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Als Dreiphasenbrand auch Dreistufenbrand wird ein Brennverfahren in der Keramikproduktion des antiken Griechenland bezeichnet Schon bronzezeitliche Gefasse weisen die fur dieses Verfahren typische Dreifarbigkeit Tongrund gelblich bis orange rot o a Dekor braun rot und schwarz auf Etwa im 7 Jahrhundert v Chr wurde das Verfahren in Griechenland perfektioniert so dass nun hochglanzende schwarze Oberflachen moglich wurden und bis um 300 v Chr zur Herstellung schwarzfiguriger und rotfiguriger Vasen eingesetzt Blick in einen korinthischen Brennofen auf einem der Pinakes von Penteskouphia um 575 550 v Chr Inhaltsverzeichnis 1 Oxidationsstufen des Eisens 2 Partikelgrosse des Tons Kontrolle des Sinterpunkts 3 Der Brand 3 1 Phase 1 Anheizen oxidierend 3 2 Phase 2 Reduzieren Versintern des Glanzschlickers 3 3 Phase 3 Re Oxidation und Abkuhlen 4 Brennofen 5 Literatur 6 AnmerkungenOxidationsstufen des Eisens BearbeitenAlle Farbtone der griechischen Schwarz rot Malerei und der Terra Sigillata entstehen durch verschiedenen Eisengehalt des Tons und die verschiedenen Oxidationsstufen des Eisens im gebrannten Ton Eisen hat die besondere Eigenschaft dass es verschiedenfarbige Oxide bilden kann sowohl schwarzes Eisen II oxid FeO als auch rotes Eisen III oxid Fe2O3 sowie tiefschwarzes Magnetit Eisen II III oxid Fe3O4 Welche dieser Oxidationsstufen vorliegt hangt von Sauerstoffgehalt und Temperatur des Reaktionsgemisches ab ein hoher Anteil an Sauerstoff fordert die Produktion von Fe2O3 bei Sauerstoffmangel entsteht tendenziell eher FeO Bei extrem niedrigem Sauerstoffanteil entsteht Hammerschlag Fe3O4 Die Farbe eisenhaltiger Tone lasst sich im Dreiphasenbrand also uber das Steuern der Atmosphare im Ofen zwischen reduzierend d h sauerstoffarm kohlenstoffreich und oxidierend d h sauerstoffreich beeinflussen Partikelgrosse des Tons Kontrolle des Sinterpunkts BearbeitenUm jedoch mehr als nur eine Farbe pro Gefass zu erzeugen ist noch ein weiterer Trick notwendig man muss verhindern dass sich das schwarze FeO wieder in mattrotes Fe2O3 umwandelt der Sauerstoffuberschuss muss also in den spater schwarzen Bereichen unterbunden die Fe Oxidpartikel mussen versiegelt werden Eine weitere Eigenschaft der Tone ermoglicht diese Versiegelung Der Sinterpunkt also die Temperatur bei der die einzelnen Tonpartikel beginnen miteinander zu verschmelzen hangt von der Zusammensetzung des Tons und seiner Partikelgrosse ab 1 Kleine Tonpartikel und ein hoher Kaliumgehalt senken den Sinterpunkt 2 Die Herstellung feindisperser Malschlicker konnte durch Aufschlammen und schichtweises Abschopfen erfolgen 3 Durch Zugabe peptisierender Substanzen Chemikalien die die Tonpartikel aufbrechen und deren erneutes Zusammenkleben verhindern also Suspensionshilfsmittel kann die Partikelgrosse weiter vermindert werden Dazu eignen sich zum Beispiel Atznatron NaOH Ammoniak NH3 Pottasche K2CO3 und Polyphosphate wie Calgon NaPO3 6 diese lagern sich mit starken Wasserstoffbrucken an die Tonpartikel an und verhindern ahnlich wie Tenside dass diese sich gegenseitig miteinander verbinden und verkleben Die Tonpartikel befinden sich damit in kolloidaler Suspension 4 Der Brand BearbeitenVor dem Brand wurden die Tongefasse dicht im Ofen gestapelt Da attische Keramik keine komplett schmelzende Glasur erhielt konnten sich Gefasse im Ofen durchaus beruhren Dabei war es jedoch wichtig eine gute Luft Gas Zirkulation zu ermoglichen um Fehlbrande zu vermeiden 5 Phase 1 Anheizen oxidierend Bearbeiten nbsp Abbau des Tons auf einem der Pinakes von Penteskouphia um 575 550 v Chr Der typische Brand erfolgte vermutlich bei einer Temperatur von 850 bis 975 Grad Celsius 6 Bei standiger Befeuerung des Ofens wurde diese Temperatur nach etwa 8 bis 9 Stunden erreicht Die im Ofen untergebrachten Gefasse verloren hierbei zunachst die Restfeuchtigkeit des angetrockneten Tons Bei einer Temperatur von 500 Grad setzte nach 6 bis 7 Stunden der eigentliche Brand der nun gluhenden Gefasse ein Unter standiger Sauerstoffzufuhr und bei weiter steigender Temperatur oxidiert der stark eisenhaltige Glanzton und nimmt wie der Gefasston eine rote Farbe an Das Eisen wird hierbei in tiefrotes Eisen III oxid Fe2O3 umgewandelt Diese erste Phase des Dreiphasenbrands dauerte etwa 9 Stunden Es ist nicht notwendig aber sehr wahrscheinlich dass diese Anheizphase in oxidierender Atmosphare stattfand man kann ein sauerstoffreiches Feuer schon allein deshalb annehmen weil es viel effektiver Warme erzeugt Das reduzierende Feuer erlaubt in der Regel keine starke Temperatursteigerung mehr allerdings wird die Keramik in dieser Atmosphare schneller bzw fruher gar Daher hat sich die Reduktionsphase vermutlich auf die vergleichsweise kurze 2 Brennphase beschrankt nbsp Korinthischer Pinax Ofen mit Luke und Schauloch lasst sich als Darstellung der reduzierenden Brandphase interpretieren der CO Uberschuss sorgt fur Stichflammen aus Feuerloch und Abzug Phase 2 Reduzieren Versintern des Glanzschlickers Bearbeiten Ab etwa 900 C wird die Sauerstoffzufuhr unterbunden es werden reduzierende Bedingungen geschaffen Die reduzierenden Bedingungen konnten in der Antike etwa durch Verengen der Abluftoffnungen und Zugabe von reichlich Brennstoff geschehen der jetzt nur unvollstandig zu Kohlenmonoxid CO statt CO2 verbrannte 7 Dabei wandelt sich rotes Fe2O3 in tiefschwarzes Fe3O4 um 3 Fe2O3 2 Fe3O4 O2Der Sauerstoff verschwindet hierbei zwischen 850 und 900 C Durch den Zerfall des Magnetits bildet sich wiederum reaktives Eisen II oxid FeO Fe3O4 3 FeO O2Dieses reagiert mit Zerfallsprodukten des Illit die ab 750 800 C aus dem Ton freigesetzt werden zu Hercynit Fe Al2O3 Die Menge des Hercynits nimmt dabei bei steigender Temperatur immer weiter zu FeO Al2O3 FeO Al2O3Diese Produkte sind schwarz weshalb sich auch die Keramik schwarz farbt Bei vermutlich etwa 945 C wurde die Temperatur fur einige Zeit gehalten um ein vollstandiges Aufschmelzen und Sintern des Malschlickers aus feinen Partikeln sicherzustellen 8 Anschliessend sank die Temperatur wieder bis unterhalb des Sinterpunkts des Malschlickers noch immer in reduzierender Atmosphare 9 Jetzt ist die Glanztonschicht versiegelt und unterbindet den Sauerstofftransport so dass die in diesen Schichten eingelagerten Fe3O4 Oxide von nun an ihre schwarze Farbe behalten werden Im Gegensatz zur langen ersten Phase dauerte die zweite nur etwa 5 10 Minuten Phase 3 Re Oxidation und Abkuhlen Bearbeiten In der letzten Phase des Brandes werden die Zuluft Offnungen des Ofens wieder geoffnet und unverbranntes grunes Holz aus dem Feuer genommen es werden erneut oxidierende Bedingungen geschaffen Durch den erhohten Sauerstoffanteil kann sich das schwarze Eisenoxid wieder mit genug Sauerstoff verbinden um wieder zu rotem Eisenoxid zu reagieren Da der feine Malschlicker in den bemalten Partien wahrend der reduzierenden Phase sinterte sich verdichtete und dadurch versiegelte ist der Sauerstoff nicht in der Lage sich mit dem darin eingeschlossenen schwarzen Eisenoxid zu verbinden und dieses zu rotem Eisenoxid zu reoxidieren weshalb die bemalten Partien schwarz bleiben 10 Nach der vollstandigen Oxidation der roten Bereiche konnten Ofen und Inhalt langsam abgekuhlt und danach ausgeraumt werden Brennofen BearbeitenVoraussetzung fur den Dreiphasenbrand war ein regulierbarer Brennofen Anscheinend wurde die hierfur notwendige Technik im 7 Jahrhundert v Chr in Korinth entwickelt Die nun verwendeten Kuppelofen mit Abzugsloch ermoglichten erst die Produktion schwarzfiguriger und in ihrer Folge rotfiguriger Keramik 11 Die Ofen konnten permanent oder kurzzeitig sein und bestanden aus Feldsteinen und Ziegeln welche mit Lehm verschmiert wurden So wurden die Ofen durch den ersten Brand zum dauerhaften Bau Die Ofen waren rechteckig oder rund hatten einen Durchmesser von bis zu zwei Metern und besassen oft eine Kuppel mit Abzugsloch in der Mitte sowie einem Schurhals mit Schurloch auf der einen Seite und einer Einsatzoffnung um die Keramik in die Kammer zu setzen auf der anderen Seite Die Offnung wurde nach dem Einsatz der Gefasse zugemauert Zudem besassen die Ofen Feuerungskanale Feuerkammern und uber der Schurkammer einen zweiten mit Pfeilern abgestutzten durchlochten Boden Lochtenne auf dem die zu brennenden Gefasse standen Geheizt wurde der Ofen mit Reisigbundeln Holzscheiten und Holzkohle Abbildung 9 Topferwerkstatt mit zwei Ofen in Seliunt Abbildung 10 Querschnitt eines Topferofens Die Ofen waren teilweise in die Erde eingelassen um das Beladen zu erleichtern und die Warme besser zu halten Die Kontrolle der Temperatur konnte entweder optisch durch ein Guckloch oder durch kleinere Probestucke im Ofen erfolgen 12 nbsp Fehlbrand Reduktion nur auf der linken Seite im Bild befriedigend rechts entweder unzureichend reduziert oder durch unvollstandige Versiegelung reoxidiert Moglicherweise durch ungleichmassige Warmeverteilung oder schlechte Zirkulation der reduzierenden Gase im Ofen verursacht nbsp Fehlbrand Ungenugend reduziert oder nicht hoch genug gebrannt so dass der Malschlicker nicht ausreichend versiegelt wurde und in der 3 Phase wieder reoxidierte d h rot wurde Zum Vergleich links unten im Bild eine Vase mit korrektem Schwarz nbsp Zusammenpassende Scherben in verschiedenen Oxidationsstufen gefunden am Areopag Athen Vermutlich als Brennproben verwendet um die vollstandige Reduktion im Ofen zu uberprufen links vollstandig rechts noch nicht ausreichend reduziert nbsp Fragment einer rotfigurigen attischen Vase Unvollstandig bemalt schwarzer Hintergrund fehlt noch Moglicherweise bei der Dekoration zerbrochen und als Brennprobe verwendet um die vollstandige Reduktion zu uberprufen Literatur BearbeitenMarie Farnsworth Draw Pieces as Aids to Correct Firing In American Journal of Archaeology Band 64 1960 S 72 75 Taf 16 Ulrich Hofmann The Chemical Basis of Ancient Greek Vase Painting In Angewandte Chemie Nr 1 1962 S 341 350 Joseph Veach Noble The Technique of Attic Vase Painting In American Journal of Archaeology Band 64 1960 S 307 318 Joseph Veach Noble The Techniques of Painted Attic Pottery Uberarbeitete Auflage Thames and Hudson London 1988 ISBN 0 500 05047 3 Ingeborg Scheibler Griechische Topferkunst Herstellung Handel und Gebrauch antiker Tongefasse Zweite neubearbeitete und erweiterte Auflage C H Beck Munchen 1995 ISBN 3 406 39307 1 Theodor Schumann Oberflachenverzierung in der antiken Topferkunst Terra sigillata und griechische Schwarzrotmalerei In Berichte der deutschen keramischen Gesellschaft Band 32 1942 S 408 426 Adam Winter Die Technik des griechischen Topfers in ihren Grundlagen Technische Beitrage zur Archaologie Band 1 Romisch Germanisches Zentralmuseum Mainz 1959 Adam Winter Die antike Glanztonkeramik Praktische Versuche von Zabern Mainz 1978 ISBN 3 8053 0333 5 Adam Winter Roland Hampe Bei Topfern und Topferinnen in Kreta Messenien und Zypern Romisch Germanisches Zentralmuseum Mainz 1962 Frank Hildebrandt Antike Bilderwelten Was griechische Vasen erzahlen Philipp von Zabern Darmstadt 2017 Thomas Mannack Griechische Vasenmalerei Eine Einfuhrung Theiss Darmstadt 2002 ISBN 3 534 15059 7 Ingeborg Scheibler Griechische Topferkunst Neubearbeitete und erweiterte Auflage C H Beck Munchen 1995 ISBN 3 406 39307 1 Toby Schreiber Athenian Vase Construction A Potter s Analysis 2 Druck The J Paul Getty Museum Malibu California 1999 Walter Noll Alte Keramiken und ihre Pigmente Studien zu Material und Technologie E Schweizerbart sche Verlagsbuchhandlung Nagele u Obermuller Stuttgart 1991 ISBN 3 510 65145 6 Anmerkungen Bearbeiten Die Erkenntnis dass sich Tongrund und Farbe in ihrer chemischen Zusammensetzung kaum oder nicht unterscheiden und sich nur in der Aufbereitung unterscheiden wurde erstmals veroffentlicht von Schumann 1942 Spater aufgegriffen und mit spektrographischen Analysen belegt durch Noble 1960 Dies und der Hinweis dass mehr als nur eine Versiegelung notig ist also verschiedene Sinterpunkte der verschiedenen Farben zur gleichzeitigen Darstellung von glanzendem Schwarz purpur rot und rostrot intentional red auch coral red korallenrot z B zu sehen als flachige Hintergrundfarbe der beruhmten Exekias Schale mit dem segelnden Dionysos Munchen Antikensammlungen 2044 stammt von Hofmann 1962 Ausfuhrlich behandelt bei Winter 1959 Schumann 1942 verwendete fur seine Experimente Atznatron und Ammoniak Hofmann 1962 Tannine Noble 1960 1965 nennt Calgon NaPO3 6 und Pottasche In der Antike ist der Gebrauch von Pottasche anzunehmen da diese als naturlicher Bestandteil der Holzasche beim Verfeuern von Holz im Topferofen anfallt Gerade aus der Fruhzeit sind uns viele unvollstandig reduzierte Vasen erhalten bei denen Teile des Gefasses noch rot andere Teile vollstandig schwarz sind obwohl beide mit demselben Malschlicker bemalt wurden Jedoch erreichte die kohlenstoffreiche Atmosphare diese Partien nicht oder die Temperatur war in diesen Bereichen des Ofens nicht ausreichend um die Oberflache zu versiegeln Noble 1960 erhitzte probeweise antike Fragmente oberhalb von 975 C kam es zum Aufschmelzen und zur Re Oxidation der schwarzglanzenden Oberflachen Experimente mit modernen attischen Tonen zeigten dass diese durch einen Brand oberhalb von 1005 C eine sehr helle rotliche Farbe erhielten Brenntemperaturen unterhalb von 1000 C erzeugten dagegen Farbtone sehr ahnlich dem Ton antiker attischer Gefasse In modernen Elektroofen kann feuchtes Sagemehl durch Guckloch oder Zu Abluftoffnungen des Ofens gegeben werden was allerdings die Lebensdauer der Heizspiralen deutlich verringert Vgl Dazu Gustav Weiss Reduktion im Elektroofen In Keramiklexikon Auch Joseph Veach Noble verwendete Sagemehl Noble 1960 p 310 311 Noble 1960 gibt eine soaking period von mindestens einer halben Stunde an Der genaue Sinterpunkt variiert von Ton zu Ton Noble beendete diese Phase in seinen Experimenten bei 875 C Noble 1960 p 311 Die verschieden rauen und damit unterschiedlich durchlassigen Oberflachen der versinterten und nicht versinterten Gefassteile sind sehr schon visualisiert in den elektronenmikroskopischen Aufnahmen im Aufsatz von Hofmann 1962 Selbstdarstellungen von Topfern bei ihrer Arbeit vom Tonabbau bis zum Brand mit Bildern von Ofen auf den korinthischen Votivtafeln von Penteskouphia heute im Alten Museum in Berlin Rekonstruktion von solchen Topferofen bei Winter 1959 Beschreibungen heutiger Topferwerkstatten und Ofen Winter Hampe 1962 Noble 1960 65 und Hofmann 1962 argumentieren dass die optische Kontrolle ausreichend sei Farnsworth 1960 untersuchte uns erhaltene Probestucke aus der Umgebung ausgegrabener antiker Topferofen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dreiphasenbrand amp oldid 233776298