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Als Enkelrecht auch Enkel Nutzungsrecht 1 bezeichnet man insbesondere im Urheberrecht ein Nutzungsrecht das nicht vom originaren Rechteinhaber selbst sondern seinerseits vom Inhaber eines Nutzungsrechts Tochterrechts eingeraumt wurde Tochter und Enkelrecht in einer urheberrechtlichen Lizenzkette Inhaltsverzeichnis 1 Einordnung 2 Folgen des Untergangs des Tochterrechts Deutschland 3 Literatur 4 AnmerkungenEinordnung Bearbeiten Die nachfolgende Darstellung ist an der Rechtslage in Deutschland orientiert sinngemass aber auch auf andere Rechtsordnungen ubertragbar Originarer Rechteinhaber des Urheberrechts ist der Urheber Dieser kann sein Urheberrecht zwar nicht auf einen Dritten ubertragen 29 Abs 2 Urheberrechtsgesetz UrhG Allerdings kann er einem Dritten ein Nutzungsrecht einraumen 31 UrhG Ein Nutzungsrecht ist ein durch Rechtsgeschaft Vertrag begrundetes Recht am fremden Urheberrecht es wird bisweilen auch in Anlehnung an den Sprachgebrauch bei den gewerblichen Schutzrechten als Lizenz bezeichnet 2 Das vom originaren Rechteinhaber eingeraumte Nutzungsrecht bezeichnet man auch als Nutzungsrecht erster Stufe oder Tochterrecht weil es unmittelbar vom Urheberrecht als Mutterrecht abgeleitet ist 3 Unter bestimmten Umstanden kann nun anschliessend der Inhaber eines solchen Nutzungsrechts erster Stufe seinerseits einem Dritten ein Nutzungsrecht einraumen Dieses bezeichnet man dann analog als Nutzungsrecht zweiter Stufe oder auch Enkelrecht Teilweise ist auch die Rede von einer Unterlizenz in Abgrenzung zur auf erster Stufe angesiedelten Hauptlizenz 4 Folgen des Untergangs des Tochterrechts Deutschland BearbeitenDurch die Einraumung solcher mehrstufiger Nutzungsrechte entstehen so genannte Lizenzketten auch Rechteketten 5 Eine besondere Problematik in dieser Konstellation besteht im Einfluss von Storungen im Bereich eines Tochterrechts auf den Bestand von Nutzungsrechten nachgelagerter Stufen Als Beispiel mag etwa die Konstellation dienen dass der Urheber von seinem Ruckrufsrecht wegen Nichtausubung Gebrauch macht Nach 41 Abs 1 UrhG kann ein Urheber ein von ihm eingeraumtes ausschliessliches Nutzungsrecht zuruckrufen wenn dessen Inhaber das Recht nicht oder nur unzureichend ausubt und dadurch berechtigte Interessen des Urhebers erheblich verletzt werden Rechtsfolge der wirksamen Erklarung eines solchen Ruckrufs ist das Erloschen des Nutzungsrechts 6 Dies wirft die Frage auf welche Auswirkungen der Ruckruf des Tochterrechts wegen Nichtausubung auf den Fortbestand von Enkelrechten hat die vor dem Ruckruf eingeraumt worden sind Im urheberrechtlichen Schrifttum herrscht in dieser Frage grosse Uneinigkeit Die wohl uberwiegende Zahl von Autoren vertritt die Auffassung dass mit dem Wegfall des Tochterrechts auch die Enkelrechte erloschen 7 Demgegenuber wird ublicherweise unter Hinweis auf unmittelbare Konsequenzen aus dem Abstraktionsprinzip vertreten ein Fortfall des Tochterrechts lasse Enkelrechte unberuhrt Eine weitere Ansicht will vermittelnd nach dem Grund des Erloschens des Tochterrechts unterscheiden wobei zumeist danach differenziert wird ob das Tochterrecht aufgrund ordentlicher oder ausserordentlicher Grunde Ruckruf Kundigung etc untergegangen ist 8 Der Bundesgerichtshof BGH entschied 2009 in der Sache Reifen Progressiv gegen die vorherrschende Meinung im Schrifttum dass abgeleitete Enkelrechte jedenfalls beim Ruckruf des Tochterrechts wegen Nichtausubung nicht erloschen 9 Hierzu stellte er begrundend darauf ab dass die Enkelrechte ihre Grundlage in der Vereinbarung mit dem Inhaber des Tochterrechts und nicht mit dem Urheber selbst haben und das Erloschen des ersten Verpflichtungsgeschafts grundsatzlich nicht das Erloschen dieser weiteren Vereinbarung zur Folge habe auch einfachen Nutzungsrechten komme dinglicher Charakter zu sodass das Enkelrecht nach Abspaltung vom Tochterrecht von dessen Fortbestand unabhangig sei 10 Schliesslich spreche im Rahmen einer Interessenabwagung die Ausgestaltung des Ruckrufsrechts wegen Nichtausubung gegen ein Erloschen einfacher Enkelrechte Bei Enkelrechten ausschliesslicher Natur konne der Urheber den Ruckruf wegen Nichtausubung ohnehin unmittelbar gegenuber dem Inhaber des Enkelrechts erklaren 11 Bei einfachen Enkelnutzungsrechten ist dies zwar nicht moglich doch falle ins Gewicht dass der Urheber wegen deren bloss einfachen Charakters in seinen Rechten nicht ubermassig beeintrachtigt werde und der Einraumung von Enkelrechten durch den Inhaber des Tochterrechts ursprunglich selbst zugestimmt habe sodass er es anschliessend auch hinnehmen musse wenn das ausschliessliche Nutzungsrecht beim Ruckfall mit einem einfachen Nutzungsrecht belastet ist 12 Inwieweit diese Rechtsprechung auch auf andere Falle des Wegfalls des Tochterrechts ubertragbar ist ist in der Literatur umstritten 13 Der BGH hat sie inzwischen jedoch jedenfalls ausgeweitet In der Entscheidung M2Trade entschied er fur Falle in denen der Hauptlizenznehmer dem Unterlizenznehmer ein einfaches Nutzungsrecht gegen fortlaufende Zahlung von Lizenzgebuhren eingeraumt hat dass das Erloschen des Tochterrechts auch dann nicht zum Erloschen des Enkelrechts fuhrt wenn das Tochterrecht nicht durch einen Ruckruf wegen Nichtausubung sondern aus anderen nicht in der Sphare des Unterlizenznehmers liegenden Grunden erlischt im Streitfall Kundigung des Hauptlizenzvertrags wegen Zahlungsverzugs 14 Literatur BearbeitenStephan Carduck Die Rechtsstellung des Unterlizenznehmers nach dem Fortfall der Hauptlizenz Auswirkungen der Rechtsprechung des BGH M2Trade TakeFive Kovac Hamburg 2016 ISBN 978 3 8300 8992 6 Louis Pahlow Von Muttern Tochtern und Enkeln Zu Rechtscharakter und Wirkung des urhebervertraglichen Ruckrufs In Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Band 111 2010 S 112 119 Jennifer Pfingsten Das Schicksal von Enkelrechten bei Fehlen bzw nach Wegfall des Tochterrechts Peter Lang Frankfurt am Main 2014 ISBN 978 3 653 04784 4 Gerald Spindler Lizenzierung nach M2Trade Take five und Reifen Progressiv Eine Analyse mit besonderem Blick auf das Konzern und auf das Kollisionsrecht In Computer und Recht Nr 9 2014 S 557 567 doi 10 9785 cr 2014 0903 Dominik Sebastian Stier Die Unterbrechung urheberrechtlicher Lizenzketten V amp R unipress Gottingen 2014 ISBN 978 3 8471 0195 6 Anmerkungen Bearbeiten Vgl etwa Berger in Berger Wundisch Urhebervertragsrecht 2 Aufl 2015 1 Rn 184 Vgl Berger in Berger Wundisch Urhebervertragsrecht 2 Aufl 2015 1 Rn 40 Die Bezeichnung urheberrechtlicher Nutzungsrechte als Lizenzen ist allerdings Gegenstand uneinheitlichen Sprachgebrauchs Hierzu naher Mary Rose McGuire Die Lizenz Eine Einordnung in die Systemzusammenhange des BGB und des Zivilprozessrechts Mohr Siebeck Tubingen 2012 ISBN 978 3 16 150425 9 S 59 67 sowie Louis Pahlow Lizenz und Lizenzvertrag im Recht des Geistigen Eigentums Mohr Siebeck Tubingen 2006 ISBN 978 3 16 148937 2 S 188 191 Vgl Loewenheim J B Nordemann in Loewenheim Handbuch Urheberrecht 2 Aufl 2010 25 Rn 9 BGH Urteil vom 26 Marz 2009 I ZR 153 06 BGHZ 180 344 GRUR 2009 946 Reifen Progressiv Rn 9 So etwa der Sprachgebrauch in BGH Urteil vom 19 Juli 2012 I ZR 70 10 BGHZ 194 136 NJW 2012 3301 M2Trade Synonym etwa auch bei Stier Die Unterbrechung urheberrechtlicher Lizenzketten 2014 op cit S 19 f Vgl Berger in Berger Wundisch Urhebervertragsrecht 2 Aufl 2015 1 Rn 184 Naher zur Natur der entstehenden Lizenzketten auch Pfingsten Das Schicksal von Enkelrechten bei Fehlen bzw nach Wegfall des Tochterrechts 2014 op cit S 11 ff Vgl Schricker Peukert in Schricker Loewenheim Urheberrecht 4 Aufl 2010 41 Rn 24 mit weiteren Nachweisen So etwa Schricker Peukert in Schricker Loewenheim Urheberrecht 4 Aufl 2010 41 Rn 24 Stier Die Unterbrechung urheberrechtlicher Lizenzketten 2014 op cit S 127 ff Ausfuhrlich zum Meinungsstand im Schrifttum Pfingsten Das Schicksal von Enkelrechten bei Fehlen bzw nach Wegfall des Tochterrechts 2014 op cit S 65 71 sowie Wandtke Grunert in Wandtke Bullinger Urheberrechtsgesetz 4 Aufl 2014 35 Rn 7 ff Vgl Pfingsten Das Schicksal von Enkelrechten bei Fehlen bzw nach Wegfall des Tochterrechts 2014 op cit S 69 f Wandtke Grunert in Wandtke Bullinger Urheberrechtsgesetz 4 Aufl 2014 35 Rn 8 jeweils mit entsprechenden Nachweisen Vgl BGH Urteil vom 26 Marz 2009 I ZR 153 06 BGHZ 180 344 GRUR 2009 946 Reifen Progressiv Vgl BGH Urteil vom 26 Marz 2009 I ZR 153 06 BGHZ 180 344 GRUR 2009 946 Reifen Progressiv Rn 19 f Vgl BGH Urteil vom 26 Marz 2009 I ZR 153 06 BGHZ 180 344 GRUR 2009 946 Reifen Progressiv Rn 22 Vgl BGH Urteil vom 26 Marz 2009 I ZR 153 06 BGHZ 180 344 GRUR 2009 946 Reifen Progressiv Rn 22 24 Vgl Wandtke Grunert in Wandtke Bullinger Urheberrechtsgesetz 4 Aufl 2014 35 Rn 8 f mit entsprechenden Nachweisen Vgl BGH Urteil vom 19 Juli 2012 I ZR 70 10 BGHZ 194 136 NJW 2012 3301 M2Trade Rn 23 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Enkelrecht amp oldid 171189265