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Gruppenbeitragsmethoden auch Fragmentmethoden oder Inkrementenmethoden sind ein in der Technischen Chemie weit verbreitetes Verfahren zur Abschatzung von Stoffdaten Inhaltsverzeichnis 1 Verfahren 2 Reinstoffeigenschaften 3 Gemischeigenschaften 4 Bestimmung der Gruppenbeitrage 5 Einschatzung der Genauigkeit 6 Literatur 7 Siehe auch 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseVerfahren Bearbeiten nbsp Prinzip einer GruppenbeitragsmethodeChemische Eigenschaften die etwa in der Prozesssimulation benotigt werden sind immer Eigenschaften eines Stoffes oder einer Mischung von Stoffen Da es eine nahezu unendliche und exponentiell weiter ansteigende Anzahl reiner Stoffe und Mischungen gibt sind Gruppenbeitragsmethoden entwickelt worden die Stoffeigenschaften nicht mehr den ganzen Stoffen zuordnen sondern Fragmenten Der erzielte Effekt ist dass aus wenigen Gruppeneigenschaften typischerweise ein Dutzend bis wenige Hundert die Stoffdaten fur viele tausend Substanzen und deren Mischungen bestimmt werden konnen Diese Fragmente die Gruppen sind im Allgemeinen die funktionellen Gruppen eines Molekuls wie etwa die Hydroxygruppe OH die Aminogruppe NH2 oder die Carboxygruppe COOH Haufig werden als Gruppen auch andere Molekulmerkmale hinzugenommen wie etwa ortho meta para Stellungen an Aromaten Ringgrossen und Kettenlangen Reinstoffeigenschaften BearbeitenDie gesuchte Eigenschaft X displaystyle X nbsp wird als Funktion der Summe der Gruppenbeitrage G i displaystyle G i nbsp errechnet X f G i displaystyle X f left sum G i right nbsp Einige Ansatze zur Abschatzung von Reinstoffgrossen werden direkt uber die Summe der Gruppenbeitrage abgeschatzt Vielfach beschreibt die Summe der Gruppenbeitrage jedoch nicht die gesuchte Stoffgrosse sondern nur eine Rechengrosse mit der die gesuchte Stoffgrosse korreliert wird Zusatzlich erfolgt daruber hinaus haufig auch noch eine Korrelation mit anderen Stoffgrossen So wird beispielsweise bei der Berechnung der kritischen Temperatur in der Regel zusatzlich die Normalsiedetemperatur als weiterer Inputparameter verwendet T c T b 0 584 0 965 G i G i 2 1 displaystyle T text c T text b left 0 584 0 965 sum G text i left sum G text i right 2 right 1 nbsp Korrelationsgleichung nach Joback und Reid Gemischeigenschaften BearbeitenBei Modellen die Eigenschaften von Mischungen abschatzen werden haufig nicht allein die Summen der Gruppenbeitrage verwendet sondern Gruppenwechselwirkungsparameter G i j displaystyle G ij nbsp und G j i displaystyle G ji nbsp verwendet g f G i j f G j i displaystyle gamma f left sum G ij right f left sum G ji right nbsp Eine Eigenschaft die typischerweise durch Gruppenwechselwirkungsmodelle wie UNIFAC oder ASOG berechnet wird ist der Aktivitatskoeffizient g displaystyle gamma nbsp Eine negative Auswirkung der Verwendung von Gruppenwechselwirkungen ist die massive Erhohung der benotigten Parameter Fur 10 Gruppen werden bspw bereits 2 45 displaystyle 2 cdot 45 nbsp Wechselwirkungsparameter benotigt Daher sind Gruppenwechselwirkungsmodelle zumeist nicht vollstandig parametrisiert Bestimmung der Gruppenbeitrage BearbeitenDie Gruppenbeitrage werden ublicherweise direkt an experimentell ermittelte Stoffdaten mittels multilinearer oder nichtlinearer Regression angepasst Nichtlineare Regressionen stellen in aller Regel multimodale Optimierungsprobleme dar also Optimierungsprobleme mit mehr als einem Optimum im betrachteten Losungsraum Zur Anpassung von Gruppenwechselwirkungsparametern werden daher oftmals Evolutionare Algorithmen z B verschachtelte Evolutionsstrategien Genetische Algorithmen etc eingesetzt da deterministische Optimierungsalgorithmen in der Regel nicht in der Lage sind das globale Optimum bei Regressionen Minimum zu finden Als Datenbasis experimentell ermittelter Stoffdaten dienen z B Faktendatenbanken wie Beilstein die Dortmunder Datenbank oder die DIPPR 801 Datenbank Oftmals werden auch zur Erganzung experimentelle Messungen durchgefuhrt wenn es Lucken in der betrachteten Gruppenwechselwirkungsmatrix gibt oder Gruppenbeitragsmethoden zusatzlich eine Temperatur und oder Druckabhangigkeit beschreiben Einschatzung der Genauigkeit BearbeitenDie Vorhersagegenauigkeit einer Gruppenbeitragsmethode wird durch zwei Faktoren beeinflusst Die Genauigkeit der Wiedergabe der experimentellen Daten durch die Gruppenbeitragsmethode und die Genauigkeit der zugrunde liegenden experimentellen Daten Beim Test der Gute einer Vorhersage wird in der Regel nur die Differenz zwischen Vorhersage und experimentellen Daten berucksichtigt Entscheidend ist dabei dass der Abgleich auch mit externen Daten erfolgt Bei vielen Gruppenbeitragsmethoden wie beispielsweise der Joback Methode wird in den entsprechenden Veroffentlichungen nur die Genauigkeit der Wiedergabe der experimentellen Daten angegeben die fur die Methodenentwicklung verwendet wurden Das Problem hierbei ist dass die Parameter der Methode z B die Gruppenbeitrage an genau diese Daten angepasst wurden Sie wurden also fur genau diesen Datensatz optimiert Die erhaltenen Fehler der Vorhersage spiegeln daher oft nicht die tatsachliche Genauigkeit wider Um eine belastbare Aussage uber Genauigkeit und Verlasslichkeit der Vorhersage treffen zu konnen ist daher eine externe Validierung notig Dazu wird in der Regel vor Beginn der Methodenentwicklung ein Teil der verfugbaren experimentellen Daten das so genannte Test Set aus der Datenbasis entfernt Mit Hilfe der verbliebenen Daten dem so genannten Training Set erfolgt dann die Entwicklung der Methode und die Anpassung der Parameter Im Anschluss daran wird die Methode auf die Stoffe des Test Set angewendet und der entsprechende Fehler berechnet Nur ein Fehler der fur ein Test Set ermittelt wurde sollte als Genauigkeit einer Gruppenbeitragsmethode oder analog eines QSPR Modells angesehen werden Andernfalls muss die Genauigkeit der Vorhersage als unbekannt angesehen werden 1 Literatur BearbeitenBruce E Poling John M Prausnitz John P O Connell The Properties of Gases and Liquids McGraw Hill Publishing Co 5th Edition Jurgen Gmehling Barbel Kolbe Thermodynamik Georg Thieme Verlag 1988 Peter Ulbig Gruppenbeitragsmodelle UNIVAP amp EBGCM Gelsenkirchen 1996 ISBN 3 920088 70 0 Hannes Geyer Entwicklung und Untersuchung von Gruppenbeitragsmethoden zur Vorhersage thermodynamischer Stoffgrossen unter Verwendung von Methoden der Computational Intelligence Shaker Aachen 2000 ISBN 3 8265 7000 6 Siehe auch BearbeitenLydersen Methode Joback Methode Benson MethodeWeblinks BearbeitenDIPPR 801 Dortmunder DatenbankEinzelnachweise Bearbeiten A Tropscha P Gramatica V J Gombar The Importance of Being Earnest Validation is the Absolute Essential for Successful Application and Interpretation of QSPR Models In QSAR amp Combinatorial Science Band 22 Nr 1 2003 S 69 77 doi 10 1002 qsar 200390007 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gruppenbeitragsmethoden amp oldid 227518482