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Ir sult sprechen willekomen ist eine strophische Dichtung Walthers von der Vogelweide Thematisch gehort sie weder vollig dem Minnesang noch der Sangspruchdichtung an sondern bringt eine ungewohnliche Vermengung der beiden Register die sonst in der Lyrik des 12 und 13 Jahrhunderts deutlich geschieden sind Das Dichter Ich fingiert in der ersten Strophe den eigenen Auftritt als Sangspruchdichter der mit dem prahlerischen Gestus des Spielmanns unerhorte Neuigkeiten maere bringe Zugleich fordert er aber in dieser inszenierten Kommunikationssituation 1 seinen Lohn in diesem Fall gruoz Gruss Hier geht der Dichter nun ganzlich in der Rolle des Minnesangers auf Oder man versteht die frouwe der 6 Strophe als Metapher fur den Wiener Hof dem Walther treu bleiben will obwohl er bei der Bitte um ein fixes Engagement immer wieder abblitzt Die naiv direkte Interpretation dass die Dame der 6 Strophe eine Minnedame meinen soll scheint unmoglich zu sein denn der Sanger wird sich doch nicht so darstellen wollen als sei er lange fort gewesen und erhebe nun Anspruch darauf dass die Dame die er vor seinen Abreise verehrte ihm uber die ganze Zeit hatte treu bleiben sollen 2 Das Lied ohne Strophe 6 so Handschrift A konnte man sich auch als Begrussungslied fur den Hof Konig Philipps vorstellen Die Frage ob Walthers Preislied ein Politikum aus der Fruhgeschichte der Nationalgefuhle in Europa darstellt 3 oder die Nationalgefuhle der Zeit um 1200 nicht mit denen des 19 Jahrhunderts vergleichbar sind wird kontrovers diskutiert gegen Vergleichbarkeit ist Reichert 4 mit dem Argument der Nationalismus des 19 Jahrhunderts ziele auf Grenzen eines Territorialstaates Von der Maas bis an die Memel im Lied der Deutschen von Heinrich Hoffmann von Fallersleben wahrend Walther Territorialismus fremd ist von der Elbe bis an den Rhein ist an beiden Seiten innerhalb des deutschen Sprachraumes und es ihm nur um die Ablehnung der franzosisierenden literarischen Mode geht wie sie vor allem Reinmar von Hagenau pflegte Seit Kircher 1973 berucksichtigt man in dieser Diskussion starker dass Walther hier einen direkten Angriff des Provenzalen Peire Vidal zuruckweist der auf Grund schlechter Erfahrungen mit den Ministerialen Heinrichs VI die Deutschen pauschal verunglimpfte aus Peire Vidal Lied 37 Meiner Meinung nach sind die Deutschen ungebildet und grob wenn einer von ihnen kommt und sich einbildet er sei hofisch fuhlt man sich zu Tode bestraft und heftig bekummert Ihre Sprache klingt wie Hundegebell 5 und die Provence als Land Von der Rhone bis nach Vence und vom Meer bis zur Durance ubermassig pries Inhaltsverzeichnis 1 Text 2 Neuinterpretationen 3 Literatur 4 Weblinks 5 AnmerkungenText BearbeitenIn der hier gezeigten Form ist das Lied allerdings in keiner Handschrift uberliefert vielmehr ist neben dialektalen Unterschieden v a die Strophenreihenfolge und anzahl variiert HS A I V d h ohne VI HS C I II V III IV VI HS E I II IV V III HS L 6 I Zeile 1 7 HS Uxx 7 I II IV V hier nur erste Zeile I Ir sult sprechen willekomen der iu maere bringet daz bin ich allez daz ir habt vernomen daz ist gar ein wint ir fraget mich ich wil aber miete wirt min lon iht guot ich gesage iu lihte daz iu sanfte tuot seht waz man mir eren biete I Ihr sollt Willkommen sprechen Der der euch Neuigkeiten bringt das bin ich Alles was Ihr bisher vernommen habt das ist uberhaupt nichts Nun fragt mich Ich verlange aber Lohn Wird mein Lohn gut sage ich Euch vielleicht das Euch angenehm ist Seht was man mir an Ehren bietet iu euch maere Nachrichten ein wint ein Nichts Wind in der Bedeutung geringfugige Sache miete Lohn wirt wird zu mhd werden wirt guot Konditionalsatze stehen im Mhd meist ohne Konjunktion Wenn mein Lohn gut wird iht adverbial etwa lihte leicht vielleicht daz hier etwas das sanfte sanft angenehm Adverb waz eren was an Ehren Genetiv Plur biete 3 Sg Konjunktiv Pras zu bieten II Ich wil tiuschen frouwen sagen solhiu maere daz si deste baz al der werlte suln behagen ane groze miete tuon ich daz waz wold ich ze lone si sint mir ze her so bin ich gefuege und bite si nihtes mer wan daz si mich gruezen schone II Ich will werde den deutschen Damen Neuigkeiten bringen dass sie dann der ganzen Welt noch besser gefallen sollen werden Das tue ich ohne grossen Lohn Was sollte ich an Lohn von ihnen wollen Sie sind zu vornehm fur mich Deshalb bescheide ich mich und bitte sie um nichts sonst als dass sie mich schon grussen wil Infinitiv wellen im Mhd mehr blosse Funktionsbedeutung Zukunft werden als wollen baz Adverb besser suln im Mhd mehr blosse Funktionsbedeutung Zukunft werden als sollen ane ohne tuon hier 1 Person Sing her hehr hoch gefuege gefugig nihtes Genitiv zu niht mer mehr wan hier ausser schone Adverb zu schoene schon III Ich han lande vil gesehen unde nam der besten gerne war ubel mueze mir geschehen kunde ich ie min herze bringen dar daz im wol gevallen wolde fremeder site nu waz hulfe mich ob ich unrehte strite tiuschiu zuht gat vor in allen III Ich habe viele Lander gesehen und habe dort gerne die besten kennengelernt Aber es moge mir schlecht ergehen wenn ich je mein Herz dazu bringen konnte dass ihm fremde Lebensart gefiele Was hatte ich davon wenn ich etwas Unwahres behaupten wurde Deutsche Zucht ist besser als alle anderen han habe von vil ist ein Genitiv Plur abhangig vil lande viel der Lander nam war Prateritum zu war nehmen wahrnehmen mit Genitiv der besten mueze Konjunktiv Prasens zu muezen mussen ie je jemals dar dorthin wol Adverb zu guot wolde Prateritum zu wellen wollen site Sitte Brauch ist mhd maskulin hulfe Konjunktiv Prat zu helfen mhd mit Akkusativ ob wenn rehte richtig strite Konjunktiv Prat zu striten streiten zuht Zucht Erziehung Sitten Ausbildung gutes Benehmen gat geht vor gan vorgehen besser sein als in hier ihnen geht vor ihnen allen ist besser als sie alle IV Von der Elbe unz an den Rin und her wider unz an Ungerlant mugen wol die besten sin die ich in der werlte han erkant kan ich rehte schouwen guot gelaz unt lip sem mir got so swuere ich wol daz hie diu wip bezzer sint danne ander frouwen IV Von der Elbe bis an den Rhein und wieder hierher zuruck bis an Ungarn bis an die ungarische Grenze sind wohl die besten die ich in der ganzen Welt je kennengelernt habe Wenn ich mich darauf verstehe gutes Benehmen und gutes Ausseres zu beurteilen bei Gott dann mochte ich wohl schworen dass hierzulande die Frauen besser sind als anderswo die Damen unz bis mugen konnen zu etwas imstande fahig sein vermogen mugen wol sin konnen wohl sein sind vielleicht kan kann zu kunnen geistig konnen wissen verstehen gelaz Benehmen zu lazen lassen lip Leib hier Ausseres sem ebenso wie wie mir Gott bei Gott swuere Konj Prat zu swern schworen hie hier wip Frau nicht Weib frouwe Herrin Dame diu wip Plur zu daz wip danne beim Komparativ als ander hier Genitiv Plur anderer die Damen anderer die von den anderen fremden z B provenzalischen Dichtern besungenen Damen V Tiusche man sint wol gezogen rehte als engel sint diu wip getan swer si schildet derst betrogen ich enkan sin anders niht verstan tugent und reine minne swer die suochen wil der sol komen in unser lant da ist wunne vil lange mueze ich leben dar inne V Deutsche Manner sind wohlerzogen und die Frauen sind ganz wie die Engel beschaffen Wenn jemand sie schilt betrugt er sich selbst nicht anders kann ich ihn verstehen Wenn jemand Tugend und reine Liebe suchen will so soll er in unser Land kommen da herrscht grosse Wonne Lange moge ich in ihm leben getan hier beschaffen s wer wer auch immer jeder der derst der ist en Verneinungspartikel zusammen mit dem folgenden niht doppelte Verneinung sin hier pronominaler Genitiv verstan verstehen hier mit dem Genitiv dar inne drinnen in unserem Land VI Der ich vil gedienet han und iemer mere gerne dienen wil diust von mir vil unerlan iedoch so tuot si leides mir so vil si kan mir verseren herze und den muot nu vergebez ir got dazs an mir missetuot her nach mac si sichs bekeren VI Die der ich lange gedient habe und der ich allzeit gerne dienen werde die gebe ich nicht auf Sie tut mir aber so viel Leid an Sie verletzt mich an Herz und Sinn Gott vergebe ihr dass sie sich an mir versundigt Vielleicht bekehrt sie sich dann noch diust diu ist un er lan wortlich unerlassen sie ist von mir unerlassen ich lasse sie nicht sein seren Schmerz bereiten vergebez vergebe ez dazs daz si sichs sich des Ubersetzung und sprachliche Kommentare nach Reichert 2009 Neuinterpretationen BearbeitenDas Stuck Willkommen der deutschen Folkgruppe Ougenweide 1976 basiert auf diesem Lied Literatur BearbeitenAlois Kircher Dichter und Konvention Zum gesellschaftlichen Realitatsproblem der deutschen Lyrik um 1200 Literatur in der Gesellschaft 18 Dusseldorf 1973 Wolfgang Mohr Die vrouwe Walthers von der Vogelweide In Zeitschrift fur Deutsche Philologie 86 1967 Hermann Reichert Walther von der Vogelweide fur Anfanger 3 uberarbeitete Auflage facultas wuv Wien 2009 ISBN 978 3 7089 0548 8Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Ir ſvlt ſpꝛeche willekome Quellen und VolltexteAnmerkungen Bearbeiten Strohschneider Peter 1993 Auffuhrungssituation zur Kritik eines Zentralbegriffs kommunikationsanalytischer Minnesangforschung In Janota Johannes Hg Methodenkonkurrenz in der germanistischen Praxis Tubingen Niemeyer Kultureller Wandel und die Germanistik in der Bundesrepublik Bd 3 Methodenkonkurrenz in der germanistischen Praxis S 56 71 so Mohr 1967 so Hugo Kuhn Walther von der Vogelweide und seine deutsche Rezeption In Hugo Kuhn Text und Theorie Stuttgart 1969 S 342 Reichert 2009 S 19ff Ubersetzung Karl Bertau Deutsche Literatur im europaischen Mittelalter Bd 1 Munchen 1972 S 701 Munchen Staatsbibl Cgm 44 Wolfenbuttel Landeskirchl Archiv Depositum Predigerseminar H 1a nur noch teilweise lesbar Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ir sult sprechen willekomen amp oldid 229014197