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Ein Kirchenlehen Wiedemuth oder Wiedmuth ist ein Grundstuck dessen Ertrag vor allem dem Unterhalt eines Geistlichen dient 1 Es kann auch vergleichsweise seltener als die Pfarrwiedmuthen des Pfarrers einem kirchlichen Mitarbeiter zugutekommen zum Beispiel einem Kantor oder Kirchschullehrer Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Kirchschullehnauseinandersetzung 3 Literatur 4 Weblinks 5 FussnotenGeschichte BearbeitenUrsprunglich war das jeweilige Lehen fest an eine bestimmte Stelle gebunden deren Inhaber daraus ganz oder teilweise seine Einkunfte bezog Kirchenlehen als Rechtsform entstanden im Mittelalter als Teil des Lehnswesens und existieren teilweise bis in die Gegenwart fort Sowohl Gemeinden vieler evangelischer Landeskirchen als auch katholische Pfarreien haben bis heute mit ihnen verbundene Kirchenlehen Das Kirchenlehen war und ist die am weitesten verbreitete Form der Pfrunde oder Prabende nbsp Hinweise darauf ob ein Grundstuck zu einem bestimmten Lehen gehort finden sich auch im Grundbuch hier Kantorlehrerpfrunde in Parndorf links oben Tabellenkopf Vom Kirchenlehen im hier beschriebenen engeren Sinne sind die im Mittelalter an Bischofe Domkapitel und Abteien vom Kaiser ausgegebenen Lehen zu unterscheiden die zur Bildung grosser Grund bzw Territorialherrschaften oder so genannter geistlicher Furstentumer fuhrten Sie waren fast immer mit dem Kirchenpatronat der auf dem Lehen liegenden Pfarreien und mit weltlichen Herrschaftsrechten insbesondere der Gerichtsbarkeit uber die dort lebenden Untertanen verbunden Dies war bei den Pfarr oder Kirchenlehen nicht der Fall Beim Amtsantritt eines Pfarrers Diakons usw fand keine formliche Belehnung statt denn der Geistliche wurde nicht Inhaber des Lehnguts sondern nur Nutzniesser der Einkunfte Das Lehen selbst blieb stets mit der Kirche verbunden fur die es ursprunglich ausgetan worden war Auch die Bischofe oder die entsprechenden kirchlichen Obrigkeiten der evangelischen Landeskirchen konnten die Zweckbestimmung eines Kirchenlehens nicht andern Die meisten Kirchenlehen entstanden indem der weltliche Kirchenpatron einer Pfarrei diese mit Grundbesitz ausstattete Diese Stiftung sicherte dem Patron und seinen Erben gewisse Ehrenvorrechte Sitz im Chor oder Patronatsloge Begrabnis in der Kirche und das Prasentationsrecht fur die Pfarrstelle Mit dem Anwachsen der Bevolkerung mussten im spaten Mittelalter und in der fruhen Neuzeit haufig neue Stellen geschaffen werden um die Seelsorge der grosseren Gemeinden sicherzustellen Diese wurden mit je eigenen Lehen ausgestattet Desgleichen kam es seit dem 15 Jahrhundert vermehrt zur Grundung von Pfarrschulen und zur Anstellung von Kantoren was zur Errichtung von Kirchschullehen und Kantoratslehen fuhrte Eine grosse gut ausgestattete Kirchgemeinde verfugt daher nicht selten uber ein halbes Dutzend unterschiedlicher Lehen wie z B Pfarrlehn Archidiakonatslehn Diakonatslehn Kirchschullehn Kantoratslehn Als Kirchlehn im engsten Sinne bezeichnet man haufig nur das Grundstuck auf dem das Kirchengebaude und der zugehorige Friedhof liegen Zu jedem Pfarrlehen gehorte in der Regel landwirtschaftliche Nutzflache meist mehr als 1 Hufe ein Stuck Wald und auch das Pfarrhaus selbst mit einem grossen Nutzgarten Die anderen Kirchenlehen waren kleiner und manches reichte kaum fur den Unterhalt des Stelleninhabers zumal nach der Reformation bei den Protestanten wo auch die Diakone oft schon eine eigene Familie hatten Fruher bewirtschafteten viele Pfarrer das Kirchenlehen ganz oder teilweise selbst weshalb zu vielen Pfarrhaushalten auch oft die dafur notwendigen Knechte und Magde gehorten Im Laufe des 19 Jahrhunderts wurde der Grund aber mehr und mehr verpachtet und seit dem 20 Jahrhundert ist der Pachtzins uberall der wichtigste Teil des Einkommens aus den Kirchenlehen Hinzu kommt mancherorts noch die Vermietung von Wohnungen und der Holzverkauf aus dem Pfarrwald Bei der Abschaffung des Lehnswesens in den meisten deutschen Staaten wahrend der 1 Halfte des 19 Jahrhunderts blieben die Kirchenlehen als besondere Rechtsform fur Grundbesitz erhalten und sie wurden als Eigentumer ihrer Flachen in die Grundbucher eingetragen Insofern sind die Kirchenlehen den Stiftungen vergleichbar ihr Vermogen wird vom Kirchgemeinderat treuhanderisch verwaltet und dieser entscheidet auch uber die Nutzung der Ertrage Er ist dabei aber nicht nur an das burgerliche Recht sondern auch an das kirchliche Recht bei den Katholiken Kanonisches Recht bei den Protestanten das Recht der einzelnen Landeskirchen gebunden Kirchschullehnauseinandersetzung BearbeitenDie Trennung von Kirche und Staat durch die Weimarer Verfassung von 1919 beeinflusste den weiteren Umgang mit den Kirchschullehen denn auf diesen hatte der Staat im 19 Jahrhundert oft Schulgebaude errichten lassen So lange eine Staatskirche existierte in Sachsen z B die evangelisch lutherische Landeskirche war es unerheblich ob das Kirchschullehn dem Staat oder der Kirchgemeinde gehorte Nach 1919 mussten aber die Besitzrechte an Grund und Boden und am Gebaude geklart werden Diesen Prozess nannte man Kirchschullehensauseinandersetzung Angestrebt wurde dabei die Vereinigung beider Rechte in einer Hand Dafur gibt es zwei Moglichkeiten 1 den Verkauf des Lehens an die politische Gemeinde 2 den Verkauf des Gebaudes an die Kirchgemeinde und die Anmietung bzw Pacht der Schule fur den Unterricht Fur die erste Moglichkeit fehlte vielen Gemeinden in der Zwischenkriegszeit das Geld der zweite Weg war oft nicht gangbar weil die Kirchgemeinden die Renovierungskosten fur die nicht selten maroden Schulgebaude nicht tragen konnten oder wollten So blieben in vielen Gemeinden die Kirchschullehen und mit ihnen der unklare Rechtsstatus uber Jahrzehnte weiter bestehen Im Bereich der sachsischen Landeskirche z B uberdauerten sie vielerorts auch die 1990 untergegangene DDR In Sachsen ist erst nach dem Abschluss des Staatskirchenvertrags mit dem Freistaat im Marz 1994 wieder Bewegung in die Angelegenheit gekommen Hier versuchen die Kirchgemeinden seitdem intensiv ihre Kirchschullehen zu veraussern Deren Wert ist freilich vielerorts stark gesunken da wegen der geringen Kinderzahl viele Dorfschulen aufgegeben wurden und sich haufig kein Kaufer fur die Kirchschulen findet Literatur BearbeitenAdam Cortrejus Discursus Juridicus De Jure Patronatus Ecclesiastici Von Pfarrlehn Diss Jena 1665 Herbert Kalb Artikel Kirchenlehen In Walter Kasper Konrad Baumgartner u a Hrsg Lexikon fur Theologie und Kirche 3 Auflage Freiburg im Breisgau 1997 ISBN 3 451 22006 7 Gerhard Otto Eigentum und offentlich rechtliche Nutzungsrechte am sachsischen Kirchschullehn Leipzig 1933 Kirchlehen In Vormalige Akademie der Wissenschaften der DDR Heidelberger Akademie der Wissenschaften Hrsg Deutsches Rechtsworterbuch Band 7 Heft 7 bearbeitet von Gunther Dickel Heino Speer unter Mitarbeit von Renate Ahlheim Richard Schroder Christina Kimmel Hans Blesken Hermann Bohlaus Nachfolger Weimar 1980 OCLC 718486466 adw uni heidelberg de Kirchenlehen In Meyers Konversations Lexikon 4 Auflage Band 9 Verlag des Bibliographischen Instituts Leipzig Wien 1885 1892 S 762 Weblinks BearbeitenRichtlinien der Evangelischen Kirche in Deutschland uber die Verwaltung des kirchlichen Grundbesitzes vom 11 Oktober 1985 in Amtsblatt d EKD 1985 S 439 Kirchgemeindeordnung der Evangelisch Lutherischen Landeskirche Sachsens 1983 abgeandert 1998 40 Verwaltung und Vertretung des Vermogens der Kirchgemeinde und der kirchlichen LehenFussnoten Bearbeiten Karl Friedrich von Benekendorff Oeconomia forensis oder kurzer Inbegriff derjenigen landwirthschaftlichen Wahrheiten welche allen sowohl hohen als niedrigen Gerichts Personen zu wissen nothig Bd 2 Joachim Pauli Berlin 1776 S 37 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kirchenlehen amp oldid 221000800