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Die Einschienenbahn am Taunusrand war ein Anfang des 20 Jahrhunderts geplantes aber nie verwirklichtes Verkehrsprojekt im Obertaunuskreis in Hessen Das vor allem vom Berliner Grossverleger August Scherl vorangetriebene Bahnprojekt war ein viel beachteter Versuch technisches Neuland zu betreten scheiterte aber an offensichtlich mangelnder technischer Ausarbeitung und politischen Widerstanden Kreiselstabilisierte Einschienen bahn von Brennan 1907 Inhaltsverzeichnis 1 Technisches Prinzip 2 Geschichte 2 1 Entwicklung 2 2 Demonstrationsanlagen 2 3 Projektierung fur den Taunuskreis 2 4 Ruckzug und Aufgabe des Projekts 3 Literatur 4 WeblinksTechnisches Prinzip BearbeitenBei diesem Verkehrssystem handelte es sich um eine Einschienenbahn nach Brennan Ein 2 5 t schweres Fahrzeug sollte von schnell laufenden Gyrostaten mit 8000 Umdrehungen pro Minute auf einer Schiene im Gleichgewicht gehalten werden und sich mit einer Geschwindigkeit von 70 km h fortbewegen Es sollte etwa 40 Fahrgaste aufnehmen konnen Mit Gyrostat ist ein kreiselbasiertes Stabilisierungssystem gemeint zum physikalischen Zusammenhang siehe gyroskopischer Effekt Geschichte BearbeitenEntwicklung Bearbeiten nbsp Ein neues Schnellbahnsystem Titelblatt Der Berliner Zeitungskonig August Scherl 1849 1921 propagierte in einer aufwandigen Werbeschrift unter dem Titel Ein neues Schnellbahn System Berlin 1909 ein Verkehrsmittel fur den Nah und Fernverkehr der Zukunft das bald ganz Europa umspannen werde Sein Sohn Richard Scherl hatte die neue Technik angeblich gleichzeitig und selbststandig zusammen mit dem Englander Louis Brennan mit einem finanziellen Aufwand von 6 Millionen Goldmark entwickelt Demonstrationsanlagen Bearbeiten Ein Modell wurde am 10 November 1909 in den Ausstellungshallen am Berliner Zoo der Offentlichkeit vorgestellt Brennan prasentiert seinen Versuchswagen ebenfalls 1909 in Gillingham England Auch in London wurde Brennans Wagen in einer Ausstellung in der White City 1910 im Betrieb vorgefuhrt Ernst Ritter von Marx damals Landrat des Obertaunuskreises in Homburg vor der Hohe suchte seinerzeit einen Unternehmer fur eine elektrische Bahn die den Kreis am Fuss des Taunusgebirges erschliessen sollte Er wandte sich im Dezember 1910 an Scherl und erhielt dessen Zusage das Projekt fur das Gebiet kostenlos auszuarbeiten Von Marx besichtigte 1911 den Versuchsbetrieb in England und berichtete Die Eindrucke die ich dort freilich als Laie von dem System erhielt waren uber Erwarten gunstige Der Wagen ca 40 Personen fassend wird ahnlich wie ein Auto leicht angekurbelt Er halt sich was ich zunachst fur das unwahrscheinlichste gehalten hatte ohne jedes Hilfsmittel und ohne jede Schwankung bei beliebiger Gewichtsverlegung durch einsteigende und sich dort bewegende Passagiere im Stehen fahrt mit grosster Leichtigkeit an vor und ruckwarts nimmt einen Kreis von 105 Fuss Radius mit einer Geschwindigkeit bis zu 70 Stunden Kilometer halt nach Belieben auch in der sehr scharfen Kurve und steht ebenso still und sicher auch nach abgestelltem Motor wie mir versichert wurde ca 4 Stunden lang d h solange die Kreisel laufen Sein Gang ist naturgemass weit ruhiger als der einer Zweischienenbahn Eine Stunde lang fuhr ich auf der freilich nur ca 200 Meter langen Schiene und dem engen Kreis hin und her bei tadellosem Funktionieren Projektierung fur den Taunuskreis Bearbeiten Obwohl er einen vorzuglichen Eindruck in London gewonnen hatte kam von Marx immer mehr zur Uberzeugung dass Scherl Zeit gewinnen wolle weil er zwar willens war die Bahn zu bauen dazu jedoch ohne Brennan nicht in der Lage ware Brennan sei wohl der wirkliche Erfinder und wollte offenbar seinerseits die erste Bahn in England bauen um nicht seinen Erfinderruhm an Richard Scherl zu verlieren der durch die Macht der vaterlichen Presse die Erfindung fur sich in Anspruch nehmen konnte Trotz dieser Bedenken und ungunstiger Vorzeichen hielt von Marx an seiner Option fur Scherl fest Er war ebenso wie Kaiser Wilhelm II den er fur das Projekt interessiert hatte stets fur derartige technische Neuerungen aufgeschlossen Die Organe des Obertaunuskreises befassten sich eingehend mit der Streckenfuhrung und mit der Finanzierung des einmaligen Projektes Der Homburger Oberburgermeister Lubke der fur seine Stadt erhebliche Bedenken gegen das Unternehmen vortrug raumte immerhin ein dass die in Homburg beginnende funf Kilometer lange Probestrecke als eine umwalzende Neuerung im Eisenbahnbau eine ausserordentliche Sehenswurdigkeit darstelle die einen Strom von Fremden anlocken werde Von Marx liess sich nicht beirren und warb fur die Einschienenbahn mit den Worten Schliesslich durfte unser Kreis auch seinen Stolz darin suchen in einem derartigen fur den allgemeinen Kulturfortschritt so bedeutsamen Unternehmen das die Augen der ganzen gebildeten Welt auf sich ziehen wird das vielleicht bestimmt ist eine vollstandige Umwalzung in dem Verkehrsnetz und der Verkehrsmoglichkeit hervorzurufen und dadurch einen Umsatz von Millionen nach sich zu ziehen bahnbrechend vorzugehen Die Kommunalpolitiker konnten sich jedoch nicht zu einer eindeutigen Stellungnahme durchringen Es bestanden immer noch zahlreiche Zweifel Die vorgeschlagene Streckenfuhrung Bad Homburg Oberursel Kronberg Konigstein wurde aufgrund ihrer Wirtschaftlichkeit in Frage gestellt Viele Orte an der Strecke wollten zunachst mit Frankfurt am Main direkt verbunden werden bevor an eine tangentiale Verbindung gedacht werden sollte Andere Eisenbahnunternehmungen wie die Frankfurter Lokalbahn AG besassen schon Konzessionen fur den ausschliesslichen Bau und Betrieb im Gebiet von Oberursel und Homburg Sie waren nicht bereit einem weiteren Unternehmen Zugestandnisse zu machen Zwischen Konigstein und Kronberg war bereits am 15 Mai 1912 eine Omnibusverbindung eingerichtet worden Aufgrund der Konzessionierung bestand die Gefahr einer parallelen Streckenfuhrung Es bestanden zudem personliche Spannungen zwischen Landrat von Marx und den Vertretern der Stadt Homburg Ruckzug und Aufgabe des Projekts Bearbeiten Diese Situation nutzte Scherl um sich aus dem Obertaunuskreis wieder zuruckzuziehen Er hielt nun weitere Probefahrten fur notig bevor an einen regularen Betrieb zu denken sei Hierfur sollte eine 6 5 Kilometer lange Teststrecke zwischen Weissensee und Hohenschonhausen bei Berlin gebaut werden In einem Schreiben an den Landrat vom 13 Oktober 1911 begrundete Scherl seine Sinnesanderung auch damit dass ein grosser Teil der Ortsansassigen die Bahn nicht wolle Er sei bis an die Grenzen des finanziell Moglichen gegangen und sehe nicht ein dass er noch bare Zuwendungen leisten musse damit der Kreis sein Geschenk annehme Die wahren Grunde fur seinen Ruckzug sind nicht bekannt Moglicherweise hatte er inzwischen Bedenken bekommen ob die Erfindung seines Sohnes schon ausgereift sei Auch war es zu Streitigkeiten mit Brennan gekommen Scherl zog seine Bewerbung Ende des Jahres 1912 endgultig zuruck Sein Schnellbahn System ist offenbar an keinem Ort der Welt jemals verwirklicht worden Stefan Gansicke schatzte diesen Lebensabschnitt des Zeitungsverlegers in einem 1988 in der Berliner Morgenpost erschienenen Beitrag 100 Jahre Morgenpost so ein Aber zum Ersten Weltkrieg hin beginnt Scherl zu brockeln Er verschleudert sein Geld im Privatleben Er fangt an zu spinnen kapselt sich ab Macht Flugschauen und propagiert die Einschienenbahn Und er verkauft 1914 sein bankrottes Unternehmen mit grossem Gewinn an ein Konsortium der Schwerindustrie in dem 1919 Alfred Hugenberg an die Spitze tritt Literatur BearbeitenWalter Sohnlein Bad Homburg v d Hohe 150 Jahre offentlicher Verkehr und Stadtstruktur Verlag Zeit und Eisenbahn Landsberg 1978 ISBN 3 921 304 41 6 Walter Sohnlein Gerta Walsh Bahn frei Schienenwege in den Taunus 1860 1910 2010 Societats Verlag Frankfurt 2010 ISBN 978 3 7973 1223 5 S 71f Walter Sohnlein Transrapid am Taunusrand in Aus dem Stadtarchiv 2001 2002 Bad Homburg 2003Weblinks BearbeitenDie Einschienenbahn von Louis Brennan englisch nbsp Dieser Artikel wurde am 26 Dezember 2005 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Einschienenbahn am Taunusrand amp oldid 238821378