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Julius Obst 23 September 1878 in Rodelheim 1 2 Februar 1950 in Montevideo war ein deutscher Bildhauer Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk Auswahl 3 Literatur 4 BelegeLeben BearbeitenJulius Obst wurde 1878 in Rodelheim bei Frankfurt am Main als Sohn des Schriftsetzers Leopold Obst geboren 2 Er entstammte einer judisch gepragten Familie und hatte zumindest einen alteren Bruder der spater dem NS Regime zum Opfer fallen sollte 3 Nach dem Besuch der Realschule des Philanthropin einer Musterschule der israelitischen Gemeinde in Frankfurt wohin die Familie zuzog machte Obst zunachst eine Stuckateurlehre beim Stuckateur und Bildhauer Franz Born Damals eignete er sich auch das Arbeiten in Stein an wichtige Voraussetzung fur seine spatere Berufsausubung als Bildhauer fur Kunst am Bau und fur Grabdenkmaler Nach dem gleichzeitigen Besuch der Stadtischen Kunstgewerbeschule vertiefte er nach eigener Aussage seine bildhauerische Ausbildung zwei Jahre lang an der Stadelschule Angeblich von 1897 bis 1900 in Wirklichkeit von 1901 bis 1902 studierte er an der Koniglichen Kunstakademie Brussel wo ein von der zeitgenossischen deutschen akademischen Bildhauerei sehr unterschiedener Stil und ein freierer Umgang mit Material und Form vermittelt wurden in der Klasse fur Modellieren nach der Natur Die seinerseits behauptete Meisterschulerschaft bei Charles van der Stappen durfte sich auf Unterricht im Privatatelier des seinerzeitigen Akademiedirektors beziehen Wohl 1901 wechselte Obst als personlicher Mitarbeiter in das Atelier von Constantin Meunier in Brussel Meunier der nicht an der Brusseler Akademie lehrte konzentrierte sich zu dieser Zeit auf die Darstellung von arbeitenden Menschen was motivisch wie stilistisch auch im Fruhwerk von Obst innerhalb der deutschen Bildhauerei um 1900 ein singularer Sonderfall seinen Niederschlag fand Durch seine enge Mitarbeit gilt Obst als Meuniers der keine Lehrverpflichtungen wahrnahm einziger Schuler und blieb dies bis zu dessen Tod am 4 April 1905 Danach ubersiedelte Obst zunachst als freischaffender akademischer Kunstler nach Frankfurt am Main wo er 1908 seitens der Stadt den Auftrag zur bildhauerischen Aussengestaltung des neuen Schulgebaudes des Philanthropin erhielt Obst war Mitglied im Verband der Kunstfreunde in den Landern am Rhein und beteiligte sich ferner an Ausstellungen des Frankfurter Kunstvereins 4 1909 zeigte er auf der Ersten grossen Kunst Ausstellung Wiesbaden neben den Bronzen Flotenspieler und Betender Jude auch einen Entwurf Juda zu einem dann nicht realisierten Judenbrunnen Im selben Jahr zog er nach Berlin bewogen durch dortige Auftrage zu Kunst am Bau und vermittelt durch den Magistrats Baumeister Georg Matzdorff zugleich Architekt des 1908 eroffneten Philanthropin Neubaus in Frankfurt Ab 1910 war Obst in Berlin als Bildhauer ansassig und betrieb zeitweise in der Lessingstrasse 12 in Berlin Steglitz eine Werkstatt fur Grabmale die Berliner Adressbucher verzeichnen seine wechselnden Wohn und Arbeitsstatten 1910 1911 erfolgte ein Studienaufenthalt in Florenz Wahrend des Ersten Weltkrieges leistete der Kunstler bis zu seiner Entlassung 1919 vier Jahre Militardienst Julius Obst war glaubig bekennender Jude aktives Mitglied der SPD und Auftragnehmer deutscher Gewerkschaften seit spatestens 1933 alles Anlass seiner zunehmenden Drangsalierung und schliesslich Verfolgung und Vertreibung durch die Nationalsozialisten 1913 rief man ihn eigens aus Berlin in die Schweiz um dem soeben verstorbenen August Bebel die Totenmaske abzunehmen fur dasselbe Jahr ist seine Teilnahme am Parteitag der SPD in Jena bezeugt Fur das Hamburger Gewerkschaftshaus fertigte Obst eigener Aussage zufolge im Auftrag des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes ADGB eine Bebel Buste die spatestens mit der gewaltsamen Ubernahme des Gebaudes durch die Deutsche Arbeitsfront am 2 Mai 1933 zusammen mit dem Gewerkschaftsarchiv entsorgt worden sein durfte Uber Obst heisst es in einem Artikel 1911 von Karl Beyer man konne ihn einen in das Judische ubertragenen Meunier nennen Hatte Obst wahrend seiner Zeit in Belgien dort wiederholt ausgestellt 5 war er in Berlin nur selten so im Jahre 1922 auf der Grossen Berliner Kunstausstellung vertreten als er seine damals schon alteren Plastiken Schneider und Reitender Arbeiter Zur Tranke zeigte Lange waren nur sehr wenige seiner Arbeiten nachgewiesen obwohl judische Lexika bis in die neueste Zeit ihn wie etwa auch Henryk Glicenstein als einen bedeutenden Bildhauer wurdigen wiewohl unter teils irrigen biographischen Angaben Mit aktuellem Informationsstand 2022 hat die Letter Stiftung in Koln uber Jahre einen grossen Teil seines dokumentarisch belegten kleinplastischen Werkes zusammengetragen sowie sein Leben und sein Werk recherchiert und dokumentiert Letzteres gliedert sich in zwei thematische Grossgruppen Die Welt der Industrie und der Landarbeit darin seinem Lehrer und Mentor Meunier verwandt sowie spezifisch judische Themen Manche der Kompositionen v a den Reitenden Arbeiter Zur Tranke einen Kohleminen Bergmann auf einem Grubenpferd nach dem Schichtende modifizierte er in teils jeweils mehreren Versionen und Grossen Komposition und Oberflachendurchbildung erweisen einen Individualstil ehestens noch dem Lehrer Meunier vergleichbar zwischen Spatimpressionismus und Naturalismus Damit entziehen sich seine freien Arbeiten dem gangigen Bild des Schonen im Ausdruck vermeiden sie das sonst zeitubliche Spektrum zwischen Pathos Genre und Idyll Sein kunstlerisch so bedeutendes kleinplastisches Werk scheint noch vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges zugunsten der seitdem existenzsichernden Tatigkeit als Grabmal und Architekturbildhauer zuruckgetreten oder ganzlich versiegt zu sein schrieb doch 1928 in Ruckschau Karl Schwarz Julius Obsts Betender Jude stellt den aufgewuhlten Geist in plastisch gebundener Form dar Leider sind aber diese verheissungsvollen Anfange nach einigen kraftvollen Werken nicht zur Reife gelangt Man muss bedauern dass die Entwicklungslinie dieses Kunstlers so jah abbricht 6 Bauskulpturale und teils fur den Export in Ubersee bestimmte Steinarbeiten entstanden in Kooperation mit der 1909 durch Carl Wolfel gegrundeten Grasyma Aktiengesellschaft in Wunsiedel Wiederholter Auftraggeber wurde dem Kunstler der Direktor der Berger Tiefbau Aktiengesellschaft in Berlin Julius Juda Berger Nach Obsts eigener Aussage zahlte auch der Direktor der Telefunken Aktiengesellschaft in Berlin zu seinen haufigeren Kunden 7 Zahlreiche Werke von Obst gingen unter oder verloren Seine 1911 entstandene Buste von Richard Dehmel sowie die im Jahre 1926 im Rathaus von Berlin Wittenau aufgestellte Bronzefigur Gelobnis sind verschollen oder wie andere bauplastische Arbeiten vernichtet Zu den letzteren zahlt u a die bronzene Halbfigur eines unbekleideten Arbeiters 1913 1914 rechts am Portal des Gewerkschaftshauses in Halle a d S dieses wurde nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten am 2 Mai 1933 wahrend einer deutschlandweit konzertierten Aktion gegen Gewerkschaftseinrichtungen durch die Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation gesturmt und verwustet Wie viele seiner besonders fur judische Familien auf Berliner Friedhofen gestalteten Grabdenkmaler und Erbbegrabnisse der mutwilligen oder achtlosen Zerstorung entgingen steht noch zu ermitteln Mit der seit 1933 zunehmenden Emigration und Verarmung dieser Klientel infolge staatlicherseits betriebener Entrechtung Verfolgung und Enteignung verlor der Bildhauer neben Freunden und Forderern auch seine wirtschaftliche Existenzgrundlage Julius Obst galt lange als mutmasslich 1939 in Berlin Weissensee verstorben Tatsachlich wurde er seit Juni 1938 im Rahmen der Aktion Arbeitsscheu Reich bei der uberproportional viele Juden festgesetzt wurden zeitweise als arbeitsscheuer Jude in Wirklichkeit wohl mindestens auch aus politischen Grunden im Konzentrationslager Sachsenhausen unter der Gefangenennummer 2351 interniert Zugang am 18 Juni 1938 mit unbekanntem Ziel uberfuhrt am 1 August 1938 Aus dieser Haft wurde er gleich vielen von dieser Aktion Betroffenen vielleicht noch im Herbst 1938 wieder entlassen damals drangte das NS Regime noch deutsche Juden zur Emigration Am 5 Oktober 1938 verloren die Reisepasse reichsdeutscher Juden ihre Gultigkeit Obst gelang die Emigration offenbar noch vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges jedoch nicht wie zeitweilig vermutet in die USA sondern nach Uruguay das damals fur eine kurze Zeit auch judische Fluchtlinge aus Deutschland und Osterreich aufnahm wahrend das europaische Ausland und Nordamerika sich damals zunehmend einer Aufnahme von Asylsuchenden verweigerten Noch in Deutschland hatten Julius Obst und seine Ehefrau Anna Obst geb Burkel die trotz ihrer lt Heiratsregister von 1909 mosaischen Religion die nationalsozialistische Verfolgung uberlebte sich scheiden lassen Uber die sudamerikanischen Lebensjahre von Julius Obst in denen er auch als Schriftgestalter tatig wurde konnte trotz intensiver Recherchen seitens der Letter Stiftung auch unter Mitwirkung der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Montevideo bislang nichts weiter ermittelt werden Leben und kunstlerisches Werk von Julius Obst harren einstweilen noch ihrer offentlichen Wurdigung Werk Auswahl BearbeitenSofern nicht anders angegeben alle Werke Bronze im Wachsausschmelzverfahren meist ohne Steinsockel um 1900 Madchen Buste Letter Stiftung Koln zwischen 1900 und 1905 Schnitter mahend Letter Stiftung Koln zwei Versionen zwischen 1900 und 1905 Schnitter ruhend 1911 publiziert Verbleib unbekannt 1901 Arbeiter Kopf Letter Stiftung Koln 1902 Schneider Arbeiter Figur Letter Stiftung Koln wohl 1902 Betender Jude Figur Letter Stiftung Koln Guss 1905 um 1902 Kopf eines Frommen Kopf Gips 1903 ausgestellt Verbleib unbekannt 1904 Betender Jude Kopf Letter Stiftung Koln weiteres Ex in Frankfurt am Main Judisches Museum Inv Nr JMF 1991 0031 um 1904 1906 Metallarbeiter Figur Letter Stiftung Koln 1905 Jude mit Gebetsriemen Figur Letter Stiftung Koln um 1905 Samann Arbeiter Figur Letter Stiftung Koln um 1905 Garbenbinder Arbeiter Figur Letter Stiftung Koln seit 1905 Zur Tranke Reitender Arbeiter Gruppe Letter Stiftung Koln mehrere Versionen und Grossen nach 1905 Alter Mann Figur Letter Stiftung Koln 1906 Ahne Relieffigur Letter Stiftung Koln 1906 Sacktrager Figur Letter Stiftung Koln spatestens 1907 Frau aus dem Volke Kopf 1907 ausgestellt Verbleib unbekannt 1908 Flotenspieler Figur Letter Stiftung Koln 1908 Multatuli ich habe vieles ertragen 2014 und 2015 im Kunsthandel vor 1909 Heiliger Georg Kopf im Januar 1909 publiziert 1911 Richard Dehmel Buste verschollen 1912 oder 1913 Ferdinand Lassalle Buste als Gipsabguss vertrieben durch die Berliner Buchhandlung Vorwarts 1913 August Bebel Buste evtl Marmor ehem Gewerkschaftshaus Hamburg verschollen Bronze Ex Stiftung Stadtmuseum Berlin Inv Nr VII 67 356 y 1913 1914 Halbfigur eines unbekleideten Arbeiters ehem Halle a d S Gewerkschaftshaus verschollen vor 1917 Mannlicher Kopf Relief Verbleib unbekannt im Februar 1917 auf Auktion in Munchen offeriert 1926 Gelobnis Figur ehem Rathaus Berlin Wittenau verschollen Literatur BearbeitenGeorg Matzdorff Beschreibung des neuen Schulgebaudes In Programm der Realschule der Israelitischen Gemeinde Philanthropin Realschule und Hohere Madchenschle zu Frankfurt a M 1908 1909 Kumpf amp Reis Frankfurt am Main 1909 S 3 20 Karl Bayer Julius Obst In Ost und West Ausgabe Juni 1911 S 529 Gedenkbuch Berlins der judischen Opfer des Nationalsozialismus Ihre Namen mogen nie vergessen werden Ed Hentrich Berlin 1995 S 593 Belege Bearbeiten Standesamt Charlottenburg III Heiratsregister Nr 587 1909 Im Archiv des Georg Kolbe Museums Berlin befindet sich ein Hefter zur Entschadigungssache Julius Obst datierend 1964 im Schriftwechsel des Rechtsanwalts Gerhard Falk im Auftrag der bislang unidentifizierten Erben nach Julius Obst mit dem Bildhauer Richard Scheibe der als Gutachter zu kriegsverlustig gegangenen Modellen von Obst angefragt wurde darin auch die Abschrift eines handschriftlichen Lebenslaufes von Julius Obst in manchen Details jedoch nachweislich unzutreffend Arthur Obst geb 30 Mai 1875 in Frankfurt a M von dort am 15 September 1942 nach Theresienstadt deportiert von dort am 16 Mai 1944 ins Konzentrations und Vernichtungslager Auschwitz uberfuhrt 10 Jahres Ausstellung der Frankfurter Kunstler im Frankfurter Kunstverein 1908 Flotenspieler Bronze Studie zu dem Kopf eines St Georg Bronze Ville de Gand XXXVIIIe exposition Salon de 1902 Kopf eines Arbeiters Gips Jude Statuette Gips Salon des Beaux Arts Brussel 1903 Statuette Gips Kopf eines Frommen Gips Kopf eines Arbeiters Gips Salon des Beaux Arts Brussel 1907 Monch Bronze und Marmor Mann der schneidert Bronze Frau aus dem Volke Bronze und Marmor Karl Schwarz Die Juden in der Kunst R Lowit Wien und Jerusalem 2 vollig umgearb und verm Aufl 1936 Erstausg 1928 S 216 Vermutlich Emil Mayer 1885 1953 Direktor seit 1931 als Jude bereits Mitte 1933 zur Emigration in die USA gezwungen Normdaten Person GND 13942881X lobid OGND AKS VIAF 101169990 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Obst JuliusKURZBESCHREIBUNG deutscher BildhauerGEBURTSDATUM 23 September 1878GEBURTSORT RodelheimSTERBEDATUM 2 Februar 1950STERBEORT Montevideo Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Julius Obst amp oldid 234656030