www.wikidata.de-de.nina.az
Der Galton Watson Prozess benannt nach dem britischen Naturforscher Francis Galton 1822 1911 und seinem Landsmann dem Mathematiker Henry William Watson 1827 1903 ist ein spezieller stochastischer Prozess der benutzt wird um die zahlenmassige Entwicklung einer eingeschlechtlichen Population von sich selbst replizierenden Individuen mathematisch zu modellieren Er wird bisweilen auch als Bienayme Galton Watson Prozess bezeichnet zu Ehren des Franzosen Irenee Jules Bienayme 1796 1878 der dasselbe Problem bereits langere Zeit vorher bearbeitet hatte Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Mathematische Modellierung 3 Die Aussterbewahrscheinlichkeit 4 Beispiel 5 Bisexueller Galton Watson Prozess 6 LiteraturGeschichte Bearbeiten nbsp 50 unabhangige GW Prozesse mit Startwert 20 und Poisson verteilten Nachkommen mit Parameter 0 95 Bereits bei t 41 sind alle bis auf 6 Populationen ausgestorben Im England des viktorianischen Zeitalters war die Aristokratie zunehmend besorgt uber den Umstand dass immer wieder Adelsgeschlechter aus Mangel an mannlichen Nachkommen ausstarben und somit immer mehr traditionsreiche Namen aus der adligen Gesellschaft verschwanden Galton der selbst kein Mathematiker war veroffentlichte 1873 in der Wissenschaftszeitschrift Educational Times die Frage nach der Wahrscheinlichkeit einer solchen Ausloschung und erhielt prompt Antwort von Watson Im darauffolgenden Jahr erschien ihre Gemeinschaftsarbeit On the probability of extinction of families in welcher sie ein stochastisches Konzept vorstellten das heute als Galton Watson Prozess bekannt ist Das Ergebnis zu dem sie kamen war dass bei konstanter Bevolkerungszahl im Laufe der Zeit alle Namen bis auf einen aussterben wurden Offenbar entstand diese Arbeit im Unwissen uber die Ergebnisse von Bienayme Zuerst blieb das Problem der aussterbenden Nachnamen das einzige auf das das Galton Watson Konzept angewendet wurde Doch schon bald begannen Biologen damit die Ausbreitung von Lebewesen zu modellieren Heute wird der Prozess in vielfaltigen Gebieten eingesetzt von der Warteschlangentheorie bis hin zur Verbreitung von Computerviren und Kettenbriefen Mathematische Modellierung Bearbeiten nbsp Dasselbe Experiment mit Poisson Parameter 1 statt 0 95 Diesmal haben bis t 50 ganze 24 von 50 Populationen uberlebt Der Galton Watson Prozess zeichnet sich durch folgende Modellannahmen aus Jedes Individuum lebt exakt einen Zeitschritt lang Das i displaystyle i nbsp te Individuum im n displaystyle n nbsp ten Zeitschritt hinterlasst unabhangig von allen anderen Individuen eine gewisse Anzahl an Nachkommen gemass einer Zufallsvariable Z n i displaystyle Z n i nbsp Alle Z n i displaystyle Z n i nbsp sind unabhangig identisch verteilt mit Verteilung p displaystyle p nbsp die nur Werte in N 0 displaystyle mathbb N 0 nbsp annimmt Die Population startet mit einem Individuum Die letzte Annahme ist plausibel da aufgrund der Unabhangigkeit der Fortpflanzung der Start mit j displaystyle j nbsp Individuen aquivalent ist zu j displaystyle j nbsp parallel voneinander laufenden Prozessen mit einem Individuum als Startpopulation Sei nun X n displaystyle X n nbsp die Anzahl der lebenden Individuen zum Zeitpunkt n displaystyle n nbsp im ursprunglichen Modell die Anzahl der mannlichen Stammhalter Es gilt X 0 1 displaystyle X 0 1 nbsp und X 1 Z 1 1 displaystyle X 1 Z 1 1 nbsp Dann folgt aufgrund der unabhangigen Fortpflanzung X n 1 i 1 X n Z n i displaystyle X n 1 sum i 1 X n Z n i nbsp Gab es nun in der n displaystyle n nbsp ten Generation genau k displaystyle k nbsp Individuen so ist die Verteilung von X n 1 displaystyle X n 1 nbsp eindeutig bestimmt durch X n 1 X n k p k displaystyle X n 1 X n k sim p k nbsp Hierbei ist p k displaystyle p k nbsp die k displaystyle k nbsp fache Faltung der Verteilung p displaystyle p nbsp Dies folgt direkt aus der Aufsummierung der unabhangigen Zufallsvariablen Somit ist der Galton Watson Prozess eine zeitlich homogene Markow Kette in diskreter Zeit und abzahlbarem Zustandsraum Die abzahlbar unendlich grosse Ubergangsmatrix ist durch P k l p k l displaystyle Pi k l p k l nbsp gegeben Die Wahrscheinlichkeit l displaystyle l nbsp Individuen zu erhalten wenn davor k displaystyle k nbsp Individuen vorhanden waren wird durch die Faltung der Verteilung p displaystyle p nbsp gegeben Die Aussterbewahrscheinlichkeit BearbeitenDie Frage an der Galton und Watson interessiert waren war die nach der Wahrscheinlichkeit des Aussterbens einer Population Die Wahrscheinlichkeit dass in der n displaystyle n nbsp ten Generation kein Individuum mehr lebt ist q n P X n 0 displaystyle q n P X n 0 nbsp Da aber die 0 ein absorbierender Zustand ist es gilt P 0 0 1 displaystyle Pi 0 0 1 nbsp also beim einmaligen Betreten nie wieder verlassen werden kann gilt immer Ist X n 0 displaystyle X n 0 nbsp so ist auch X n 1 0 displaystyle X n 1 0 nbsp Daraus folgt direkt dass die Wahrscheinlichkeiten sich in der 0 zu befinden monoton wachsend sind q n 1 q n displaystyle q n 1 geq q n nbsp Somit ist die Aussterbewahrscheinlichkeit q lim n q n displaystyle q lim n to infty q n nbsp Die Berechnung der Aussterbewahrscheinlichkeit erfolgt mittels der wahrscheinlichkeitserzeugenden Funktion m n t displaystyle m n t nbsp der X n displaystyle X n nbsp Es gilt m 1 t m p t displaystyle m 1 t m p t nbsp und dann folgt induktiv unter Ausnutzung der Tatsache dass Summen uber eine zufallige Anzahl von Summanden als Verkettung von erzeugenden Funktionen dargestellt werden konnen m n 1 t m n m p t m p n 1 t displaystyle m n 1 t m n m p t m p circ n 1 t nbsp wobei f n displaystyle f circ n nbsp die n displaystyle n nbsp fache Komposition Hintereinanderausfuhrung einer Funktion f displaystyle f nbsp bezeichnet Da m n 0 P X n 0 displaystyle m n 0 P X n 0 nbsp gilt ist q lim n m n 0 displaystyle q lim n to infty m n 0 nbsp Daraus folgt dass die Aussterbewahrscheinlichkeit der kleinste nichtnegative Fixpunkt der wahrscheinlichkeitserzeugenden Funktion von p displaystyle p nbsp ist also Losung der Gleichung m p t t displaystyle m p t t nbsp Es gilt dann ist E p m p 1 1 displaystyle operatorname E p m p 1 leq 1 nbsp so ist q 1 displaystyle q 1 nbsp die Population stirbt also fast sicher aus ist E p m p 1 gt 1 displaystyle operatorname E p m p 1 gt 1 nbsp so liegt die Aussterbewahrscheinlichkeit echt zwischen 0 und 1 Ausnahme dieser Betrachtungen ist der Fall das jedes Individuum genau einen Nachkommen erzeugt p 1 1 displaystyle p 1 1 nbsp Dies ist dann ein trivialer absorbierender Zustand Beispiel BearbeitenAngenommen jedes Individuum hat unabhangig von allen anderen Individuen eine gewisse Anzahl Nachkommen die geometrisch verteilt zum Parameter p 1 2 displaystyle p tfrac 1 2 nbsp ist also die Wahrscheinlichkeitsfunktion p k 1 2 k 1 displaystyle p k frac 1 2 k 1 nbsp fur alle k N 0 displaystyle k in mathbb N 0 nbsp besitzt Dann ist m p t p 1 1 p t displaystyle m p t frac p 1 1 p t nbsp Per Induktion lasst sich zeigen dass m p n t n 1 t t n 1 t 1 displaystyle m p circ n t frac n 1 t t n 1 t 1 nbsp und demnach q lim n m p n 0 1 displaystyle q lim n to infty m p circ n 0 1 nbsp gilt die Population stirbt also fast sicher aus Das hier verwendete Vorgehen ist die Ausnahme meistens kann keine direkte Formel fur die n displaystyle n nbsp fache Verkettung angegeben werden Das klassische Vorgehen ware den Erwartungswert von p displaystyle p nbsp zu berechnen und dann gegebenenfalls den Fixpunkt zu bestimmen Da hier aber schon der Erwartungswert 1 ist kann auf die Berechnung des Fixpunktes verzichtet werden Bisexueller Galton Watson Prozess Bearbeiten nbsp Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen beispielsweise Einzelnachweisen ausgestattet Angaben ohne ausreichenden Beleg konnten demnachst entfernt werden Bitte hilf Wikipedia indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfugst Bei dieser Variante eines Galton Watson Prozesses besteht die Grundpopulation aus mannlichen und weiblichen Teilchen die Paare bilden mussen um sich fortzupflanzen Nun spielt fur die Frage der Aussterbewahrscheinlickeit auch die Paarungsfunktion die bestimmt wie Teilchen zu heterosexuellen Paaren zusammenfinden und nicht nur ihre Fruchtbarkeit eine entscheidende Rolle Die Beschreibung der Entwicklung eines solchen Prozesses wird damit i A wesentlich komplizierter jedoch spielt fur seine Aussterbewahrscheinlichkeit die sogenannte mittlere asymptotische Reproduktionsrate von Paaren eine ahnlich wichtige Rolle wie E p displaystyle operatorname E p nbsp fur den asexuellen Galton Watson Prozess Literatur BearbeitenUlrich Krengel Einfuhrung in die Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik 8 Auflage Vieweg 2005 ISBN 978 3 834 80063 3 Hans Otto Georgii Stochastik Einfuhrung in die Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik 4 Auflage de Gruyter 2009 ISBN 978 3 110 21526 7 Achim Klenke Wahrscheinlichkeitstheorie 2 Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg 2008 ISBN 978 3 540 76317 8 F Thomas Bruss A Note on Extinction Criteria for Bisexual Galton Watson Processes 1984 Journal of Applied Probability Vol 12 S 915 919 Normdaten Sachbegriff GND 4401296 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Galton Watson Prozess amp oldid 214467820