Haushaltsgrundsätze sind die bei der Haushaltswirtschaft öffentlicher Haushalte in Deutschland zu beachtenden Prinzipien der Haushaltsaufstellung und Haushaltsausführung bei Bund, Bundesländern, Gemeinden, Gemeindeverbänden und sonstigen haushaltsführenden Stellen (Anstalten des öffentlichen Rechts, Körperschaften des öffentlichen Rechts). Ihr Ziel ist es, die öffentliche Verwaltung und Öffentlichkeit vor möglichen Verlusten, unkorrekten Daten und fehlerhaften Informationen weitestgehend zu schützen und bundesweit für eine einheitliche Haushaltsführung und ordnungsgemäße Finanzwirtschaft zu sorgen.
Allgemeines Bearbeiten
Diese Grundsätze entsprechen im Kern den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und sind konkret auf öffentliche Haushaltsführung zugeschnitten. Sie sind gesetzlich verankert insbesondere im Grundgesetz (GG), im Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (Haushaltsgrundsätzegesetz, HGrG) sowie der Bundeshaushaltsordnung (BHO) entsprechend in den – konkretere Vorgaben enthaltenden – einzelnen Landeshaushaltsordnungen (LHO) und den jeweiligen Gemeindeordnungen (GemO) der Länder, worin allgemeinere Sollvorschriften enthalten sind (z. B. § 75 GemO NRW). Das Haushaltsgrundsätzegesetz regelt auf Bundesebene zunächst, dass die Haushaltswirtschaft kameral oder „staatlich doppisch“ gestaltet werden kann (§ 1a HGrG). Zudem gilt ein Bepackungsverbot.
Die einzelnen Grundsätze Bearbeiten
Die von Praxis und Wissenschaft entwickelten Haushaltsgrundsätze umfassen ein Regelwerk von 10 die öffentliche Verwaltung bindenden Vorschriften.
- Haushaltsgrundsatz der Einheit und Vollständigkeit des Haushaltsplans (Art. 110 Abs. 1 Satz 1 GG):
- Grundsatz der Öffentlichkeit (Art. 110 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 42 Abs. 1 GG):
- Grundsatz der vorherigen Bewilligung (Art. 110 Abs. 2 GG):
- Grundsatz der Jährlichkeit (Art. 110 Abs. 2 GG):
- Grundsatz der Gesamtdeckung (Nonaffektation; § 7 HGrG, § 8 BHO):
- Haushaltsgrundsatz des Bruttoprinzips (§ 12 HGrG, § 15 Abs. 1 BHO):
Verletzung der Grundsätze Bearbeiten
In Dienstverträgen des öffentlichen Dienstes ist zumindest bei mit Haushalten befassten Personen vorgesehen, dass „die Haushaltsgrundsätze einzuhalten sind.“ Die Verletzung der Haushaltsgrundsätze kann als „Haushaltsuntreue“ – ein Unterfall der Untreue – nach § 266 StGB geahndet werden. Der BGH hatte 1997 allerdings klargestellt, dass es keinen Tatbestand der „Haushaltsuntreue“ gebe, der „alleine die Pflichtwidrigkeit haushaltswidriger Verfügungen mit Strafe bedroht.“ Der Verstoß gegen geltendes Haushaltsrecht oder die Haushaltsgrundsätze ist daher nicht ohne weiteres nach § 266 Abs. 1 StGB strafbar. Vielmehr ist zu beweisen, dass der öffentlichen Hand durch die pflichtwidrige Handlung ein Vermögensnachteil entstanden ist. Der subjektive Tatbestand des § 266 StGB setzt Kenntnis von der Verletzung der Haushaltsgrundsätze voraus. Eine strafrechtlich relevante pflichtwidrige Schädigung der zu betreuenden Haushaltsmittel kommt insbesondere in Betracht, wenn ohne entsprechende Gegenleistung Zahlungen erfolgen, auf die im Rahmen vertraglich geregelter Rechtsverhältnisse ersichtlich kein Anspruch bestand. Ungeachtet der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung kommt Haushaltsuntreue dem BGH zufolge in Betracht, wenn durch eine Haushaltsüberziehung eine wirtschaftlich gewichtige Kreditaufnahme erforderlich wird, wenn die Dispositionsfähigkeit des Haushaltsgesetzgebers in schwerwiegender Weise beeinträchtigt wird und er durch den Mittelaufwand insbesondere in seiner politischen Gestaltungsbefugnis beschnitten wird. Anders als im Normalfall der Untreue liegt bei Haushaltsuntreue keine persönliche Bereicherung des Täters vor.
Zivilrechtlich sind Rechtsgeschäfte, die gegen geltendes Haushaltsrecht verstoßen, nicht nach § 134 BGB (Verbotsgesetz) nichtig, sondern allenfalls in besonders schweren Fällen wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB).
Die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit sind als rechtliche Steuerungsnormen dazu bestimmt, einen äußeren Begrenzungsrahmen für den gemeindlichen Entfaltungs- und Gestaltungsspielraum dahin gehend zu bilden, solche Maßnahmen zu verhindern, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlechthin unvereinbar sind. Den darin enthaltenen Grundsatz, dass der Staat nichts „verschenken“ darf, müssen alle staatlichen und kommunalen Stellen beachten, unabhängig davon, auf welcher Grundlage sie tätig werden. Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz führt zur Nichtigkeit von Verträgen, die eine Zuwendung an Private ohne Gegenleistung zum Gegenstand haben und unter keinem Gesichtspunkt als durch die Verfolgung legitimer öffentlicher Aufgaben im Rahmen einer an den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit orientierten Verwaltung gerechtfertigt angesehen werden können.
Literatur Bearbeiten
- Herbert Wiesner, Bodo Leibinger, Reinhard Müller: Öffentliche Finanzwirtschaft. 12., neu bearb. Aufl. Heidelberg 2008, ISBN 978-3-7685-0555-0. Inhaltsübersicht
- Andreas Coenen: Die Strafbarkeit von Verstößen gegen das Haushaltsrecht bei der Bewirtschaftung öffentlicher Mittel Univ.-Diss., Köln 2000.
Einzelnachweise Bearbeiten
- ↑ Josef Isensee/Paul Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2007, S. 1189 f.
- BVerfGE 65, 283, 291
- Josef Isensee/Paul Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2007, S. 1195
- BGH, Urteil vom 4. November 1997, StR 1 293/97; („Bugwellenfall“)
- BGHSt 43, 293
- BGH, NStZ-RR 2002, 237 f.
- BGH, wistra 1998, 103, 104
- BGH, StV 1986, 430
- OVG Rheinland-Pfalz, DVBl. 1980, 767, 768; vgl. auch BVerwGE 59, 249, 252f.; OVG NRW, DÖV 1991, 611f.
- BGHZ 47, 30, 39 f.
- BGH, Urteil vom 17. September 2004, Az. V ZR 339/03, Volltext.