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Der Halterner Kochtopf ist eine irdene Gefassform aus der Romerzeit Aufgrund seiner Haufigkeit als Gebrauchskeramik in ostgallischen und rheinlandischen Siedlungs und Militarbefunden des 1 Jahrhunderts n Chr dient er in der provinzialromisch archaologischen Forschung als Leitform bei der Datierung von Fundstellen In der archaologischen Keramiktypologie wird die Form nach ihrem eponymen Fundort dem Romerlager Haltern als Haltern 91 angesprochen Ausstellungsexemplar im Romisch Germanischen Museum KolnUmzeichnung eines idealtypischen Halterner Kochtopfs Haltern 91 A nach Ritterling 1901 Inhaltsverzeichnis 1 Form 2 Entstehung Verbreitung und Datierung 3 Verwendung 4 Anmerkungen 5 LiteraturForm Bearbeiten nbsp Randformen des Halterner Kochtopfs Haltern 91 nach Ritterling 1901Ein Halterner Kochtopf ist ein bauchiges Gefass dessen weitester Durchmesser im Bereich der Gefassschulter liegt Charakteristisch ist ein nach innen eingezogener gerillter Wulstrand mit einem scharfen Schulterknick Zum Boden hin verjungt es sich steil wobei der schmalste Teil des Gefasses auf Hohe des flachen Bodens liegt Fruhe Gefasse sind noch handaufgebaut Noch in tiberischer Zeit werden sie jedoch von scheibengedrehten Topfen abgelost wobei die Form erhalten bleibt Die Gefassoberflache ist haufig mit einer Schlammengobe uberzogen die vor dem Brand an der Aussenseite mit Stroh oder Reisig aufgeraut wurde Auf diese Weise wird eine bessere Griffigkeit beim Gebrauch erzeugt Der Scherben ist tongrundig mit Sandmagerung Je nach Herstellungsort ist er schwarz hell oder rottonig In der Fachliteratur werden heute zwei Varianten unterschieden 1 Die Form Haltern 91 A wird aus einer Gruppe von Gefassen gebildet die aus schlecht geschlammtem Ton gebrannt wurden Deren Scherben ist meist rotbraun bis schwarz und weist eine korkartige Textur auf Korkware Davon unterscheidet sich die Form Haltern 91 B durch die Verwendung von dichter brennenden Tonen Die Aussenwand von Haltern 91 B ist im Gegensatz zu der aufgerauten Oberflache von 91 A meist glatt 2 Nach Funden aus Haltern am See wurde von Emil Ritterling 1901 die Erstbeschreibung vorgenommen 3 Entstehung Verbreitung und Datierung BearbeitenDie Form ist spat latenezeitlichen ostgallischen Kochtopfen entlehnt und findet sich ab dem letzten Jahrzehnt des 1 Jahrhunderts v Chr im Rhein Mosel Gebiet zunachst vor allem im Zusammenhang mit romischen Militarstandorten Das Hauptverbreitungsgebiet ist der Raum zwischen Koln Nijmegen und Mainz Die Lateneform dieses Gefasstyps ist in der Regel noch handaufgebaut und weist noch nicht den charakteristischen Schulterknick der romischen Form auf Auch ist die Oberflache der fruhen Formen meist geglattet und nicht aufgeraut In Ostgallien stationierte romische Truppen ubernahmen in augusteischer Zeit offenbar den Gefasstyp von der einheimischen Bevolkerung und brachten ihn im Zuge der Drususoffensive mit der Okkupation des Rheinlandes mit an die Standorte an Rhein und Lippe Kurz darauf verbesserten romische Topfer mit ihrer fortschrittlicheren Topfertechnik die Herstellung Jedoch kommen noch mindestens bis ins 2 Jahrzehnt nach Chr handaufgebaute Formen im Fundspektrum romischer Militar und Siedlungsbefunde vor 4 Diese zeigen grosstenteils bereits die aufgeraute Oberflache und den charakteristischen Schulterknick Halterner Kochtopfe wurden im gesamten 1 Jahrhundert sowohl von romischen Soldaten als auch in zivilen Siedlungen in Niedergermanien und den angrenzenden Gebieten verwendet Ab flavischer Zeit verschwindet er allmahlich aus dem Fundspektrum Eine Feinchronologie innerhalb der Formengruppe konnte bislang nicht vorgenommen werden Die Varianz innerhalb der Form bezuglich markanter Merkmale wie beispielsweise der Auspragung des Lippenwulstes scheint keine chronologische Relevanz zu haben 5 Verwendung BearbeitenNeben der Verwendung als Kochtopf wurden Halterner Kochtopfe auch als Transport und Vorratsbehalter fur Lebensmittel genutzt Die bei einigen Funden angetroffenen gepichten Rander zeugen davon dass in den Gefassen verderbliche Ware konserviert wurde wobei das Gefass mit Pergament Leder oder ahnlichem abgedeckt war Die Abdeckung wurde mit Pech luftdicht auf den Gefassrand geklebt Zusatzlich konnte die Abdeckung mit einer Kordel fixiert werden Die umlaufende Rille uber dem Schulterknick diente dabei als Fuhrung Ein auf dem Kops Plateau bei Nijmegen gefundenes Gefass enthielt noch die Uberreste von 30 Singdrosseln die aus dem sudlichen Ardennenraum stammten 6 Dieses Vorratsgefass ahnelt typologisch dem Halterner Kochtopf weicht jedoch in seiner Randauspragung von der klassischen Form Haltern 91 ab Als Sekundarbeigabe fanden Halterner Kochtopfe auch im romischen Bestattungsritus Verwendung Sie wurden als Behalter von Lebensmitteln einem Toten mit ins Grab gegeben 7 Anmerkungen Bearbeiten Siegfried Loeschcke Ausgrabungen bei Haltern Die keramischen Funde Ein Beitrag zur Geschichte der augusteischen Kultur in Deutschland Mitteilungen der Altertumskommission fur Westfalen 5 Munster 1909 S 101 ff Vegas 1975 S 39 Ritterling 1901 S 160 162 Tafel XXXVIII 20 Gefassprofil und Tafel XXXVI 27 ff Randformen Beispielsweise Manuel Fiedler Totenbettbeschlage eines fruhromischen Grabes in Koln In Stephan Berke Torsten Mattern Hrsg Romische Graber augusteischer und tiberischer Zeit im Westen des Imperiums Wiesbaden 2013 S 123 Abb 2c Hupka 2015 S 69 Harry van Enckevort Das Lager auf dem Kops Plateau In Johann Sebastian Kuhlborn Germaniam pacavi Germanien habe ich befriedet Munster 1995 S 53 f und Abb 17 18 Beispielsweise Fiedler 2013 Literatur BearbeitenHans Dragendorff Ausgrabungen bei Haltern Die Fundstucke aus dem Lager und dem Uferkastell 1901 1902 In Mitteilungen der Altertumskommission Westfalen 3 1903 S 85 f erganzend zu Ritterling 1901 Ursula Heimberg Colonia Ulpia Traiana Die fruheste Keramik aus der Forumsgrabung In Bonner Jahrbucher Band 187 1987 S 411 474 Dieter Hupka Die romischen Siedlungsfunde gewerblichen Reste und Strassenbefunde in Monchengladbach Mulfort Dissertation Universitat Koln 2015 S 69 f Edeltraud Mittag Untersuchungen zu sogenannten Halterner Kochtopfen aus dem Bereich der Colonia Ulpia Traiana Xanten In Xantener Berichte Band 8 Rheinland Verlag Koln 1999 S 201 311 Mercedes Vegas Die augustische Gebrauchskeramik von Neuss Novaesium VI Limesforschungen Band 14 Berlin 1975 S 38 f Emil Ritterling Die romische Niederlassung bei Haltern Die Fundstucke In Mitteilungen der Altertumskommission Westfalen 2 1901 S 160 162 Tafel XXXVIII 20 und Tafel XXXVI 27 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Halterner Kochtopf amp oldid 217442214