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Hans Dernschwam 1494 in Brux Bohmen 1568 69 in Schattmannsdorf Habsburgermonarchie war ein Fugger Kaufmann Er war vor allem im heutigen Ungarn und der heutigen Slowakei tatig und nahm von 1553 bis 1555 auf eigene Kosten an der Reise einer Delegation von Konig Ferdinand I zu Sultan Suleyman I nach Konstantinopel und weiter nach Amasya teil Daruber verfasste er ein umfangreiches Tagebuch Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Tagebuch der Delegationsreise 1553 1555 nach Konstantinopel und Amasya 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHans Dernschwam geboren 1494 gestorben um 1568 69 vermutlich in Schattmannsdorf dem heutigen Casta in der Slowakei war Sohn einer angesehenen und wohlhabenden Patrizierfamilie in Brux in Bohmen dem heutigen tschechischen Most 1 Als Dreizehnjahriger begann er 1507 sein Studium in Wien in der Artistenfakultat wechselte nach Leipzig und schloss es dort 1510 als Baccalaureus ab Er war um 1513 einige Zeit in Rom und stand von 1514 bis 1517 im Dienst des italienischen Humanisten Girolamo Balbi Hieronymus Balbus 1450 1535 Ab 1520 reiste er viel in Ungarn und den benachbarten Landern und sammelte dabei romische Inschriften 2 1525 trat Dernschwam in die Dienste von Anton Fugger 1493 1560 und war fur diesen vor allem im Bergbau und Erzhandel tatig In den massiven Konflikten mit dem ungarischen Konig und den Magnaten vertrat Dernschwam erfolgreich die Interessen des Hauses Fugger In Neusohl Banska Bystrica war er in den 1530er und 1540er Jahren als Faktor tatig 3 und kaufte in dieser Zeit ein Landgut in Casta Schattmansdorff in der heutigen Slowakei In dieser Zeit liess er sich auch eine Gedenkmunze fertigen die das einzige erhaltene Portrat Dernschwams darstellt 4 Um 1547 1548 im Alter von Anfang 50 quittierte er den Dienst bei den Fuggern nach Franz Babinger 1923 Nachdruck 1986 Beleg 1 S XXIII vor allem aus Abscheu gegen die Finanzgeschafte mit dem Kaiserlichen und Koniglichen Hof 1553 mit 59 Jahren schloss er sich auf eigene Kosten einer Gesandtschaft des Konigs Ferdinand I an die Sultan Suleyman I dem Prachtigen den Jahreszins uberbringen und mit ihm uber einen neuen Waffenstillstand verhandeln sollte Leiter der Gesandtschaft waren zu Beginn der Bischof von Funfkirchen Antun Vrancic Antonius Verantius und der Generalkapitan der Donauflotte Franz Zay 1555 ubernahm der hochrangige habsburgische Diplomat Ogier Ghislain de Busbecq die Leitung Die Gesandtschaft reiste zunachst im Fruhsommer 1553 von Wien nach Konstantinopel Dort wurden die Mitglieder der Gesandtschaft etwa eineinhalb Jahre eher als Gefangene behandelt denn als Diplomaten im modernen Verstandnis Auf Befehl des Sultans reiste die Delegation dann im Marz 1555 weiter zu dessen Kriegslager in Amasya Nach erfolglosen Verhandlungen mit dem Sultan kehrte der grosste Teil der Delegation unter ihnen auch Dernschwam zuruck nach Wien und traf dort schliesslich am 11 August 1555 ein Uber diese Reise hat Dernschwam ein ausfuhrliches Tagebuch verfasst auf das unten naher eingegangen wird Uber Dernschwams weiteren Lebensweg ist wenig bekannt Aus urkundlichen Belegen schliesst Babinger dass sich Dernschwam uberwiegend in den sogenannten ungarischen Bergstadten insbesondere in Neusohl Banska Bystrica und Kremnitz Kremnica aufhielt und seine letzten Lebensjahre wahrscheinlich in Kremnitz verbrachte Dort war er bis 1567 als Oberzimenter Munzmeister fur das Eichamt tatig 5 Er starb wohl um die Jahreswende 1568 69 in Casta Schattmansdorff Im Februar 1569 verkaufte sein Neffe Dernschwams beruhmte humanistische Bibliothek die etwa 2 000 Bande umfasste fur 500 Gulden an die Hofbibliothek in Wien 6 Tagebuch der Delegationsreise 1553 1555 nach Konstantinopel und Amasya BearbeitenDernschwam hat sein Tagebuch auf Fruhneuhochdeutsch mit gelegentlichen lateinischen Einschuben verfasst 7 Es umfasst im Original etwa 815 in der Regel halbseitig beschriebene Seiten mit zahlreichen Zeichnungen und lateinischen sowie griechischen Inschriften 8 Das Tagebuch enthalt wie Hattenhauer Bake zu Recht betonen thematisch und stilistisch zwei deutlich unterschiedliche jedoch in der Textfolge miteinander verflochtene Teile 9 Einerseits ist es ein klassisches Tagebuch mit konkreten chronologisch geordneten Berichten und Beobachtungen Dernschwam halt seine Beobachtungen und Erlebnisse an den Reise und Aufenthaltstagen detailliert fest insbesondere zu geografischen Gegebenheiten den Ortlichkeiten der Bauweise den Sitten und Gebrauchen der Einwohner einschliesslich der Ess und Trinkgewohnheiten der Kleidung der religiosen Gebrauche des Verhaltnisses von Mannern und Frauen und ahnliches Als langjahrig erfahrener Kaufmann notiert er auch Preise von Nahrungsmitteln und Gutern sowie Arbeitsweisen in der Landwirtschaft und im Handwerk Wahrend des eineinhalbjahrigen Aufenthalts in Konstantinopel beschaftigt sich Dernschwam u a ausfuhrlich mit den noch vorhandenen byzantinischen aber auch mit den turkischen Bauten Konstantin Jirecek ein Kenner der europaischen Reiseberichte uber das Osmanische Reich betont Dernschwams Reichhaltigkeit des Materials An innerem Wert wurden alle fruheren und spateren Reiseberichte von dessen gewissenhaft von Tag zu Tag gemachten Aufzeichnungen ubertroffen 10 Dernschwam zeichnet aber nicht nur seine konkreten Reisebeobachtungen auf sondern er behandelt immer wieder und das geht uber ubliche Tagebuchaufzeichnungen weit hinaus ubergreifende Fragestellungen So beschaftigt er sich etwa mit der Rechts und Wirtschaftsverfassung des Osmanischen Reiches mit der Lage der gefangen genommenen oder im Rahmen der sog Knabenlese ausgehobenen und in der Folge versklavten Europaer mit den Juden oder mit dem Verhaltnis des Islam zu den christlichen Religionen wobei er scharf und oft auch polemisch zwischen Katholiken und Protestanten unterscheidet Dabei kommt Dernschwam etwa in Fragen der Wirtschaftsverfassung durchaus zu weitsichtigen Urteilen wenn er kritisiert dass es im Osmanischen Reich keinen Burgerstand und keine stadtische Selbstverwaltung insgesamt keine freie Entfaltung des Einzelnen in seinem Beruf und Stand gebe und alles dort sklavisch dem Befehl des Sultans und seiner Kadis unterworfen sei Gleichzeitig finden sich aber auch Fehlurteile und bei bestimmten Themen eine fur den heutigen Leser oft schwer ertragliche Darstellung Dies gilt besonders fur seine haufig wiederholten pauschalen Urteile uber die turkischen Manner ihre Frauen die Papisten und die Juden Hier folgt er unbekummert den Denkschablonen seiner Welt wie man sie auch in den gegen die Turken gerichteten christlichen Streitschriften der Zeit findet und bedient sich dabei oft einer heute nur schwer zumutbaren groben Ausdrucksweise die allerdings fur das 16 Jahrhundert dem Zeitalter des Grobianismus 11 nicht untypisch war Hattenhauer Bake weisen darauf hin dass bei Bewertung dieser Passagen der personliche Charakter des Tagebuchs zu berucksichtigen sei Dernschwam habe seinen Text als private Aufzeichnung verfasst die er nicht redigiert hat und in dieser Form gewiss nicht fur eine Veroffentlichung vorgesehen hatte doch mache ebendies zugleich den besonderen Wert der Quelle aus 12 Literatur BearbeitenKurt Oberdorffer Dernschwam von Hradiczin Hans In Neue Deutsche Biographie NDB Band 3 Duncker amp Humblot Berlin 1957 ISBN 3 428 00184 2 S 609 Digitalisat Marianna D Birnbaum The Fuggers Hans Dernschwam and the Ottoman Empire In Sudost Forschungen Band 50 1991 S 119 144 Johannes Fouquet Die Antike am Wegesrand Der Humanist und Fuggerfaktor Hans Dernschwam auf einer Reise ins innere Kleinasien In Derselbe u a Hrsg Argonautica Festschrift fur Reinhard Stupperich Scriptorium Marsberg Padberg 2017 S 327 338 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Hans Dernschwam im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Eine Biografie zu Dernschwam gibt es bisher nicht Biographische Angaben finden sich in Hans Hattenhauer Uwe Bake Hg Ein Fugger Kaufmann im Osmanischen Reich Bericht einer Reise nach Konstantinopel und Kleinasien 1553 1555 von Hans Dernschwam 2012 S IX ff Franz Babinger Hg Hans Dernschwam s Tagebuch einer Reise nach Konstantinopel und Kleinasien 1553 1555 nach der Urschrift im Fuggerarchiv herausgegeben und erlautert von Franz Babinger 1923 Nachdruck 1986 S XIII ff Marianna D Birnbaum The Fuggers Hans Dernschwam and the Ottoman Empire in Sudost Forschungen Band L 1991 S 119 144 Christof Jeggle Die fremde Welt des Feindes Hans Dernschwams Bericht einer Reise nach Konstantinopel und Kleinasien 1553 1556 in Marlene Kurz u a Hg Das Osmanische Reich und die Habsburgermonarchie 2005 S 413 426 Wolfgang F Reddig Reise zum Erzfeind der Christenheit Der Humanist Hans Dernschwam in der Turkei 1553 1555 1990 S 15 ff Das Manuskript seiner Inschriftensammlung Inscriptiones Romanae lapidibus in territoriis Hungariae et Transilvaniae repertis a nno 15 2 0 1530 collectae die er bis 1530 fortgefuhrt hat befindet sich heute in der Nationalbibliothek in Wien Dernschwam schildert dieser Zeit in dem Extract aus der Beschreibung des Mitternhauss im Neusohl gelegen durch Hansen Thurnschwamb der Herren Fugger gewesen Factorem daselbst samt anderm was sich in der Kron Hungern zugetragen geschrieben im Ein Thaussend Funhundert drey und sechzigsten Jahr in Johann Christian Engel Geschichte des Ungarischen Reiches und seiner Nebenlander 1 Theil Halle 1797 Das Portrat ist bei Hattenhauer Bake s Beleg 1 als Umschlagabbildung dargestellt Vgl Franz Babinger 1923 Nachdruck 1986 S XXV ff Zu seiner Bibliothek vgl Jeno Berlasz Hg Die Bibliothek Dernschwam Bucherinventar eines Humanisten in Ungarn 1984 Wolfgang F Reddig Reise zum Erzfeind der Christenheit Der Humanist Hans Dernschwam in der Turkei 1553 1555 1990 S 27 ff Das Original befindet sich im Fugger Archiv in Dillingen Franz Babinger 1923 Nachdruck 1986 Beleg 1 hat die Handschrift sprachlich unverandert in Druckschrift ubertragen Patrick Breternitz und Werner Eck haben die Inschriften in einem Epigraphischen Anhang zu Hans Hattenhauer Uwe Bake Hg Ein Fugger Kaufmann im Osmanischen Reich Bericht einer Reise nach Konstantinopel und Kleinasien 1553 1555 von Hans Dernschwam 2012 Beleg 1 ubersetzt und kommentiert Hans Hattenhauer Uwe Bake Hg Ein Fugger Kaufmann im Osmanischen Reich Bericht einer Reise nach Konstantinopel und Kleinasien 1553 1555 von Hans Dernschwam 2012 Beleg 1 S XIX ff Constantin Jos Jirecek Die Heerstrasse von Belgrad nach Constantinopel und die Balkanpasse Eine historisch geographische Studie 1967 Nachdruck der Ausgabe Prag 1877 S 118 so ausdrucklich etwa Hedwig Heger Thomas Murner in Stephan Fussel Hg Deutsche Dichter der fruhen Neuzeit 1450 1600 S 303 siehe auch Egon Friedell Kulturgeschichte der Neuzeit 2007 S 318 ff Hedwig Heger Thomas Murner in Stephan Fussel Hg Deutsche Dichter der fruhen Neuzeit 1450 1600 S 303 siehe auch Egon Friedell Kulturgeschichte der Neuzeit 2007 Beleg 1 S XXINormdaten Person GND 118898884 lobid OGND AKS LCCN no91021382 VIAF 10588552 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Dernschwam HansKURZBESCHREIBUNG bohmischer Fugger KaufmannGEBURTSDATUM 1494GEBURTSORT Brux BohmenSTERBEDATUM 1568 oder 1569STERBEORT Schattmannsdorf Habsburgermonarchie Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hans Dernschwam amp oldid 229786476