Ibn Hadschar al-ʿAsqalānī, mit vollständigem Namen Schihāb ad-Dīn Ahmad ibn ʿAlī ibn Muhammad al-Kinānī al-ʿAsqalānī / شهاب الدين أحمد بن علي بن محمد الكناني العسقلاني / Šihāb ad-Dīn Aḥmad b. ʿAlī b. Muḥammad al-Kinānī al-ʿAsqalānī (geboren 1372; gestorben im Februar 1449 in Kairo), war einer der bedeutendsten Wissenschaftler der islamischen Gelehrsamkeit, bekannter Hadith-Wissenschaftler und Traditionarier, Historiker, Qādī von Ägypten und Professor an der Azhar-Universität in Kairo.
Leben Bearbeiten
Seine Familie stammte aus ʿAsqalān – heute Aschkelon – nördlich von Gaza-Stadt an der Mittelmeerküste. Nach der Zerstörung der Stadt durch Saladin im Jahre 1191 floh die muslimische Bevölkerung nach Syrien und Ägypten. Die jüdische Bevölkerung wanderte damals nach Jerusalem aus. Die Vorfahren von Ibn Hadschar ließen sich zunächst in Alexandria, dann in Kairo nieder. Den Ursprung des Namens „Ibn Hadschar“ konnte sich der Wissenschaftler in seinen eigenen Büchern nicht erklären. Wahrscheinlich entstand dieser Beiname, unter dem er berühmt wurde, schon in der Generation seines Großvaters. Nach dem frühen Tod seines Vaters wurde er von Verwandten in Fustat (Alt-Kairo) erzogen. Schon im Alter von elf Jahren begab er sich auf die Pilgerfahrt und blieb noch ein weiteres Jahr in Mekka, um dort Hadith-Wissenschaften zu studieren. Nach 1384 studierte er in Kairo und in Palästina, um dann zwischen 1396 und 1399 in Zabid im Jemen und in Mekka an den Vorlesungen der damaligen Gelehrtengrößen teilzunehmen. Nach einem kurzen Aufenthalt in Damaskus begab er sich über Mekka wieder in den Jemen und nach Aden.
Nach 1403 lebte er bis zu seinem Tode in Kairo und unterrichtete Hadith und Fiqh. Im Jahre 1421 wurde er zum stellvertretenden Ober-Qādī und dann zum Ober-Qādī über Ägypten und Syrien ernannt. Dieses hohe Amt hatte er – mit einigen Unterbrechungen – bis zu seinem Lebensende inne. Gleichzeitig bekleidete er weitere Ämter. Er war Imam sowohl in der Azhar als auch in der ältesten Moschee des Landes, benannt nach dem Eroberer Ägyptens ʿAmr ibn al-ʿĀs in Fustat. Als Bibliothekar verwaltete er die reichhaltige Sammlung der Madrasa al-Mahmudiya in Kairo. Viele dieser von ihm katalogisierten Handschriften mit seinen eigenhändigen Vermerken sind heute in der Azhar-Bibliothek erhalten.
Werke Bearbeiten
- Fath al-bārī bi-scharh Sahīh al-Buchārī / فتح الباري بشرح صحيح البخاري / Fatḥu ʾl-bārī bi-šarḥ Ṣaḥīḥi ʾl-Buḫārī / ‚Der Sieg des Schöpfers in der Erläuterung des „Sahīh“ von al-Buchārī‘
- Tahdhīb tahdhīb al-kamāl fī asmāʾ ar-ridschāl / تهذيب تهذيب الكمال في أسماء الرجال / Tahḏību tahḏībi ʾl-kamāl fī asmāʾi ʾr-riǧāl / ‚Zusammenfassung der Erweiterung des Vollständigen über der Namen der Überlieferer‘ – kurz auch Tahdhīb at-tahdhīb genannt.
- Lisān al-mīzān / لسان الميزان / ‚Die Zunge der Waage‘
- ad-Durar al-kāmina fī aʿyān al-miʾa ath-thāmina / الدرر الكامنة في أعيان المائة الثامنة / ad-Durar al-kāmina fī aʿyāni ʾl-miʾati ʾṯ-ṯāmina / ‚Die verborgenen Perlen unter den bedeutenden Persönlichkeiten des achten Jahrhunderts‘
- al-isāba fī tamyīz as-sahāba / الإصابة في تمييز الصحابة / al-iṣāba fī tamyīzi ʾṣ-ṣaḥāba / ‚Der Treffer bei der Unterscheidung der Prophetengefährten‘
- al-muʿdscham al-mufahras / المعجم المفهرس / al-muʿǧamu ʾl-mufahras / ‚Gelehrtenlexikon‘
- al-madschmaʿ al-muʾassas lil-muʿdscham al-mufahras / المجمع المؤسس للمعجم المفهرس / al-maǧmaʿ al-muʾassas li-ʾl-muʿǧam al-mufahras
- al-Amālī al-halabiyya / الأمالي الحلبية / al-Amālī ʾl-ḥalabiyya / ‚Die Diktate von Aleppo‘
- al-adschwiba al-dschaliya ʿan al-asʾila al-halabiya / الأجوبة الجلية عن الأسئلة الحلبية / al-aǧwiba al-ǧalīya ʿani ʾl-asʾila al-ḥalabīya / ‚Die klaren Antworten auf die Fragen aus Aleppo‘.
- inbāʾ al-ghumr bi-abnāʾ al-ʿumr / إنباء الغمر بأبناء العمر / inbāʾu ʾl-ġumr bi-abnāʾi ʾl-ʿumr / ‚Nachrichten über bekannte Söhne der Epoche‘ ist eine politische und literarische Geschichte Syriens und Ägyptens zwischen 1371 und 1446. Das Werk liegt in zwei Bänden unvollständig vor.
- Auf Wunsch seiner Schüler hat Ibn Hadschar zwei kurze Traktate verfasst; der eine ist dem ägyptischen Gelehrten al-Laith ibn Saʿd († 791) gewidmet, in dem er neben einer Kurzbiographie die wissenschaftliche Stellung und die von al-Laith überlieferten bekanntesten Hadithe darstellt:
- توالي التأسيس بمعالي ابن ادريس / tawālī at-taʾsīs bi-maʿālī Bni Idrīs
Wirkung Bearbeiten
Sein Schüler, der berühmte Traditionarier und Biograph Schams ad-Dīn as-Sachāwī (gest. 1497), hat das Leben und Wirken seines Lehrers Ibn Hadschar in drei Bänden dargestellt: al-Dschawāhir wa-ʾd-durar tardschamat schaich al-islām Ibn Hadschar / الجواهر والدرر ترجمة شيخ الإسلام ابن حجر / al-Ǧawāhir wa-ʾd-durar tarǧamat šaiḫi ʾl-islām Bni Ḥaǧar / ‚Edelsteine und Perle; die Biographie des Schaichs des Islam Ibn Hadschar‘ zusammengefasst.
Literatur Bearbeiten
- Carl Brockelmann: Geschichte der arabischen Litteratur. Zweite den Supplementbänden angepasste Auflage. II. 80–84. Brill, Leiden 1949, ISBN 90-04-14624-5 (Reprint Februar 1996)
- Wilhelm Hoenerbach: Waṯīma's K. ar-Ridda aus Ibn Ḥaǧars Iṣāba. Ein Beitrag zur Geschichte des Abfalls der Araberstämme nach Muḥammads Tod. Mainz 1951
- Jacqueline Sublet: Les Maîtres et les études de deux traditionnistes de l'époce mamelouke. al-Mašyaḫa al-bāsima lil-Qibābī wa-Fāṭima ibn Ḥaǧar al-ʿAsqalānī. In: Bulletin d'Études Orientales 20 (1967), 7–99
- Heinrich Schützinger: Das Kitāb al-Muʿǧam des Abū Bakr al-Ismāʿīlī. Franz Steiner, Wiesbaden 1978. Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes (AKM), Band XLIII,3 ISBN 3-515-02700-9
- The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Brill. Leiden, Bd. 3, S. 776
Weblinks Bearbeiten
- Literatur von und über Ibn Hadschar al-ʿAsqalānī im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise Bearbeiten
- Das Werk ist mehrfach gedruckt worden. Die heute allgemein benutzte Ausgabe in vierzehn Bänden ist 1960 in Kairo erschienen.
- Mehrfach gedruckt. Die erste Ausgabe in zwölf Bänden ist in Hyderabad 1325 H erschienen und mehrfach nachgedruckt worden.
- Der gegenwärtig beste Druck erschien 1997 in Beirut in fünf Bänden
- Siehe die Rekonstruktion des Werkes bei: Wilhelm Hoenerbach: Waṯīma's K. ar-Ridda aus Ibn Ḥaǧars Iṣāba. Ein Beitrag zur Geschichte des Abfalls der Araberstämme nach Muḥammads Tod. Mainz 1951
- Siehe: Heinrich Schützinger, S. 41–43
- Herausgegeben von Muḥammad Schakūr al-Mayādīnī anhand der Handschrift in der Nationalbibliothek Kairo (Dār al-kutub al-miṣrīya). Gedruckt in Beirut. Al-Resalah Publishers. 1998. Zu den bisher unberücksichtigten drei weiteren Exemplaren siehe H. Schützinger, S. 42–43.
- Siehe: Heinrich Schützinger, S. 42. Das Werk ist in drei Bänden mit einem Namenregister im Jahre 1992 bei Dār al-maʿrifa, Beirut erschienen
- Das kleine Buch von insgesamt 64 Seiten liegt seit 1996 (Beirut) im Druck vor.
- Gedruckt in Damaskus 1994
- Gedruckt in Kairo 1969–1971
- Fuat Sezgin: Geschichte des arabischen Schrifttums. Brill, Leiden 1967. Bd. 1, S. 520
- Hrsg. ʿAbdarraḥmān Ḥasan Maḥmūd und Aḥmad ʿAlī Ḥasan. Maktabat al-Ādāb. Kairo
- Zuletzt gedruckt bei Dar Ibn Hazm. Beirut 1999
Personendaten | |
---|---|
NAME | Ibn Hadschar al-ʿAsqalānī |
ALTERNATIVNAMEN | Ahmad ibn 'Ali ibn Muhammad Schihab ad-Din al-Kinani al-'Asqalani |
KURZBESCHREIBUNG | Wissenschaftler der islamischen Gelehrsamkeit und Hochschullehrer |
GEBURTSDATUM | 1372 |
STERBEDATUM | Februar 1449 |
STERBEORT | Kairo |