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Die Franzosische Kolonie zu Magdeburg franzosisch La Colonie Francaise de Magdebourg war eine juristisch eigenstandige Gemeinschaft in Magdeburg von 1685 86 bis 1808 Sie bestand aus evangelisch reformierten Hugenotten die aus Glaubensgrunden aus Frankreich geflohen waren Die Mitglieder der Kolonie hatten eine eigene Gerichtsbarkeit und einige Sonderrechte gegenuber den ubrigen Bewohnern der Stadt Sie hatten eine eigene Verwaltung das Gericht und eine eigene Burgergarde Die Familien lebten in der Stadt verteilt Daneben gab es eine weitere Gruppe mit Sonderrechten in Magdeburg die ebenfalls reformierte Pfalzer Kolonie Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Edikt von Potsdam 1 2 Grundung der Kolonie 1 3 Entwicklung der Kolonie 1 4 Napoleonische Besatzung und Auflosung der Kolonie 2 Franzosisch reformierte Kirche 3 Verwaltung 4 Personlichkeiten 4 1 Direktoren der Franzosischen Kolonie 4 2 Fiskale der Franzosischen Kolonie 4 3 Weitere Personlichkeiten 5 Siehe auch 6 Weblinks 7 Literatur 8 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenEdikt von Potsdam Bearbeiten nbsp Edikt von PotsdamNach dem Edikt von Fontainebleau vom 22 Oktober 1685 durch den franzosischen Konig Ludwig XIV in dem der Katholizismus zur Staatsreligion erklart und die Ausubung anderer Konfessionen und Religionen verboten wurde erliess der brandenburgische Kurfurst Friedrich Wilhelm nur wenige Tage spater am 29 Oktober das Edikt von Potsdam in welchem er die evangelisch reformierten hugenottischen Glaubensfluchtlinge einlud nach Brandenburg Preussen zu kommen 1 Diesen wurden Sonderrechte angeboten wie eine zehnjahrige Steuerfreiheit Befreiung vom Militardienst und finanzielle Forderung fur Hauser und Werkstatten Grundung der Kolonie Bearbeiten Am 1 Dezember 1685 erhielt der Magdeburger Stadtkommandant Ernst Gottlieb von Borstel die Anordnung aus Berlin alles erforderliche zu veranlassen sobald der Prediger Banzelin mit den ersten franzosischen Familien eintreffe Die erste Gruppe von 50 Hugenotten traf dann am 27 Dezember 1685 in Magdeburg ein Die Ansiedlung der Neuankommlinge stiess aber zunachst auf erheblichen Widerstand sowohl in der Bevolkerung als auch bei den ortlichen Behorden Deren reformierte Konfession wurde von den lutherischen Bewohnern der Stadt abgelehnt Es wurden kurfurstliche Anweisungen zur Erleichterung der Ansiedlung der Bereitstellung von Hausern und wusten Grundstucken teilweise ignoriert Daher mussten die kurfurstlichen Zivil und Militarbehorden in der Stadt einen Teil der Versorgungsaufgaben ubernehmen 2 Entwicklung der Kolonie Bearbeiten Unter den hugenottischen Einwanderern befanden sich gut ausgebildete Handwerker und Kaufleute die ausgezeichnete Fachkenntnisse sowie Kontakte zu Markten in Frankreich und weiteren westeuropaischen Staaten mitbrachten So wurde Magdeburg bald zu einem Zentrum der Textilherstellung und weiterer Wirtschaftszweige das teilweise durchaus mit der Residenzstadt Berlin mithalten konnte 1703 betrug die Zahl der franzosischen Kolonisten 1350 Menschen In den folgenden Jahrzehnten verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation der franzosischen Kolonie auch im Vergleich zu der Pfalzer Kolonie Es zeigte sich bald dass die in grossen Stuckzahlen hergestellten Waren nur schwer unter der zahlenmassig und wirtschaftlich schwachen Bevolkerung Brandenburg Preussens absetzbar waren Auch Exporte in andere Lander waren nur beschrankt moglich da dort ebenfalls zahlreiche Manufakturen entstanden waren Es kam daher zunehmend zu Pleiten und Geschaftsaufgaben Napoleonische Besatzung und Auflosung der Kolonie Bearbeiten Um 1803 erreichten franzosische Truppen Magdeburg und besetzten es Die hugenottischen Fluchtlinge lehnten dies ebenso ab wie der Rest der Magdeburger Bevolkerung Sie weigerten sich auch mehrheitlich mit den Besatzern franzosisch zu reden 1804 wurde die franzosisch reformierte Kirche zerstort Nach der Ruckeroberung der Stadt durch preussische Truppen wurden den franzosischen Kolonisten 1808 trotzdem alle Sonderrechte entzogen und deren Verwaltung aufgelost Damit horte die juristisch eigenstandige Kolonie nach uber 120 Jahren ihres Bestehens auf zu existieren Franzosisch reformierte Kirche Bearbeiten Hauptartikel Franzosisch reformierte Kirche Magdeburg Die erste Kirche fur die reformierten Fluchtlinge wurde die schon etwas heruntergekommene Gertraudenkirche am Knochenhauerufer ab 1686 Von 1705 bis 1710 entstand fur die Gemeinde ein neuer prachtiger achteckiger Barockbau nach dem Vorbild der Kirche von Montauban in Sudfrankreich die bei den konfessionellen Kampfen 1683 zerstort worden war Der Architekt war Emanuel l Etang Zur Gemeinde gehorten neben den hugenottischen Familien auch vornehme deutsche Magdeburger die deren anspruchsvolle Atmosphare schatzten 1804 wurde die Kirche wahrend der napoleonischen Besatzung zerstort Einige Jahre spater wurde sie in deutlich kleinerem Massstab und ahnlichem Ausseren wieder aufgebaut Die Umgangs und Liturgiesprache war franzosisch Ab 1815 wurden die Kirchenbucher in deutscher Sprache gefuhrt ab 1822 in deutsch gepredigt 3 Am 16 Januar 1945 wurden bei dem grossen verheerenden Luftangriff auch die Kirche wie fast die gesamte Innenstadt fast vollstandig zerstort Ein Wiederaufbau wurde von den staatlichen Behorden abgelehnt Am 20 Oktober 1960 wurden die verbliebenen Ruinenreste trotz heftiger Proteste gesprengt 4 Verwaltung BearbeitenDie Hugenotten in Magdeburg hatten eine eigene Gerichtsbarkeit und einige Sonderrechte durch das Edikt von Potsdam zugesagt bekommen Ihr zentrales Verwaltungsorgan war das Gericht 5 Es bestand aus einem Direktor zeitweise einem Stellvertreter der gleichzeitig Assessor und geheimer Schreiber greffier war einem Fiskal Vertreter der Kolonie nach aussen er entsprach einem Amtsanwalt drei weiteren Assessoren zwei Anwalten Polizeiassessoren und einem Gerichtsdiener Franzosisch war die Korrespondenzsprache der Kolonie bis 1808 Personlichkeiten BearbeitenDirektoren der Franzosischen Kolonie Bearbeiten 1 Andre de Persode 2 Jean Jacques de Rozel de Beaumont aus Castres 3 Dr jur Paul Lugandi ehemals Parlamentsadvokat in Montauban bis 1693 4 Dr jur Isaac de l Espinasse 5 Dr jur Paul Lugandi ehemals Parlamentsadvokat in Montauban 1699 6 Dr jur Paul Lugandi ehemals Parlamentsadvokat in Montauban bis 1717 7 Scipion le Jeune 1717 bis 1726 8 Jean Peguihen de Lavergne 1726 bis 1749 9 Pierre Bernard 1749 bis 1766 10 Isaac Bernard d Ammon 1766 11 Jendszeivetzky genannt Jean Andre Michel Andresse 1780 bis 1784 12 Francois Guillaume Michel Sohn des Jean Adam Michel 1784 bis 1808 Fiskale der Franzosischen Kolonie Bearbeiten 1 Dr jur Pierre Mucel aus Pont Royan im Dauphine 1716 2 Claude Claviere Sohn eines Parlamentsnotars aus Grenoble 1716 1720 3 Andre Pelet 1721 1754 4 R S Roccard aus Schwedt 1754 1757 5 Raimond Rossel 1757 1761 6 Vierne auch Greffier 1761 1775 7 Francois Guillaume Michel auch Greffier danach Koloniedirektor 1775 1784 8 Daniel Boileau auch Greffier 1784 1787 9 Jacques Colbe auch Greffier 1787 1797 10 Friedrich Wilhelm Abraham Gaertner auch Greffier 1797 1808 Weitere Personlichkeiten Bearbeiten Pierre Labry 1658 1738 kam 1686 87 nach Magdeburg baute dort die ersten Strumpfwirkerstuhle in Brandenburg Preussen beforderte damit die Textilproduktion erhablich Urururgrossvater von Theodor Fontane Moyse Garrigue der Altere 1663 in Mazamet 8 Oktober 1715 in Magdeburg war Juwelier und Handler Kirchenvorsteher der Franzosisch Reformierten Kirche Jacques Garrigue 1677 in Mazamet Languedoc 24 August 1730 in Magdeburg war Juwelier und Kirchenvorstand Ancien der Franzosisch Reformierten Kirche Magdeburgs Moyse Garrigue 9 September 1708 in Magdeburg 1 Februar 1750 in Magdeburg war Juwelier und Goldschmied Gerichtsassessor der Franzosischen Kolonie und Direktor des Franzosischen Waisenhauses der Kolonie Friedrich Wilhelm Abraham Gaertner 16 Februar 1764 in Magdeburg 15 Dezember 1815 in Magdeburg war preussischer Justizkommissar und Kriegskommissar in Magdeburg und Fiskal der Franzosischen Kolonie zu Magdeburg Karl Maquet 8 Oktober 1767 in Magdeburg 16 Dezember 1823 in Magdeburg war ein deutscher Kaufmann Unternehmer und langjahriger Presbyter der Franzosisch Reformierten Kirche Magdeburgs Siehe auch BearbeitenKirchensprengungWeblinks Bearbeitenkirchensprengung deLiteratur BearbeitenHenri Tollin Geschichte der Franzosischen Colonie von Magdeburg 6 Bande 1886 1895 ausfuhrlichste Darstellung Johannes Maresch Die Franzosisch Reformierte Gemeinde zu Magdeburg Ein Ruckblick auf 250 Jahre ihrer Geschichte 1687 1937 48 Seiten Magdeburg 1937 Johannes Fischer Die Franzosische Kolonie zu Magdeburg Magdeburger Kultur und Wirtschaftsleben 22 Stadtverwaltung Magdeburg 1942 Einzelnachweise Bearbeiten Das Edikt wurde heimlich als Flugblatt in Frankreich verteilt Ziel der brandenburg preussischen Regierung war die Ansiedlung moglichst vieler Fachkrafte Unternehmer und Handwerker um so wirtschaftliche Impulse zu erhalten Ausserdem sollten sie die reformierte Konfession starken der auch der Kurfurst angehorte und die bis dahin nur eine kleine Minderheit im uberwiegend lutherischen Brandenburg Preussen war Die Aufnahme der bald danach aus der deutschsprachigen Pfalz einwandernden Kolonisten Pfalzer Kolonie auch Wallonische Kolonie war dann schon deutlich freundlicher Johannes Maresch Die Wallonisch Reformierte Kirche zu Magdeburg Die Geschichte eines Gotteshauses 12 Seiten Magdeburg 1938 Verlorene Kirchen in Magdeburg Johannes Fischer Die Franzosische Kolonie zu Magdeburg Stadtverwaltung Magdeburg 1942 S 36 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Franzosische Kolonie zu Magdeburg amp oldid 232311799