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Erlebnisgesellschaft ist ein teils journalistisch popularsoziologisch teils wissenschaftlich soziologisch gebrauchter Begriff der eine auf Eudaimonie Gluckseligkeit als oberstes Lebensziel und auf Genuss ausgerichtete gegenwartsorientierte geduldfeindliche Konsumgesellschaft bezeichnet die besonders von hedonistischen Werten gekennzeichnet ist und zunehmend auf sog Tugenden wie Solidaritat Anstrengung Geduld und Askese verzichtet Die Erlebnisgesellschaft muss aber nicht in Widerspruch zu den Sekundartugenden stehen auch sie ist von Ordnung gepragt Teilweise kommen hier im experimentellen Sinne postmaterialistische d h nicht materielle Werte zum Tragen die generell aber nicht auf die Uberwindung der Konsumgesellschaft zielen sondern die individualistische Ausgestaltung des eigenen Lebensstils auch mit den Mitteln des Konsums intendieren Erlebe Dein Leben wird zum alles bestimmenden Handlungsimperativ Der Begriff bezeichnet also vereinfacht gesagt eine Gesellschaft in der der Einzelne sehr egoistisch auf das Erreichen von moglichst viel Genuss konzentriert ist Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft 2 Schwierigkeit einer Theoretisierung 3 Glucksuche als Glucksversprechen 4 Erlebniswelt des Sports 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseHerkunft BearbeitenDer von Gerhard Schulze als Buchtitel gewahlte Terminus Erlebnisgesellschaft formuliert ein soziologisches Dauerproblem Historisch hat es vor allem in wohlhabenden Oberschichten viele hedonistische Subkulturen gegeben Er geht von unterschiedlichen Erlebnismustern aus die in unterschiedlichen Milieus dominieren Er nahert sich diesem Phanomen indem er ein Milieumodell von 5 Milieus anwendet die starker uber Freizeitgestaltung und gewahltem Lebensstil charakterisiert und benannt werden in hierarchischer Stufung Niveaumilieu Akademiker Selbstverwirklichungsmilieu Studenten Integrationsmilieu Angestellte und Beamte Harmoniemilieu alte Arbeiter Unterhaltungsmilieu junge Arbeiter Hierauf aufbauend definiert Schulze den Begriff Erlebnisgesellschaft wie folgt Mit Erlebnisgesellschaft gemeint ist eine Gesellschaft die im historischen und interkulturellen Vergleich relativ stark durch innenorientierte Lebensauffassungen gepragt ist 1 Dabei gilt Die Analyse der Erlebnisgesellschaft zielt auf Gemeinsamkeiten ab die sich unter dem Einfluss innenorientierter Lebensauffassungen entwickeln 1 Die Innenorientierung stutzt sich im Unterschied zur Aussenorientierung auf das Subjektive Schulze nennt hierzu ein Beispiel Ob das Auto fahrt aussenverankertes Ziel konnen alle beurteilen ob man dabei ein schones Fahrgefuhl hat innenverankertes Ziel muss jeder fur sich entscheiden 2 Schwierigkeit einer Theoretisierung BearbeitenEs gibt nicht die eine Erlebnisgesellschaft sondern in pluralistischen Gesellschaften nur Gruppen von Menschen die in ihrem Sinne gleiche Wertvorstellungen haben vgl dazu auch die Ergebnisse der Sinus Studie 2004 Als makrosoziologische Kategorie scheint sie verknupft zu sein mit dem Trend zu Bastelbiographien auf der mikrosoziologischen Ebene des Individuums vgl Ulrich Beck Das Konzept der Erlebnisgesellschaft ist als eine Kombination aus der Individualisierungsthese vgl Risikogesellschaft und der Wertewandel These zu verstehen Der neue Akzent wird hierbei durch die individuelle Erlebnissuche gegeben Ein Konzept der Erlebnisgesellschaft spricht von Ich verankerter egozentrischer Selbstverwirklichung die kaum noch vom blanken Egoismus zu unterscheiden sei Glucksuche als Glucksversprechen BearbeitenDie soziale Problematik liegt in der zunehmenden Beliebigkeit der Bedurfnisse nach Erlebnissen und in deren stets nur kurzfristigen Befriedigung Insofern macht die Jagd nach Erlebnissen nicht unbedingt glucklicher als es andere Haltungen wie beispielsweise das Streben nach Wohlstand und die Askese vermogen Wegen ihrer kurzen Planungshorizonte und ihrer habituellen Ungeduld entpolitisiert sie ihre Anhanger die zugleich auch den Anforderungen des Wirtschaftslebens voraussetzungsgemass fremd gegenuberstehen Religios neigt sie zu anlassbezogener beliebig kombinierbarer d h der Mode unterworfener Esoterik vgl Synkretismus In sozialen Krisen ist eine Erlebnisgesellschaft sehr verletzlich Erlebniswelt des Sports BearbeitenUnabhangig von den theoretischen Problemen bei der Spezifizierung der Erlebnisgesellschaft hat die Erlebnis Industrie den Trend erfasst und z B die traditionellen Sport Stadien mit Leichtathletikanlage um den Fussballplatz in Erlebnis Arenen mit hohem Kostenaufwand umgebaut Hierdurch konnen nicht nur mehr Zuschauer in die Stadien sondern durch den engeren Kontakt zum Ereignis steigert sich nachweislich fur die Zuschauer der Erlebnischarakter 3 Siehe auch BearbeitenDie Gesellschaft des Spektakels Erlebnis Kulturpessimismus Spassgesellschaft Uberflussgesellschaft Uberschneidungen Literatur BearbeitenKarsten Kilian 2009 Experiential Marketing and Memorable Brand Experiences A Conceptual Framework In Lindgreen A Vanhamme J Beverland M Hrsg Memorable Customer Experiences A Research Anthology Farnham Gover S 87 99 Jorg Rossel 2003 Die Erlebnisgesellschaft zwischen Sozialstrukturanalyse und Zeitdiagnose In Osterreichische Zeitschrift fur Soziologie Nr 28 S 82 101 Gerhard Schulze 1992 Die Erlebnisgesellschaft Kultursoziologie der Gegenwart Frankfurt a M Campus Studienausgaben 2000 und 2005 Christoph Kock 1990 Sehnsucht Abenteuer Auf den Spuren der Erlebnisgesellschaft Berlin Transit Gotz Lechner 2003 Ist die Erlebnisgesellschaft in Chemnitz angekommen Opladen Armin Gunther 2006 20 Jahre Erlebnisgesellschaft und mehr Fragen als Antworten in Paul Reuber u Peter Schnell Hrsg Postmoderne Freizeitstile und Freizeitraume Neue Angebote im Tourismus Berlin S 47 61Weblinks BearbeitenBundeszentrale fur politische Bildung Erlebnisgesellschaft 2000 mittlerweile vergriffen laut dem Link Einzelnachweise Bearbeiten a b Gerhard Schulze Die Erlebnisgesellschaft Kultursoziologie der Gegenwart Studienausgabe 2000 S 54 Gerhard Schulze Erlebnisgesellschaft Kultursoziologie der Gegenwart Campus Verlag Frankfurt New York 1992 S 37 Stefan Pfaff Erlebniswelt Arena in Arnd Kruger Axel Dreyer Hrsg Sportmanagement Eine themenbezogene Einfuhrung Munchen Oldenbourg 2004 ISBN 3 486 20030 5 S 211 246 Normdaten Sachbegriff GND 4741042 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Erlebnisgesellschaft amp oldid 225992142