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Niederfrequente elektromagnetische Wellen lt 30 kHz breiten sich im Bereich zwischen Erdoberflache und der ionospharischen D Schicht lt 90 km Hohe ahnlich wie in einem Mikro Wellenleiter aus Die Wellen werden darin so gebundelt dass sie im Wellenleiter gefuhrt werden Die strahlenoptische Betrachtungsweise verliert dabei ihre Gultigkeit Dieser Ausbreitungsbereich wird deshalb ionospharischer Wellenleiter genannt Inhaltsverzeichnis 1 Einfuhrung 2 Ubertragungsfunktion 3 Strahlentheorie 4 Wellenoptische Theorie 5 Eigenschaften des Wellenleiters 6 EinzelnachweiseEinfuhrung BearbeitenDie Radiowellenausbreitung in der Ionosphare hangt von der Frequenz vom Einfallswinkel von der Tages und Jahreszeit vom Erdmagnetfeld und von der Sonnenaktivitat ab Bei vertikalem Einfall konnen Wellen mit einer Frequenz grosser als die Elektronenplasmafrequenz des F Schicht Maximums f e 9 N e kHz displaystyle f text e 9 sqrt N text e text kHz nbsp Ne in cm 3 ist die Elektronendichte die Ionosphare fast ungestort durchdringen Wellen mit Frequenzen kleiner fe werden dagegen in den ionospharischen D E und F Schichten reflektiert 1 2 fe ist am Tage von der Grossenordnung 8 15 MHz Nachts geringer Bei schragem Einfall wird diese kritische Frequenz grosser Langstwellen 3 30 kHz very low frequencies VLF und extrem lange Wellen lt 3 kHz extremely low frequencies ELF werden bereits an der ionospharischen E und D Schicht reflektiert Eine Ausnahme bildet die Whistler Ausbreitung von Blitz Signalen entlang der geomagnetischen Kraftlinien in die Magnetosphare 1 3 Die Dimensionen der Wellenlangen der VLF Wellen 10 100 km sind bereits vergleichbar mit der Hohe der ionospharischen D Schicht etwa 70 km am Tage und 90 km wahrend der Nacht Daher besitzt die strahlenoptische Betrachtungsweise nur noch beschrankt Gultigkeit und die wellenoptische Methode wird zumindest bei grosseren Entfernungen notwendig Das Gebiet zwischen Erde und ionospharischer D Schicht verhalt sich also wie ein Wellenleiter gegenuber VLF und ELF Wellen Elektromagnetische Wellen im ionospharischen Plasma in Anwesenheit des Erdmagnetfeldes horen auf zu existieren falls ihre Frequenz kleiner als die Gyrofrequenz der Ionen etwa 1 Hz ist Wellen mit kleineren Frequenzen heissen hydromagnetische Wellen Die erdmagnetischen Pulsationen mit Perioden von Sekunden bis Minuten sowie die Alfven Wellen gehoren zu diesem Wellentyp Ubertragungsfunktion BearbeitenDer Prototyp einer vertikalen Stabantenne ist ein vertikaler Hertz scher Dipol in dem ein elektrischer Wechselstrom der Frequenz f displaystyle f nbsp fliesst Seine Ausstrahlung von elektromagnetischen Wellen in den Wellenleiter zwischen Erde und Ionosphare kann durch eine Ubertragungsfunktion T r w displaystyle T rho omega nbsp beschrieben werden E z r w T r w E o r w displaystyle E text z rho omega T rho omega E text o rho omega nbsp 1 wobei E z displaystyle E text z nbsp die Vertikalkomponente des elektrischen Feldes am Empfanger im Abstand r vom Sender E o displaystyle E text o nbsp das elektrische Feld des Hertz schen Dipols im freien Raum und w 2 p f displaystyle omega 2 pi f nbsp die Kreisfrequenz sind Im freien Raum ist T 1 displaystyle T 1 nbsp Ersichtlich ist der Wellenleiter dispersiv da die Ubertragungsfunktion von der Frequenz abhangt Das bedeutet dass Phasen und Gruppengeschwindigkeit frequenzabhangig sind Strahlentheorie BearbeitenIm VLF Bereich ist die Ubertragungsfunktion die Summe von Bodenwelle sowie von mehrfach an der ionospharischen D Schicht reflektierten Strahlen Abb 1 Am Erdboden wird die Bodenwelle Sommerfeld sche Bodenwelle gedampft Dieser Energieverlust hangt von der Orographie entlang des Strahlenweges ab 4 Fur VLF Wellen ist dieser Effekt bei kurzeren Abstanden zwischen Sender und Empfanger jedoch relativ gering so dass in erster Naherung der Reflexionsfaktor des Erdbodens R e 1 displaystyle R text e 1 nbsp ist nbsp Abbildung 1 Geometrie der Strahlenwege innerhalb der ionospharischen Wellenleiters Die Bodenwelle und zwei reflektierte Raumwellen sind dargestelltBei kurzeren Entfernungen sind nur Bodenwelle und die einfach reflektierte Raumwelle von Bedeutung Die D Schicht verhalt sich fur VLF Wellen in erster Naherung wie ein magnetischer Wall R i 1 displaystyle R text i 1 nbsp mit einer scharfen Begrenzung in der Hohe h displaystyle h nbsp Das bedeutet einen Phasensprung von 180 am Reflexionspunkt 1 4 Tatsachlich wachst die Elektronendichte der D Schicht mit der Hohe und der wahre Strahlenweg ist gekrummt Die Summe von Bodenwelle und einfach reflektierter Welle zeigt ein Interferenzminimum dort wo die Differenz der Strahlenwege eine halbe Wellenlange oder eine Phasendifferenz von 180 betragt Das letzte am Erdboden gemessene Interferenzminimum befindet sich in einem Abstand von r 1 2 f h 2 c displaystyle rho 1 approx frac 2fh 2 c nbsp 2 vom Sender mit c der Lichtgeschwindigkeit Im Beispiel der Abb 2 sind dies etwa 500 km nbsp Abbildung 2 Normalisierte vertikale Feldstarke Ez Ubertragungsfunktion als Funktion des Abstandes r zwischen Sender und Empfanger nach Betrag volle Linie linke Ordinate und Phase gestrichelte Linie rechte Ordinate Der Sender ist ein vertikaler Hertz scher Diplol der Frequenz von f 15 kHz Die virtuelle Reflexionshohe betragt 70 km Dies entspricht Tagesbedingungen in mittleren Breiten Das Amplitudenminimum in etwa r 500 km Entfernung ist das letzte Interferenzminimum zwischen Boden und einfach reflektierter Welle in der strahlenoptischen Theorie und das erste Interferenzminimum der wellenoptischen Theorie Mode Theorie Wellenoptische Theorie BearbeitenFur VLF Wellen ist die Strahlentheorie bei grosseren Entfernungen zwischen Sender und Empfanger nicht mehr brauchbar da zu viele mehrfach reflektierte Wellen involviert sind und die Summe divergiert Hier kann man die wellenoptische Theorie anwenden In dieser Theorie ist es auch moglich die gekrummte Erde zu berucksichtigen Die Wellenmoden sind die Eigenmoden im Wellenleiter zwischen Erde und Ionosphare 4 5 Diese Wellenmoden besitzen individuelle Vertikalstrukturen ihrer elektrischen Feldstarken im Wellenleiter mit Maximalamplituden am Erdboden und verschwindender Amplitude am oberen Rand der ionospharischen D Schicht Im Falle des fundamentalen ersten Modes ist dies eine Viertelwellenlange Mit wachsender Frequenz werden die Eigenmoden evaneszent Dies geschieht bei der Grenzfrequenz fco Diese ist fur den ersten Mode 1 f co c 4 h 1 kHz displaystyle f text co frac c 4h approx 1 text kHz nbsp Bei kleinerer Frequenz kann sich dieser Mode nicht mehr ausbreiten Abb 3 Die Dampfung der Moden wachst mit der Wellenzahl n displaystyle n nbsp Daher sind im Wesentlichen nur der erste und der zweite Mode von Bedeutung Das erste Interferenzminimum beider Moden befindet sich in gleichen Abstand wie in der strahlenoptischen Theorie Gl 2 was die Aquivalenz beider Theorien veranschaulicht Wellen und strahlenoptische Theorie sind zwei Naherungen der Ubertragungsfunktion T displaystyle T nbsp in Gl 1 mit zwei unterschiedlichen Konvergenzbereichen 6 Aus Abb 2 wird deutlich dass der Abstand zwischen den Interferenzminima der beiden Modes gleich ist im Beispiel der Abb 2 etwa 1 000 km Der erste Mode dominiert bei Entfernungen grosser als etwa 1500 km da der zweite Mode starker als der erste Mode gedampft wird nbsp Abbildung 3 Amplitude der Ubertragungsfunktion des ersten und des nullten Modes als Funktion der Frequenz bei Abstanden von 1 000 3 000 und 10 000 km am TagIm ELF Bereich ist nur noch die wellenoptische Losung moglich Der fundamentale Mode ist der nullte Mode Abb 3 Die D Schicht verhalt sich hier in erster Naherung wie ein elektrischer Wall mit dem Reflexionsfaktor R i 1 displaystyle R text i 1 nbsp Fur den Mode Null ist die Vertikalstruktur der elektrischen Feldstarke eine Konstante Der Mode Null ist von besonderer Bedeutung fur die Schumann Resonanzen Ihre Wellenlangen sind der m te Teil des Erdumfanges Sie besitzen die Frequenz f m m c 2 a p m 1 2 displaystyle f text m frac mc 2a pi m 1 2 ldots nbsp mit a dem Erdradius Die ersten Resonanzfrequenzen liegen bei 7 5 15 und 22 5 Hz Schumann Resonanzen werden von Blitzen angeregt deren spektrale Amplituden in diesem Frequenzbereich verstarkt werden 4 7 Eigenschaften des Wellenleiters BearbeitenDie obige Darstellung des Wellenleiters gibt naturlich nur ein extrem vereinfachtes Bild wider Fur eine detailliertere Betrachtungsweise sind numerische Modelle notwendig Besonders schwierig ist die Berucksichtigung horizontaler und vertikaler Inhomogenitaten Auf Grund der endlichen Ausdehnung des Wellenleiters wird die Feldstarke an den Antipodenpunkten verstarkt 4 Unter dem Einfluss des Erdmagnetfeldes wird der iononospharische Reflexionsfaktor eine Matrix Das heisst dass eine vertikal polarisierte Welle nach der Reflexion an der Ionosphare sich in eine vertikal polarisierte und eine horizontal polarisierte Welle aufspaltet Schliesslich ist das Erdmagnetfeld dafur verantwortlich dass bei der Ausbreitung von West nach Ost die Wellen weniger stark gedampft werden als bei der Ausbreitung von Ost nach West Eine weitere Nichtreziprozitat erfolgt in der Umgebung des tiefen Interferenzminimums der Gl 2 Wahrend der Zeit von Sonnenaufgang und Untergang gibt es zeitweilig einen Phasengewinn oder Verlust von 360 wegen des irreversiblen Verhaltens der an der Ionosphare reflektierten Welle Die Dispersionseigenschaft des ionospharischen Wellenleiters erlaubt die Ortung von Gewitterzellen Ein Blitz sendet ein breites Spektrum von VLF und ELF Wellen aus Spherics genannt Die Differenz der Gruppenlaufzeitverzogerungen benachbarter Frequenzen eines solchen Sferics ist direkt proportional dem Abstand r zwischen Sender und Empfanger Zusammen mit einer Richtungsbestimmung des ankommenden Signals bekommt man eine Ortsbestimmung seines Ursprungs von einer einzigen Station aus mit einer Reichweite von mehreren 1000 km Atmospharische Storungen 6 8 Mit Hilfe der Messung von Schumann Resonanzen an wenigen Stationen kann die globale Gewitteraktivitat ermittelt werden 9 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d K Davies Ionospheric Radio Peregrinus London 1990 K Rawer Wave Propagation in the Ionosphere Kluwer Publ Dordrecht 1993 Robert A Helliwell Whistlers and Related Ionospheric Phenomena Dover Publications 2006 ISBN 0 486 44572 0 Ursprunglich herausgegeben von Stanford University Press Stanford California 1965 a b c d e J R Wait Electromagnetic Waves in Stratified Media McMillan New York 1979 K G Budden The Propagation of Radiowaves Cambridge University Press Cambridge 1985 a b H Volland Atmospheric Electrodynamics Springer Heidelberg 1984 A P Nickolaenko M Hayakawa Resonances in the Earth ionosphere cavity Kluwer Academic Publishers Dordrecht Boston London 2002 Christoph Grandt Thunderstorm Monitoring in South Africa and Europe by Means of Very Low Frequency Sferics In Journal of Geophysical Research Band 97 D16 1992 S 18215 18226 doi 10 1029 92JD01623 S J Heckman E Williams Total global lightning inferred from Schumann resonance measurements In J G R 103 Jahrgang D24 1998 S 31775 31779 doi 10 1029 98JD02648 bibcode 1998JGR 10331775H Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ionospharischer Wellenleiter amp oldid 225074172