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Enrique Oltuski Ozacki 25 November 1930 in Santa Clara Kuba 1 16 Dezember 2012 in Havanna war ein kubanischer Politiker und Revolutionar Er war Minister fur Kommunikation und zuletzt stellvertretender Minister fur Fischerei Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Untergrundkampf 3 Beteiligung an der Revolutionsregierung 4 Familienverbindungen 5 Veroffentlichungen 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenOltuski wurde 1930 als Sohn polnischer Einwanderer in Santa Clara geboren wo er auch seine Kindheit und Jugend verbrachte Sein Vater war ein wohlhabender Schuhfabrikant der als religioser Jude aktiv in der ortlichen judischen Gemeinde engagiert war Enrique Oltuski konnte sich mit der Religion seiner Eltern in einem uberwiegend christlichen Umfeld jedoch nicht identifizieren 1 Nach einem Architekturstudium in Miami das er 1954 abschloss arbeitete er zunachst in den USA kehrte aber 1955 nach Kuba zuruck und widmete sich dem Kampf gegen die diktatorische Herrschaft Prasident Fulgencio Batistas Gleichzeitig arbeitete er als gesellschaftlich angesehener verheirateter Familienvater fur die US Tochtergesellschaft des britisch niederlandischen Olkonzerns Shell als fur die Region Zentralkuba zustandiger Technischer Direktor 1 2 3 Untergrundkampf BearbeitenBereits kurz nach dem Putsch Batistas im Marz 1952 hatte sich Oltuski der Revolutionaren Nationalbewegung Movimiento Nacional Revolucionario MNR angeschlossen die von Rafael Garcia Barcena angefuhrt wurde Garcia Barcena hatte sich in der Zeit des Aufstands gegen Diktator Gerardo Machado Anfang der 1930er Jahre als Studentenfuhrer Bekanntheit erworben war Mitgrunder der Orthodoxen Partei und Philosophiedozent an der Universitat Havanna Das MNR hatte vor allem in der akademischen Mittelschicht sowie unter Militaroffizieren grossen Ruckhalt Am Ostersonntag 1953 vereitelte die Polizei einen geplanten Angriff des MNR auf das Militarhauptquartier Campamento Militar de Columbia in Havanna und die Bewegung wurde zerschlagen 4 Oltuski blieb in der Folge auch in seiner Zeit in Miami mit seinen ehemaligen MNR Mitstreitern in Verbindung und schloss sich 1955 der von Fidel Castro neu gegrundeten Bewegung des 26 Juli M 26 7 an Oltuski stieg bald zum Mitglied des nationalen Fuhrungskomitees auf und kummerte sich von Havanna aus um die Werbung weiterer Mitglieder und die Sammlung von Geld und Waffen fur den von Castro im mexikanischen Exil vorbereiteten bewaffneten Kampf der M 26 7 Gemeinsam mit Frank Pais Armando Hart und Carlos Franqui verfasste er im Herbst 1956 eine programmatische Kampfschrift in dem die sozialrevolutionaren Ziele der Bewegung betont und die kubanische Arbeiterschaft zur aktiven Beteiligung aufgerufen wurden Im Oktober brachte Oltuski den Entwurf nach Mexiko Stadt um ihn dort von Fidel genehmigen zu lassen Es gelang ihm aber nicht ihn zu finden da der von den mexikanischen Behorden inzwischen offiziell zur Ausreise aufgeforderte Castro sich vor der Polizei verstecken musste und die Stadt zur kurz bevorstehenden Uberfahrt nach Kuba auf der Motoryacht Granma bereits verlassen hatte Im September hatte Castro bereits mit dem bewaffneten Revolutionsdirektorium Directorio Revolucionario DR das von den kubanischen Universitaten aus operierte einen Pakt geschlossen eine ideologische Festlegung dabei jedoch vermieden 5 Ab Dezember 1956 beteiligte sich Oltuski in Havanna an Sabotageakten Attentaten und Terroranschlagen durch Bomben und andere Waffen 6 Ein grosserer Teil der Bewegung des 26 Juli kampfte gleichzeitig im Osten des Landes sowohl in Santiago de Cuba unter Frank Pais als auch in der Sierra Maestra unter Fidel Castro Im Februar 1957 konstituierte sich die Bewegung Ziviler Widerstand Movimiento Resistencia Civica MRC als parallel zur M 26 7 operierende und diese unterstutzende Organisation in den Stadten des Landes Ab dem Fruhjahr 1957 diente Oltuski als Kontaktmann der MRC zur M 26 7 kurz darauf zusatzlich als ihr leitender Generalsekretar Im September Oktober 1957 wurde er als Koordinator der Bewegung des 26 Juli M 26 7 in die zentralkubanische Provinz Las Villas abgeordnet 7 Innerhalb der M 26 7 gehorte Oltuski zu den wichtigsten Aktivisten der Ebene span llano der zweiten Komponente des Befreiungskampfs neben den deutlich prominenteren Kampfern der Berge span sierra um Fidel Castro Zu den Tatigkeiten der Llano gehorten neben der Versorgung der Sierra mit gesammelten Waffen und Geld auch die Koordinierung der politischen Propaganda sowie die Durchfuhrung von Terror und Sabotageaktionen Im direkten Gegensatz zu seinem Einsatzort in der Ebene lautete Oltuskis Deckname innerhalb der Untergrundbewegung Sierra 1 Seine Untergrundtatigkeit hielt er mit Ausnahme seiner Ehefrau vor seiner gesamten Familie verborgen Als angesehener Shell Manager und Mitglied des kubanischen Rotary Clubs bewegte er sich unauffallig innerhalb der wohlhabendsten und einflussreichsten Kreise Zentralkubas 3 Seit der Ankunft der aus dem ostlichen Landesteil in die von ihm verantwortete Provinz vorgeruckten Guerillatruppen unter dem Kommando Ernesto Che Guevaras im Herbst 1958 arbeitete Oltuski eng mit Guevara zusammen wobei Oltuskis und Guevaras Ansichten uber die politischen Ziele und Strategien der Revolution zu Anfang weit auseinander lagen und sie zahlreiche heftige Diskussionen fuhrten Beispielsweise war Oltuski strikt gegen die von Guevara geforderten Bankuberfalle zur Geldversorgung der Truppe und vertrat ein auch fur die USA akzeptables Modell einer weniger radikalen Landreform nach der die Landarbeiter den Boden mit gunstigen Krediten erwerben konnen sollten 8 Um solche Uberfalle zu vermeiden liess Oltuski Guevara einen hohen Geldbetrag zukommen als Kurierin diente im November 1958 Aleida March die damals eine von Oltuskis engsten Mitarbeiterinnen war und spater Guevaras Ehefrau wurde 9 Vor der Ankunft der von Guevara angefuhrten Truppen hatte Oltuski die M 26 7 Kampfer in Las Villas noch angewiesen sich der antikommunistischen Zweiten Nationalen Front im Escambray Gebirge unter dem Oberbefehl des Comandante Eloy Gutierrez Menoyo anzuschliessen die sich im Sommer 1958 vom offiziell mit dem M 26 7 verbundeten Revolutionsdirektorium abgespalten hatte 10 Beteiligung an der Revolutionsregierung BearbeitenMit der Machtubernahme durch Fidel Castro wechselte Oltuski in die Regierung und ubergab seinen Posten als Koordinator der M 26 7 seinem Stellvertreter Orlando Bosch 11 Als Kommunikationsminister bis 1960 war Oltuski das erste judische Regierungsmitglied in der Geschichte Kubas 12 gleichzeitig war er mit 28 Jahren der jungste Minister der ersten Revolutionsregierung Neben dem zwischenzeitlichen Binnenhandelsminister Maximo Berman 1961 1962 und dem historischen Kommunistenfuhrer Fabio Grobart gehorte Oltuski zu den wenigen hochrangigen Mitgliedern des Castro Regimes mit einem judischen Familienhintergrund 13 Er gehorte weiterhin der gesellschaftlichen Oberschicht von Havanna an im April 1959 berichtete der Gesellschaftsteil der konservativen Tageszeitung Diario de la Marina uber den Baby shower fur seine Ehefrau den diese mit Freundinnen im exklusiven Yacht Club des Stadtteils Miramar feierte 14 Zu seinen ersten Amtshandlungen gehorte die Verstaatlichung der kubanischen Telefongesellschaft die sich im Besitz der amerikanischen Gesellschaft ITT befunden hatte 1 Auf seine Anregung entstand eine wochentliche Fernsehsendung mit dem Titel Die Revolution erklart ihre Gesetze in der der fur die Revolutionsgesetze zustandige Minister Osvaldo Dorticos ausgewahlte Gesetze allgemeinverstandlich erlauterte Nach dessen Einsetzung als Nachfolger des auf Druck Fidel Castros zuruckgetretenen Prasidenten Manuel Urrutia im Juli 1959 ubernahm Oltuski die Moderation der Sendung die er in Die Revolution erklart ihr Wirken umbenennen liess Oltuski liess dort wochentlich wechselnde Minister verschiedene Regierungsprojekte vorstellen und band einfache Burger ein die mit dem jeweiligen Thema zu tun hatten 15 Wie die ubrigen nichtmarxistischen Minister die im Januar 1959 noch eine deutliche Mehrheit in der Regierung gebildet hatten gehorte auch Oltuski bereits im Sommer 1960 dem Kabinett der Revolutionsregierung nicht mehr an Im Gegensatz zu den meisten von ihnen Roberto Agramonte Manuel Urrutia Jose Miro Cardona Elena Mederos Humberto Sori Marin Raul Chibas u a wandte er sich jedoch nicht aktiv gegen den nun immer offener dem sowjetischen Gesellschaftsmodell folgenden Kurs Castros sondern diente dem Staat in der Folge in untergeordneten Funktionen Nach spaterer Darstellung des damaligen Direktors der Zeitung Revolucion und Fuhrungsmitglieds des M 26 7 Carlos Franqui sprach sich Oltuski bei einer Kabinettssitzung im Herbst 1959 fur einen Freispruch des Comandante Huber Matos aus Dieser hatte aus Protest gegen den inhaltlich und personell zunehmend kommunistisch orientierten Kurs der Revolutionsregierung seinen Rucktritt vom Posten des Militargouverneurs der Provinz Camaguey bekannt gegeben und war daraufhin von Fidel als Hochverrater beschuldigt worden Ausser Oltuski pladierten demnach nur Faustino Perez und Manuel Ray gegen die von Raul Castro verlangte Erschiessung Matos 16 Beide wurden unmittelbar darauf aus der Revolutionsregierung ausgeschlossen Oltuskis Abgang aus dem Kabinett folgte ein halbes Jahr spater Vorher begleitete er noch Jean Paul Sartre und Simone de Beauvoir auf ihrem Besuch in Kuba im Fruhjahr 1960 Sartre bezog sich in seiner euphorischen Artikelserie uber die Kubanische Revolution die er nach seiner Ruckkehr nach Frankreich veroffentlichte ausdrucklich auf Oltuskis Schilderungen der Erlebnisse des risikoreichen Untergrundkampfes 17 Sartre nannte Oltuski einen unserer besten Freunde und widmete ihm einen kompletten Artikel der 16 teiligen Serie 18 Wenige Tage nach Veroffentlichung wurde Oltuski als Minister durch den weitgehend unbekannten Kommunisten Raul Curbelo ersetzt Nach dem Verlust seines Ministeramtes arbeitete er funf Jahre lang unter dem Kommando Guevaras als Vizechef des zentralen Rates fur Wirtschaftsplanung JUCEPLAN der die schrittweise verstaatlichte Wirtschaft des Landes kontrollierte Spater wurde er von Fidel Castro fur sechs Monate auf die Kieferninsel Isla de Pinos verbannt wo er als Kuhhirte arbeiten musste 19 Seit den 1970er Jahren bekleidete Oltuski den stellvertretenden Leitungsposten im seit den 1990er Jahren weitgehend bedeutungslos gewordenen Ministerium fur Fischfang und Handelsmarine In der zweiten Lebenshalfte trat Oltuski vor allem als Zeitzeuge mit Aussagen zum Leben und Wirken Guevaras offentlich in Erscheinung 2001 veroffentlichte er den Erinnerungsband Gente del llano in dem er seine Teilnahme an der Revolution und allgemein die Bedeutung der stadtischen Widerstandskampfer beschrieb 2004 folgte mit Pescando recuerdos eine Sammlung von weiteren Erinnerungen unter anderem an Begegnungen mit Ernesto Che Guevara Camilo Cienfuegos und Fidel Castro Familienverbindungen BearbeitenMit seiner Ehefrau Martha Rodriguez del Pozo einer katholischen Arzttochter die er seit Schulzeiten kannte hatte er vier Kinder die alle Mitglieder der Kommunistischen Partei wurden 1 Sein Sohn Frank Pais Oltuski Rodriguez ist fur Marketing verantwortlicher Vizeprasident des vom Verteidigungsministerium verwalteten Tourismuskonzerns Gaviota SA 20 Enrique Oltuskis Schwager Guillermo Gallo Ronco Rodriguez del Pozo war Grunder der Regionalgruppe der Bewegung des 26 Juli in der Provinz Las Villas ist Zwei Sterne General der Revolutionsstreitkrafte und leitet das staatliche Studienzentrum fur Verteidigungsinformation CEID Sein Sohn General Luis Alberto Rodriguez Lopez Calleja war mit Staatsprasident Raul Castros Tochter Deborah Castro Espin verheiratet und leitete die Holding GAESA in der alle Wirtschaftsbeteiligungen des kubanischen Militars zusammengefasst sind 21 Oltuski starb an Ateminsuffizienz Seine sterblichen Uberreste wurden auf dem katholischen Friedhof Cementerio Cristobal Colon in Havanna eingeaschert Trotz seiner herausgehobenen Rolle im Untergrundkampf gegen Batista und seiner Fuhrungsfunktion innerhalb der Bewegung des 26 Juli wurde sein Tod in den staatlichen kubanischen Medien nur knapp vermeldet 22 Ausfuhrlichere Nachrufe erschienen dagegen nur ausserhalb Kubas 23 Veroffentlichungen BearbeitenGente del llano Havanna Imagen Contemporanea 2001 ISBN 959 7078 41 4 erweiterte Ausgabe auf Englisch Vida Clandestina My life in the Cuban Revolution New York John Wiley 2002 ISBN 978 0 7879 6169 5 Pescando recuerdos Havanna Abril 2004 ISBN 959 210 311 9Weblinks BearbeitenEnrique Oltuski s Life in the Cuban Revolution PDF 146 kB Centre for Research on Latin America and the Caribbean at York University 2002 Gente del llano Artikel zum Buch in der offiziellen kubanischen Online Enzyklopadie EcuRed spanisch Pescando Recuerdos Artikel zum Buch in EcuRed spanisch Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f Larry Luxner Cuba s Enrique Oltuski a lifetime of revolution Memento vom 9 September 2011 im Internet Archive in CubaNews vom November 2002 abgerufen am 17 Dezember 2012 englisch Michael Posner archives econ utah edu Memento vom 17 Februar 2013 im Webarchiv archive today in The Toronto Globe and Mail vom 3 Dezember 2002 abgerufen am 17 Dezember 2012 englisch a b Enrique Oltuski Vida Clandestina My Life in the Cuban Revolution S 125 englisch Richard Gott Cuba A new history S 159 Yale University Press New Haven London 2004 englisch Carlos Franqui Diary of the Cuban Revolution S 106 110 Viking New York 1980 englisch Carlos Franqui Diary of the Cuban Revolution S 116 118 Viking New York 1980 englisch Jorge Alberto Serra El Movimiento de Resistencia Civica en La Habana Memento vom 4 Marz 2016 im Internet Archive PDF 612 kB o D abgerufen am 18 Dezember 2012 spanisch Jon Lee Anderson Che Guevara A Revolutionary Life S 329 333 Grove Press 2010 englisch Enrique Oltuski Vida Clandestina My Life in the Cuban Revolution Wiley New York 2002 S 126 und 199 englisch Grupo de Historia de la Lucha Revolucionaria en Villa Clara ACRC La detencion y desarme de los combatientes del Movimiento 26 de Julio en el Esambray spanisch Luis T Panero El camarada Oltuski y el renegado Bosch Memento vom 30 Juni 2015 im Internet Archive in Emilio Ichikawa vom 16 Dezember 2012 spanisch Netanel Lorch und Margalit Bejarano Cuba Memento vom 29 Juni 2015 im Internet Archive in Jewish Virtual Library englisch abgerufen am 17 Dezember 2012 Michael Zeuske Kuba in Handbuch des Antisemitismus Judenfeindlichkeit in Geschichte und Gegenwart hrsg von Wolfgang Benz Band 1 Lander und Regionen S 206 Walter de Gruyter 2009 Baby shower a Martha Rodriguez de Oltuski in Diario de la Marina vom 12 April 1959 abgerufen am 18 Dezember 2012 spanisch Enrique Oltuski Pescando Recuerdos S 105 108 Carlos Franqui Family Portrait with Fidel S 54 Random House New York 1984 englisch Maurice Halperin Fidel s Power to Disrupt in Caudillos Dictators in Spanish America hrsg von Hugh M Hamill University of Oklahoma Press 1995 englisch S 321f zitiert nach Theodor Draper Castro s Communism 1961 englisch Enrique Oltuski Pescando recuerdos S 38 Kuba expandiert Tourismus auf Nordcays in Caribbean News vom 10 Mai 2012 abgerufen am 18 Dezember 2012 Familienangelegenheiten Wie der Castro Clan Kuba beherrscht in Welt Online vom 18 April 2008 abgerufen am 18 Dezember 2012 Fallecio el companero Enrique Oltuski Genosse Enrique Oltuski verstorben in Granma vom 17 Dezember 2012 spanisch Mauricio Vicent Enrique Oltuski el hombre del Che en el Llano in El Pais vom 18 Dezember 2012 spanisch Normdaten Person GND 1053184638 lobid OGND AKS LCCN n2002028124 VIAF 23956684 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Oltuski EnriqueALTERNATIVNAMEN Oltuski Ozacki Enrique vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG kubanischer Politiker und RevolutionarGEBURTSDATUM 25 November 1930GEBURTSORT Santa Clara Kuba KubaSTERBEDATUM 16 Dezember 2012STERBEORT Havanna Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Enrique Oltuski amp oldid 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