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Jane Ellen Harrison 9 September 1850 in Cottingham Yorkshire 5 April 1928 in London war eine bedeutende britische Altertumswissenschaftlerin insbesondere Grazistin Religionsgeschichtlerin Linguistin und daruber hinaus eine einflussreiche moderate Feministin Sie gilt mit Karl Kerenyi und Walter Burkert als Begrunderin der modernen wissenschaftlichen Erforschung der griechischen Mythologie und wandte archaologische Methoden auf die Interpretation antiker griechischer Religiositat an ein Forschungsansatz der sich inzwischen allgemein etabliert hat Jane Ellen Harrison in einer Zeichnung von Theo van Rysselberghe Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Politisches Engagement 3 Werk 3 1 Fruhe Studien 3 2 Kulturelle Evolution 4 Schriften 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHarrison wurde in Cottingham Yorkshire geboren Gouvernanten der Familie unterrichteten sie insbesondere in den zahlreichen von ihr beherrschten Sprachen anfangs Deutsch Latein Griechisch und Hebraisch mit sechzehn Jahren auch Russisch Sie studierte dann am Cheltenham Ladies College und ab 1874 am Newnham College einem erst kurz bestehenden fortschrittlich eingestellten und Frauen vorbehaltenen College der University of Cambridge Sie schloss Bekanntschaften mit Edward Burne Jones und Walter Pater und schloss sich der Bloomsbury Group an der auch Virginia Woolf Lytton Strachey Clive Bell und Roger Fry angehorten Woolf war eine der engsten Freundinnen und zugleich Mentorin Harrisons Harrison erwarb durch ihre fruhen Studien Doktortitel der University of Aberdeen LLD 1895 und des Durham College DLitt 1897 Diese Anerkennung ermoglichte ihr 1898 die Ruckkehr als Dozent an das Newnham College eine Stellung die fortlaufend bis zu ihrer Emeritierung 1922 erneuert wurde Harrison begann sich fruh fur die Anwendung anthropologischer und ethnographischer Methoden auf die Erforschung klassischer Kunst und Riten zu interessieren ein Interesse das sie mit Gilbert Murray F M Cornford und A B Cook teilte Diese vier wurden bald als Cambridge Ritualists etwa Ritualforscher von Cambridge bekannt Harrisons privates und wissenschaftliche Leben wurde durch den Ersten Weltkrieg jah unterbrochen Sie war anschliessend nicht mehr in der Lage Italien oder Griechenland zu besuchen und widmete sich hauptsachlich der Uberarbeitung fruherer Veroffentlichungen Ihre pazifistische Einstellung isolierte sie sozial Nach ihrer 1922 erfolgten Emeritierung lebte sie kurz in Paris und kehrte dann bereits gesundheitlich geschwacht zuruck nach London Politisches Engagement BearbeitenHarrison engagierte sich stark fur die Rechte der Frauen und gilt als moderate Suffragette der fruhen feministischen Bewegung Anstatt fur Wahlrechte fur Frauen zu demonstrieren verteidigte sie diese Rechte durch anthropologische Arbeiten Einem Kritiker der Bewegung entgegnete sie beispielsweise Die Frauenbewegung ist kein Versuch sich die Vorrechte der Manner anzumassen es geht auch nicht darum Privilegien der Frauen zu behaupten oder zu betonen es geht schlicht und einfach um die Forderung dass im Leben einer Frau wie im Leben eines Mannes Raum und Freiheit bestehen sollte fur etwas was grosser ist als Mannlichkeit oder Weiblichkeit 1 Ganz in diesem Sinne ist Harrisons Lebensmotto durch die Sentenz formuliert Ich bin ein Mensch nichts Menschliches halte ich fur mir fremd 2 Werk BearbeitenFruhe Studien Bearbeiten Harrisons offentliche Vorlesungen zur griechischen Kunst waren in den 1880er Jahren aussert popular und ihre unkonventionellen offen ausgesprochenen Auffassungen weithin bekannt auch ihr Interesse fur heidnische Rituale erregte Aufmerksamkeit Ihre Horer waren grosstenteils wohlhabende Frauen Harrison studierte die historisch kritische Arbeit zum historischen Jesus von David Friedrich Strauss und Johann Jakob Bachofens Analyse des antiken Matriarchats in Mutterrecht 1861 Ihre erste 1882 publizierte Monographie untersuchte mythologische Darstellungen auf griechischen Vasen und entwickelte die These dass diesen Darstellungen ungewohnliche Auffassungen uber Mythos und Riten zu entnehmen sind die auf Quellen zuruckgehen die auch der Odyssee Homers erst zugrunde liegen Ihr spater vielfach wiederaufgelegtes nach wie vor bedeutendes Hauptwerk Prolegomena to the Study of Greek Religion erschien 1903 ein Werk fur welches gilt Ein oder zweimal geschieht es innerhalb einer Generation dass eine Forschungsarbeit eine intellektuelle Landschaft so durchgreifend verandert dass jeder gezwungen ist sonst unbefragte Annahmen von neuem zu uberprufen 3 Harrisons Ansatz war von einer Analyse des Ritus zu Erklarungen der zugrundeliegenden mythischen Vorstellungen fortzuschreiten gemass dem Prinzip In der Theologie sind Tatsachen schwerer aufzuspuren und Wahrheiten schwieriger zu formulieren als im Ritual 4 Das Werk beginnt daher mit einer Analyse der bekanntesten athenischen Festivitaten Anthesteria Erntefeste Thargelia Kallynteria Plynteria Frauenfeste in welchen sie das Fortdauern zahlreicher archaischer Motive nachwies Thesmophoria Arrophoria Skirophoria Stenia Haloa Kulturelle Evolution Bearbeiten Harrison ausserte sich auch zu moglichen Anwendungen der Evolutionstheorie Charles Darwins auf kulturwissenschaftliche Zusammenhange Grundlegend dazu war das Werk des Anthropologen Edward Burnett Tylor insbesondere dessen 1871 erschienene Studie Primitive Culture researches into the development of mythology philosophy religion language art and custom Harrison entwickelte eine sozialdarwinistische Analyse der Ursprunge der Religion und kam zum Urteil dass Religionen vernunftfeindlich und dogmatisch seien Sie verteidigte gleichwohl die kulturelle Notwendigkeit von Religion Jedes Dogma das eine Religion bis heute hervorgebracht hat ist hochstwahrscheinlich falsch aber gleichwohl mag die religiose oder mystische Geisteshaltung der einzige Weg sein gewisse Dinge zu erfassen Dinge welche von ausserordentlicher Bedeutung sind Moglicherweise konnen die Gehalte dieser mystischen Auffassung nicht zur Sprache gebracht werden ohne falsch zu werden oder fehlformuliert zu werden Vielleicht mussen diese Gehalte eher gefuhlt und gelebt werden anstatt ausgesprochen und rational analysiert zu werden Gleichwohl sind sie in irgendeiner Weise wahr und lebensnotwendig 5 Schriften BearbeitenGrazistikProlegomena to the Study of Greek Religion 1903 mehrmals neu aufgelegt zuletzt Princeton Princeton University Press Mythos Series 1991 mit einer Einleitung von Robert Ackerman Heresy and Humanity 1911 Themis A Study of the Social Origins of Greek Religion 1912 revidierte Fassung 1927 Ancient Art and Ritual 1912 Epilegomena to the Study of Greek Religion 1921 Essays und andere ArbeitenAlpha and Omega 1915 Nachdruck AMS Press New York 1973 ISBN 0 404 56753 3 Reminiscences of a Student s Life 1925 Literatur BearbeitenCamille Barnard Cogno Jane Harrison 1850 1928 between German and English Scholarship In European Review of History Band 134 2006 S 661 676 Mary Beard The Invention of Jane Harrison Harvard University Press 2000 ISBN 0 674 00212 1 Ulrike Brunotte Das Wissen der Damonen Gender Performativitat und materielle Kultur im Werk von Jane Ellen Harrison Ergon Wurzburg 2013 Sandra J Peacock Jane Ellen Harrison The Mask and the Self Halliday Lithograph Corp West Hanover MA 1988 ISBN 0 300 04128 4 Annabel Robinson The Life and Work of Jane Ellen Harrison Oxford University Press Oxford 2002 ISBN 0 19 924233 X Jessie G Stewart Jane Ellen Harrison a Portrait from Letters 1959 basierend auf der Korrespondenz mit Gilbert Murray Klaus Gunther Wesseling Harrison Jane Ellen In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 18 Bautz Herzberg 2001 ISBN 3 88309 086 7 Sp 576 601 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Weblinks BearbeitenPrimartexte Ancient Art and Ritual bei Bulfinch s Mythology Project Gutenberg archive org Prolegomena bei Bulfinch s Mythology sacred texts archive org Themis A Study of the Social Origins of Greek Religion 1912 University of Chicago Library Essays bei Quotidiana org Werke im Internet ArchiveSekundarliteratur Newnham College Archives of Jane Ellen Harrison verwaltet die Korrespondenz Theo van Rysselberghe Jane Harrison NPGEinzelnachweise Bearbeiten Ubers n Alpha and Omega 84f Ursprunglich wohl durch Menandros gepragt hier nach Terenz Homo sum humani nil a me alienum puto Heautontimorumenos 77 u a auch ubernommen von Seneca Epistulae morales ad Lucilium 15 95 53 Ubers n Robert Ackerman Introduction zum Nachdruck der Prolegomena bei Princeton University Press 1991 Ubers n Prolegomena 163 Ubers n dem Schluss von Harrisons Studie The Influence of Darwinism on the Study of Religion von 1909Normdaten Person GND 118975048 lobid OGND AKS LCCN n50036393 VIAF 61663489 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Harrison Jane EllenKURZBESCHREIBUNG britische Altertumswissenschaftlerin insbesondere Grazistin Religionsgeschichtlerin Linguistin und moderate FeministinGEBURTSDATUM 9 September 1850GEBURTSORT CottinghamSTERBEDATUM 5 April 1928STERBEORT London Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Jane Ellen Harrison amp oldid 222445153