachtet man die Lebensdauer T W R displaystyle T Omega to mathbb R nbsp und die zugehorige Familie der Zufallsvariablen Z i i 1 ℓ 0 displaystyle Z i i in 1 cdots ell 0 nbsp welche unabhangig und identisch mit P Z i P T displaystyle P Z i P T nbsp fur alle i 1 ℓ 0 displaystyle i in 1 cdots ell 0 nbsp verteilt ist Dabei wird ℓ 0 displaystyle ell 0 nbsp als Bestandsgrosse der Neugeborenen und Z i displaystyle Z i nbsp als Lebensdauer von Personen i displaystyle i nbsp verwendet Fur x N 0 displaystyle x in mathbb N 0 nbsp sei ℓ x E i 1 ℓ 0 x x lt Z i displaystyle ell x E Big lbrack sum i 1 ell 0 chi x lt Z i Big rbrack nbsp d x E i 1 ℓ 0 x x lt Z i x 1 displaystyle d x E Big lbrack sum i 1 ell 0 chi x lt Z i leq x 1 Big rbrack nbsp ℓ x displaystyle ell x nbsp ist dabei die erwartete Zahl der Uberlebenden mit dem Alter x displaystyle x nbsp kurz Zahl der Lebenden und d x displaystyle d x nbsp die erwartete Zahl der im Lebensjahr x 1 displaystyle x 1 nbsp Sterbenden kurz Zahl der Toten In Sterbetafeln wird ℓ 0 displaystyle ell 0 nbsp ublicherweise mit 100 000 Lebenden als Normierung angewendet Anwendung BearbeitenLebensversicherungsmathematik Bearbeiten Kommutationswerte werden neben den einjahrigen Sterbewahrscheinlichkeiten in Sterbetafeln gefuhrt Es hat sich im Kalkul durchgesetzt anstelle der Versicherungssumme und der Beitrage die Lebenden und die Toten abzuzinsen Als Stichtag wird ohne Beschrankung der Allgemeinheit das Alter 0 displaystyle 0 nbsp gewahlt Sei v x displaystyle v x nbsp der periodische Diskontfaktor zum Zeitpunkt x displaystyle x nbsp dann werden ublicherweise die mit den Uberlebenden gebildeten Kommutationswerte wie folgt bezeichnet Ordnung D x ℓ x v x displaystyle D x ell x v x nbsp diskontierte Lebende des Alters x displaystyle x nbsp Ordnung N x k 0 w x D x k displaystyle N x sum k 0 omega x D x k nbsp Summe der diskontierten Lebenden im Alter von x displaystyle x nbsp bis w displaystyle omega nbsp Ordnung S x k 0 w x N x k displaystyle S x sum k 0 omega x N x k nbsp doppelte Summe der diskontierten LebendenMit den Toten werden folgende Kommutationswerte gebildet Ordnung C x d x v x 1 displaystyle C x d x v x 1 nbsp Anzahl der diskontierten Toten im Alter x displaystyle x nbsp Ordnung M x k 0 w x C x k displaystyle M x sum k 0 omega x C x k nbsp Summe der diskontierten Toten im Alter von x displaystyle x nbsp bis w displaystyle omega nbsp Ordnung R x k 0 w x M x k displaystyle R x sum k 0 omega x M x k nbsp doppelte Summe der diskontierten TotenDie um eine Periode mehr abgezinsten Kommutationswerte resultieren aus der Festlegung dass Versicherungsleistungen fur Todesfalle am Jahresende stattfinden Beitrags und Erlebensfallleistungen werden zu Jahresbeginn fallig Fur 0 x w displaystyle 0 leq x leq omega nbsp gilt aufgrund von d x ℓ x ℓ x 1 displaystyle d x ell x ell x 1 nbsp die Beziehung C x v D x D x 1 displaystyle C x vD x D x 1 nbsp Fur die Summen und doppelten Summen gelten analoge Beziehungen Die Kommutationswerte der 1 Ordnung werden auch als diskontierte Lebende bzw diskontierte Tote bezeichnet Wie oben gezeigt kann mittels der Kommutationswerte fur die Lebenden die der Toten ausgedruckt werden Der umgekehrte Weg ist nicht moglich Aus diesem Grund werden in Geschaftsplanen und Mitteilungen der Lebensversicherungen an die BaFin gemass 143 VAG auch nur die Kommutationswerte fur die Lebenden verwendet 4 Die Kommutationswerte C M displaystyle C M nbsp und R displaystyle R nbsp sind auf das Ende des Sterbejahres bezogen und kommen damit fur Zahlungen immer erst zu diesem Zeitpunkt zur Wirkung Um Zahlungen unmittelbar nach dem Todesfallzeitpunkt erfolgen zu lassen werden zur Glattung des Vorgangs Korrekturen verwendet 5 Krankenversicherungsmathematik Bearbeiten Zusatzlich zu den Kommutationswerten aus der Lebensversicherungsmathematik verwendet die Krankenversicherung meist zwei zusatzliche und nur dort spezifische Kommutationswerte die keine feste Sprechweise haben 6 Sie werden definiert als O x m D x m k x m displaystyle O x m D x m k x m nbsp und U x m v m w x O x v displaystyle U x m sum v m omega x O x v nbsp Literatur BearbeitenKarl Michael Ortmann Praktische Lebensversicherungsmathematik Springer Spektrum Wiesbaden 2016 ISBN 978 3 658 10199 2 S 124 125 Hartmut Milbrodt Mathematische Methoden der Personenversicherung de Gruyter 1999 ISBN 3 11 014226 0 S 321 ff Jens Kahlenberg Lebensversicherungsmathematik Basiswissen zur Technik der deutschen Lebensversicherung Springer Gabler 2018 ISBN 978 3 658 14657 3 S 129 131 Klaus D Schmidt Versicherungsmathematik Springer 2002 ISBN 978 3 540 42731 5 S 123 ff Torsten Becker Mathematik der privaten Krankenversicherung Springer Spektrum Wiesbaden 2017 ISBN 978 3 658 16665 6 S 101 104 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikibooks Formelsammlung Finanzmathematik Kommutationswerte Volkert Paulsen Versicherungsmathematik PDF S 14 15 Einzelnachweise Bearbeiten Peter Koch Geschichte der Versicherungswissenschaft in Deutschland Verlag Versicherungswirtschaft Karlsruhe 1998 ISBN 3 88487 745 3 S 40 41 Tetens Einleitung zur Berechnung der Leibrenten und Anwartſchaften die vom Leben und Tode einer oder mehrerer Perſonen abhangen S X Digitalisat Tetens Einleitung zur Berechnung der Leibrenten und Anwartſchaften die vom Leben und Tode einer oder mehrerer Perſonen abhangen S 220 Digitalisat Jens Kahlenberg Lebensversicherungsmathematik Basiswissen zur Technik der deutschen Lebensversicherung S 130 Wolfgang Grundmann Finanz und Versicherungsmathematik Vieweg Teubner Verlag Wiesbaden 1996 ISBN 978 3 8154 2087 4 S 88 Hartmut Milbrodt Volker Rohrs Aktuarielle Methoden der deutschen Privaten Krankenversicherung Verlag Versicherungswirtschaft Karlsruhe 2016 ISBN 978 3 89952 610 3 S 54 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kommutationswerte amp oldid 216970880